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Die Grafikchip- und Grafikkarten-Marktanteile im dritten Quartal 2018

Seitens der Marktforscher von Jon Peddie Research liegen in zwei Meldungen – No. 1 & No. 2 Zahlen zu den Marktanteilen für Grafikchips im dritten Quartal 2018 vor. Von der alternativen Quelle in Form der Marktforscher von Mercury Research war zuletzt in dieser Frage leider nichts mehr zu hören (abgesehen von Zahlen zum CPU-Markt), so das wieder nur allein die Daten von Jon Peddie Research als Quellmaterial benutzt werden können. Jene sehen im Markt aller Grafikchips (inklusive der in die x86-Prozessoren integrierten also) die übliche eher kleinere Veränderung samt der üblichen totalen Intel-Dominanz. Selbige ist zuletzt wieder etwas stärker geworden, resultierend primär als schlechten Umsätzen im Feld der extra Grafikkarten und damit einem (weiteren) Bedeutungszuwachs im Feld der integrierten Grafiklösungen. Dabei hat sich in der Tendenz AMD allerdings etwas besser halten können – resultierend schlicht aus dem Umstand, das AMD mittels seiner Raven-Ridge-APUs selber integrierte Beschleuniger im Angebot hat, im Gegensatz zu nVidia.

Q3/2017 Q4/2017 Q1/2018 Q2/2018 Q3/2018
AMD 13,0%
13,0%
14,2%
 
14,9%
 
14,7%
 
14,1%
 
Intel 67,8%
70,1%
67,4%
 
66,6%
 
68,2%
 
69,7%
 
nVidia 19,3%
16,9%
18,4%
 
18,4%
 
17,0%
 
16,0%
 
Quellen: Jon Peddie Research (schwarz) bzw. Mercury Research (blau)

Die sehr viel interessantere Statistik zu den Grafikchips für Desktop-Grafikkarte sah hingegen eine erdrutschartige Veränderung zugunsten von nVidia: Gegenüber dem letzten Quartal legte nVidia um satte 10,4 Prozentpunkte hinzu, AMD verlor hingegen exakt um diesen Betrag. Eine solche heftige Marktbewegung hatte es gemäß der langfristigen Statistik zuletzt im Jahr 2010 gegeben, danach ergaben sich pro Quartal maximale Differenzen von nur noch 6 Prozentpunkten (und üblicherweise zumeist viel weniger). Dies deutet schon auf eine gewisse "Sondersituation" hin, wobei es seitens Jon Peddie Research keinerlei Erklärung hierzu gibt. Zwar wird darauf hingewiesen, das der Grafikkarten-Absatz wegen der Spätfolgen des vorhergehenden Cryptomining-Booms deutlich geringer als normalerweise für ein drittes Quartal gewesen sein soll – wieso aber ausgerechnet nVidia hiervon so stark bei den Marktverhältnissen profitieren konnte, ergibt sich daran erst einmal noch nicht.

Q3/2017 Q4/2017 Q1/2018 Q2/2018 Q3/2018
AMD 27,2%
27,9%
33,7%
 
34,9%
 
36,1%
 
25,7%
 
nVidia 72,8%
72,1%
66,3%
 
65,1%
 
63,9%
 
74,3%
 
Quellen: Jon Peddie Research (schwarz) bzw. Mercury Research (blau)

Eine mögliche Auflösung wäre, das nVidia im dritten Quartal nach dem Ende des Cryptomining-Booms bekannterweise sehr viel an bestehenden Pascal-Kapazitäten in den Handel geschickt hat und AMD damit anzunehmenderweise einiges an Marktanteilen von (durch den Cryptomining-Boom) verschobenen Aufrüstungen streitig gemacht hat. Denn sicherlich sind die Preise zu nVidia-Grafikkarten schneller auf ihr Normalmaß zurückgekommen als die Preise zu AMD-Grafikkarten – womit man dann vielleicht eher zum nVidia-Modell gegriffen hat. Gänzlich erklärbar ist dieser extreme Ausschlag damit aber auch noch nicht – was vor allem die Aussicht auf die nähere Zukunft betrifft: Entweder handelt es sich um einen Einmaleffekt, welcher sich im laufenden Quartal bereits wieder egalisiert. Oder aber damit wurde nur AMDs Stärke bei den Crypto-Minern aus der Gleichung genommen – womit der aktuelle AMD-Marktanteil von wieder nur 26% dann AMDs eigentliche Marktposition außerhalb der Cryptomining-Verzerrung wiedergeben würde.

Letzteres ist die für AMD ungünstigere Auflösung, liegt aber auch nicht wirklich fern: Schließlich war AMD in den letzten Jahren nicht gerade groß darin, neue und potente Grafikbeschleuniger herauszubringen – und wenn etwas kam, dann fehlte da oftmals einiges oder musste man sich erst im Laufe der Zeit an das nVidia-Niveau heranarbeiten. Die große, beeindruckende Neuvorstellung fehlt AMD ganz sicher – hinzu kommt die inzwischen jahrelange Schwäche bei der Besetzung des Enthusiasten-Segments, welche nicht nur Umsatz, sondern auch Ansehen unter der Kern-Zielgruppe kostet. So gesehen wäre ein zurückgehender Marktanteil bei AMD nicht gänzlich verwunderlich, gab es ja auch vor dem neuerlichen Cryptomining-Boom schon eine kleine Negativtendenz gegen AMD. Möglicherweise wird jene jetzt einfach nur fortgesetzt – was sich derzeit wie gesagt nur spekulieren läßt, wahrscheinlich zeigen erst die Marktanteile zum vierten Jahresquartal dann auf eine eindeutige Richtung hin.

Nachtrag vom 2. Dezember 2018

Zurückkommend auf die Grafikchip-Marktanteile im dritten Quartal 2018 bietet sich noch eine etwas bessere Erklärung für den erheblichen Marktumschwung mit gleich 10 Prozentpunkten Differenz gegen AMD und für nVidia an: Primär dürfte dies eine mathematische Folge des stark zurückgehenden Marktes im dritten Quartal 2018 sein, in welchem nVidia nur vergleichsweise wenig und AMD aber extrem viel an Verkäufen verloren hat. Insgesamt fielen die Stückzahlen zum Vorquartal um -19,2%, dabei hat nVidia aber nur um -6,0% verloren, AMD hingegen mit -42,5% fast um die Hälfte (hochgerechnet aus dem verfügbaren Zahlenmaterial). Anders formuliert hat AMD vorher doch in sehr viel stärkeren Maßstab von Verkäufen an Cryptominer profitiert – welche spätestens mit dem dritten Quartal 2018 als Kunden fehlen und AMD somit (unsanft) auf den Boden der Realität zurückgeholt haben. Dies zeigt dann auch eher darauf hin, das AMD demnächst wahrscheinlich auch nur ähnlich schwache Grafikkarten-Marktanteile holen kann, das die vernünftige Marktanteils-Entwicklung der letzten Zeit bei AMD nur auf der Cryptomining-Blase basierte und damit nicht dauerhaft sein konnte.

Add-in-Boards Q2/2018 Q3/2018 Veränderung
AMD ~4,42 Mio. (36,1%) ~2,54 Mio. (25,7%) -1,88 Mio. (-42,5%)
nVidia ~7,83 Mio. (63,9%) ~7,36 Mio. (74,3%) -0,47 Mio. (-6,0%)
insgesamt ~12,25 Mio. 9,9 Mio. -2,35 Mio. (-19,2%)
Hochrechnungen, basierend auf den Zahlen von Jon Peddie Research

Daneben ist zu diesem Themenkomplex noch eine interessante Information hinzuzufügen, welche sich indirekt aus dem Text bei Jon Peddie Research ergibt. Dort berichtet man von im letzten Quartal 9,9 Mio. verkaufter Desktop-Grafikkarten (Add-in-Boards), welche für einen Umsatz von über 2,5 Mrd. Dollar gesorgt haben. Dies ergibt letztlich einen durchschnittlichen Grafikkarten-Preis im dritten Quartal 2018 von ~255 Dollar – bezogen üblicherweise auf Einzelhandelspreise und vermutlich (typisch amerikanisch) ohne Mehrwertsteuer ausgewiesen (da jene ja sowieso überall unterschiedlich hoch ist). Dies ist ein stolzer Durchschnittspreis, immerhin gehen in diese Statistik auch die Millionen an LowEnd- und LowCost-Beschleuniger ein, welche in billigen Komplett-PCs zu Stückpreisen weit unter 100 Dollar/Euro verbaut werden. Andererseits hat deren Bedeutung in den vergangenenen Jahren klar abgenommen, gut zu sehen auch an den insgesamten Verkaufszahlen von Desktop-Grafikkarten – welche im Jahr 1999 ihren Peak bei 114 Mio. Stück hatten und derzeit pro Jahr nur noch bei ca. 45-50 Mio. Stück liegen.

Verloren haben bei diesem erheblichen Stückzahlen-Rückgang primär leistungslose Beschleuniger, während sich die Gamer-Gemeinde eigentlich immer mehr in Richtung potenterer und damit teurerer Beschleuniger aufgemacht hat. Insofern treiben zwar die weiterhin Millionen verbauter LowEnd- und LowCost-Beschleuniger den Durchschnitts-Preis nach unten, haben aber nicht mehr derart hohe Stückzahlen, um gleich total zu dominieren – und werden daher bei der Durchschnittsbildung von den überdurchschnittlich teuren Grafikkarten des HighEnd- und Enthusiasten-Segments egalisiert. Lange Rede, kurzer Sinn: Im Gegensatz zu einigen früher vermeldeten Durchschnittspreisen erscheinen jene aktuell ~255 Dollar pro Desktop-Grafikkarte als passabel glaubwürdig. Dies zeigt letztlich darauf hin, das die Marktsegmente LowCost/LowCost über Mainstream/Midrange zu HighEnd/Enthusiast im groben Maßstab derzeit ungefähr gleich groß sein sollten. Zumindest sollte das HighEnd/Enthusiast-Segment nicht derart klein sein, das es mit den erreichten Stückzahlen keinen beachtbaren Einfluß auf diese Durchschnittspreise mehr nehmen kann – ansonsten wäre es (wie gesagt angesichts der LowEnd- und LowCost-Karten) schlicht nicht möglich, auf diesen nicht gerade niedrigen Durchschnittspreis zu kommen.