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nVidias SLI und AMDs CrossFire sind faktisch Geschichte

Gamers Nexus haben mit AMD über den Umstand gesprochen, das AMD bei der Vega-Vorstellung keinerlei Worte mehr zu "CrossFire" verloren hat – im klaren Gegensatz zur seinerzeitigen Polaris-Vorstellung, als man das ganze sogar noch recht stark betonte. AMD gab auf Nachfrage dann zu, sowohl Marketing-Bemühungen als auch Treiber-Arbeit vom Thema "CrossFire" deutlich weggeschichtet zu haben – platt gesagt läßt man das Thema auf sich beruhen. Der reine Hardware-Support bleibt zwar bestehen, aber man wird daran laut AMD keine Freude haben, wenn der Support seitens der Spieleentwickler und vom Treiberentwickler (AMD) ausbleibt. Im Endeffekt bedeutet dies einen klaren Abgesang auf CrossFire im Spiele-Einsatz, man überläßt das ganze ab sofort schlicht seinem Schicksal. Sicherlich könnte speziell unter DirectX 12 noch etwas passieren, da dort schließlich sowieso die Spieleentwickler den MultiGPU-Support selber übernehmen müssen – aber an dieser Front passiert derzeit in der Praxis leider gar nichts (AotS als Ausnahme, welche die Regel bestätigt), hier könnte also nur noch ein "Wunder" bzw. eine völlig unerwartete Entwicklung etwas ändern.

AMD steht mit dieser Entscheidung allerdings nicht allein oder gar als erster da, denn nVidia hatte schon mit der aktuellen Pascal-Generation (ohne große Ankündigung) seine SLI-Aktivitäten ebenfalls maßgeblich heruntergefahren. Von nVidia gibt es zwar keine offizielle Aussage zum Thema, aber die erst kürzlich festgestellten Fakten sprechen klar für sich: Selbst mit Day-1-Patches und ersten optimierten Treibern kommen die wenigsten der aktuellen Spiele-Neuerscheinungen mit einem sinnvollen SLI/CrossFire-Support daher. Der SLI/CrossFire-Nutzer muß demzufolge immer auf spätere, besser optimierte Treiber warten – und selbst dann wird es in locker und leicht der Hälfte aller neuen Spieletitel niemals einen sinnvollen SLI/CrossFire-Support geben, dies ist zum Teil rein Technik- bzw. Engine-bedingt. Die Spiele- und Engine-Entwickler haben das Thema "Multi-GPU" einfach schon vor längerer Zeit angefangen aufgegeben – die Entscheidung von AMD und nVidia, dieser offensichtlichen Entwicklung nunmehr zu folgen, war absehbar wie auch nahezu unvermeidlich.

Dies bedeutet auch, das es beiderseits ziemlich sicher keine weiteren DualChip-Grafikkarten geben wird – Radeon R9 295X2 und GeForce GTX Titan Z aus dem Jahr 2014 dürften die letzten Gaming-Modelle mit zwei verbauten Grafikchips auf einer Platine bleiben. Die zuletzt seitens AMD noch aufgebotenen Radeon Pro Duo Karten einmal mit Fiji-Chips und einmal mit Polaris-Chips sind hingegen schon eher für professionelle Bedürfnisse gedacht, wo sich immer noch eine gewisse Nutzungschance für die zwei Grafikchips ergibt (dann allerdings meistens außerhalb von SLI & CrossFire rein über CUDA & OpenCL). AMD hat zudem auch noch eine "Vega x2" sowie eine "Navi x2" auf seinen Grafikchip-Roadmaps stehen – jene dürften nun ziemlich sicher nicht mehr erscheinen (es sei denn man realisiert es als MCM, was dann aber nicht mehr SLI/CrossFire wäre). Für den jeweils bei der Performance zurückhängenden der beiden Grafikchip-Entwickler entfällt damit auch die Möglichkeit, sich mittels einer DualChip-Lösung noch irgendwie im Performancerennen zurückzumelden. Diese Möglichkeit wurde speziell von AMD in der Vergangenheit gern einmal genutzt, seinerzeit waren die Bedingungen für MultiChip-Grafikkarten aber natürlich auch viel günstiger.

Mit dem jetzt in sich zusammenfallenden Support für SLI & CrossFire wird es zudem um so schwerer, das Thema der MultiChip-Lösungen für den Spiele-Einsatz jemals einmal wiederzubeleben. Schließlich werden spätestens jetzt vor allem die Spieleentwickler jegliche Hemmungen fallen lassen und keinerlei Sonderwege bei ihrer Programmierung mehr gehen, nur um einen eventuellen SLI/CrossFire-Support nicht zu stören. Damit werden in Zukunft vielleicht sogar noch mehr Engines und Spiele auf den Markt kommen, bei welchen ein MultiGPU-Support nur noch über große Klimmzüge und damit einer betriebswirtschaftlich nicht darstellbaren Arbeitsanstrengung erreicht werden könnte. Sicherlich ist aber ein Großteil dessen schon längst passiert – und somit sind AMDs Aussagen gegenüber Gamers Nexus keineswegs als der Auslöser des Endes von SLI & CrossFire zu betrachten, sondern markieren vielmehr einfach nur ein Datum, ab welchem man sagen kann, das diese MultiChip-Technologien nunmehr (faktisch offiziell) Geschichte sind.

Nachtrag vom 9. Juli 2019

Wie TechPowerUp mit Verweis auf ein AMD-Statement vermelden, wird kein CrossFire-Support bei Navi mehr geboten – mit dem ersten "Opfer" in Form der Radeon RX 5700 Serie. Dies bezieht sich im konkreten auf die konventionelle MultiGPU-Ausführung per Treiber, welche normalerweise für Spiele unter den Grafik-APIs DirectX 9/10/11 und OpenGL angesetzt wird. Nicht davon betroffen wäre also ein Spiel-eigener MultiGPU-Ansatz, welchen man bei den NextGen-APIs DirectX 12 und Vulkan finden kann. In der Praxis ist dies natürlich trotzdem der letzte Sargnagel auf CrossFire, nachdem es schon zum seinerzeitigen Vega-Launch die entsprechende Tendenz gegeben hatte. Damals hatte AMD den Support an für CrossFire angepassten Treibern fallengelassen, was allerdings in der Praxis elementar ist, damit MultiGPU unter DirectX 9/10/11 und OpenGL überhaupt vernünftig auf Touren kommt und am Ende auch ordentliche Performancegewinne produzieren kann. Heuer nun streicht AMD das Feature faktisch ganz – das es unter DirectX 12 und Vulkan theoretisch weiterhin möglich ist, spielt kaum eine Rolle, da diese Möglichkeit in der Praxis (durch die Spieleentwickler) einfach nicht genutzt wird.

nVidia ist in dieser Frage dagegen augenscheinlich noch nicht bereit, den Stecker zu ziehen: Wie schon in der vorhergehenden Pascal-Generation gibt es auch mit der Turing-Generation noch offiziellen SLI-Support für alle Grafikkarten basierend auf den jeweils zwei besten Grafikchips (bei Turing demzufolge TU102 & TU104). Damit kam zuletzt sogar noch die GeForce RTX 2070 Super in den Genuß des SLI-Supports, da für diese Karte im Gegensatz zur non-Super-Ausführung der größere TU104-Chip verwendet werden musste. An expliziten Treiberanpassungen zugunsten von SLI ("SLI-Profile") wird derweil auch weiterhin seitens nVidia gearbeitet, jene werden nach wie vor regelmäßig den nVidia-Treibern hinzugefügt. Allerdings ist dies immer natürlich nur bei Spielen möglich, deren Spiele-Engines nicht die Verwendung von SLI bzw. CrossFire technikbedingt ausschließen – wie dies derzeit eher mehr als weniger werden, weil die Spieleentwickler sich zumeist um SLI & CrossFire wirklich keinen Kopf mehr machen. Damit engt sich der Praxisnutzen von MultiGPU auch bei nVidia immer mehr ein – und unter DirectX 12 sowie Vulkan kann nVidia dann kaum noch etwas eigenaktiv machen, dies ist dann technikbedingt Aufgabe der Spieleentwickler. Da von jenen kaum noch etwas in Richtung MultiGPU zu erwarten ist, dürfte auch nVidias SLI seinem schleichenden Ende entgegengehen, welches dann spätestens über die Durchsetzung von DirectX 12 kommen wird.