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Intel trickst bei den Wattagen der neuen Tablet/Ultrabook-Prozessoren: SDP vs. TDP

Prozessorenhersteller Intel hat auf der CES auch die Verfügbarkeit der neuen Y-Serie an Tablet/Ultrabook-Prozessoren auf Ivy-Bridge-Basis bekanntgegeben, welche durch eine besonders niedrige Leistungsaufnahme glänzen soll. Die bisherigen Ultrabook-Prozessoren haben bekannterweise allesamt eine TDP von 17 Watt – was für ein Ultrabook eine gute Größe darstellt, für Tablets aber immer noch zu hoch ist. Mittels der Y-Serie versprach Intel in seinen CES-Präsentationen dann aber sogar Wattagen bis hinunter auf 7 Watt – was sich hervorragend anhört, jedoch nur einen Teil der Wahrheit darstellt. Denn Intel benutzte für diese Angaben laut einem Bericht seitens Ars Technica mittels der "Scenario Design Power" (SDP) eine neue Maßeinheit und bezieht sich damit nicht mehr auf die sonst durchgehend genutzte "Thermal Design Power" (TDP).

Nun ist die TDP sowieso immer nur ein recht unzureichender Maßstab zum Stromverbrauch, da hierbei üblicherweise der Maximalverbrauch angegeben wird und je nach Prozessoren-Klasse auch noch teilweise große Reserven zwischen echtem Verbrauch und TDP existieren. Die SDP soll dagegen einen durchschnittlichen Verbrauch angeben, was der eigentlichen Frage nach dem realen Stromverbrauch sicherlich näher kommt. Allerdings schönt Intel mit dem Vermischen der beiden Angaben natürlich die Schlagkraft der Y-Serie sehr erheblich: Vergleicht man die 17 Watt (TDP) der bisherigen Ultrabook-Prozessoren mit den 7 Watt (SDP) der Y-Serie, kommt ein deutlich größerer Unterschied heraus, als wenn man pur die TDPs beider Serien vergleicht – dann steht es nämlich nur 17 Watt zu 13 Watt, was weit weniger beeindruckend ist.

Dabei läßt sich die TDP der Prozessoren der neuen Y-Serie durchaus über Intels Webseite herausfinden, geizt Intel also nicht mit dieser Angabe – aber in der CES-Präsentation zog man leider ohne nähere Erläuterungen einen Vergleich von SDP gegen TDP, was natürlich nicht statthaft ist. Hier kommt hinzu, daß jene Schönfärbung seitens Intel auch bei der Produktbeurteilung eine maßgebliche Rolle spielen dürfte: Bewaffnet mit der Angabe von "7 Watt" könnte man wohl zu dem Schluß kommen, daß die Y-Serie nunmehr durchaus "Tablet-geeignet" sein. Ist dagegen die reale Vergleichsgröße in Form der "13 Watt TDP" bekannt, sollte der Schluß normalerweise in diese Richtung hin ausfallen, daß man wenn nur HighEnd-Tablets damit ausrüsten kann, für den normalen Tablet-Markt diese Wattage aber immer noch (klar) zu hoch ist. Die Vermischung der verschiedenen Stromverbrauchsangaben bringt Intel also durchaus einen erheblichen (aber natürlich ungerechtfertigten) Vorteil ein.

Davon abgesehen ist der Ansatz der "Scenario Design Power" (SDP) durchaus zu begrüßen und es wäre zu hoffen, daß Intel zukünftig SDP-Werte für alle seine Prozessoren veröffentlicht. Dazu müsste man natürlich noch offenlegen, unter welchen exakten Bedingungen die SDP ermittelt wird. Gleichfalls wäre Intel anzuraten, bei der SDP nicht die Fehler der TDP-Angabe zu wiederholen und verschieden leistungsfähige Prozessoren in dieselbe SDP/TDP-Gruppe einzuordnen. Bei der TDP mag dieser "Gruppenzwang" angehen, da die TDP primär eine Angabe für Systembauer und Zubehörhersteller ist, mit welcher maximalen Leistungsaufnahme (inkl. Reserven) gerechnet werden muß. Die SDP erscheint dagegen eher als eine Prozessoren-spezifische Angabe und sollte daher auch exakte Werte für jeden einzelnen Prozessor aufweisen. Bei der Y-Serie hat Intel diese Überlegung leider noch nicht berücksichtigt und notiert alle Y-Modelle unter derselben SDP von 7 Watt – was in der Praxis unwahrscheinlich ist angesichts von Taktraten-Unterschieden von 1.1 bis 2.6 GHz.

Nachtrag vom 16. Januar 2013

In der Frage von "TDP vs. SDP" hat sich Intel gegenüber dem Inquirer dafür entschuldigt, bei seiner CES-Präsentation diese Angaben miteinander vermischt zu haben, was letztlich einen viel besseren Eindruck (als verdient) für die neue Y-Serie von Ivy-Bridge-Prozessoren für Tablet/Ultrabook-Bedürfnisse hinterließ. Daneben kommt aus unserem Forum die (derzeit allerdings unbestätigte) Information, daß die SDP bei einer maximalen Chip-Temperatur von 80 Grad gelten soll und diesbezüglich den Versuch seitens Intel darstellt, mit den von ARM üblicherweise angegebenen Verbrauchswerten gleichzuziehen – welche ebenfalls auf eine maximale Chip-Temperatur von 80 Grad limitiert sein sollen. Ein weiteres Foren-Posting weist zudem auf den hochinteressanten Umstand hin, daß unter SDP-Bedingungen der Basis-Takt der Intel-Prozessoren absinkt – beispielsweise beim Core i7-3689Y von 1.5 GHz auf dann nur noch 800 MHz (der maximal erreichbare TurboMode-Takt von 2.6 GHz bleibt allerdings gleich). Dies müsste man natürlich unabhängig austesten – aber grob betrachtet sieht es so aus, als würde Intel die niedrigeren SDP-Werte schlicht mit Taktraten- und damit Performance-Einbußen erkaufen.

Am Ende ist dies alles natürlich Marketing in Reinform zur Vernebelung des Endkunden – welcher den Gedanken verlieren soll, daß Intel-Chips zu stromfressend für den Tablet-Betrieb sind. Glücklicherweise werden die Gerätehersteller ihre Entscheidungen pro ARM- oder Intel-CPUs jedoch nicht auf Basis dieser Marketingfolien treffen, sondern anhand unabhängig erstellter Meßwerte zu Performance und Verbrauch – sprich, Intel kann der Allgemeinheit vielleicht etwas vormachen, nicht aber den Geräteherstellern. Im Mainstream-Markt dürfte sowieso kaum ein Ultrabook-Käufer wissen, daß ein typischer Ultrabook-Prozessor von Intel mit einer TDP von 17 Watt spezifiziert ist – relevant ist da die seitens des Geräteherstellers genannte Akkulaufzeit, welche sich am besten durch im Internet auffindbare Tests bestätigt läßt. Nur für die Bedürfnisse des Enthusiasten-Segments wäre es besser, wenn Intel exaktere Stromverbrauchs-Angaben liefern würde – in dieser Frage ist aber auch die SDP schon wieder nur halbgar, schließlich spezifiziert Intel auch bei der SDP völlig unterschiedlich getaktete CPUs in dieselbe SDP-Klasse.