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Intel versetzt seinen CEO Pat Gelsinger in den Ruhestand

Die Nachricht des gestrigen Tages ist natürlich die In-Ruhestand-Setzung von Intels nunmehr vormaligen CEO Pat Gelsinger schon zum 1. Dezember, was Intel etwas lapidar erst am 2. Dezember mitteilte. Interimsmäßig geht es mit zwei Co-CEOs weiter, die Suche nach einem neuen Chef beginnt erst. Augenscheinlich hatte Pat Gelsinger zuletzt das Vertrauen des Intel-Verwaltungsrats verloren und kommt man mit dieser In-Ruhestand-Setzung einer direkten Entlassung vor. Genauere Details hierzu fehlen allerdings und dürfte Intel wohl auch niemals offiziell bekanntgeben. Die allgemeine Vermutung ist, dass der Intel-Verwaltungsrat hiermit auf die finanzielle Katastrophe der Geschäftsergebnisse des dritten Quartals samt dem mageren Ausblick auf die nachfolgende geschäftliche Entwicklung reagierte – sprich, es dürfte primär darum gehen, Intel so schnell wie möglich von den roten Zahlen wegzubekommen. Dafür ist ein Techniker wie Pat Gelsinger vielleicht weniger geeignet und dürften somit vorerst die Pfennigfuchser bei Intel übernehmen – denkbarerweise mit neuen Sparprogrammen.

Ob Intel eigentliches Problem damit wirklich lösbar ist, bleibt offen, darf aber sicherlich bezweifelt werden. Intel mag an allen Ecken und Enden zu teuer sein, eine Folge der Marktdominanz über drei Jahrzehnte hinweg. Aber das dickste Problem ist nicht mit Sparprogrammen zu lösen, sondern nur durch eine strategische Entscheidung: Die Intel-Fertigung ist nicht ausgelastet und produziert damit Minuszahlen, die auch kein Sparprogramm in den Griff bekommen könnte. Jene erlöste im dritten Quartal nur 4352 Mio. Dollar Umsatz und verbuchte davon ausgehend aber ein Geschäftsminus von 5844 Mio. Dollar. Für diese Geldverbrennungsmaschine gibt es drei denkbare Gründe: Erstens könnte Intel bei seiner internen Buchung der Fabrikationspreise zwischen Foundry- und Produktsparte eher zugunsten der Produktsparte kalkuliert haben, sprich die Foundry-Sparte Intel-intern benachteiligen (eigengefertigte Prozessoren zu billig "einkaufen"). Dies wäre dann ein rein buchhalterischer Grund, nichts wirklich reales (Stichwort von der linken in die rechte Tasche).

Zweitens fehlen der Foundry-Sparte natürlich die Fremd-Aufträge, das bisher gelaufene stellt eher nur einen gewissen Anfang dar und ergibt keine wirklich beachtbaren Summen. Der dritte Punkt liegt hingegen in einer Intel-internen Fehlkalkulation: Die Fremdfertigung neuerer Intel-Prozessoren bei TSMC mag vom Produkt-Standpunkt aus interessant sein, vom wirtschaftlichen Standpunkt für ganz Intel betrachtet ist es jedoch eine Katastrophe. Gerade mit dem 2025er Produkt-Portfolio, welches von "Arrow Lake" und "Lunar Lake" dominiert werden wird, fertigt Intel bei seiner eigenen Foundry dann nur noch Alt-Generationen, Xeons und andere Nebenprodukte. Und dies ist zu wenig, da enthält man einfach viel zu viel an Fertigungskapazität der bekannt großvolumigen Intel-Fertigung vor. So etwas könnte sich Intel leisten, wenn die Auftragsfertigung bei der Intel-Foundry breit läuft und nicht Intel selber somit ein Auslastungsproblem bei seiner eigenen Fertigung auslöst. Dies ist nebenbei auch einer der wenigen strategischen Fehler, die man Pat Gelsinger ankreiden kann – zu früh und zu breit auf eine Fremdfertigung der Intel-Prozessoren gesetzt zu haben, so dass man die Intel-eigene Fertigung somit (bei weitem) nicht auslasten kann.

Andere strategische Entscheidungen sind Pat Gelsinger zumeist nicht so wirklich anzulasten, dafür war die Wirkungsspanne als CEO (2021-2024) viel zu kurz und ist der Vorlauf interner strategischer Entscheidungen viel zu lang. Bei seinem Amtsantritt war schließlich die aktuell ausgeführte Prozessoren-Roadmap bereits weitgehend gesetzt, allein die Entscheidung des Chipfertigers für die 2023er und 2024er Prozessoren konnte noch verändert werden. Aber gerade die Entwicklung der neuen Tile-basierten Prozessoren bei Intel wird deutlich vor Pat Gelsinger angestoßen worden sein, damit auch einhergehend die Probleme, welche beispielsweise Arrow Lake derzeit bei der Spiele-Performance hat. Was Pat Gelsingers Werk bezüglich neuer Prozessoren-Generationen ist, wird man erst bei den nachfolgenden Intel-Generationen sehen, wenn inzwischen längst ein anderer CEO am Ruder ist. Zu nennen wären hier zum einen "Nova Lake" und vor allem die Intel-Generationen danach, wo Intel zuletzt das "Royal Core Project" weitgehend gestrichen haben soll.

In jedem Fall markiert dieser CEO-Abschied den Tag, wo Intel zugibt, in wirklich tiefen Problemen zu stecken – verbunden mit dem Risiko, dass man nunmehr über Panikhandlungen jene sogar noch verschärft. Gerade der gern geäußerte Königsweg aus allen Intel-Problemen heraus in Form der Abstoßung der Foundry-Sparte ist ein zweischneidiges Schwert. Erstens einmal macht man sich damit von TSMC überaus abhängig. Zweitens könnte diese Abstoßung Intel richtig etwas kosten – anstatt etwas einzubringen. Denn in der Tat will niemand derart großvolumige Fertigungsanlagen kaufen, die Quartal für Quartal fast 10 Mrd. Dollar Betriebskosten haben – und derzeit keine wirklichen Auftraggeber aufweisen, um mit diesem Volumen etwas anzufangen. Um so einen Negativposten abzusetzen, müsste Intel normalerweise den "Kauf" mit einer dicken Abfindung aufhübschen – sprich wahrscheinlich Abermilliarden hinzugeben, nur um die Foundry-Sparte loszubekommen.

Und drittens sägt man sich damit selber ein Standbein des vorherigen Erfolgs ab – und zwar vor allem auch des wirtschaftlichen Erfolgs vergangener Tage. Intel sollte sich daran erinnern, dass man speziell zu den Zeiten, wo die eigene Fertigung gut lief, ein echter Moneymaker war, mit extrem hohen Gewinnanteil am Umsatz. Gibt man dieses frühere Standbein ab, muß jeder zukünftige Intel-Vorteil nur noch von der Chip- und Architekturentwicklung kommen, ist also auch das geschäftliche Potential Intels eher kleiner als größer. So gesehen wäre es für Intel wahrscheinlich der klügere Weg, kurzfristig die eigene Fertigung wieder besser mit eigenen Prozessoren auszulasten, damit jene etwas aus der Schußlinie gerät. Langfristig geht es nur über bessere Produkte und eine genauso schlagkräftige Fertigung – aber dies ist überall so, dass Produkte & Fertigung auf der Höhe der Zeit sein müssen, um erfolgreich zu sein. Ob die nun übernehmende Pfennigfuchser-Abteilung bei Intel eine solche (solide) Entwicklung zulassen wird, bleibt abzuwarten.