12

Zen 2 soll laut AMD einen IPC-Zuwachs von +29% gegenüber Zen 1 bringen

In den Fußnoten der AMD-Pressemitteilung zur Vorstellung der Zen-2-Architektur hat AMD eine offizielle Performance-Angabe zu Zen 2 hinterlassen: Danach soll Zen 2 im Vergleich zu Zen 1 eine um immerhin 29,4% höhere IPC-Performance hinlegen. Dies wurde seitens AMD ermittelt unter einer "Kombination aus Integer- und Fließkomma-Benchmarks", wobei es sich sicherlich eher um einen standardisierten theoretischen Test handeln dürfte, nicht also um einen RealWorld-Benchmark. Effekte wie das Cache-System und die Speicherperformance sollten hierbei also kaum einfließen – hierbei dürfte rein die Kern-interne Performance ausgemessen werden. Damit ist diese Performance-Angabe wohl auch unabhängig davon, ob man ein Chiplet-Design oder ein monolithisches Design ansetzt. In jedem Fall wird sich AMD jedoch zukünftig an dieser einmal getroffenen Angabe messen lassen müssen – gerade da solche Angaben auch an Börsianer gehen und damit wenigstens zum Ist-Zeitpunkt handfest sein sollten.

Estimated increase in instructions per cycle (IPC) is based on AMD internal testing for "Zen 2" across microbenchmarks, measured at 4.53 IPC for DKERN +RSA compared to prior "Zen 1" generation CPU (measured at 3.5 IPC for DKERN + RSA) using combined floating point and integer benchmarks.
Quelle:  Fußnote 1 der AMD-Pressemitteilung vom 6. November 2018

Trotz das solcherart theoretische IPC-Angaben schwer auf die RealWorld-Performance umzurechnen sind, kann man hierzu gewisse Kalkulationen anstellen. Ausgangspunkt hierzu sind jene 52% IPC-Gewinn, welche AMD bei Zen 1 gegenüber der Bulldozer-Architektur in deren letzter Ausbaustufe "Excavator" (benutzt für die "Bristol Ridge" APUs) angegeben hatte. Hiervon ausgehend kann man schließlich mit dem realen IPC-Gewinn zwischen Bulldozer und Zen 1 vergleichen, was sich gemäß diverser IPC-Tests aus der Vergangenheit durchaus bewerkstelligen läßt. Beispielsweise geben Guru3D unter dem Singlethread-Test von Cinebench R15 auf identischer Taktrate von 3.5 GHz einen Performancegewinn von +69,8% zwischen FX-8370 und Ryzen 7 1800X an, wobei der genannte Bulldozer-Prozessor nur aus der zweiten Bulldozer-Ausbaustufe ("Piledriver") stammt. Die Differenz zur vierten Ausbaustufe ("Excavator") sollte allerdings nicht besonders groß sein, geschätzt zwischen 3-6% pro Ausbaustufe – womit die reale IPC-Differenz zwischen Excavator und Zen 1 gemäß dieses Tests bei ca. 60-65% liegen sollte.

Laut einer IPC-Diskussion auf Reddit läßt sich dies dann vielleicht sogar noch genauer bestimmen: Dort wurde wiederum der Cinebench R15 mit dem Singlethread-Test auf identischer Taktrate von allerdings 4.0 GHz herangezogen. Es fehlt leider etwas der Wert von Zen 1, jener wurde dort nur auf ca. 165 geschätzt – was aber nicht so schlimm ist, denn es konnten gleich mehrere Hardwaretests mit gleichen Szenario ermittelt werden: Bei Adrenaline, Benchmark.pl und TweakTown wurde seinerzeit jeweils der Ryzen 7 1800X auf 4.0 GHz getaktet und damit jeweils 162 Punkte im Singlethread-Test des Cinebench R15 erreicht. Davon ausgehend ergibt sich ein IPC-Abstand zu den letzten FX-Prozessoren von +77,6%, zu einem (anscheinenden) Bristol-Ridge-Modell (und damit exakt dem AMD-Vergleich entsprechend) von immerhin noch +65,5%. Dabei fallen alle diese Messungen unter dem die heutige Anwendungs-Performance doch ziemlich gut wiedergebenden Cinebench R15 sogar höher im Abstand aus als denn AMDs eigene Angaben: Zweimal ergab sich eine reale Performance-Differenz oberhalb von +60%, wo AMD selbst "nur" +52% notiert hatte.

AMDs IPC-Angabe Cinebench R15 IPC-Benchmark (Singlethread, taktnormiert)
Excavator → Zen 1 +52% Guru3D: +69,8% von Piledriver zu Zen 1 sowie geschätzt +60-65% von Excavator zu Zen 1
Reddit: +77,6% von Piledriver zu Zen 1 sowie +65,5% von Excavator zu Zen 1 *
Zen 1 → Zen 2 +29% ?
* ... Als Vergleichswert für Zen 1 wurde ein Cinebench-Wert von 162 Punkten benutzt, dieserart erzielt bei Adrenaline, Benchmark.pl und TweakTown.

Dies überrascht etwas, weil dies auf den Fall von Zen 2 bezogen aussagt, das die dort genannten +29% sogar das Potential haben, nach oben hin durchbrochen zu werden. Dies natürlich nicht in jedem Benchmark, aber doch in gut skalierenden wie eben dem Cinebench R15. Angesichts dieser Aussichten will man fast gar nicht zu einer Performance-Kalkulation für Zen 2 schreiten, denn neben diesem IPC-Gewinn dürfte ja auch noch ein gewisser Taktratensprung anstehen. Sollte AMD diese IPC-Performance halten können und sich selbige 1:1 in Anwendungs-Performance umrechen lassen, könnte AMD auf angenommen 4.5 GHz dauerhafter Taktrate mit einem insgesamten Performancesprung von +57% (!) zwischen Zen 1 und Zen 2 herauskommen (gegenüber Zen+ dann bei grob +40%). Dies erscheint jetzt schon als zu extrem für den nominell eher mittelgroßen Sprung, welchen eine erste (wirkliche) Architektur-Optimierung üblicherweise bringen: Taktratengewinne sind sicherlich immer drin, aber +29% mehr IPC-Performance erscheinen für eine reine Architektur-Optimierung einfach als zu hoch.

Intels Sandy-Bridge-Architektur, welche die gut vergleichbare erste Optimierung der originalen Nehalem-Architektur darstellt, kam seinerzeit (neben einem Taktratensprung) schließlich auch nur mit einem IPC-Gewinn von +15% daher. Insofern muß an dieser Stelle leider etwas auf die Bremse getreten werden, bevor der Hype-Train zu Zen 2 komplett abhebt. Wie sich AMDs (immerhin offizielle) Angabe letztlich erklären lassen kann, wird wohl erst einmal offenbleiben – aber die Chance, das hierbei ein Fehler, Mißverständnis oder einfach nur ein rosinengepickter Benchmark den Hintergrund bilden, einfach zu groß. Sollte AMD hingegen bei Zen 2 tatsächlich diese oder auch nur eine ähnlich hohe IPC-Performance zu gewissen Taktratensteigerungen liefern können, dann kann Intel einpacken. Mit der errechneten +57% Leistungssteigerung würde AMD bei der Anwendungs-Performance eines Zen-2-basierten Desktop-Achtkerners mittels eines Performance-Index von (hypothetischen!) ~151% den eben erst herausgebrachten Core i9-9900K um ca. +18% deklassieren und damit klar ins Performancefeld von HEDT-Prozessoren vorrücken.

Technik Anwend.-Perf. Spiele-Perf. Liste Straße
Ryzen Threadripper 2920X Zen+, 12C/24T, 3.5/4.3 GHz, 180W TDP ~138% ? 649$ ab 644€
Core i9-7900X SKL-X, 10C/20T, 3.3/4.3 GHz, 140W TDP 136,3% ~90% 989$ ab 999€
Core i9-9900K CFL-R, 8C/16T, 3.6/5.0 GHz, 95W TDP 127,7% 108,3% 488$ ab 599€
Ryzen 7 2700X Zen+, 8C/16T, 3.7/4.3 GHz, 95W TDP 106,4% 88,1% 329$ ab 299€
Core i7-8700K CFL, 6C/12T, 3.7/4.7 GHz, 95W TDP 100% 100% 359$ ab 399€
Ryzen 7 1800X Zen, 8C/16T, 3.6/4.0 GHz, 95W TDP ~96% ~83% 349$ ab 219€

Nachtrag vom 13. November 2018

Mit einem Statement gegenüber Notebookcheck ist AMD in der Frage der IPC-Zugewinne von Zen 2 auf die Bremse getreten. Man erklärt hierbei, das die (selber) ausgemessenen +29,4% unter einer spezifischen Aufgabenstellung aus dem Finanzbereich zustandekommen – und damit nicht zu verallgemeinern sind. Ähnliches war bereits zu erwarten, denn jene +29% (gegenüber Zen 1) sind einfach zu viel für eine reine Architektur-Optimierung, dies würde eher denn einer neuen Architektur entsprechen. Sicherlich kann AMD hierbei auch gut von der (nominell) verdoppelten FPU-Performance profitieren – wobei selbige natürlich auch andere Benchmarks beeinflußen kann, dies hängt einfach davon ab, wieviel FPU-Code die jeweilige Anwendung trägt. Man kann somit jene +29% als einen Bestcase ansehen – und davon ausgehend schätzen, das es im Durchschnitt auf 10-15% mehr IPC-Performance hinauslaufen könnte. Dies wäre immer noch sehr stattlich, denn gemeinsam mit dem erwarteten Taktratenschritt sollte somit auf angenommen 4.5 GHz eine insgesamte Performance-Steigerung von +35-40% gegenüber Zen 1 herauskommen (entspricht ca. +20-25% gegenüber Zen+).

The data in the footnote represented the performance improvement in a microbenchmark for a specific financial services workload which benefits from both integer and floating point performance improvements and is not intended to quantify the IPC increase a user should expect to see across a wide range of applications.
Quelle:  AMD-Statement gegenüber Notebookcheck vom 13. November 2018

Damit würde man beispielsweise den Core i9-9900K in der Anwendungs-Performance glatt einholen bzw. leicht überbieten können – eine auch schon hohe Zielsetzung. Denn immerhin hat Intel beim Core i9-9900K wirklich alles an Reserven in die Waagschale geworfen, was noch mitnehmbar war, inklusive auch eines die TDP klar durchbrechenden realen Stromverbrauchs. Wenn AMD beispielsweise diese Anwendungs-Performance erreichen könnte, selbige allerdings ohne den (klaren) Bruch der TDP erzielt, hätte man einen wirklichen Gewinner an der Hand. Allerdings wären auch alle Ergebnisse nur in der Nähe der Intel-Performance schon als gutklassig zu betrachten, bedenkt man aus welcher Ausgangslage AMD in diesen Wettbewerb mit Intel gegangen ist. Sobald AMD mittels Zen 2 Intel bei der Insgesamt-Performance auf gleicher Kern-Anzahl halbwegs einholen könnte, würde sich im übrigen die interessante Situation ergeben, das Intel dann plötzlich gezwungen wäre, preislich zu reagieren, wenn man auf Technik-Seite keinen wirklichen Vorsprung mehr innehat. Das CPU-Jahr 2019 wird damit sicherlich sehr spannend werden.