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AMD gibt den Performance-Wettstreit mit Intel (scheinbar) auf

In einem Interview mit der Bloomberg Business Week ruft AMD augenscheinlich das Ende des ewigen Performance-Wettstreits mit Intel aus – wenngleich teilweise indirekt durch die Aussage, daß jedes heutige Notebook schon über genügend Performance verfügt. Natürlich kann man diese Aussage auch als reine Marketing-Unterstützung für die neuen Trinity-Prozessoren verstehen, welche zuerst ins Mobile-Segment gehen und dort nicht die gleiche CPU-Power wie die Notebook-Modelle von Intel auf die Waage bringen – da hilft es den Konsumenten daran zu erinnern, daß es bei diesem Leistungskampf oftmals um nicht benötigte Performance geht und für die meisten Aufgaben auch die Trinity-basierten Notebooks vollkommen ausreichend motorisiert sind. Davon abgesehen schmiert man mit so einer Aussage auch den Börsen-Analysten Honig ums Maul, indem man vorgibt, die eigenen schwächeren Prozessoren seien Teil eines entsprechenden Konzepts.

Trotz daß es also genügend Gründe gibt, diese Aussage nicht ganz so ernst zu nehmen, verbirgt sich wohl doch ein wahrer Kern dahinter: AMD hat faktisch keine Chancen mehr, gegenüber Intel um die CPU-Leistungskrone zu konkurrieren. Dafür ist das Forschungs- und Entwicklungsbudget viel zu unterschiedlich groß (Intel investiert mehr in R&D als AMD überhaupt Umsatz macht, ein Nachteil der sehr verschiedenen Unternehmensgrößen), hinzukommt Intels Vorsprung bei der Halbleiterfertigung gegenüber allen anderen Halbleiterfertigern – selbst mit einem schlagkräftigen Prozessoren-Design liegt AMD immer rund eine Fertigungsstufe zurück, was einfach nicht aufzuholen ist. Zudem hat Intel bei den letzten CPU-Architekturen auch nicht das gezeigt, was maximal möglich war, so daß der reale Abstand zwischen AMD und Intel im CPU-Bereich noch größer ist als derzeit in den Benchmarks zu sehen. Jede Chance von AMD, selbst mit einem (hypothetischen) "Wunder-Prozessor" wieder an Boden zu gewinnen, könnte Intel seinerseits schon aus der vorhandenen Masse heraus kontern.

Insofern ist es nur natürlich, wenn AMD nach Nischen sucht, wo man mit einem speziell dafür gemachten Produkt besser als Intel sein kann. Da man derzeit noch die klar besseren integrierten Grafiklösungen entwickelt, ist der APU-Ansatz dafür geradezu perfekt – und ohne Intels extreme Marktmacht (auch über PC-Hersteller und Distributoren) würde der PC-Käufer das auch noch viel stärker goutieren können. Zudem sind niedrigpreisige Prozessoren auch wichtig für das blühende Geschäft in Schwellen- und Entwicklungsländern, wo die Einkommen schwächer und damit die Ausgabemöglichkeiten für PC-Gerätschaften kleiner sind (dafür aber halt die großen Stückzahlen vorhanden sind oder zukünftig anstehen). Und am Ende der Geschichte schwindet gerade im CPU-Markt der Einfluß der Enthusiasten-Gemeinde zusehens: Konnte man früher aus Benchmark-Siegen im Enthusiasten-Segment noch positive Einflüsse auf den Massenmarkt ziehen, so spielt dieser Punkt heutzutage im CPU-Markt kaum noch eine Rolle – es gibt keine große Notwendigkeit mehr, sich in Leistungskämpfe zu verwickeln, nur um im OEM-Geschäft besser dazustehen.

Die eigentliche Frage ist allerdings, ob AMD dieses Konzept durchhalten kann, bei welchem man faktisch die von Intels Tisch heruntergefallenen Brotkrumen aufpickt. Erstens einmal arbeitet Intel schon längst an bessere integrierten Grafiklösungen, will also auch auf dieser für AMD derzeit so erfolgreichen Schiene angreifen. Und zweitens verlangen die relativ günstigen von AMD angebotenen Prozessoren eigentlich nach der bestmöglichen Fertigungstechnologie, um bei dieser Preislage noch wirtschaftlich zu sein – auf die bestmögliche Fertigung hat AMD (im Gegensatz zu Intel) aber keinen Zugriff. Am Ende wird die Frage also nur aufgeschoben, wie AMD mit dem viel kleinerem Forschungs-Budget und der schlechteren Halbleiterfertigung gegenüber dem Halbleiter-Superschwergewicht Intel langfristig bestehen kann – der Weg der APUs scheint derzeit nur deswegen erfolgsversprechend, weil AMD in diesem Punkt eben einen gewissen Entwicklungsvorsprung innehat.

Langfristig sollte sich Intel auf allen für Intel interessanten Geschäftsfeldern durchsetzen und AMD würde somit nur der Rückzug in noch kleinere Nischen verbleiben. Es ergibt sich die schlichte Erkenntnis, daß (aufgrund des extremen Kapitalbedarfs) ohne einen gleichgroßen Gegenspieler zu Intel (wie im GPU-Geschäft zwischen AMD und nVidia) langfristig keine echte Konkurrenz zu Intel existieren kann. Andererseits scheint das PC-Geschäft sowieso vor einem größeren Wandel zu stehen, wenn die Prozessoren immer leistungsfähiger werden, während der Performance-Bedarf beim Normalanwender eher stagniert bzw. durch die Abwanderung von Rechenaufgaben in die Cloud tendentiell vielleicht sogar abnimmt. Gut möglich, daß die sehr langfristige Zukunft gänzlich andere Computer- und Anwendungs-Konzepte hervorbringt, welche dann auch die bisherigen Konkurrenzsituationen der Hersteller untereinander über den Haufen werfen.

AMDs Blick muß daher in erster Linie auf das derzeit absehbare Geschäft gehen, wo AMD sicherlich mit den APUs seine Nische gefunden haben scheint. Da zudem seit Trinity AMDs Mainstream- und Performance-Prozessoren wieder auf derselben Prozessorenarchitektur (Bulldozer-Architektur) basieren, werden die Performance-Prozessoren der FX-Serie bei AMD nicht so schnell aussterben und immer als "Abfallprodukt" der APU- sowie der Opteron-Entwicklung anfallen. Nur die Chance auf richtig bahnbrechende Verbesserungen innerhalb der FX-Prozessorenserie ist halt nicht mehr zu sehen und wird scheinbar von AMD auch nicht mehr auf Biegen und Brechen angestrebt. Man wird in diesem Performance-Segment zukünftig das mitnehmen, was mitzunehmen ist, sich aber ansonsten wohl eher auf die Gefilde der Bobcat- und Llano/Trinity-Prozessoren konzentrieren.