Twitterer TechEpiphany hatte vor kurzem Prozessoren-Verkaufszahlen von Amazon USA für den November 2023 ausgegraben, welche zwar sehr roh aussehen (abgerundet auf 1000 Stück, keine Werte unterhalb von 2000 Stück Absatz), aber dennoch zumindest dazu dienen können, die bekannten Mindfactory Prozessoren-Verkaufszahlen mal einer gewissen Gegenprüfung zu unterziehen. Immerhin ist Amazon eine ganz andere Klasse von Händler und mit dem Verkaufsland "USA" wird auch die bekannte AMD-Affinität der deutschen Hardware-Käufer aus dem Spiel genommen. Dennoch kommt ein erstaunlich nahes Ergebnis gegenüber den kumulierten Prozessoren-Verkäufen der Mindfactory im November 2023 heraus – nicht deckungsgleich, aber in vielen Tendenzen nicht unähnlich. Darunter fällt auch die der Mindfactory gern vorgeworfene AMD-Dominanz, welche (in schwächerer Form) derzeit auch bei Amazon USA wiederzufinden ist.

Selbst einzelne Sprünge lassen sich vernünftig erklären, wie wenn die Verkaufs-Anteile von Ryzen 7 5700X & 5800X jeweils sehr unterschiedlich zwischen Amazon & Mindfactory aussehen, zusammengezählt jedoch wiederum ein recht ähnliches Ergebnis herauskommt (14% zu 16,3%). Selbstverständlich gibt es auch gravierende Unterschiede, wo die jeweiligen Besonderheiten der Märkte und Händler liegen: So verkaufte die Mindfactory keine der K-Modelle der 12. Core-Generation mehr, während jene bei Amazon USA noch recht gut liefen. Auch gibt es eine markante Differenz beim Absatz des Ryzen 7 7800X3D: Obwohl beiderseits in der Verkaufsliste führend, erreichte jener Prozessor bei Amazon USA nur einen Verkaufsanteil von 10%, bei der Mindfactory hingegen gleich satte 32,5%. Generell gingen bei der Mindfactory schnellere und neuere Prozessoren besser, während bei Amazon USA auch noch ältere sowie im Mainstream-Segment angesiedelte Modelle große Absatzzahlen erreichen konnten.

	Amazon		Mindfactory
Ryzen 5 5600G	>2000 Stück	2%	1023 Stück	4,2%
Ryzen 5 5600	>3000 Stück	3%	1330 Stück	5,4%
Ryzen 5 5600X	>10000 Stück	10%	1183 Stück	4,8%
Ryzen 7 5700G	>3000 Stück	3%	366 Stück	1,5%
Ryzen 7 5700X	>4000 Stück	4%	2603 Stück	10,6%
Ryzen 7 5800X	>10000 Stück	10%	1413 Stück	5,7%
Ryzen 9 5900X	>7000 Stück	7%	704 Stück	2,9%
Ryzen 7 5800X3D	>6000 Stück	6%	2763 Stück	11,2%
Ryzen 5 7600	>5000 Stück	5%	1131 Stück	4,6%
Ryzen 5 7600X	>2000 Stück	2%	1130 Stück	4,6%
Ryzen 7 7700X	>3000 Stück	3%	773 Stück	3,1%
Ryzen 9 7900X	>3000 Stück	3%	459 Stück	1,9%
Ryzen 7 7800X3D	>10000 Stück	10%	8001 Stück	32,5%
Ryzen 9 7950X3D	>2000 Stück	2%	1063 Stück	4,3%
Core i5-12600K	>7000 Stück	7%	-	-
Core i7-12700KF	>6000 Stück	6%	-	-
Core i5-13600K	>3000 Stück	3%	127 Stück	0,5%
Core i7-13700K	>8000 Stück	8%	206 Stück	0,8%
Core i9-14900K	>2000 Stück	2%	374 Stück	1,5%
Gesamt:	>96'000 Stück (AMD/Intel 73:27 %)		24'649 Stück (AMD/Intel 97:3 %)
Datenquelle: TechEpiphany @ Twitter, Daten-Genauigkeit: Amazon durchgehend abgerundet auf 1000 Stück, Mindfactory mit Tag-genauer Interpolation aus den Wochen-Absätzen 44-48, Marktverteilung AMD/Intel: Nur bezogen auf die hier genannten Prozessoren!

Weil die Datenquelle nur die 19 verkaufsstärksten Prozessoren bei Amazon USA listet, läßt sich hieraus natürlich keine belastbare Marktverteilung zwischen AMD und Intel ermittelt. Dies läßt sich perfekt mittels der Mindfactory-Zahlen belegen: Dort belief sich die Marktverteilung über jene 19 Prozessoren-Modelle auf satte 97:3% zugunsten von AMD, während die insgesamte Marktverteilung über alle Verkäufe hinweg bei 86,2% vs 13,8% lag – eine doch erhebliche Differenz. Allerdings ist jene Differenz auch wieder nicht groß genug, um selbige nicht für eine Interpolation nutzen zu können. Wenn man die sich hier ergebende 11 Prozentpunkte Differenz auf die Marktverteilung der 19 ausgewerteten Prozessoren-Modelle bei Amazon USA umlegt, käme eine insgesamte Marktverteilung zwischen AMD und Intel von 62:38% bei Amazon USA heraus – was dann immer noch sehr eindeutig pro AMD wäre.

Aber selbst eine sehr großzügig Intel gedachte Hochrechnung ergäbe noch kein fundamental anderes Ergebnis: Angenommen, Intel hat noch weitere 30 SKUs mit jeweils durchschnittlich 1000 Stück Absatz bei Amazon USA, welche auf den nachfolgenden, in der Datenquelle nicht dargestellten Positionen folgen. Selbst in diesem für Intel nahezu idealen Beispiel würde die Marktverteilung zwischen AMD und Intel bei ~56% zu ~44% herauskommen. Hier kann man natürlich noch andere Modelle finden, vielleicht sogar genauere Schätzungen produzieren. Es werden allerdings dennoch annahmebasierte Schätzungen bleiben, welche jedoch auf Basis des hier zu sehenden Zahlenmaterials ein grundsätzliches Ergebnis haben werden: Auch bei Amazon USA werden derzeit (auf das komplette Angebotsportfolio bezogen) allerhöchstwahrscheinlich mehr AMD- als Intel-basierte Desktop-Prozessoren (einzeln) verkauft.

AMD vs Intel (Nov 2023)	Mindfactory	Amazon
Marktverteilung 19 SKUs	97% vs 3%	73% vs 27%
Marktverteilung alle SKUs	86,2% vs 13,8%	Schätzung #1: Interpolation 62% vs 38% Schätzung #2: pro-Intel-Hochrechnung ~56% vs ~44%
Datenquelle: TechEpiphany @ Twitter für den November 2023, Schätzungen hingegen allesamt seitens 3DCenter

Und da die vorstehende Hochrechnung doch recht ideal zugunsten Intels gedacht ist, dürfte das reale Ergebnis anzunehmenderweise irgendwo zwischen Schätzung #1 und Schätzung #2 liegen, sprich weiterhin mit deutlichem Überhang zugunsten von AMD. An die AMD-Höchstwerte der Mindfactory kommt Amazon USA natürlich nirgendwo dran, ergo beweisen sich hiermit sogar zwei Thesen: Ja, die Mindfactory hat einen ausgeprägten AMD-Bias – welcher im Feld der Prozessoren aber auch durchaus an Deutschland und nicht an diesem konkreten Händler liegen könnte. Und gleichzeitig haben aber auch andere große Händler, welche geografisch durch mindestens einen großen Teich von der Mindfactory getrennt sind, ebenfalls einen AMD-Überhang zu verzeichnen. Demzufolge ist die Marktführerschaft von AMD im Retail- bzw. DIY-Segment augenscheinlich nicht wirklich etwas besonderes.

Was wiederum bedeutet: Die deutliche Marktführerschaft Intels im weltweiten Gesamtmarkt der x86-Prozessoren (auch der Desktop-Modelle) wird primär über andere Vertriebskanäle erzielt. Jene müssen zudem bedeutsam größer sein als das Retail-Geschäft mit einzelnen Prozessoren, damit im Insgesamt-Markt eine faktische Umkehrung der Marktverhältnisse erzielt werden kann. Denkbarerweise besetzt Intel im non-DIY-Segment einen Marktanteil von 90%, wobei jenes non-DIY-Segment für 80% aller Desktop-Verkäufe steht. Auf Basis dieser rein angenommenen Zahlen kommt grob der bekannte weltweite Marktanteil heraus – was natürlich nichts bedeutet, auch andere Zahlenspiele können zu den vorstehenden Vorgaben passen.

Daneben ist noch beachtenswert, wie ähnlich sich die beiden Einzelhändler bezüglich der gesamten Prozessoren-Absatzzahlen sind, normiert auf die Größe des jeweils bedienten Markts. Denn die USA haben derzeit recht genau 4x mehr Einwohner als Deutschland – und passenderweise sind die hier ausgewerteten Absatzzahlen der 19 Top-SKUs auch fast exakt 4x höher bei Amazon USA gegenüber der Mindfactory. Dies überrascht um so mehr, als dass Amazon natürlich nicht irgendein Händler ist, sondern schließlich der (mit Abstand) größte Online-Händler der westlichen Welt. Um dies selbst Einwohner-normiert auszugleichen, muß sich ein deutscher Einzelhändler schon ziemlich strecken bzw. muß auf jeden Fall unter den führenden Anbietern seiner Zunft liegen. Dass die Mindfactory nur ein Händler unter vielen wäre, ist hiermit also ebenfalls widerlegt.