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Reale Auswirkungen der "Benchmark-Schummelei" von Asus & MSI nachgemessen

Bezüglich des kürzlich aufgekommenen Vorwurfs an Asus und MSI, Grafikkarten mit extra Presse-BIOS an die Hardwaretester zu versenden, war schon an Anfang an klar, das die hierbei herauskommenden praktischen Unterschiede sehr gering sind, gemessen an den dabei angesetzten Taktraten-Differenzen. Die PC Games Hardware hat das ganze dankenswerterweise anhand einer MSI Geforce GTX 1080 Gaming X 8GB nachgemessen, womit sich dies nunmehr besser quantifizieren läßt. Der Unterschied in den BIOS-Versionen lag dabei allein darin, das auf der Retail-Karte der "Gaming-Modus" der Karte aktiv war, beim Pressesample dann allerdings der "OC-Modus". Alle diese Modi lassen sich natürlich auf Retail-Karte wie Pressesample durch den Benutzer (mittels eines MSI-Tools) innerhalb der Garantie verändern, die von MSI beim Pressesample angesetzte Veränderung betrifft also allein den Auslieferungszustand der Karte:

Retail-Karte Pressesample Differenz
Taktraten 1683/?/2502 MHz 1709/?/2528 MHz +1,5% bzw. +1,0%
Power-Limit 240W 270W +12,5%
realer Boost-Takt Anno 2070: 1886 MHz
Crysis 3: 1911 MHz
Anno 2070: 1911 MHz
Crysis 3: 1936 MHz
jeweils +1,3%
Doom (2016) @ WQHD 130,9 fps 131,9 fps +0,8%
Rise of the Tomb Raider @ WQHD 63,2 fps 64,2 fps +1,6%

Bei Taktraten-Differenzen von 1 bis 1½ Prozent kommt natürlich kaum eine Performance-Differenz heraus, jene liegt bei (unspannenden) 0,8% unter Doom (2016) sowie 1,6% unter Rise of the Tomb Raider. Das der herauskommende Performance-Unterschied sehr gering ist, war allerdings schon bei der originalen Berichterstattung bekannt und läßt sich vor allem kaum zur Entkräftung des Vorwurfs der Benchmark-Schummelei gebrauchen: Erstens einmal gilt generell, das wenn man eine Schummelei in einer gewissen, nominell unrelevanten Höhe zuläßt, das dies natürlich Nachahmer anzieht, welche die Schummelei dann als gegeben ansetzen (sprich, alle Anbieter ohne Schummelei werden benachteiligt) und nachfolgend Stück für Stück nach oben treiben. Irgendwo muß immer eine Grenze gezogen werden – und jene bei erst einer gewissen Höhe der Schummelei zu ziehen, wird immer seltsam aussehen. Die einzige wirklich funktionierende Grenze hierfür liegt nun einmal bei glatt 0 Prozent – gleiche Bedingungen für alle, keinerlei Ausnahmen gestattet.

Die andere Argumentationsschiene hierzu geht auf die direkten Markt-Auswirkungen dieser kleinen Benchmark-Schummelei ein: Eigentlich sind die Differenzen zu gering, um nicht fast schon in der allgemeinen Meßungenauigkeit zu liegen – aber tendentiell werden sie natürlich bei den meisten Hardwaretestern die etwas besseren Benchmark-Ergebnisse und damit die längeren Benchmarkbalken ergeben. Und wo schaut am Ende der von der zur Verfügung stehenden Auswahl überwältige Grafikkarten-Käufer des Massenmarkts, wenn alle Karten irgendwie gleich gut sind? Die reale Höhe der Performance-Differenz von nur 1-2 Prozent mehr wird da kaum einer realisieren – vorn zu liegen zählt, egal wie gering die Differenz ist. Auch in dieser äußerst geringfügigen Höhe bedeuten die besseren Benchmark-Werte für Asus & MSI einen Vorteil, welchen man dann gegenüber den anderen Anbietern im harten Wettbewerb auf dem Grafikkarten-Markt herausholt.

Ganz hart an die Grenze dessen, ob das ganze überhaupt eine Schummelei ist, wird es natürlich durch den Umstand gebracht, das hierbei nur ein anderer Betriebsmodus der Karte ausgetestet wird – welcher genauso innerhalb der Garantie liegt und auch von jedem Besitzer der Retail-Karte manuell eingestellt werden kann. Aus dieser Warte betrachtet ist es nicht einmal eine Performance-Differenz, um welche sich Asus & MSI besser gegenüber anderen Anbietern stellen – welche eventuell gar nicht diese mehreren Betriebsmodi haben. Der Punkt liegt allein darin, das der Auslieferungszustand dieser Karten als etwas besser dargestellt wird als jener eigentlich ist – nicht, das man mehr Performance angibt, als ohne (echtes) Umtakten aus der Karte herauszuholen wäre. Dennoch besteht eben die Differenz zum Auslieferungszustand – und die grundsätzliche Richtschnur, das die Hersteller für ihre Pressesamples daran einfach nicht herumzufummeln haben. Das es andere Mittel und Wege gibt, die Hardwaretester von den weiteren Betriebsmodi der Karten zu überzeugen, wurde schon thematisiert.

Ganz nebenbei ergibt sich im Fall dieser speziellen MSI-Karte eine sogar große Differenz der verschiedenen Betriebsmodi beim Power-Limit – von immerhin 30 Watt mehr im OC-Modus, dem default-Modus des Pressesamples. Dies dürfte aufgrund der absoluten Höhe dieses Limits unter normalen Benchmarks keine Rolle spielen, wird aber natürlich bei Übertaktung seine Vorteile zeigen, da man hierbei einfach seltener an Power-Limitationen stoßen wird. Aus diesem Unterpunkt kann man MSI jedoch keinen Strick drehen, denn der Aufhänger für die ganzen Vorwürfe liegt in der abweichenden Performance im Auslieferungszustand – und manuelles Übertakten ist damit sowieso eine ganz eigene Kategorie. Nur bei deutlich niedrigeren Power-Limits könnten jene letztlich auch Einfluß auf die Performance im Auslieferungszustand nehmen – nicht aber bei diesen hohen Werten.