Die Radeon R9 270X basiert offiziell auf dem Curacao-Chip, welcher allerdings dieselbe Device-ID wie der Pitcairn-Chip trägt und zudem augenscheinlich zu diesem unverändert ist. Wieso AMD hier zu einem neuen Chipnamen gegriffen hat bzw. ob sich dieser überhaupt rechtfertigen läßt, ist derzeit noch nicht ganz klar. Für den Augenblick macht man sicherlich nichts falsch, wenn man Curacao eher als neues Stepping des Pitcairn-Chips betrachtet. Die Radeon R9 270X kommt dann im Vollausbau des Curacao-Chips daher und bietet damit dieselbe Hardware wie die auf dem Vollausbau des Pitcairn-Chips basierende Radeon HD 7870.
Die Differenz beider Karten liegt wiederum allein bei den Taktraten: Die Radeon HD 7870 kommt mit 1000/2400 MHz daher, die Radeon R9 270X dagegen mit ≤1050/2800 MHz. Dies ist dann schon etwas deutlicher abweichend – wobei der hohe Speichertakt überrascht. Man vermutet im übrigen, daß die Überarbeitung des Pitcairn/Curacao-Chips allein mit der Fähigkeit des neueren Chip-Steppings zusammenhängen soll, diese höheren Speichertaktraten zu ermöglichen. Preislich legt AMD die Radeon R9 270X auf 199 Dollar Listenpreis, was 50 Dollar weniger ist als der derzeitige Listenpreis der Radeon HD 7870 von 249 Dollar, allerdings sogar 150 Dollar niedriger als der Listenpreis zum Launch der Radeon HD 7870 von immerhin 349 Dollar.
Auch hier ist die Performance-Bestimmung recht einfach: Aufgrund der gleichen Hardware und aber höherer Taktraten kommt die Radeon R9 270X um ~9% besser als die Radeon HD 7870 heraus – wobei der Unterschied wegen des viel höheren Speichertakts unter höheren Auflösungen auf dann 12% bis 15% klar zunimmt. Die Radeon R9 270X kann daher auf einem Performance-Index von 290% eingeordnet werden – dies ist dann nicht mehr das Niveau der Radeon HD 7870, sondern eher das der R1000/Tahiti-basierten Radeon HD 7870 "Boost Edition" (290%). Auf nVidia-Seite legt sich die Radeon R9 270X daher mit der GeForce GTX 660 Ti (280%) an, welche sie gemäß der vorliegenden Benchmarks auch minimal schlagen kann (wobei in diesem Fall die Benchmark-Ergebnisse extrem weit auseinandergehen und nur unter der Zusammenrechnung von vielen Werten ein vernünftiger Durchschnitt herauskommt).
Radeon HD 7870 | Radeon HD 7870 "Boost Edition" | Radeon R9 270X | GeForce GTX 660 Ti | |
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Chipbasis | AMD Pitcairn, 2,8 Mrd. Transistoren in 28nm auf 212mm² Chip-Fläche | AMD R1000/Tahiti, 4,31 Mrd. Transistoren in 28nm auf 365mm² Chip-Fläche | AMD Curacao, 2,8 Mrd. Transistoren in 28nm auf 212mm² Chip-Fläche | nVidia GK104, 3,54 Mrd. Transistoren in 28mn auf 294mm² Chip-Fläche |
Architektur | GCN 1.0, DirectX 11.2a & Mantle | Kepler, DirectX 11.0 | ||
Technik | 2 Raster Engines, 1280 Shader-Einheiten, 80 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface | 2 Raster Engines, 1536 Shader-Einheiten, 96 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface | 2 Raster Engines, 1280 Shader-Einheiten, 80 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface | 4 Raster Engines, 1344 Shader-Einheiten, 112 TMUs, 24 ROPs, 192 Bit DDR Interface |
Taktraten | 1000/2400 MHz | 925/975/3000 MHz | ≤1050/2800 MHz | 915/980/3000 MHz |
Speicher | 2 GB GDDR5 | 2 GB GDDR5 | 2/4 GB GDDR5 | 2/3 GB GDDR5 |
Bauform | DualSlot | DualSlot | DualSlot | DualSlot |
Kartenlänge | 24cm | 27-28cm | 24cm | 24,5cm |
Stromstecker | 2x 6pol. | 2x 6pol. | 2x 6pol. | 2x 6pol. |
TDP | 190W | ? | 180W | 150W |
Idle-Verbrauch | 13W | 13W | 11W | 15W |
Spiele-Verbrauch | 120W | 188W | 145W | 127W |
Perf.Index | 260% | 290% | 290% | 280% |
Listenpreis | 249$ | ? | 199$ | 299$ |
Straßenpreis | 150-180€ | 180-200€ | erwartet für ~180€ | 180-210€ |
Launch | 5. März 2012 | Anfang Dezember 2012 | 8. Oktober 2013 | 16. August 2012 |
Bei der Radeon R9 270X ist der Preiseffekt auf die bestehenden Angebote weit weniger stark ausgeprägt: Die in etwa gleich schnellen Radeon HD 7870 "Boost Edition" und GeForce GTX 660 Ti sind derzeit schon ab jeweils 180 Euro zu haben – sprich auf diesem Preis, auf welchem die Radeon R9 270X zu erwarten ist. Natürlich hat die neue AMD-Karte gegenüber der Radeon HD 7870 "Boost Edition" das breitere Marktangebot (letztgenannte Karte gibt es nur von vier Anbietern) sowie einen deutlich geringeren Stromverbrauch zu bieten, gegenüber der nVidia-Karte dann minimal mehr Performance.
Der eigentliche Vorteil der Radeon R9 270X liegt aber wohl darin, daß sie die solideren Performance-Werte gegenüber der GeForce GTX 660 Ti bietet, welcher wegen ihres nur 192 Bit DDR breiten Speicherinterfaces doch recht schnell die Luft ausgeht, wenn es um Speicherbandbreite-fordernde Settings geht (sehr deutlicher Unterschied der Benchmark-Werte zwischen 1920x1080 und 2560x1600). Deswegen wird nVidia die GeForce GTX 660 Ti auch in Kürze durch die GeForce GTX 750 Ti ersetzen, welche in etwa die Performance der GeForce GTX 660 Ti bieten wird, mittels eines 256 Bit DDR Speicherinterfaces aber nicht mehr deren Schwäche bei der Speicherbandbreite hat. So lange dies nicht passiert, hat AMD mit der Radeon R9 270X jedoch die Oberhand.
Die Radeon R7 260X basiert auf dem Bonaire-Chip in dessen Vollausbau und bringt Taktraten von ≤1100/3250 MHz mit sich – was bemerkbar mehr ist als bei der chipgleichen Radeon HD 7790 (1000/3000 MHz). Als einzige Karte des bisherigen Volcanic-Islands-Portfolios verfügt die Radeon R7 260X (wie die Radeon HD 7790) über die GCN 1.1 Architektur der (bis auf den Bonaire-Chip) weitgehend gestrichenen Sea-Islands-Generation. Der Technik-Unterschied ist allerdings unbedeutend und bezieht sich eher auf bessere GPGPU-Fähigkeiten, hat mit den Fähigkeiten als Gamer-Grafikkarte weitestgehend nichts zu tun. Als weitere Besonderheit trägt nur die Radeon R7 260X den extra DSP-Chip für AMDs TrueAudio Technology an Bord. Und letztlich wird die Radeon R7 260X noch grundsätzlich mit 2 GB Speicher ausgeliefert werden, nachdem es die Radeon HD 7790 in den beiden Speichervarianten 1 und 2 GB gab.
Aufgrund des wiederum nur bei den Taktraten liegenden Unterschieds läßt sich die Performance-Differenz zwischen Radeon HD 7790 und Radeon R7 260X ebenfalls einfach ermitteln: Die neue Karte ist ~8% schneller – meistens hängt sie exakt an der um 8,3% höheren Speicherbandbreite und kann den um immerhin 10% höheren Chiptakt wegen des nur 128 Bit DDR breiten Speicherinterfaces nicht gänzlich ausspielen. Sobald höhere Auflösungen oder sonstwie viel Grafikkartenspeicher belegende Settings hinzukommen, kann die Radeon R7 260X wegen ihrer höheren default-Speicherbestückung der Radeon HD 7790 wohl noch etwas besser davonrennen. Gut möglich, daß es Tests gibt, wo eine Radeon R7 260X mit 2 GB Speicher die Performance der eigentlich schnelleren Radeon HD 7850 erreichen kann, sofern letztgenannte Karte nur mit 1 GB Speicher antritt.
Mit der gezeigten Performance läßt sich die Radeon R7 260X treffend auf einem Performance-Index von 200% einordnen – und damit ein wenig im Niemandsland zwischen Radeon HD 7790 (185%) und Radeon HD 7850 (220%). Auf nVidia-Seite gibt es auch keinen direkten Gegner, hier hängt die Radeon R7 260X zwischen GeForce GTX 650 Ti (170%) und GeForce GTX Ti "Boost" (220%). Nichtsdestotrotz ist die Radeon R7 260X irgendwie doch als inoffizieller Nachfolger der Radeon HD 7850 zu sehen – als der kleinsten Grafikkarte, wo sich 2 GB Speicher schon lohnen und wo der Anbeginn des Performance-Segments liegt.
Radeon HD 7790 | Radeon HD 7850 | Radeon R7 260X | GeForce GTX 650 Ti "Boost" | |
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Chipbasis | AMD Bonaire, 2,08 Mrd. Transistoren in 28nm auf 160mm² Chipfläche | AMD Pitcairn, 2,8 Mrd. Transistoren in 28nm auf 212mm² Chipfläche | AMD Bonaire, 2,08 Mrd. Transistoren in 28nm auf 160mm² Chipfläche | nVidia GK106, 2,54 Mrd. Transistoren in 28nm auf 214mm² Chipfläche |
Architektur | GCN 1.1, DirectX 11.2b & Mantle | GCN 1.0, DirectX 11.2a & Mantle | GCN 1.1, DirectX 11.2b & Mantle | Kepler, DirectX 11.0 |
Technik | 2 Raster-Engines, 896 Shader-Einheiten, 56 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit DDR Interface | 2 Raster-Engines, 1024 Shader-Einheiten, 64 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface | 2 Raster-Engines, 896 Shader-Einheiten, 56 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit DDR Interface | 2 Raster Engines, 768 Shader-Einheiten, 64 TMUs, 24 ROPs, 192 Bit DDR Interface |
Taktraten | 1000/3000 MHz | 860/2400 MHz | ≤1100/3250 MHz | 980/1033/3000 MHz |
Speicher | 1/2 GB GDDR5 | 1/2 GB GDDR5 | 2 GB GDDR5 | 1/2 GB GDDR5 |
Bauform | DualSlot | DualSlot | DualSlot | DualSlot |
Kartenlänge | 18-22cm | 24cm | 17,5cm | 17,5cm |
Stromstecker | 1x 6pol. | 1x 6pol. | 1x 6pol. | 1x 6pol. |
TDP | 100W | 150W | 115W | 140W |
Idle-Verbrauch | 10W | 11W | 8W | 8W |
Spiele-Verbrauch | 81W | 96W | 99W | 107W |
Perf.Index | 185% | 220% | 200% | 220% |
Listenpreis | 149$ | 1GB: 189$ 2GB: 209$ |
139$ | 1GB: 129$ 2GB: 149$ |
Straßenpreis | 1GB: 100-115€ 2GB: 110-130€ |
1GB: 125-140€ 2GB: 135-160€ |
2GB: erwartet für ~125€ | 1GB: 115-130€ 2GB: 130-150€ |
Launch | 22. März 2013 | 5. März 2012 | 8. Oktober 2013 | 26. März 2013 |
Natürlich zwingt die niedrigere Performance der Radeon R7 260X damit auch, sich preislich unterhalb von Radeon HD 7850 und GeForce GTX Ti "Boost" zu positionieren. Dies funktioniert zur derzeitigen Preissituation allerdings nur bei einem optimalen Verlauf – und dann auch nur höchst knapp. Angesichts von Radeon HD 7850 2GB ab 135 Euro und GeForce GTX 650 Ti "Boost" 2GB ab 130 Euro sollte die Radeon R7 260X eigentlich Preise unterhalb von 120 Euro anbieten, um attraktiv zu sein. AMD mag bei dieser Karte möglicherwiese darauf setzen, daß man jene im Mainstream-Markt mittels des "TrueAudio"-Feature gut vermarkten kann – mit dem nur 128 Bit DDR breiten Speicherinterfaces ist trotzdem nur schwer warm zu werden, dies wird die Karte im längeren Einsatz sicherlich behindern (sofern man nicht eine Auflösung unterhalb von FullHD verwendet).
Unsere Empfehlung zum Einstieg ins Performance-Segment lautet daher weiterhin eher auf die Radeon HD 7850 2GB oder die GeForce GTX 650 Ti "Boost" 2GB. Deren geringfügigen Mehrpreis kann man als absolut sinnvolle Investition in die Zukunft ansehen – und am Ende gibt es ja bei diesen beiden Karten auch jetzt schon 10% mehr Performance als mit der Radeon R7 260X. Jene Radeon R7 260X steht damit ein wenig zwischen allen Stühlen – vom Profil her handelt es sich eher um eine Mainstream-Karte, dafür ist deren Preis jedoch nicht attraktiv genug gegenüber den kleinsten Angeboten des Performance-Segments.