Mit der Titan X hat nVidia am 2. August seine neue Enthusiasten-Lösung auf Basis des GP102-Chips vorgestellt. Die Karte richtet sich in der Tradition der bisherigen Titan-Grafikkarten allein an Enthusiasten und kommt demzufolge auch zu einem gesalzenen Preispunkt von 1200 Dollar bzw. 1299 Euro daher. Am Launchtag konnte nVidia zwar die Lieferbarkeit vermelden, allerdings gab es erstaunlicherweise keine entsprechende Testberichte – welche nunmehr in den drauffolgenden Tagen hereingetröpfelt sind. Somit reicht es am Ende doch noch aus, um auf Basis einer vernünftigen Anzahl an Testberichten eine den Launch abschließende Launch-Analyse zur Titan X zu verfassen, welche sich insbesondere natürlich um den Punkt der exakten Performance-Einordnung der Karte kümmern wird.
Die Namenswahl der neuen nVidia-Karte ist mit "Titan X" ein wenig unglücklich, da es schließlich früher schon eine "GeForce GTX Titan X" gab – und man die Differenz nur mitbekommt, sofern konsequent nur mit vollständig ausgeschriebenen Namen operiert wird. Schon bei einer kleinen Verkürzung der Namensangabe (beispielsweise im Rahmen einer Tabelle oder in Foren) wird es dagegen schwierig, die Karten auseinander zu halten. Deswegen meldet sich die neue GP102-basierte Titan X im Grafikkarten-Treiber auch als "Titan X (Pascal)" an – man kann diese etwas seltsame Schreibweise bzw. "Namenswahl" übernehmen, aber wirklich schön wird das ganze trotzdem nicht. Angesichts der Preislagen der Karte sollte nVidia eigentlich das Kleingeld für einen Namensgelehrten haben, welcher nVidia notfalls bei der Wahl eines sinnvollen Grafikkarten-Names unterstützen könnte.
Die Titan X ist abweichend von sonstigen Consumer-Grafikkarten von nVidia nur über nVidias eigenen Online-Shop verfügbar, damit gibt es also nur das Referenzdesign und keine Herstellerdesigns für einen Festpreis von 1299 Euro zu kaufen. Glücklicherweise liegt ein Kühlerumbau noch im Rahmen von nVidias Kulanz – beschädigt also nicht die Garantie, sofern sachgerecht durchgeführt. Leider hat nVidia den Hardwaretestern jenen Kühlerumbau an den Testsamples nicht gestattet, womit die Karte wirklich nur im Referenzdesign getestet werden konnte. Was sich maximal aus der Titan X und dem GP102-Chip noch herausholen läßt, kann somit zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht beantwortet werden.
Jener GP102-Chip läßt sich sehr gut als ein um 50% aufgeplusterter GP104 beschreiben: Es gibt 50% mehr Hardware-Einheiten (in allen Disziplinen) sowie ein um 50% breiteres Speicherinterface – und am Ende ist sogar die Chipfläche exakt 50% größer als beim GP104-Chip von GeForce GTX 1070 & 1080. Damit benutzt der GP102 natürlich auch den generellen Chipaufbau und die Shader-Einheiten der bisherigen Pascal-Chips GP104 & GP106, hat also recht wenig mit dem Profi-Chip GP100 zu tun. Nach dem GM200-Chip, welcher ebenfalls nur bedingt für den Profi-Einsatz geeignet war, legt nVidia mit dem GP102-Chip also zum zweitenmal einen reinen Gamer-Chip für das Enthusiasten-Segment auf – diesesmal aber nicht, weil es fertigungstechnisch nicht anders geht, sondern weil man die HPC-Fähigkeiten in einen extra Chip in Form des GP100-Chips ausgelagert hat.
Die Titan X benutzt allerdings nicht den vollen GP102-Chip, sondern hat mit 3584 von 3840 physikalisch vorhandenen Shader-Einheiten genau zwei Shader-Cluster weniger als der Vollausbau – welchen es momentan nur bei der Quadro P6000 gibt. Im Gegensatz zu dieser gleich mit 24 GB GDDR5X-Speicher ausgerüstete Profi-Lösung kommt die Titan X wieder mit "nur" 12 GB GDDR5X-Speicher daher – was viel ist im Vergleich zu anderen Grafikkarten, allerdings auch keinen Fortschritt gegenüber der vorhergehenden Maxwell-basierten GeForce GTX Titan X (12 GB GDDR5) darstellt. Für heutige Anwendungsfälle reichen die 12 GB Speicher natürlich problemlos aus – nur gab es in der Vergangenheit eben auch Beispiele, wo Titan-Grafikkarten mit Speicherausstattungen antraten, welche sehr weit über das seinerzeit gängige Maß hinausgingen und damit eine herausragende Zukunftssicherheit mit sich brachten (die originale GeForce GTX Titan mit 6 GB GDDR5 zu Zeiten, wo 2-3 GB Speicher normal waren).
GeForce GTX 980 Ti | GeForce GTX Titan X | GeForce GTX 1080 | Titan X | |
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Chipbasis | nVidia GM200 | nVidia GP104 | nVidia GP102 | |
Fertigung | 8 Mrd. Transistoren in 28nm auf 601mm² Chipfläche bei TSMC | 7,2 Mrd. Transistoren in 16nm auf 314mm² Chipfläche bei TSMC | 12 Mrd. Transistoren in 16nm auf 471mm² Chipfläche bei TSMC | |
Architektur | Maxwell 2, DirectX 12 Feature-Level 12_1 | Pascal, DirectX 12 Feature-Level 12_1 | ||
Features | Vulkan, DSR, SLI, PhysX, G-Sync | Vulkan, Asynchonous Compute, DSR, SLI, PhysX, G-Sync | ||
Technik | 6 Raster-Engines, 2816 Shader-Einheiten, 176 TMUs, 96 ROPs, 384 Bit GDDR5-Interface, 3 MB Level2-Cache (Salvage) | 6 Raster-Engines, 3072 Shader-Einheiten, 192 TMUs, 96 ROPs, 384 Bit GDDR5-Interface, 3 MB Level2-Cache (Vollausbau) | 4 Raster-Engines, 2560 Shader-Einheiten, 160 TMUs, 64 ROPs, 256 Bit GDDR5X-Interface, 2 MB Level2-Cache (Vollausbau) | 6 Raster-Engines, 3584 Shader-Einheiten, 224 TMUs, 96 ROPs, 384 Bit GDDR5X-Interface, 3 MB Level2-Cache (Salvage) |
Taktraten | 1000/1075/3500 MHz (Ø-Chiptakt: 1114 MHz) |
1000/1075/3500 MHz (Ø-Chiptakt: 1067 MHz) |
1607/1733/2500 MHz (Ø-Chiptakt: 1694 MHz) |
1417/1531/2500 MHz (Ø-Chiptakt: ~1580 MHz) |
Speicherausbau | 6 GB GDDR5 | 12 GB GDDR5 | 8 GB GDDR5X | 12 GB GDDR5X |
Layout | DualSlot | DualSlot | DualSlot | DualSlot |
Kartenlänge | 27,0cm | 27,0cm | 27,0cm | 27,0cm |
Ref./Herst./OC | ✓ / ✓ / ✓ | ✓ / ✗ / ✗ | ✓ / ✓ / ✓ | ✓ / ✗ / ✗ |
Stromstecker | 1x 6pol. + 1x 8pol. | 1x 6pol. + 1x 8pol. | 1x 8pol. | 1x 6pol. + 1x 8pol. |
off. Verbrauch | 250W (GCP) | 250W (GCP) | 180W (GCP) | 250W (GCP) |
Idle-Verbrauch | 13W | 13W | 7W | ~12W |
Spiele-Verbr. | 236W | 240W | 171W | ~230W |
Ausgänge | DualLink DVI-I, HDMI 2.0 (kein HDCP 2.2), 3x DisplayPort 1.2 | DualLink DVI-I, HDMI 2.0 (kein HDCP 2.2), 3x DisplayPort 1.2 | DualLink DVI-D, HDMI 2.0b, 3x DisplayPort 1.2 (DP-1.4-ready) | DualLink DVI-D, HDMI 2.0b, 3x DisplayPort 1.2 (DP-1.4-ready) |
FullHD Perf.Index | 750% | 780% | 960% | ~1120% |
4K Perf.Index | 100% | 105% | 132% | 173% |
Listenpreis | 649$ | 999$ | 599$/699$ | 1200$ |
Straßenpreis | 430-470€ (Auslauf) | 1070-1160€ (Auslauf) | 680-730€ | 1299€ |
Release | 31. Mai 2015 | 17. März 2015 | 17. Mai 2016 | 2. August 2016 |
Die reine Anzahl der Hardware-Einheiten ist heutzutage natürlich nur die halbe Miete – wichtig sind genauso die Taktraten. Hierbei muß die Titan X einige Einbußen gegenüber der GeForce GTX 1080 hinnehmen: Die nominellen Taktraten sind mit 1417/1531/2500 MHz (Titan X) zu 1607/1733/2500 MHz (GeForce GTX 1080) schon einmal bemerkbar niedriger. Zum Glück für die Titan X wird dies durch den real anliegenden Chiptakt zum Teil wieder ausgeglichen: Während die GeForce GTX 1080 mit ihrem realen Chiptakt von 1694 MHz etwas unterhalb ihres nominellen Boosttakts liegt, kommt die Titan X augenscheinlich etwas oberhalb ihres nominellen Boosttakts heraus. Leider gibt es hierzu sehr wenige konkrete Angaben: Tom's Hardware sprechen von durchschnittlich 1587 MHz unter Metro: Last Light Redux, bei Hardware Canucks sind es durchschnittlich ~1580 MHz unter Rise of the Tomb Raider. Von der Genauigkeit der Taktraten-Ermittlung bei HT4U und ComputerBase ist dies natürlich Äonen entfernt, dort werden die real anliegenden Taktraten in über einem Dutzend Spieletitel und sogar erst nach einer Vorwärmphase erfasst.
GeForce GTX 980 Ti | GeForce GTX Titan X | GeForce GTX 1080 | Titan X | |
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Temperatur-Limit | 83°C (+10% möglich) | 83°C (+10% möglich) | 83°C (+10% möglich) | 84°C (+10% möglich) |
Power-Limit | 250W (+10% möglich) | 250W (+10% möglich) | 180W (+20% möglich) | 250W (+20% möglich) |
nominelle Taktraten | 1000/1075/3500 MHz | 1000/1075/3500 MHz | 1607/1733/2500 MHz | 1417/1531/2500 MHz |
maximaler Boost-Takt | 1240 MHz 1215 MHz |
1202 MHz 1190 MHz |
1886 MHz | ? |
durchschn. realer Takt | 1114 MHz | 1067 MHz | 1667 MHz 1722 MHz |
~1580 MHz |
nominelle Rechenleistung | 6,27 TFlops | 6,55 TFlops | 8,67 TFlops | ~11,3 TFlops |
Für den Augenblick nehmen wir einen realen Chiptakt von ~1580 MHz bei der Titan X an, müssen jenen Wert allerdings unter den Vorbehalt weiterer, genauerer Messungen stellen. In jedem Fall ist es etwas mehr als der nominelle Boosttakt der Titan X von 1531 MHz eigentlich hergibt – nichtsdestotrotz verliert die Karte bei den Taktraten etwas von ihrem 40%igen Hardware-Vorsprung auf die GeForce GTX Titan 1080. Die nominelle Rechenleistung der Titan X (~11,3 TFlops) ist somit nicht um +40% höher als bei der GeForce GTX 1080 (8,67 TFlops), sondern nur um grob +30% – vorläufig gesehen. Hinzu kommt allerdings ein Vorteil von exakt +50% bei der nominellen Speicherbandbreite – eine etwas ungewöhnliche Kombination, aber sicherlich der Performance unter hohen und superhohen Auflösungen zuträglich.
Erreicht wird der hohe reale Chiptakt natürlich auch mit an der Grenze liegenden Temperaturen. Laut diversen Test liegt die Chiptemperatur in der Praxis zumeist nahe am Grenzwert von 84°C (erhöhbar um +10%), in einigen Test war jene sogar leicht darüber (was natürlich auch Meßtoleranzen sein können). Dies ist ein erheblicher Unterschied zu den bisherigen Pascal-Grafikkarten, welche in der Praxis fast nur Power-limitiert waren und eher selten an ihr Temperatur-Limit gestoßen sind – und bei deren Herstellerdesigns dann schon gar nicht, was die Titan X dann jedoch nicht für sich ins Feld führen kann. Auch die Kühlerlautstärke leidet unter diesem Punkt, dreht der Lüfter der Titan X somit lauter und schneller als bei der GeForce GTX 1080 auf. Noch ist das ganze allerdings in einem – für die Performance-Klasse der Karte – sicherlich ertragbaren Feld, kein Vergleich zu früheren "Staubsauger"-Kühllösungen.
Zur Stromaufnahme gibt es leider nur wenig exakte Aussagen (es fehlen die meisten Testberichte von denjenigen Webseiten, welche Messungen allein nur der Grafikkarte anbieten). Bei Hardware.fr sollen es nur 210-212 Watt Grafikkarten-Stromaufnahme gewesen sein – was nach vergleichsweise wenig aussieht. PC Perspective messen dann durchschnittlich 220-230 Watt mit Spitzenwerten bei 240-250 Watt. Die Werte von TechPowerUp gehen in dieselbe, eher irritierende Richtung: Im Durchschnitt nur 205 Watt, im Peak dagegen gleich 268 Watt. Das Power-Limit liegt bei 250 Watt (erhöhbar um +20%), wird jedoch eben nur in diesen Peaks erreicht (bzw. je Empfindlichkeit des Meßequipments auch mal überboten). Wie gesagt ist die Titan X im Gegensatz zu den bisherigen Pascal-Grafikkarten eher Temperatur-limitiert als Power-limitiert – was natürlich dringend nach einem Kühlerumbau oder aber der Freigabe zur Erstellung von Herstellerdesigns schreit.