Mit der Radeon RX 480 stellt AMD seine erste Grafikkarte der 14/16nm-Generation vor, welche deutlich mehr Performance (bezogen auf den Preispunkt) und eine (durch die neue Fertigung logischerweise) deutlich bessere Energieeffizienz mitbringen soll. Wie der umfangreichen Vorberichterstattung schon zu entnehmen, geht die Radeon RX 480 auf Basis des Polaris-10-Chip dabei nicht in den Zweikampf mit nVidias GeForce GTX 1070 & 1080 auf Basis des GP104-Chips, sondern ist eine glatte Performance-Stufe darunter angesiedelt. Mit der neuen Karte bringt AMD vielmehr eine klassische Midrange-Lösung zu Preispunkten von 214 Euro (4 GB) bzw. 256 Euro (8 GB) daher – welche nicht insgesamt, sondern in ihrem Preisbereich die beste Performance bieten soll.
Dabei setzt AMD vollkommen zu Recht auf dieses Preissegment, gemäß unserer aktuellen Umfrage liegt im Preissegment von 200-300 Euro ein absoluter "Sweetspot", wo also große Mengen an Käufern zu finden sind. Die bisher in diesem Preissegment zu findenden Angebote der 28nm-Generation in Form von Radeon R9 380 & 380X sowie GeForce GTX 960 sind inzwischen angegraut, bei den Speichermengen teilweise hinter der Zeit (2-GB-Varianten) und haben selbst innerhalb nur der 28nm-Generation betrachtet zu wenig "Bumms", um wirklich etwas reißen zu können. Die von der Performance her interessanteren 28nm-Lösungen Radeon R9 390 & 390X sowie GeForce GTX 970 & 980 waren hingegen lange Zeit nur auf Preislagen von 350-500 Euro zu finden – klar zu teuer für ein Midrange-Angebot. Genau dieses will die Radeon RX 480 nunmehr bieten: Eine Performance von Radeon R9 390 und GeForce GTX 970 zu Preislagen von Radeon R9 380X und GeForce GTX 960.
AMD | nVidia | |
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Enthusiast | Fiji -> Vega 11 R9 Nano, Fury & Fury X -> ? |
GM200 -> GP102 GTX 980 Ti & Titan X -> ? |
HighEnd | Hawaii -> Vega 10 R9 390 & 390X -> ? |
GM204 -> GP104 GTX 970 & 980 -> GTX 1070 & 1080 |
Performance | Tonga -> Polaris 10 R9 380 & 380X -> RX 470 & 480 |
GM206 -> GP106 GTX 950 & 960 -> GTX 1060 |
Mainstream | Bonaire & Pitcairn -> Polaris 11 R7 360 & 370 -> RX 460 |
GM107 -> GP107 GTX 750 & 750 Ti -> ? |
Für dieses Ziel nutzt AMD bei der Radeon RX 480 den Polaris-10-Grafikchip aus der Polaris/Vega-Generation, welcher die vierte GCN-Ausführung (inoffiziell: GCN 2.0) und die 14nm-Fertigung von Auftragsfertiger GlobalFoundries in sich vereint. Auf einer Chipfläche von 232mm² konnte man dabei 5,7 Milliarden Transistoren unterbringen, was grob dem Hawaii-Chip (6,2 Mrd. Transistoren auf 438mm² Chipfläche) von Radeon R9 390 & 390X entspricht – welche die Radeon RX 480 schließlich bei der Performance anpeilt. Auch in anderen Fragen sieht Polaris 10 manchmal wie ein auf die 14nm-Fertigung geschrumpfter Hawaii-Chip aus: Die Anzahl der Shader-Einheiten ist halbwegs im selben Feld (2304 zu 2816) – gerade wenn man die Neigung von Polaris 10 zu höheren Taktraten mit einrechnet, welches die fehlenden Shader-Einheiten gut kompensieren kann. Für die Textureneinheiten gilt dasselbe, die Raster-Engines liegen zudem mit jeweils 4 Stück gleichauf (zuzüglich des Taktraten-Vorteils von Polaris 10).
Deutliche Abweichungen gibt es hingegen beim Speicher-Subsystem: Kam der Hawaii-Chip von Radeon R9 390 & 390X noch mit einem 512 Bit GDDR5-Interface samt 64 Rastereinheiten (ROPs) daher, sind es beim Polaris-10-Chip der Radeon RX 480 glatt nur die Hälfte davon: Ein 256 Bit GDDR5-Interface samt 32 ROPs. Höhere Speichertaktraten gleichen einen Teil des Rückstands aus, auch gibt es eine neue Farbkompression – aber dennoch liegt Polaris 10 in dieser Frage nominell klar gegenüber dem vorhergehenden Hawaii-Chip zurück. Rein Hardware-technisch stellt Polaris 10 also den Versuch dar, eine Rechen- und Texturierleistung ähnlich wie beim Hawaii-Chip mit einer deutlich niedrigeren Speicherbandbreite sowie ROP-Power zu verbinden – und dann trotzdem noch die Hawaii-Performance (auf einem viel niedrigeren Stromverbrauch) zu erreichen.
Um dies zu erreichen, setzt AMD primär auf diverse (zumeist kleinere) Verbesserungen der vierten GCN-Ausführung. Der (geringeren) Speicherbandbreite soll zudem eine weiter verbesserte Farbkompression sowie der verdoppelte Level2-Cache weiterhelfen. Polaris 10 ist also grob betrachtet nicht nur ein auf die 14nm-Fertigung geschrumpfter Hawaii-Chip, sondern vor allem auch ein deutlich modernes Design als der seinerzeit ziemlich große und natürlich auch für andere Aufgaben gedachte Hawaii-Chip. Dies zeigt sich auch in den anderen von AMD für Polaris 10 angesetzten Innovationen:
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In der Summe der verschiedenen Hardware-Verbesserungen spricht AMD dann von einer Leistungssteigerung gegenüber der zweiten GCN-Ausführung von bis zu 15% pro Shader-Cluster. Die Zahl selber klingt gut, basiert aber leider auf einer unseriösen Berechnung seitens AMD: Verglichen wurden hierbei Radeon RX 480 (36 Shader-Cluster) und Radeon R9 290 (40 Shader-Cluster) – allerdings nicht taktratennormiert und damit im eigentlichen falsch. Eine korrekte, taktnormierte Berechnung ergäbe sogar ein Minus, da die Radeon R9 290 mit ≤947 MHz deutlich niedriger taktet als die Radeon RX 480 und damit ihre Performance ausgehend von einer klar niedrigeren Rechenleistung (zu allerdings einer klar höheren Speicherbandbreite) erbringt. Somit sagen eigentlich schon AMDs eigene Performancewerte aus, das die vierte GCN-Generation nicht für eine höhere Takt- und Cluster-normierte Performance steht – obwohl das Marketing etwas völlig anderes verlauten läßt.