Das Wirtschaftsmagazin Forbes (via PC Games Hardware) berichtet im Gespräch mit mehreren AMD-Mitarbeitern über die hochinteressante Entstehungsgeschichte von AMDs Ryzen Threadripper. Jene neue HEDT-CPU, mittels welcher sich AMD einiges an allgemeinem Wohlgefallen sichern konnte, stand ursprünglich überhaupt nicht auf AMDs Roadmap, jene enthielt nur Ryzen 3/5/7, natürlich die "Raven Ridge" APU und dann den Server-Prozessor "Epyc". Threadripper hingegen war lange Zeit ein inoffizielles Projekt einer kleinen Gruppe von 20-30 AMD-Mitarbeitern, welche diese Portfolio-Lücke gesehen und dann auf eigene Faust hin die Grundlagen-Entwicklung von Threadripper angetrieben haben. Zugegebermaßen waren die Bedingungen hierfür extrem günstig, denn das komplette Ryzen/Epyc-Schema des nur einen Prozessoren-Dies ("Zeppelin") samt skalierbarer Peripherie-Anbindung eignet sich natürlich perfekt dafür, um alle möglichen Ryzen-Abkömmlinge ohne größeren Hardware-Aufwand zu entwickeln. Jene inoffizielle Grundlagen-Arbeit lief dabei schon ab dem Jahr 2014 – aber erst im Mai/Juni 2016 offenbarte man sich den eigenen Bossen und holte von jenen "grünes Licht" zur weiteren, nachfolgend offiziellen Entwicklung ein.

Hier liegt dann auch der Grund dafür begraben, wieso Threadripper lange Zeit vollkommen unbekannt war (das erste Gerücht hierzu gab es erst im März 2017) bzw. AMD damit den Markt vergleichsweise überraschen und Intel auf dem falschen Fuß erwischen konnte. Intel seinerseits sah sich aufgrund der Gerüchtelage sogar dazu veranlaßt, wenige Monate vor dem Launch von Core X bei Skylake-X noch deutlich höher hinauszugehen als ursprünglich geplant: Im letzten Juni wurde Skylake-X noch mit bis maximal 10 CPU-Kernen beschrieben, erst Ende Februar gab es erste Gerüchte zu einem 12-Kerner, bis Ende April war dies dann sogar Bestandteil Intel-interner Unterlagen – und erst Ende Mai gab es die erste Intel-Unterlage, welche bis zu 18 CPU-Kerne bei Skylake-X bestätigte. Das Threadripper also lange Zeit ein inofizielles Projekt war, hatte für AMD sogar noch den Zweitnutzen, das Intel lange Zeit keinerlei Ahnung hiervon hatte – und erst reagieren konnte, als es faktisch schon zu spät war für eine termingerechte Antwort.

Gleichzeitig zeigt diese kleine Geschichte aber auch an, wie gedanklich unbeweglich Großfirmen manchmal sind: Denn wenn diese Gruppe von 20-30 AMD-Mitarbeitern ihre Grundlagen-Arbeit an Threadripper über 2 Jahre geheim gehalten hat, dann wird dies wohl primär den Grund gehabt haben, das man einem offiziellen Projekt wenig Chancen bei den eigenen Bossen einräumen musste. Sicherlich stand AMD auch in den Jahren 2014/15 unter erheblichen Druck, endlich eine Nachfolge-Architektur für die gescheitere Bulldozer-Architektur heranzuschaffen – womit eigentlich alle Ressourcen Ryzen, Raven Ridge & Epyc zufließen sollten und eine weitere CPU-Auskopplung den AMD-Bossen womöglich einfach zuviel der gleichzeitig zu bewältigenden Arbeit gewesen wäre. So gesehen war das Threadripper-Projekt wohl erst dann "Boss-reif", als man bezüglich Ryzen langsam das Licht am Ende des Tunnels gesehen hatte und sich (halbwegs) sicher sein konnte, als Unternehmen überhaupt so lange zu überleben. Trotzdem ist es immer wieder überraschend, wenn Großfirmen, die ja eigentlich auch in großen Maßstäben denken sollten, nicht den Wert solcher Projekte wie eben demjenigen einer HEDT-Plattform auf Anhieb erkennen können. Threadripper dürfte rein verkaufstechnisch mehr oder weniger unbedeutsam sein – der Prestigewert der ganzen Plattform ist jedoch gerade für AMD als den ewigen Herausforderer von Intel einfach unbezahlbar.