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Umfrage-Auswertung: Wie kommt die "Recall"-Funktion von Copilot+ bei den Anwendern an?

Auszuwerten wäre noch eine Umfrage von Ende Mai, welche nach der Anwender-Meinung zu Microsofts "Recall"-Funktion von "Copilot+" fragte. Der Umfrage-Zeitpunkt fiel noch vor das breitfächige Bekanntwerden der Sicherheitslücken des ursprünglichen "Recall" (per default aktiv, keine Daten-Verschlüsselung, einfacher Zugriff auf alle gesammelten Daten), nach welchem Microsoft dann das ganze Feature erst einmal auf "halt" gesetzt hat und nun wohl erst Richtung Jahreswechsel 2024/25 ausrollen wird. Dennoch sind die Ergebnisse dieser Umfrage interessant, zeigen jene jedoch den Widerwillen aus Richtung der erfahrenene PC-Nutzer gegenüber dieser Funktionalität: Es gibt gemäß dieser Umfrage nur eine kleine Minderheit von 8,8%, welche sich Recall ansehen und eventuell nutzen wird.

Die übergroße Mehrheit von satten 91,2% lehnt das Feature allerdings ab – wie gesagt noch vor dem Auftauchen der Problematik der Recall-Sicherheit, welche Microsoft nunmehr angehen wird. Immerhin 40,1% der Umfrageteilnehmer will Recall oder auch das ganze Copilot+ Feature umgehend deaktivieren, weitere 30,7% wollen es gleich deinstallieren und für 20,4% "erledigt" sich Windows 11 mit dieser Funktionalität ganz. Letzteres ist natürlich in der Praxis nicht ganz so einfach zu realisieren, denn das Supportende von Windows 10 ist mit Oktober 2025 nun auch nicht mehr so weit weg und dass gleich 20% der Anwender auf Linux wechseln wollten, ist jetzt (in dieser Höhe) auch nicht unbedingt glaubwürdig. Allerdings läßt sich hieraus dennoch die teils sehr starke Ablehnung des Recall-Features durch viele Anwender ablesen. Wenn Microsoft somit geglaubt haben sollte, in der Multiplikatoren-Szene Verbündete bei der Durchsetzung von Recall bzw. Copilot+ zu finden, lag man damit weit auf dem Holzweg.

Relevant ist die Umfrage bzw. deren Ergebnisse vor allem für alle Träumereien ob der schnellen Marktdurchsetzung des KI-PCs. Sicherlich ist dies pro Forma darüber erreichbar, dass faktisch alle PC- und Notebook-Angebote eines Tages eine passende NPU enthalten. Nur die Technik an Bord zu haben bedeutet nicht, dass man den PC auch wirklich im Sinne dieser Technik nutzt. Wenn (nach derzeitigem Stand) Recall bewußt eingeschaltet werden bzw. die entsprechende Abfrage per default auf "off" steht, muß Microsoft nicht darauf hoffen, dass irgendein Normalnutzer dies aktiviert – und bei den erfahrenen Anwendern wird es nur eine kleine Minderheit sein. Irgendwann 100 Millionen verkaufter (nomineller) KI-PCs dürften vorerst nur eine kleine Schar an Anwendern gegenüberstehen, welche die Recall-Funktion von Windows tatsächlich nutzt.

Natürlich besteht Copilot+ nicht nur aus "Recall", allerdings ist es sicherlich das Main-Feature und sind die restlichen Copilot+ Features nichts, was nicht auch mittels anderer Dienste (teilweise besser) gelöst werden kann. Ob man für die restlichen Features allerdings wirklich eine NPU braucht, wäre zu überdenken: Denn Foto-Bearbeitung & -Kreierung machen sich sowieso besser auf einer leistungsfähigen Grafiklösung, da es hierbei darum geht, so viel Performance wie möglich in kurzer Zeit zur Verfügung zu stellen. Der eigentliche Punkt einer NPU liegt hingegen in ihrer Energieeffizienz – was aber nur dann einen Unterschied ausmacht, wenn selbige NPU jederzeit benutzt wird. Diese ständige Nutzung ist jedoch nur bei Recall gegeben, für andere KI-Aufgaben ist die Leistungsfähigkeit heutiger NPUs nicht konkurrenzfähig. Eine GeForce RTX 4070 erreicht 466 TOPs und kreiiert damit ein Bild per KI rund 11mal so schnell wie eine NPU laut Copilot+ (≥40 TOPs) – was sicherlich der bessere Deal ist als der vergleichsweise niedrigere Stromverbrauch der NPU.

In der Summe erscheint der KI-PC mit seiner verpflichtenden NPU als Fehlkalkulation der Hersteller und von Microsoft: Die NPU ist bei vielen KI-Features einer Grafiklösung unterlegen, weil hierbei oftmals hohe kurzfristige Leistung besser ist als Energieeffizienz. Letzteres wäre nur beim Recall-Feature von nutzen, was dauerhaft ohne große Last mitlaufen soll – dies ist dann aus technischer Sicht die Parade-Diszplin einer NPU bzw. eines dafür spezialisierten Beschleunigers. Allerdings wird Recall von den erfahrenene PC-Anwendern augenscheinlich abgelehnt und bei den Normalanwendern wohl nicht per default aktiviert werden. Ein breitflächiger Nutzwert, welcher es rechtfertigen würde, dass NPUs in möglichst allen zukünftigen PCs verbaut werden, ist somit nicht zu erkennen. Aber womöglich haben die Hersteller auch nie mit einem Nutzwert für die Anwender kalkuliert – sondern ging es eher darum, ein neues Abgrenzungs- und Werbe-Merkmal aufzustellen, welcher schlicht den PC-Absatz ankurbeln soll.

Nachtrag vom 25. August 2024

Leider vergessen wurde bei dieser Umfrage-Auswertung zu "Recall" die hierzu auf X/Twitter gelaufene gleichlautende Umfrage – was hiermit nachgetragen werden soll. Im Vergleich zu den Zahlen der 3DCenter-Umfrage ergeben sich dabei gewisse Abweichungen, allerdings keine im besonders dramatischen Umfang. Insbesondere die Grundaussage der breiten Recall-Ablehnung wird über den nahezu selben Anteil an Umfrageteilnehmern bestätigt: Beim 3DCenter waren es 91,2%, bei Twitter fast gleichlautende 89,9% an Recall-Ablehner. Die größeren Differenzen ergeben sich somit nur bei der Art & Weise, wie man dieser Problematik begegnet: Auf Twitter ist der Trend zur Deinstallation beachtbar größer, der Trend zur reinen Deaktivierung hingegen deutlich kleiner. Zudem stellen auch mehr Twitter-Nutzer Windows 11 mittels dieses Features grundsätzlich in Frage – was sich jedoch automatisch (erneut) mit dem Erfahrungswert verbinden läßt, dass für die meisten Anwender der Sprung zu Linux (vorerst) doch ein rein theoretischer bleibt.

Wie kommt "Recall" bei den Anwendern an? 3DCenter X/Twitter
werde mir Recall anschauen und es eventuell nutzen 8,8% 10,1%
Recall/Copilot+ wird umgehend deaktiviert 40,1% 18,0%
werde Windows 11 nur nutzen, wenn Recall/Copilot+ deinstallierbar ist 30,7% 39,2%
Windows 11 erledigt sich damit 20,4% 32,8%
Quellen: 3DCenter-Umfrage (Mai/Juni 2024, 1016 Teilnehmer), Twitter-Umfrage (Mai 2024, 189 Teilnehmer)