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Microsoft kündigt die "Xbox Scarlett" auf Zen2/Navi-Basis für Ende 2020 an

Im Rahmen seiner E3-Präsentation hat Microsoft die nächste Xbox-Generation angekündigt sowie einige technische Details zu dieser bekanntgegeben. Die derzeit nur mit Codenamen "Xbox Scarlett" genannte nächste Xbox-Konsole ist für die "Holiday-Season 2020" zu erwarten, womit die Ballung der Jahresendfeiertage um Thanksgiving und Weihnachten/Neujahr gemeint ist – was also eine Auslieferung im November oder Dezember 2020 ergibt. Wie erwartet besteht die Xbox Scarlett technisch aus einem Zen-2-Prozessor samt einer Navi-Grafiklösung, als Speichertyp kommt laut Microsoft GDDR6 zum Einsatz. Abseits der offiziellen Verlautbarungen waren kurz (unscharfe) Bilder der Platine zu sehen (Quellen #1 & #2), welche den Rückschluß auf ein 384 Bit breites Speicherinterface mit einer Speicherbandbreite von 672 GB/sec samt der Speichergröße von 24 GB ermöglichen. Dies wäre sicherlich erstklassig, im PC-Bereich kommt allein die GeForce RTX 2080 Ti (616 GB/sec) an diese Speicherbandbreite heran, nur die (in dieser Frage überdimensionierte) Radeon VII (1024 GB/sec) bietet noch mehr Speicherbandbreite.

Microsoft "Xbox Scarlett"

  • "Scarlett" ist der Codename dieser NextGen-Spielekonsole, der Verkaufsname ist noch nicht bekannt
  • CPU auf Basis von Zen 2
  • GPU der Navi-Generation
  • Hardware-beschleunigtes RayTracing
  • GDDR6-Speicher
  • auf einem Platinen-Foto wurden 12 Speicherchips mit jeweils 2 GByte auf (nominell) 14 Gbps gesichtet (Quellen #1 & #2)
  • dies zeigt auf ein 384 Bit Speicherinterface mit 672 GB/sec Bandbreite samt 24 GB Speicher hin
  • soll laut Microsoft 4mal so viel Rechenpower wie die Xbox One X bieten
  • "revolutionäre" SSD als Massenspeicher sowie als virtueller Arbeitsspeicher
  • unterstützt Monitor-Auflösungen bis zu 8K
  • unterstützt Bildwiederholraten bis zu 120 Hz
  • angekündigt für die "Holiday Season 2020", sprich Zeitrahmen November/Dezember 2020

Im insgesamten will Microsoft mit der Xbox Scarlett die vierfache Rechenkraft der Xbox One X aufbieten (im Original "from a pure processing perspective, this is 4 times more powerful than the Xbox One X"). Damit ist aber wahrscheinlich nicht die nominelle FP32-Rechenpower der Navi-Grafiklösung gemeint, denn dies würde ca. 24 TFlops benötigen, was auf für Konsolen-SoCs schon ziemlich hohen 1500 MHz GPU-Takt satte 8000 Shader-Einheiten erfordern würde. Da dies keine wahrscheinliche Auflösung darstellt, rechnet Microsoft hierbei augenscheinlich die Effizienzgewinne der Navi-Architektur mit ein, eventuell gibt es hier auch "kreative" Rechnungen unter Einbeziehungen der viel höheren CPU-Power (von acht Jaguar-Kernen auf vermutlich 8C/16T unter Zen 2). Angesichts des dicken Speicherinterfaces kann man eine GPU-Rechenleistung irgendwo im Rahmen zwischen GeForce RTX 2080 (10,6 TFlops) & GeForce RTX 2080 Ti (14,2 TFlops) annehmen, sagen wir 4096 Shader-Einheiten (bzw. 3968 aus Ausbeute-Gründen) auf 1400-1500 MHz GPU-Takt – womit zwischen 11-12 TFlops erreichbar sind. Dies ist allerdings nur eine arg grobe Vorhersage, welche nicht als feststehende Wahrheit anzunehmen ist.

Neben den technischen Grunddaten wurde zudem Hardware-beschleunigtes RayTracing bestätigt, womit die Xbox Scarlett in dieser Frage mindestens dasselbe wie die Playstation 5 bieten wird. Ob dies auf RayTracing in allen Navi-Grafiklösung startend mit dem Navi-10-Chip der Radeon RX 5700 XT hindeutet, bleibt dagegen ungewiss, könnte sich aber schon auf AMDs heute Nacht anstehendem E3-Event ergeben. Wie auch bei der PS5 kommt die Xbox Scarlett mit einer SSD als Massenspeicher daher, welcher zudem auch als virtueller Speicher genutzt werden kann – womit das Umkopieren von Massenspeicher in den Arbeitsspeicher entfällt. Die Microsoft-Aussagen von maximaler Monitor-Auflösung (8K) und maximaler Bildwiederholrate (120 Hz) sind dagegen leider ungenau ausgeführt, da nicht klar wird, ob jene gleichzeitig gelten. Vermutlich ist dies aber nicht möglich, da der HDMI 2.1 Standard nur 8K mit 60 Hz sowie 4K mit 120 Hz vorsieht. Die 8K-Auflösung dürfte zudem logischerweise nur mit Upsampling erreicht werden, die (vermutlichen) Rohdaten der Konsole werden gerade einmal für ein natives Rendering unter der 4K-Auflösung ausreichen.

Für weitere Details ist dann bis zum Marktstart sicherlich noch genügend Zeit, zu klären wären (neben dem Preispunkt) insbesondere die Anzahl der CPU-Kerne sowie die von der benutzten Navi-Grafiklösung gebotene nominelle Rechenpower. Jene läßt sich zwar aufgrund des erheblichen IPC-Sprungs von Navi nicht wirklich mit der Rechenpower von früheren AMD-Grafiklösung oder früherer Spielekonsolen vergleichen, aber vermutlich kann man diesen Rechenleistungs-Vergleich schon in Kürze gegenüber den neuen Navi-Grafikkarten von AMD antreten. Zur in der Vorab-Berichterstattung immer wieder erwähnten zweiten neuen Xbox-Konsole dieser Konsolen-Generation wurde dagegen gar nichts gesagt – was den Verdacht offenläßt, das sich die Vorab-Berichterstattung in dieser Frage geirrt haben könnte. Dies muß natürlich nicht sein, eventuell ist eine reine Streaming-Konsole auch nicht so "sexy", um anderthalb Jahre vor Launch groß betrachtet zu werden. Für jene mögliche Streaming-Konsole ist schließlich deren Hardware weit weniger relevant, da muß vor allem Microsofts Streaming-Angebot sowohl von der Technik als auch preismäßig überzeugen. Wohin die Xbox Scarlett preislich geht, ist derzeit genauso wenig klar – aber vermutlich wird hierbei wieder der Mainstream-Ansatz der Vorgänger-Generation gepflegt, ergo sollte deren Preispunkt im Rahmen von 399 bis maximal 499 Dollar herauskommen.

Nachtrag vom 11. Juni 2019

Die PC Games Hardware führt eine Microsoft-Klarstellung zur Performance der Xbox Scarlett ins Feld, wonach deren vielzitierte Performance-Aussage von "4x mehr Leistung" sich nur aus der Zusammenzählung von vielen Faktoren wie CPU, GPU, RAM und auch der SSD ergibt, wobei Microsoft den Punkt der schnelleren SSD besonders betonte. Im Endeffekt hat man also sinngemäß nur die Aussage getroffen, das sich die Xbox Scarlett viermal schneller als die Xbox One X anfühlen soll – was nicht bedeutet, das es die vierfache Rohleistung gibt. Die hierzu verschiedentlich hochgerechneten 24 TFlops werden also kaum geboten werden, sind auch ziemlich schwer zu erreichen, dies würde in die Richtung von ca. 8000 Shader-Einheiten gehen (oder zumindest ca. 6500 bei sehr hohem GPU-Takt). Angesichts der von den Navi-basierten PC-Grafikkarten gebotenen Hardware und unter Einrechnung des Punkts, das eine Spielekonsole immer auch bezahlbar bleiben muß, könnte man zur Xbox Scarlett bestenfalls eine Navi-Grafiklösung mit leicht unterhalb 4000 Shader-Einheiten und demzufolge einer nominellen Rechenleistung von 11-14 TFlops annehmen.

Spielekonsole Technik Midrange (ein Jahr vorher) Spitzenlösung (ein Jahr vorher)
Playstation 4 GCN, 1,8 TFlops, 2013 Radeon HD 7870  -  2,6 TFlops Radeon HD 7970 "GHz"  -  4,3 TFlops
Xbox One X GCN, 6,0 TFlops, 2017 Radeon RX 580  -  6,2 TFlops Radeon RX Vega 64  -  12,7 TFlops
Xbox Scarlett Navi, ? TFlops, 2020 Radeon RX 5700 XT  -  9,0 TFlops GeForce RTX 2080 Ti  -  14,2 TFlops
Der TFlops-Vergleich ist nur dann sinnvoll, wenn man (halbwegs) IPC-gleiche Architekturen ansetzt – sprich GCN gegen GCN oder Navi gegen Turing.

Eingerechnet den IPC-Sprung von Navi ist damit maximal immerhin die dreifache Grafikpower wie bei der Xbox One X zu erreichen. Gegenüber den derzeitigen PC-Grafikkarten wären jene 11-14 TFlops allerdings auch schon reichlich viel, eine GeForce RTX 2080 Ti FE kommt auf "nur" auf 14,2 TFlops – und das die Spielekonsolen-SoCs dieselbe Rohpower wie Spitzen-Grafikkarten des jeweils vorherigen Jahres aufbieten, hat eigentlich keine große Wahrscheinlichkeit. Als seinerzeit die Playstation 4 zum Jahresende 2013 herauskam, gab es mit 1,84 TFlops gemessen am jeweiligen Vorjahr nur Midrange-Niveau (Radeon HD 7850 mit 1,76 TFlops), während das Spitzen-Niveau des Jahres 2012 mit 4,3 TFlops bei der Radeon HD 7970 "GHz Edition" mehr als doppelt so hoch lag. Insofern sind die vorgenannt knapp 4000 Shader-Einheiten bei der Xbox Scarlett wirklich schon das oberste Ende aller sinnvollen Vermutungen – wahrscheinlich liegt die Realität deutlich darunter im Bereich von ca. 3000-3500 Shader-Einheiten. Etwas mehr als beim Navi-10-Chip der Radeon RX 5700 /XT Karten (max. 2560 Shader-Einheiten) sollte es allerdings werden, ansonsten würde sich das augenscheinliche 384-Bit-Speicherinterface der Xbox Scarlett nicht wirklich lohnen.