Nachdem AMD die Hardware-Gemeinde über ein Jahr lang bezüglich seiner neuen Grafikchip-Architektur "Vega" angespitzt hatte und man mittels der Profi-Lösung Radeon Vega Frontier Edition zuletzt noch eine zweimonatige Ehrenrunde drehte, war es nun am letzten Montag so weit – AMD hat mittels "Radeon RX Vega 56" und "Radeon RX Vega 64" die ersten Vega-basierten Spiele-Beschleuniger auf den Markt gebracht. Der Launch wurde von (zahlreichen) Launchreviews begleitet, welche jede Menge Aussagen zur Grafikchip-Architektur, den Grafikboards selber, deren Performance, Stromverbrauch, Geräuschentwicklung und Overclocking-Eignung in die Welt gesetzt haben. Die Aufgabe dieser Launch-Analyse wird es nachfolgend sein, insbesondere das angefallene Zahlenmaterial zur Performance sowie zum Stromverbrauch zu ordnen und auszuwerten – so das am Ende eine möglichst solide Performance-Aussage (auf Basis von ~3280 Einzel-Benchmarks) getroffen werden kann.
Demzufolge wollen wir zu vielen Eigen- und Besonderheiten der Grafikchip-Architektur, des Vega-10-Chips sowie der einzelnen Grafikkarten gar nicht zu sehr in die Tiefe gehen, dies können die Launchreviews auf Basis des von AMD zur Verfügung gestellten Materials bzw. der vorliegenden Grafikkarten besser. Es soll damit nur kurz angerissen werden, das die neuen AMD-Grafikkarten auf dem Vega-10-Chip basieren, welcher von den reinen Hardware-Daten her einer Wiedergeburt des Fiji-Chips gleicht: Dieselben 4 Raster-Engines samt 4096 Shader- und 256 Textureneinheiten, dieselben 64 ROPs – und das Speicherinterface ergibt mit 2048 Bit HBM2 letztlich grob dieselbe Speicherbandbreite wie beim Fiji-Chip mit dessen 4096 Bit HBM1 (da HBM2 grob doppelt so schnell wie HBM1 takten kann). Der Clou des Vega-10-Chips liegt (ganz kurz gesagt) zum einen in den Verbesserungen der GCN5-Architektur sowie zum anderen in den wesentlich höheren erreichbaren Taktraten.
Aus dem Vega-10-Chip zieht AMD dann derzeit vier verschiedene Grafikkarten: Zwischen Radeon RX Vega 56 und 64 besteht ein echter Hardware-Unterschied in Form der jeweils freigeschalten Shader-Einheiten, zwischen Radeon RX Vega 64 und deren "Liquid Cooled" Ausführung besteht nur ein Taktraten-Unterschied – und letztlich gibt es zur Radeon RX Vega 64 noch eine extra "Limited Edition", welche allerdings nur mit einer andersfarbigen Kühlerabdeckung daherkommt und somit aus Performance-Sicht zur normalen Radeon RX Vega 64 komplett identisch ist. Grundsätzlich gesehen soll die Radeon RX Vega 56 den Kontrahenten zur GeForce GTX 1070 darstellen (nahezu gleicher Listenpreis), während die Radeon RX Vega 64 den Kontrahenten zur GeForce GTX 1080 geben soll (identischer Listenpreis). Später soll dann wohl noch eine neue Nano-Karte auf Vega-10-Basis nachfolgen, zu welcher allerdings bis auf deren Power-Limit derzeit noch nichts bekannt ist.
GeForce GTX 1070 | GeForce GTX 1080 | GeForce GTX 1080 Ti | Radeon RX Vega 56 | Radeon RX Vega 64 | |
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Chipbasis | nVidia GP104 | nVidia GP102 | AMD Vega 10 | ||
Fertigung | 7,2 Mrd. Transistoren in 16nm auf 314mm² Chipfläche bei TSMC | 12 Mrd. Transistoren in 16nm auf 471mm² Chipfläche bei TSMC | 12,5 Mrd. Transistoren in 14nm auf 486mm² Chipfläche bei GlobalFoundries | ||
Architektur | Pascal, DirectX 12 Feature-Level 12_1 | GCN5, DirectX 12 Feature-Level 12_1 | |||
Features | Vulkan, Asynchonous Compute, DSR, SLI, PhysX, G-Sync | Vulkan, Asynchonous Compute, VSR, CrossFire, FreeSync, TrueAudio Next, XConnect | |||
Technik | 3 Raster-Engines, 1920 Shader-Einheiten, 120 TMUs, 64 ROPs, 256 Bit GDDR5-Interface | 4 Raster-Engines, 2560 Shader-Einheiten, 160 TMUs, 64 ROPs, 256 Bit GDDR5X-Interface | 6 Raster-Engines, 3584 Shader-Einheiten, 224 TMUs, 88 ROPs, 352 Bit GDDR5X-Interface | 4 Raster-Engines, 3584 Shader-Einheiten, 224 TMUs, 64 ROPs, 2048 Bit HBM2-Interface (Salvage) | 4 Raster-Engines, 4096 Shader-Einheiten, 256 TMUs, 64 ROPs, 2048 Bit HBM2-Interface (Vollausbau) |
Taktraten | 1506/1683/4000 MHz | 1607/1733/2500 MHz | 1480/1582/2750 MHz | 1156/1471/800 MHz | Air: 1247/1546/945 MHz LC: 1406/1677/945 MHz |
Speicherausbau | 8 GB GDDR5 | 8 GB GDDR5X | 11 GB GDDR5X | 8 GB HBM2 | 8 GB HBM2 |
Layout | DualSlot | DualSlot | DualSlot | DualSlot | DualSlot |
Kartenlänge | 27,0cm | 27,0cm | 27,0cm | 27,0cm | 27,0cm |
Ref./Herst./OC | ✓ / ✓ / ✓ | ✓ / ✓ / ✓ | ✓ / ✓ / ✓ | ✓ / ✓ / ✓ | Air: ✓ / ✓ / ✓ LC: ✓ / ? / ? |
Stromstecker | 1x 8pol. | 1x 8pol. | 1x 6pol. + 1x 8pol. | 2x 8pol. | 2x 8pol. |
off. Verbrauch | 150W (GCP) | 180W (GCP) | 250W (GCP) | 210W (TBP) | Air: 295W (TBP) LC: 345W (TBP) |
Idle-Verbrauch | 8W | 8W | 11W | 14W | Air: 14W LC: ~14W |
Spiele-Verbr. | 145W | 174W | 236W | 226W | Air: 291W LC: ~340W |
Ausgänge | DualLink DVI-D, HDMI 2.0b, 3x DisplayPort 1.4 | DualLink DVI-D, HDMI 2.0b, 3x DisplayPort 1.4 | HDMI 2.0b, 3x DisplayPort 1.4 | HDMI 2.0b, 3x DisplayPort 1.4 | HDMI 2.0b, 3x DisplayPort 1.4 |
FHD Perf.Index | 800% | 960% | 1150% | 820% | Air: 900% LC: 970% |
4K Perf.Index | 107% | 132% | 175% | 114% | Air: 129% LC: 139% |
Listenpreis | 379$ | 499$ | 699$ | 399$ | Air: 499$ LC: 699$ |
Straßenpreis | 430-470€ | 500-560€ | 690-750€ | ab 28. August verfügbar | Air: 650-670€ LC: 780-800€ |
Release | 30. Mai 2016 | 17. Mai 2016 | 10. März 2017 | 14. August 2017 | 14. August 2017 |
Ein derzeit schon zu sehender Problempunkt der neuen AMD-Karten liegt in deren Preislage bzw. der praktisch vorhandenen Differenz zwischen Listen- und Straßenpreis. AMD bietet alle diese vier Karten auch im Rahmen sogenannter "Radeon Packs" an, bei welchen man (in den deutschsprachigen Ländern) die beiden Spieletitel "Prey (2016)" und "Sniper Elite 4" samt eines 100-Euro-Rabattcoupons für den Erwerb eines Ryzen 7 1700X/1800X Prozessors zusammen mit einem von drei ausgesuchten X370-Mainboards bekommt (den 200-Euro-Rabatt auf einen FreeSync-fähigen Monitor gibt es in den deutschsprachigen Ländern leider nicht). Jene "Radeon Packs" kosten allerdings regelmäßig 100 Dollar/Euro mehr als die nackte Grafikkarte, lohnen somit nur, sofern man deren Rabatt und kostenlosen Spiele auch wirklich ausnutzt – ansonsten gleicht das ganze einer faktischen Preiserhöhung um 100 Dollar/Euro.
Besonderheit | Marktstart | reine Karte | "Radeon Pack" | |
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Radeon RX Vega 56 | Standardversion | 28. August 2017 | 399$ | 499$ |
Radeon RX Vega 64 | Standardversion | 14. August 2017 | 499$ | 599$ |
Radeon RX Vega 64 "Limited Edition" | Vega 64 mit weißer Kühlerabdeckung zu gleichen Taktraten | 14. August 2017 | - | 599$ |
Radeon RX Vega 64 "Liquid Cooled" | Vega 64 mit AiO-Wakü und höheren Taktraten | 14. August 2017 | - | 699$ |
Pack-Inhalt: kostenlose Spiele "Prey (2016)" und "Sniper Elite 4", 100-Euro-Rabattcoupon beim Erwerb eines Ryzen 7 1700X/1800X Prozessors zusammen mit einem von drei ausgesuchten X370-Mainboards |
Erschwerend kommt hinzu, das im hiesigen Einzelhandel derzeit ausschließlich "Radeon Packs" angeboten werden bzw. die beiden Radeon RX Vega 64 Sondermodelle "Limited Edition" und "Liquid Cooled" generell nur in Form eines "Radeon Packs" angeboten werden. Dies und die derzeit schlechte Verfügbarkeit drückt die Straßenpreise der neuen AMD-Grafikkarten deutlich über deren Listenpreise, so das sich rein vom Preispunkt her ganz andere Vergleiche ergeben: Die Radeon RX Vega 64 kostet rein praktisch nahezu so viel wie eine (viel schnellere) GeForce GTX 1080 Ti – und sollte sich diese Tendenz bei der Radeon RX Vega 56 fortsetzen, würde diese Karte eher gegen die GeForce GTX 1080 antreten müssen als denn gegen die (eigentlich geplante) GeForce GTX 1070. Es bleibt zu hoffen, das sich diese (unbefriedigende) Preissituation später beruhigen wird und das die neuen AMD-Grafikkarten dann auch zu diesen Preisen im Einzelhandel erhältlich sind, zu welchen AMD jene (mit dem Listenpreis für die "nackte" Karte) ausgepreist hat.
Bezüglich der offiziellen Taktraten-Angabe geht AMD bei Vega weg vom bisherigen Schema der Nennung eines Grundtakts samt einem maximalen Boosttakt hin zum von nVidia bekannten Schema der Nennung eines Grundtakts samt eines durchschnittlichen Boosttakts – was auch bedeutet, das die Vega-Grafikkarten durchaus sogar höhere Taktraten erreichen können als es der offiziellen Taktraten-Angabe entspricht (wie bei nVidia). Die reine Praxis sieht die Vega-Grafikkarten allerdings schwerlich deren offiziellen durchschnittlichen Boost erreichen, denn fast alle diesbezüglichen Messungen gehen von real erreichten Taktraten eher 50-100 MHz unterhalb der offiziellen Angaben aus. Die vergleichbaren Angaben bei nVidia-Grafikkarten stimmen zwar auch nicht immer genau mit der ermittelten Praxis überein, enthalten jedoch keineswegs derart viel Phantasie, wie AMD sie hierzu hat einfließen lassen.
Radeon RX Vega 56 | Radeon RX Vega 64 | Radeon RX Vega 64 "Liquid Cooled" | |
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Temperatur-Limit | 85°C | 85°C | 85°C |
Power-Limit * | 165W (+50% möglich) | 220W (+50% möglich) | 264W (+50% möglich) |
nominelle Taktraten | 1156/1471/800 MHz | 1247/1546/945 MHz | 1406/1677/945 MHz |
maximaler Boost-Takt | 1590 MHz | 1630 MHz | 1750 MHz |
durchschn. realer Takt | ComputerBase: 1391 MHz (19 Tests) Hardware.fr: 1316 MHz (2 Tests) Hardwareluxx: 1373 MHz (8 Tests) PC Perspective: 1433 MHz (1 Test) |
ComputerBase: 1520 MHz (19 Tests) Hardware.fr: 1455 MHz (2 Tests) Hardwareluxx: 1459 MHz (7 Tests) PC Perspective: 1513 MHz (1 Test) |
PC Perspective: 1663 MHz (1 Test) |
* gilt bei AMD nur für den Grafikchip selber |
Zur Frage des Stromverbrauchs liegen jede Menge an Messungen für Radeon RX Vega 56 & 64 vor – wobei in Zeiten automatisch anhand des Power-Limits abriegelnder Grafikkarten die offiziellen Stromverbrauchsangaben sowieso wieder ziemlich treffend sind (im Gegensatz zur Vergangenheit, wo sich die Hersteller auch an dieser Stelle deutlich aufgehübscht hatten). Bei AMD gibt es diesbezüglich maximal eine kleinere Differenz, weil das Power-Limit nur den Grafikchip selber betrifft, nicht das Grafikboards und damit die Spannungswandler. Je nachdem wie exakt AMD die offizielle TBP-Angabe kalkuliert (bzw. wie stark das Marketing in diese Angabe eingreift), ist die TBP-Angabe also ähnlich akkurat wie nVidias GCP-Angaben (die bei den Pascal-Chips dem Power-Limit der gesamten Grafikkarte entsprechen).
Im Fall der Radeon RX Vega 64 bleibt gemäß der vorliegenden Messungen zwischen realem Stromverbrauch und TBP noch ein wenig Platz, ähnliches ist dann von der hierzu nicht getesteten "Liquid Cooled" Ausführung anzunehmen. Im Fall der Radeon RX Vega 56 ist AMDs TBP-Angabe jedoch augenscheinlich etwas zu knapp kalkuliert, der gemessene reale Stromverbrauch liegt bemerkbar darüber. Im Vergleich mit nVidia offenbart sich an dieser Stelle zudem (weiterhin) ein klarer Dimensionsunterschied bei der Energieeffizienz: Die Radeon RX Vega 56 als Kontrahent der GeForce GTX 1070 genehmigt sich eine um +56% höhere Leistungsaufnahme als diese, bei der Radeon RX Vega 64 als Kontrahent der GeForce GTX 1080 sind es dann gleich +67% mehr.
CB | Golem | HW.fr | Heise | HT4U | LesNum. | PCGH | TPU | Tom's | Ø | |
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Radeon RX Vega 64 | 12W 300W |
13,2W 282,5W |
13W 298,5W |
13W 280W |
? 311W |
14,5W 288,5W |
14W 292W |
18,6W 284,6W |
14W 291W |
|
Radeon RX Vega 56 | 12W 233W |
13,3W 230W |
13W 227W |
13W 213W |
? 249,5W |
15W 216W |
14W 229W |
14W 226W |
||
GeForce GTX 1070 | 8W 139W |
7,1W 146W |
9W 147W |
7,2W 150,0W |
8W 139W |
8,5W 148,5W |
6W 145W |
8W 145W |
||
GeForce GTX 1080 | 9W 157W |
7,5W 174W |
8W 184,5W |
6W 178W |
7,7W 180,0W |
7W 176W |
9,5W 173W |
6W 166W |
7W 173W |
8W 174W |
GeForce GTX 1080 Ti | 10W 212W |
11,2W 249,5W |
11W 255,5W |
9W 248W |
10W 224W |
12,5W 227,5W |
10W 231W |
13,2W 229,0W |
11W 236W |
Die Geräuschentwicklung wird im allgemeinen als "normal" beschrieben – für ein Referenzdesign auf DHE-Basis mit Radiallüfter. Wirklich leise ist das ganze natürlich nicht, dies ist jedoch aufgrund der verwendeten Technik sowie der gesetzten Stromverbrauchs-Klasse auch nicht zu erwarten. In jedem Fall bleibt somit für die kommenden Herstellerdesigns zu Radeon RX Vega noch einiger Platz bestehen, um dies besser als AMD zu machen. Und natürlich können die dabei erreichten niedrigeren Chiptemperaturen eventuell sogar dazu beitragen, einen etwas höheren durchschnittlichen Boost zu erreichen respektive die Performance dieser Herstellerkarten positiv zu beeinflußen.