Launch-Analyse: nVidia GeForce GTX 960 (Seite 2)

Freitag, 23. Januar 2015
 / von Leonidas
 

Setzt man dann die real laufenden Taktraten im Rohleistungs-Vergleich an, sieht das Ergebnis auch weit freundlicher für die GeForce GTX 960 aus: Gegenüber der nominell mit mehr Shader-Einheiten ausgestatteten GeForce GTX 760 gibt es sogar ein gewisses Plus bei der reinen Rechenleistung (welche die höhere Effizienz der Maxwell-Architektur noch gar nicht berücksichtigt), auch die anderen Werte sehen vernünftig aus. Auffallend ist jedoch die gegenüber allen anderen vergleichsweise abgebildeten Karten deutlich niedrigere Speicherbandbreite – hier schlägt das verbaute 128 Bit DDR Speicherinterface voll durch, trotz des hohen Speichertakts. Allerdings scheint dies die GeForce GTX 960 jedoch nicht wirklich zu behindern, ihre Leistung zu erbringen – Tests der ComputerBase ergaben einen eher nur mittelmäßigen Performancegewinn bei Speichertakterhöhungen, die Karte läuft also nicht ständig in einem Bandbreitenlimit. Hier dürfte dann nVidias neue Farbkompression bei Maxwell 2.0 anschlagen – wobei auch dieser Punkt nicht in den Zahlen zu den nominellen Rohleistungen ausdrückbar ist:

Trotz der vergleichsweise hohen Taktraten kommt die GeForce GTX 960 Maxwell-typisch auf ein hervorragendes Ergebnis beim Stromverbrauch. Leider sind die diesbezüglichen Tests der ab Werk übertakteten Karten mit meistens leicht bis mittelstark hochgesetztem Power Target (Tom's Hardware hat Herstellerkarten mit 120W bis 160W Power Target erspäht) nicht ganz ideal – aber da die Karte wie gesagt mit höherem Power Target auch nicht wirklich höher taktet, dürften sich jene Stromverbrauchs-Messungen dem Normalzustand der GeForce GTX 960 wenigstens annähern:

Hardware.fr Heise HT4U PCGH TechPowerUp Tom's HW Ø Perf./TDP
GeForce GTX 770 11W
155W
9,8W
195,1W
10W
179W
8W
162W
10W
175W
10W
175W
380%
230W
GeForce GTX 960 10W
117W
?
115W
9,7W
94,5W
8W
108W
11W
90W
10W
98W
330%
120W
GeForce GTX 760 12W
136W
11,9W
169,0W
10W
163W
10W
148W
10W
150W
11W
155W
310%
170W
Radeon R9 280X 18W
211W
16,3W
228,6W
13W
182W
12W
212W
15W
213W
380%
250W
Radeon R9 285 14W
191W
12,3W
159,5W
17W
215W
9W
189W
16W
168W
14W
183W
330%
190W
Radeon R9 280 11,6W
180,0W
21W
189W
12W
210W
15W
189W
330%
250W
Der obere Wert einer Zelle ist immer der Idle-Stromverbrauch, der untere Wert einer Zelle immer der Spiele-Stromverbrauch. In der Durchschnitts-Spalte ("Ø") fettgedruckte Werte basieren auf Berechnungen, die nicht fettgedruckte Werte sind Schätzungen. Die letzte Spalte enthält Angaben zum 3DCenter Performance-Index (oben) sowie zur offiziellen TDP (unten).

Gemittelt 98 Watt Spiele-Stromverbrauch sind dramatisch niedriger als das, was die Konkurrenz von AMD und selbst nVidias hauseigene Kontrahenten aus der Kepler-Generation verbrauchen – jene ziehen bei vergleichbarer Performance zwischen 50 bis 90 Watt mehr. Für Rechner mit mittleren Beschränkungen beim Stromverbrauch eignet sich die GeForce GTX 960 also vorzüglich – wie schon bei der GeForce GTX 750 Serie zu sehen, nur hier eben in einem etwas größerem Rahmen.

Ein Nebeneffekt des vergleichsweise geringen Stromverbrauchs liegt dann in der Laufruhe der GeForce GTX 960. Die meisten Herstellerkarten schalten ihre Lüfter im Idle-Betrieb gleich ganz ab, aber auch im Spiele-Betrieb geht es meistens ziemlich geruhsam zu (einige Herstellerdesigns kommen mit Lüfterdrehzahlen unterhalb von 1000 U/min aus), kann die GeForce GTX 960 also durchaus einfache Silent-Ansprüche erfüllen. Die ComputerBase und insbesondere Tom's Hardware bieten an dieser Stelle weiterführende Informationen zur Geräuschentwicklung einer ganzen Reihe an Herstellerkarten an.

Bei den Übertaktungseigenschaften der GeForce GTX 960 zeigen sich erneut die Besonderheiten des hohen Boosttakts: Ausgehend von den nominellen Taktraten ist die GeForce GTX 960 ein hervorragender Übertakter mit Zugewinnen beim reinen Chiptakt von schnell 20% und etwas mehr (beim Speichertakt hingegen nur 15%, da meistens maximal 4060 MHz erreicht werden). Allerdings liegen die Performancegewinne nach Übertaktung weit niedriger – und zwar bei den per default niedrig taktenden Karten bis zu +13%, bei den per default höher taktenden Karten aber nur um die +9%. Das endgültige Performance-Ergebnis nach Übertaktung ist dabei bei allen Herstellerkarten nahezu gleich – sprich, wer selbst übertaktet, muß nicht nach den Karten mit dem höchsten default-Takt schauen, der erreichbare Takt hängt davon kaum ab. Selbst ein besonders hohes Power Target spielt bei der GeForce GTX 960 kaum eine Rolle, da die Karten selbst unter Übertaktung nicht wesentlich mehr verbrauchen.

Bezüglich der Performance-Ermittlung zur GeForce GTX 960 stören natürlich erneut die vielen ab Werk übertakteten Herstellerkarten, welche keinen exakten Blick auf die Performance einer Karte mit default-Taktungen zulassen. Zudem wurde sicherlich von der einen oder anderen Webseite bei ihrem Versuch, diese default-Performance durch Heruntertaktung zu simulieren, der Punkt mißachtet, daß man natürlich auch das Power Target auf 120 Watt absenken muß, um wirklich eine glatt unübertaktete GeForce GTX 960 darzustellen. Hier und da können in den nachfolgenden Benchmarks also auch kleine Pluspunkte zugunsten der GeForce GTX 960 liegen, welche wir bei der nachfolgenden Performance-Abschätzung dann herauszurechnen versuchen müssen.

1920x1080 4xMSAA/FXAA Radeon R9 280 Radeon R9 285 Radeon R9 280X GeForce GTX 760 GeForce GTX 960 GeForce GTX 770
HT4U  (18 Tests) - 103,8% 121,8% 90,1% 100% -
PC Games Hardware  (13 Tests) 105,9% 101,9% 122,9% 92,0% 100% -
ComputerBase  (16 Tests) 99,2% 100,1% 117,6% 93,2% 100% 114,8%
TechPowerUp  (20 Tests) - 103,2% 115,8% 90,5% 100% 111,6%
TechSpot  (8 Tests) 94,9% 94,4% 106,1% 91,4% 100% 113,5%
Hardware.fr  (10 Tests) 104,6% 100,9% 117,6% 92,6% 100% 115,7%
1920x1080 8xMSAA Radeon R9 280 Radeon R9 285 Radeon R9 280X GeForce GTX 760 GeForce GTX 960 GeForce GTX 770
HT4U  (6 Tests) - 91,3% 112,8% 89,2% 100% -
1920x1080 4xSSAA Radeon R9 280 Radeon R9 285 Radeon R9 280X GeForce GTX 760 GeForce GTX 960 GeForce GTX 770
ComputerBase  (11 Tests) 101,6% 102,4% 118,0% 93,6% 100% 120,9%
2560x1440 4xMSAA/FXAA Radeon R9 280 Radeon R9 285 Radeon R9 280X GeForce GTX 760 GeForce GTX 960 GeForce GTX 770
HT4U  (18 Tests) - 114,6% 140,7% 100,6% 100% -
TechPowerUp  (20 Tests) - 107,4% 122,3% 90,4% 100% 111,7%
TechSpot  (8 Tests) 100,1% 101,8% 113,3% 95,4% 100% 123,4%

Andererseits ist die Performance-Beurteilung der GeForce GTX 960 aufgrund der Nähe zu bekannten anderen Grafikkarten und der sich im Schnitt mehrerer Benchmark-Sets verschiedener Webseiten dann doch wieder ausgleichenden Zahlen nicht so schwer: Unübertaktet kommt die GeForce GTX 960 unter 1920x1080 auf grob derselben Performance wie die Radeon R9 280 und 285 heraus, gegenüber der GeForce GTX 760 ergibt sich somit ein Performance-Gewinn von ca. 9%. Da sich unser Performance-Index weitgehend an die Performance unter 1920x1080 hält (nur bei absoluten Spitzenmodellen fließen zum gewissen Teil Resultate aus höheren Auflösungen mit in den Index ein), kann man die GeForce GTX 960 damit gut und gerne auf denselben Performance-Index wie Radeon R9 280 und 285 setzen – sprich 330%.

Wird die GeForce GTX 960 dagegen unter höheren Auflösungen eingesetzt, bricht die Performance bemerkbar zusammen – dies ist insbesondere bei den Benchmarks von HT4U sehr deutlich zu sehen, aber in Relation zu den Ergebnissen unter 1920x1080 auch bei den anderen Artikeln feststellbar. Dann fehlt das Karte in der Tat die für 2560x1440 (und höher) nötige Speicherbandbreite, sind die anderen Karten dieses Preisfelds für diese Anforderung deutlich besser geeignet. Die GeForce GTX 960 kristallisiert sich damit als Grafikkarte für Auflösungen bis maximal 1920x1200 heraus – darüber hinaus sollte man die Karte besser nicht einsetzen.

Radeon R9 280 Radeon R9 285 Radeon R9 280X GeForce GTX 760 GeForce GTX 960 GeForce GTX 770
Performance 1920x1080 4xMSAA/FXAA 100,5% 99,0% 114,3% 91,6% 100% 113,5%
3DCenter Performance-Index 330% 330% 380% 310% 330% 380%
default-Speicherbestückung 3 GB 2 GB 3 GB 2 GB 2 GB 2 GB
Spiele-Stromverbrauch 189W 183W 213W 155W 98W 175W
Straßenpreis 180-200€ 200-230€ 220-240€ 180-210€ 195-220€ 250-280€
(Auslauf)

Innerhalb dieser Limitation kann man der GeForce GTX 960 jedoch rein vom gebotenen Performancebild nichts nachsagen, auch der jetzt angebotene Preispunkt von um die 200 Euro geht dafür in Ordnung. Trotz weiterhin guter bis exzellenter Werte in den Nebendisziplinen Stromverbrauch, Lautstärke und Overclocking-Eignung schleppt die GeForce GTX 960 mit ihrer default-Speicherbestückung von nur 2 GB dennoch einen deutlichen Pferdefuß mit sich, welcher stark in die Disziplin "Langlebigkeit" hineinspielt. Derzeit behindert die GeForce GTX 960 diese Speicherausstattung unter 1920x1080 augenscheinlich noch nicht – aber einige Werte der ebenfalls mit nur 2 GB ausgerüsteten Radeon R9 285 im Vergleich zu der mit 3 GB ausgerüsteten Radeon R9 280 deuten an, daß diese Zeiten vorbei gehen werden.

Für eine jetzt im Einsatz befindliche Grafikkarte für 1920x1080 – wie die GeForce GTX 760 oder 770 beispielsweise – mögen 2 GB Grafikkartenspeicher noch ausreichend sein. Für einen jetzt getätigten Neukauf trifft dies jedoch nicht mehr wirklich zu, selbst für die Auflösung von 1920x1080 will man dann eher 3 GB sehen, mehr wäre auch willkommen. Schließlich wird gerade die GeForce GTX 960 nicht von Enthusiasten erstanden, welche sich problemlos aller dreiviertel Jahre eine neue Grafikkarte kaufen und daher keine großen Gedanken an eine perfekte Zukunftsfähigkeit verschwenden müssen. Für den typischen Käufer der GeForce GTX 960 sollte dies dagegen ein Thema sein – und 200 Euro sind dann auch eine zu große Investition, um gleich von Anfang an eingestehen zu müssen, mit der neuen Karte in absehbarer Zeit Abstriche hinnehmen zu müssen.

In der Summe der Dinge ist die GeForce GTX 960 eine gute Karte für den Midrange-Bereich, welche jedoch bezüglich einer wirklichen Empfehlung ihre Bauchschmerzen bereitet: Das 128 Bit DDR Speicherinterface erscheint verkraftbar angesichts der in der Praxis erzielten Performance, und auch der nun gemachte Preis ist stimmig, kommt man damit ausreichend deutlich günstiger als bei der (viel schnelleren) GeForce GTX 970. Doch kann man im Jahr 2015 noch eine Midrange-Grafikkarte mit nur 2 GB Grafikkartenspeicher mit gutem Gewissen empfehlen, wenn dies bereits im Jahr 2012 bei der Radeon HD 7800 Serie die Standard-Speicherbestückung im Midrange-Segment war? Die GeForce GTX 960 ist gut abgesprungen, an dieser Stelle aber um einen Hauch – und zwar den entscheidenden Hauch – zu spät aufgekommen, hierfür kann einfach keine Empfehlung mehr ausgesprochen werden.

Nutzer kleinerer Auflösungen als 1920x1080 können sicherlich zugreifen, denn so lange kein Monitor-Upgrade droht, wird die GeForce GTX 960 unter 1680x1050 oder ähnlichen Auflösungen wohl nicht so schnell in Speicherplatzprobleme laufen. Wer dagegen mit FullHD operiert, dem sei eher eine Speichergröße von 3 GB empfohlen – wie es die Radeon R9 280 zum gleichen Preis und gleicher Performance schon des längerem bietet. Wer nicht zwingend auf die höhere Energieeffizienz der GeForce GTX 960 angewiesen ist, hat mit der Radeon R9 280 keine Nachteile und kann sich daher den Vorteil des größeren Grafikkartenspeichers und damit einer höheren Zukunftstauglichkeit gönnen. Wer unter FullHD unbedingt auf die GeForce GTX 960 gehen will, dem sei dagegen das Abwarten auf 4-GB-Modelle dieser Grafikkarte empfohlen. Die aktuelle 2-GB-Version der GeForce GTX 960 sehen wir dagegen nur als sehr begrenzt einsetzbar – wie es schließlich beim direkten AMD-Kontrahenten in Form der ebenfalls nur mit 2 GB ausgerüsteten Radeon R9 285 ganz genauso der Fall ist.