AMD Grafikchip-Roadmap 2016-2019

Samstag, 7. Januar 2017
 / von Leonidas
 

Videocardz sind nun auch noch die originalen AMD-Präsentationsunterlagen zugespielt wurden, welche Ausgangspunkt breiter Diskussionen über die AMD-Grafikchips Vega 10, Vega 11, Vega 20, Navi 10 & Navi 11 im letzten September gewesen sind. Zu diesem Zeitpunkt waren jene Informationen aber nur auf indirektem Wege bekannt, was zu manchem (nun zusehendem) Mißverständnis und letztlich sogar zu zwei verschiedenen Auslegungen jener Informationen führte. In der Summe der Dinge war dabei bereits jenes korrekt, was in der ersten Meldung zum Thema stand – die nun veröffentlichen originalen AMD-Unterlagen bestätigen dies nunmehr vollumfänglich. Wir haben nachfolgend die entsprechende (eigenerstellte) AMD Grafikchip-Roadmap 2016-2019 in einer dritten Version neu aufgelegt, welche allerdings nur geringe Differenzen zur ersten Version dieser Roadmap trägt.

Wichtigste Erkenntnis der ganzen AMD-Unterlagen ist die direkte Bestätigung von 64 Shader-Clustern beim kommenden Vega-10-Chip. Da alles für weiterhin 64 Shader-Einheiten pro Shader-Cluster auch in der GCN5-Generation spricht (Beispielrechnungen mit 32 oder 128 Shader-Einheiten pro Shader-Cluster gehen sowieso nicht auf), ergibt dies die immer wieder kolportierten 4096 Shader-Einheiten beim Vega-10-Chip. Dies erscheint zwar angesichts der für Vega 10 angesetzten Chipfläche von 485-500mm² als wenig, aber hierfür dürften am Ende die größeren Veränderungen der GCN5-Architektur verantwortlich sein. AMD scheint nunmehr eher den Weg von nVidia zu gehen, mit weniger Shader-Einheiten zu operieren, welche dafür allerdings flächenmäßig größer und insgesamt deutlich leistungsfähiger sind. Schließlich hat auch nVidias GP102-Chip bei vergleichbarer Chipfläche von 471mm² physikalisch 3840 Shader-Einheiten zu bieten, die 4096 Shader-Einheiten von Vega 10 bei einer Chipfläche von 485-500mm² sind also nicht wirklich ungewöhnlich.

Die von AMD angestrebten 12-12,5 TFlops FP32-Rechenleistung bedingen dann auf "nur" 4096 Shader-Einheiten allerdings ein Hochtakt-Design – so wie von AMD mittels des Vega Architecture Preview schon angedeutet. Denn allein für 12 TFlops FP32-Rechenleistung braucht es einen GPU-Takt von 1465 MHz – für die 12,5 TFlops der schon angekündigten GPGPU-Lösung "Radeon Instinct MI25" sind es sogar 1526 MHz. Selbst wenn Vega 10 dies nur als maximalen Boosttakt erreicht, wäre das für AMD-Grafikchips eine außergewöhnlich hohe Taktrate – noch nicht ganz auf dem Höchstniveau von nVidia bei deren Pascal-Generation, aber schon vergleichsweise nahe dran. In jedem Fall bricht AMD hiermit deutlich mit den früheren Designansätzen für AMD-Grafikchips, welche eher auf eine höhere Anzahl an Shader-Einheiten (gegenüber vergleichbaren nVidia-Grafikchips) und dafür allerdings klar niedrigere Taktraten abzielten. Im Vergleich von AMD Vega 10 zu nVidia GP102 gibt es nunmehr die fast gleiche Anzahl an Shader-Einheiten zu ähnlichen Taktraten – ab GCN5 scheint sich AMDs Grafikchip-Design also dem von nVidia anzunähern.

Daneben bestätigen die Unterlagen zum Vega-10-Chip noch eine FP64-Rechenleistung von 1:16 gegenüber der FP32-Rechenleistung, die (schon klar bestätigten) zwei HBM2-Stacks sowie einen Stromverbrauch von 225 Watt. Jener ist allerdings (wie die gesamten Unterlagen) auf den Server/Profi-Einsatz bezogen und kann daher bei Gaming-Lösungen am Ende noch leicht abweichend ausfallen. Während Vega 10 als SingleChip-Lösung (wie auch andersweitig bestätigt) noch im ersten Halbjahr kommen soll, wird die DualChip-Lösung "Vega 10 x2" auf das zweite Halbjahr angesetzt. Die dort angegebenen vier HBM2-Stacks sollten allerdings wohl nicht bedeuten, das der Vega-10-Chips (im SingleChip-Modus) bereits mit vier Speicherstacks umgehen kann – vielmehr dürfte dies der üblichen Angaben-Verdopplung bei DualChip-Konstrukten geschuldet sein, die korrekte Angabe würde also eher auf "2x zwei HBM2-Stacks" lauten. Auch hier gilt wieder, das der angebene Stromverbrauch von 300 Watt für das Server-Segment gilt (wo derzeit nichts oberhalb von 300 Watt TDP gängig ist) und daher bei Gaming-Lösungen anzunehmenderweise nach oben durchbrochen werden dürfte.

Die Präsentationsfolie zum nachfolgenden Vega-20-Chip bestätigt ebenfalls die früheren Angaben, selbst wenn jene teilweise als unglaubwürdig galten. Es wird nun allerdings auch über die nachfolgende Grafikchip-Roadmap klarer, wie der Vega-20-Chip zu verstehen ist: Zum einen als DoublePrecision-Monster mit einer FP64-Rate von nur 1:2 – und zum anderen als augenscheinlicher 7nm-Pipecleaner für die nachfolgende Navi-Generation in derselben Fertigung. Ob Vega 20 überhaupt im Gaming-Segment antreten wird, muß offenbleiben, denn es gibt weiterhin nur 64 Shader-Cluster (mit anzunehmenderweise 4096 Shader-Einheiten). Vielleicht kann die 7nm-Fertigung noch ein wenig höhere Taktraten oben drauf legen, eventuell bringt die verdoppelte Speicherbandbreite (aufgrund der nun wirklich vier HBM2-Speicherstacks) auch noch etwas – ein wirklich großer Sprung gegenüber Vega 10 kann das ganze zumindest im Gaming-Segment jedoch nicht werden.

In dieser Angelegenheit dürfte es sicherlich auch darauf ankommen, wann konkret Vega 20 kommt und wie schnell danach die Navi-Generation fertiggestellt werden kann. Vega 20 steht derzeit mit einem "Target" von zweitem Halbjahr 2018 in den AMD-Unterlagen – jene Formulierung läßt augenscheinlich die Möglichkeit offen, das sich das ganze nach hinten verschiebt. Die Navi-Generation ist hingegen laut einer auf Server/Profi-Bedürfnisse bezogenen AMD Grafikchip-Roadmap erst ein Thema des Jahres 2019. Hierbei wird der Navi-10-Chip als Nachfolger von Vega 10 eingeordnet, dürfte also ähnlich wie dieser eher auf Gaming-Bedürfnisse zugeschnitten sein, während der Vega-20-Chip trotz Erscheines der Navi-Generation weiterhin im Profi-Bereich wirken soll. Zudem nennt diese Roadmap auch noch die jeweils kleineren Grafikchips Vega 11 und Navi 11, welche laut dieser Roadmap in Nachfolge von Polaris 10 gehen sollen – wobei damit sicherlich nicht dieselbe Performance gemeint ist, sondern nur dasselbe Performancesegment (dessen Leistungsanspruch sich logischerweise jedes Jahr erhöht).

In der Summe der Dinge läßt sich damit in Zusammenhang mit den Angaben von AMDs Vega Architecture Preview inzwischen schon ein ziemlich genaues Bild von AMDs Grafikchip-Zukunftsplänen zeichnen – welches nunmehr den Vorteil hat, komplett auf AMD-eigenen Angaben zu beruhen. Wir haben nachfolgend die entsprechende (eigenerstellte) AMD Grafikchip-Roadmap 2016-2019 in einer dritten Version neu aufgelegt, welche allerdings nur geringe Differenzen zur ersten Version dieser Roadmap trägt. Sofern AMD seine Grafikchip-Planungen nicht generell ändert, dürfte sich dieses Bild bis zum Erscheinen der Navi-Generation im Jahr 2019 halten lassen. Natürlich läßt sich aus dieser reinen Grafikchip-Roadmap noch nicht ermitteln, in welchen konkreten Grafikkarten das ganze mündet – es wird Aufgabe der zukünftigen Berichterstattung sein, dies dann herauszufinden.

Nachtrag vom 8. Januar 2017

In unserem Forum wurden vielfältige Zweifel an der Echtheit der neuen "AMD-Unterlagen" geäußert, welche wir nachfolgend zur AMD Grafikchip-Roadmap 2016-2019 verwurstet haben. Insbesondere relevant ist dabei wohl die Inperfektion der Präsentationsfolien selber, welche nicht gerade auf einen professionellen Hintergrund schließen lassen. Und in der Tat ist dieser Punkt (auch bei uns) wohl etwas untergegangen: Die Möglichkeit eines Fakes ist vorhanden und darf nicht negiert werden. Für uns war dies wohl zu schnell "sicher", das es sich um echte Unterlagen handeln soll – aus unserer Sicht begründet durch die technische Stimmigkeit und natürlich vor allem dadurch, das dieselben Daten bereits im September (ohne Original-Unterlagen) vermeldet wurden. Eine abschließenden Gewähr gegenüber einem Fake- oder auch Troll-Versuch ist dies natürlich nicht – doch nun ist das Kind nun einmal in den Brunnen gefallen und wir werden einfach abwarten müssen, inwiefern sich das ganze bestätigt oder nicht. Es dürfte bekannt sein, das wir an dieser Stelle mit Fehlern und Fehldeutungen offen umgehen und diese auch öffentlich entschuldigen bzw. wieder zurechtrücken.