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Die Intel-Geschäftsergebnisse im zweiten Quartal 2022

Intel hat seine Geschäftszahlen für das zweite Jahresquartal 2022 vorgelegt, welche einen überaus kräftigen Geschäftsabschwung bei Intel zeigen. So fiel der Quartalsumsatz auf für Intel-Verhältnisse magere 15,3 Mrd. Dollar, ein Rückgang gegenüber dem Vorquartal von –17% sowie gegenüber dem Vorjahreszeitraum von –22%. Vor allem aber wechselte Intel von satten Gewinnzahlen – bisher ein Markenzeichen des Unternehmens – direkt in rote Zahlen: Anstatt 8,1 Mrd. Dollar Gewinn im Vorquartal wurden dieses Quartal eine halbe Milliarde Dollar Minus verbucht. Und dies ist auch nicht primär auf Sondereffekte oder ähnliches zurückzuführen, denn der operative Gewinn ist genauso im Minus und selbst die non-GAAP-Zahlen (ein Rechnungslegungs-Standard) fallen von +3,6 Mrd. auf +1,2 Mrd. Dollar harsch ab.

Die langfristige Verlaufskurve drückt es dann am besten aus: Intel büßt mit diesem Quartalsumsatz die ganzen (geschäftlichen) Errungenschaften der Jahre 2018 bis 2021 ein – zuletzt gab es erst im Jahr 2017 einen niedrigeren Quartalsumsatz als in diesem zweiten Quartal 2022. Und dies bedeutet auch, dass jenes Ergebnis allerhöchstens zum Teil etwas mit den Marktübertreibungen zur Corona-Krise bzw. dem damit einhergehenden IT-Boom zu tun hat, schließlich war dieser Effekt in den Jahren 2018 & 2019 noch gar nicht vorhanden. Vielmehr dürfte es Intel mit einem breitfächigen Käuferstreik seitens seine eigenen OEM-Abnehmer aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Situation zu tun haben: Aller Vermutung nach sind die Läger von PC-Herstellern und Händlern wegen zuvor hohen Bestellungen und letztlich zu geringen Auslieferungen voll – womit die üblichen Nachbestellungen radikal zusammengestrichen werden (äquivalent zu nVidia-Problemen im Grafikkarten-Markt).

Letztlich nur mutmaßen kann man über die Rolle, welche der Wettbewerb mit AMD hierbei spielt. Aber generell läßt sich durchaus die These aufstellen, dass Intel zu früheren Zeiten (damals ohne große Konkurrenz seitens AMD) wohl besser durch eine solche Situation gekommen wäre. Nun aber gibt es Alternativen für die PC-Hersteller – und in Krisen-Zeiten geht dann auch die Bedeutung des Preis/Leistungs-Verhältnisses sowieso generell von günstigen Preisen (steil) nach oben. Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben: Ob nur Intel nun alleinig Schwierigkeiten mit der aktuellen wirtschaftlichen Situation hat oder ob nicht auch AMD genauso hiervon mitgerissen wird, ergibt sich erst nach Vorlage der AMD-Geschäftszahlen (zu erwarten Anfang nächster Woche).

Q2/2021 Q3/2021 Q4/2021 Q1/2022 Q2/2022
Umsatz 19'631 Mio. $ 19'192 Mio. $ 20'528 Mio. $ 18,353 Mio. $ 15'321 Mio. $
Gewinn 5061 Mio. $ 6823 Mio. $ 4623 Mio. $ 8113 Mio. $ –454 Mio. $
operativer Gewinn 5546 Mio. $ 5227 Mio. $ 4989 Mio. $ 4341 Mio. $ –700 Mio. $

Der allgemein schlechte Trend trifft interessanterweise vornehmlich die beiden großen Geschäftssparten bei Intel, welche gegenüber dem Vorquartal kräftig verlieren: Die Consumer-Sparte um –18%, die Server-Sparte sogar um –23%. Bei letzterer dürfte sich nun langsam aber sicher das Fehlen von neuen Produkten rächen, nachdem "Sapphire Rapids" immer wieder verschoben wird. Die anderen Intel-Geschäftssparten konnten sich meistens gut halten, mit Ausnahme der Halbleiter-Auftragsfertigung ("Intel Foundry Services") – welche allerdings noch im Aufbau befindlich ist und daher (derzeit) kaum gewertet werden kann. Eher schmerzlich dürfte für Intel sein, dass die Grafik-Sparte "Accelerated Computing Systems and Graphics" nicht vom Fleck wegkommt und zu (für Intel-Verhältnisse) Peanuts-Umsätzen jedoch beachtbare Verlustzahlen anhäuft: Letztes Quartal –168 Mio. Dollar, dieses Quartal dann gleich satte –507 Mio. Dollar.

Q1/2021 Q2/2021 Q1/2022 Q2/2022
Client Computing  ("Consumer-Sparte") 10'723 Mio. $ 10'253 Mio. $ 9294 Mio. $ 7665 Mio. $
Datacenter and AI  ("Server-Sparte") 4940 Mio. $ 5547 Mio. $ 6034 Mio. $ 4649 Mio. $
Network and Edge 1799 Mio. $ 2105 Mio. $ 2213 Mio. $ 2333 Mio. $
Accelerated Computing Systems and Graphics 181 Mio. $ 177 Mio. $ 219 Mio. $ 186 Mio. $
Mobileye 377 Mio. $ 327 Mio. $ 394 Mio. $ 460 Mio. $
Intel Foundry Services 103 Mio. $ 264 Mio. $ 283 Mio. $ 122 Mio. $

Zugleich hat Intel zugegeben, die angepeilte Zahl von 4 Millionen dGPUs dieses Jahr nicht zu erreichen – sicherlich auch bedingt durch den immer wieder verschobenen Alchemist-Marktstart, welcher den Verkaufszeitraum deutlich kleiner als ein Jahr werden läßt. Auch dieser Punkt läßt Intels Grafik-Sparte derzeit maximal negativ dastehen, was ausgerechnet zum Zeitpunkt eines massiven Gewinnsturzes für das Gesamtunternehmen sehr unglücklich kommt. Laut (unbelegbaren) Gerüchten soll Intel tatsächlich über eine Einstellung seiner Consumergrafik-Aktivitäten nachdenken. Die exakte Wortwahl sagt dabei schon aus, dass es hier nicht um die HPC-Beschleuniger mit GPU-Unterbau geht, jene werden aus langfristigen Erwägungen heraus zwingend benötigt.

Gegen eine Einstellung der Consumergrafik-Aktivitäten sollte hingegen sprechen, dass Intel den größten Teil der Investitionen für die nachfolgende "Battlemage"-Architektur bereits getan haben dürfte. Gleichfalls wird viel grundlegende Arbeit für diese Aktivitäten von Intel sowieso erledigt werden müssen – zum einen für die eigenen HPC-Beschleuniger, zum anderen für die eigene integrierte Grafik. Sehr gut denkbar, dass der reine Mehraufwand für Consumer-Grafikkarten weit weniger wert ist als was man über einen (voreiligen) Rückzug von diesem Geschäft einsparen könnte. Und irgendwie würde es auch ein überaus schlechtes Signal senden, wenn man eine langfristige Planung (Roadmap mit vier Grafik-Generationen) schon nach der ersten Generation unvermittelt wieder einstellt.

Gänzlich sicher sein darf man sich allerdings nie, denn bei dieserart Geschäftszahlen bei einem zuvor so grundsoliden Unternehmen wie Intel steht sicherlich alles zur Debatte. Einen Warnschuß gab es schon in der Form, als dass Intel die Weiterentwicklung der Optane-Speichertechnologie einstellt. Allerdings hatte jenes Geschäft auch deutlich mehr Zeit, sich zu entwickeln – Zeit, welche man der Grafik-Sparte nunmehr durchaus geben sollte. Sicherlich wird dies in Zeiten negativer oder durchschnittlicher Geschäftszahlen nicht einfach werden, denn Intel erwartet demnächst keine Besserung mit geschätzt 15-16 Mrd. Quartalsumsatz für das laufende dritte Quartal. Damit senkt Intel auch seine Jahresprognose auf 65-68 Mrd. Dollar – weit weg vom letztjährigen Rekordumsatz mit 79,0 Mrd. Dollar und in dieser Höhe zwischen den Jahresumsätze von 2017 und 2018 rangierend (62,8 bzw. 70,8 Mrd. Dollar).