28

Stromverbrauch von Rocket Lake im Vergleich zu Zen 3 & Comet Lake

Die seinerzeitige Launch-Analyse zu Intels "Rocket Lake" begnügte sich (auch aus Zeit-Gründen) mit ein paar textlichen Ausführungen zum Stromverbrauch dieser Prozessoren, lieferte allerdings keine Meßwerte. Da jedoch das Thema Stromverbrauch von Rocket Lake für die Nutzer-Bewertung dieser neuen Intel-Generation augenscheinlich ein größeres Gewicht hatte, soll die tabellarische Auflistung vorhandener Stromverbrauchs-Meßwerte hiermit nachgeholt werden. In allen Fällen handelt es sich um Messungen rein der CPU, inzwischen meistens realisiert über das schlichte Auslesen der Package Power in entsprechenden Anzeigetools (was jedoch nach allgemeiner Erfahrung ziemlich akkurat ist). Zugleich beziehen sich nachfolgende Meßwerte allein auf gemäß ihren offiziellen Power-Limits laufende Prozessoren, sprich es gibt weder eine Zeitausdehnung bei PL2 noch ein mitlaufendes "Adaptive Boost".

Kerne/Gen/TDP Gaming avg Gaming max H.264 CB20 Prime95 Peak
Datenquelle:   CapFrameX CapFrameX Le Comptoir Hardwareluxx ComputerBase AnandTech
Core i9-11900K 8C RKL, 125/251W 109W 133W 148W 230W 125W (Peak 243W) 296W
Core i7-11700K 8C RKL, 125/251W 102W 126W 148W 188W - 277W
Core i5-11600K 6C RKL, 125/251W - - 138W 142W 125W (Peak 182W) 210W
Ryzen 9 5950X 16C Zen 3, 105/142W - - 166W 146W 116W 142W
Ryzen 9 5900X 12C Zen 3, 105/142W 99W 114W 166W 149W 130W 142W
Ryzen 7 5800X 8C Zen 3, 105/142W - - 155W 149W - 141W
Ryzen 5 5600X 6C Zen 3, 65/88W - - 89W 81W - 76W
Core i9-10900K 10C CML, 125/250W 83W 117W 148W 223W 125W 252W
Core i7-10700K 8C CML, 125/229W - - 147W 184W - 205W
Core i5-10600K 6C CML, 125/182W 59W 72W 117W 103W 125W 131W
Hinweis: Stromverbrauchsmessungen rein der CPU! ... alle Prozessoren laufen im Rahmen ihrer offiziellen Power-Limits

Dabei zeigen sich durchaus die Grenzen dieser Erfassungsmethode: Je nachdem ob der Hardwaretester einen Peak-Verbrauch (höchster Spitzenwert) oder einen durchschnittlichen Verbrauch oder aber einen Verbrauch nach Beendigung der PL2-Phase angibt, können sehr unterschiedliche Werte für die Intel-Prozessoren herauskommen (bei AMD bleiben die Differenzen zwischen durchschnittlichem und Peak-Verbrauch weitaus stärker im Rahmen). Ein besonders augenscheinliches Beispiel hierfür sind die Prime95-Messungen der ComputerBase: Sicherlich erreicht ein Core i9-11900K dabei einen Spitzenverbrauch von 243 Watt, was für diese CPU einfach zu viel ist. Nach Beendigung der PL2-Phase (nach 56 Sekunden) geht es jedoch auf konstant 125 Watt herunter. Damit verbraucht dieser Intel-Prozessor dass, was äquivalente AMD-Prozessoren verbrauchen – wie der Ryzen 7 5800X, welcher sein PPT von 142 Watt oftmals ausreizt und damit tendentiell sogar leicht mehr als der Intel-Prozessor verbrauchen kann.

Bei den anderen Messungen ist es dann weit weniger eindeutig, ob hierbei Peak- oder Durchschnittswerte angegeben wurden – die Meßwerte selber deuten eher auf Peak-Angaben hin. Jene liegen jedoch bei Intels Prozessoren wegen des PL2-Einflusses immer deutlich höher, was jedoch keine Aussage über den langfristigen Stromverbrauch darstellt. Dabei sind sicherlich beide Werte wissenswert, denn im Office-Alltag mit oftmals sehr schwankenden Lasten wird man das PL2 durchaus häufiger zu Gesicht bekommen, wenngleich zumeist nur sehr kurzzeitig. Eventuell sollten die Hardwaretester darüber nachdenken, zukünfig generell beide Werte anzugeben – Peak-Verbrauch und gemittelter Verbrauch. Für den gemittelten Verbrauch bietet sich zudem ein Tool wie die Performance Efficiency Suite an, mittels welcher man den kompletten Energieverbrauch einer definierten Aufgabe (derzeit leider nur Cinebench) erfassen kann. Damit ebnen sich alle kurzzeitig höheren Stromverbrauchswerte ein – der Weg zum Ziel bleibt den CPU-Herstellern überlassen, bewertet wird nur der gesamte Energieaufwand.

Davon abgesehen liegt das Unbill, welches Intel derzeit für den Stromverbrauch von Rocket Lake (und vorher von Comet Lake) erfährt, sicherlich auch daran, dass es Intel mit dieser faktischen Boost-Funktion ziemlich übertreibt. Prozessoren mit 125 Watt TDP auszugeben, welche bis zu knapp eine Minute für grob 20-25 Sekunden lang das glatt Doppelte verbrauchen dürfen, hat nicht mehr viel mit einem "kurzfristigen" Boost zugunsten der Spritzigkeit zu tun. Dies ist durchaus eine Benchmark-Gewinn-Funktion gemäß der Entwicklung, dass viele Benchmarks im CPU-Bereich aufgrund der heutzutage erreichten Performance recht kurze Durchlaufzeiten haben. Da Prozessoren-Power heutzutage zumeist zur Genüge zur Verfügung steht, wünscht die Masse der Anwender augenscheinlich keine Prozessoren-Modelle, welche für geringe Performancegewinne oberhalb gewisser Stromverbrauchswerte geht, die schlicht als "ungesund" angesehen werden. Der 200-Watt-Bereich sollte einfach HEDT-Nutzern vorbehalten bleiben, welche diesen hohen Stromverbrauch durch entsprechende Prozessoren-Mehrleistung als auch einem echten Bedarf hierfür rechtfertigen können.

PS: Peak-Wert des Ryzen 9 5950X laut Ian Cutress @ Twitter nachgetragen.

Nachtrag vom 11. Juli 2021

Die kürzliche Aufstellung zu Stromverbrauchs-Werten von Rocket Lake, Zen 3 & Comet Lake ist noch dahingehend zu korrigieren, als das Intels PL2 trotz der offiziellen Zeitangabe ("Tau") von 56 Sekunden keinesfalls diese komplette Zeit anliegen kann. Denn eine Bedingung dieses Boost-Verfahrens lautet, dass PL1 (=die TDP) niemals im Durchschnitt übertroffen wird. Den Zeiten, wo PL2 anliegt, müssen also auch entsprechende Zeiten mit geringerer Last gegenüberstehen, welche den kurzfristig höheren Verbrauch für den Durchschnitt (maximal PL1) wieder ausgleichen. Das Tau ist dabei nicht die Zeitspanne, in welcher PL2 maximal laufen darf, sondern eher wie ein Erfassungsintervall: Innerhalb dieser Zeitspanne muß sich der durchschnittliche Stromverbrauch auf PL1-Niveau ausgleichen. Startet man das Tau im Idle, hat man nachfolgend viel (zeitlichen) Platz, um PL2 benutzen zu können. Startet man das Tau ausgehend von einem hohen Verbrauch auf PL1-Niveau, ergibt die Durchschnittsrechnung kein (oder nur minimales) Potential, um auf PL2 zu erhöhen.

In einem idealen Beispiel nimmt man für einen Core i9-11900K (125W PL1, 251W PL2, 56sec Tau) für 28 Sekunden keinen Verbrauch an – dann könnte man in den restlichen 28 Sekunden des Tau-Zeitraum komplett PL2 fahren. Dies bedeutet, das PL2 eigentlich maximal nur für die Hälfte von Tau anliegen kann, wegen des obligatorischen Idle-Verbrauchs sogar etwas weniger als das. Dies ändert natürlich nichts an der Aussage, dass selbst ein 20-Sekunden-Boost auf 251 Watt nicht mehr zur These passt, dass es hierbei um "Schwuppdizität" geht – für selbige reichen kurzfristige Boosts im Zehntelsekunden-Bereich. Das Feature ist weiterhin in dieser Länge primär interessant für Benchmarks, die im CPU-Bereich oftmals nicht wesentlich länger laufen. Schließlich findet selbst bei einem 3-Minuten-Benchmark noch eine gewisse Beeinflussung statt, denn die ersten 20 Sekunden kann auch hier PL2 anliegen – wegen der Idle-Phase vor dem Start des Benchmarks. Nur bei sehr langlaufenden Benchmarks verwischt sich dieser Effekt dann. PS: Genauere Erklärungen zu PL1, PL2 & Tau finden sich bei ComputerBase und Reddit.