19

PC-Gaming in Deutschland auf dem Rückzug

Der Branchen-Verband Game berichtet zur Verteilung der deutschen Video-Spieler auf die verschiedenen Hardware-Plattformen. Danach hat der Spiele-PC in den Jahren 2018 bis 2022 klar an Beliebtheit und somit an Spielern eingebüßt. Dies ist um so bemerkenswerter, als dass das Konsolen-Gaming im gleichen Zeitraum nahezu ebenso stark zulegte – und nach einem groben Nutzer-Gleichstand im Jahr 2019 inzwischen bemerkbar mehr Nutzer anzieht als das PC-Gaming. Sicherlich spielt hier auch der Switch-Effekt hinein, welcher eine neue, kaum mit den üblichen stationären Konsolen vergleichbare Geräte-Klasse geschaffen hat. Aber der PC hat zumindest in den letzten Jahren über die Hochpreis-Situation in Folge von Cryptomining-Hype und Chipkrise auch mitnichten positive Anreize gesetzt – während die Spielekonsolen selbst mitten in der Chipkrise zum Listenpreis verkauft wurden (wenn verfügbar).

Vor allem fehlt dem PC nunmehr wohl der positive Rebound nach diesen "dunklen Zeiten". Zwar hat sich das Preisniveau gegenüber den monströsen Preis-Übertreibungen des Jahres 2021 stark erholt, doch hat diese Preis-Normalisierung bei weitem nicht zu einem Rückgang auf das vorherige (niedrige) Preisniveau geführt. Dies trifft sicherlich nicht auf alle PC-Komponenten zu, aber eben auf die wichtigsten und am stärksten im Blickpunkt befindlichen: Prozessoren, Mainboards, Grafikkarten, teilweise auch Speicher (Übergang von DDR4 auf DDR5). Am deutlichsten ist es bei den Grafikkarten als bestimmenden Komponente des Gaming-PCs: Anstatt die Händler im Jahr 2021 den (bis zu) dreifachen Listenpreis verlangen, nehmen nun einfach die Chip-Entwickler und Grafikkarten-Hersteller den (bis zu) doppelten Listenpreis gegenüber dem Vorkrisen-Niveau.

In Folge dessen ist das Grafikkarten-Preisniveau inzwischen sicherlich niedriger als 2021, wird jedoch weithin immer noch als klar zu hoch angesehen. Dies macht es wenig attraktiv, in Spiele-PCs zu investieren, womit das Interesse an dieser Geräte-Sparte natürlicherweise abnimmt. Wenn AMD, Intel und nVidia also den Beweis dafür gesucht haben, dass deren aktuelle Preis- und Produktstrategie an dem Ast sägt, worauf jene sitzen – dann liegt dieser Beweis hiermit vor. Sicherlich geht die aktuelle Statistik nur bis zum Jahr 2022, welches selber noch teilweise durch die Auswirkungen des Cryptomining-Hypes ging. Gleichfalls lag in den Jahren 2018 bis 2020 bereits exakt dieselbe Tendenz vor, sprich auch noch ohne Cryptomining-Hype, Chip-Krise und aktuell hinzukommenden Krisen.

Nicht alles kann man demzufolge den überzogenen Grafikkarten-Preisen der Jahre 2021/22 zurechnen – aber jene haben die bestehende Grundkonstellation, welche bereits gegen den Gaming-PC sprach, nur noch weiter verschärft. An jener Grundkonstellation sind dann zwar keine direkt benennbaren Krisen, mutmaßlich jedoch die preistreiberischen PC-Produkte in den Vorkrisenjahren verantwortlich. Dabei sticht sicherlich nVidias Turing-Generation heraus, wo nVidia erstmals deutlich aus dem vorherigen Preisschema ausgebrochen ist. Die vorliegende Statistik geht leider nur bis zum Jahr 2018 zurück, hier fehlt ein wenig der Vergleich zum Zeitraum davor, um sich sicher zu sein, wie lange jener starke Abwärtstrend des Gaming-PCs in Deutschland bereits anhält – bzw. ob jener bereits seit dem Turing-Lauch existiert oder eher erst mit dem Ampere-Launch bemerkbar wurde.

Interessanterweise sind die Abstände zwischen den Geräteklassen wieder etwas kleiner, wenn man sich den hiermit generierten Spiele-Umsatz ansieht. Somit liegt beim Pro-Kopf-Spieleumsatz der PC wiederum knapp vor den Konsolen – und beide Geräteklassen sogar deutlich vor Smartphones & Tablets. Letzteres kann man allerdings auch in Relation zu Art und Preisklasse der jeweils gebotenen Spiele sehen: Danach ist ein Pro-Kopf-Spieleumsatz bei Smartphones & Tablets auf der Höhe von 70% des Pro-Kopf-Spieleumsatz beim PC eigentlich schon sehr viel. In jedem Fall bleiben wegen der vergleichsweise eng aneinanderliegenden Umsatz-Größen die PC-Gamer für die Spieleentwickler weiterhin ein gewichtiger Markt. Allerdings dürfen jene nunmehr kaum weiteren Boden verlieren, um nicht eines Tages als deutlich weniger wichtig wahrgenommen zu werden.

DE-Statistik 2022 Anzahl Gamer vs 2021 vs 2019 Spiele-Umsatz pro Kopf
Smartphone 22,8 Mio. –3% +17% 2,81 Mrd. Euro
(Smartphone & Tablet zusammen)
85 Euro
Tablet 10,2 Mio. –5% –9%
Konsole 18,9 Mio. +6% +19% 2,01 Mrd. Euro 107 Euro
PC 12,9 Mio. –10% –21% 1,56 Mrd. Euro 121 Euro
gemäß der Ausführungen von Game für das Jahr 2022

Logischerweise dürften die Hard- oder Softwarehersteller ihre Strategie-Entscheidungen kaum an dieser reinen Deutschland-Statistik festmachen, dafür ist der deutsche Markt selbst allein nur für die erste Welt gerechnet zu klein. Ob die Verschiebung der Nutzer- und Umsatzanteile in anderen Ländern ähnliche Tendenzen aufweist, kann man zwar (bis zu einem gewissen Grad) annehmen, wäre aber dennoch erst einmal zu belegen. In vielen Ländern existiert beispielsweise eine traditionell andere Affinität zu Spielekonsolen, war der PC als Spiele-Maschine immer schon hinten dran. Tatsächliche Auswirkungen auf die Hersteller dürften solcherart Statistiken somit erst dann erreichen, wenn gleichlautende Tendenzen aus vielen anderen oder aber aus den wenigen wirklich wichtigen Spielemärkten (USA, Japan, China) vorliegen.

Nachtrag vom 19. Juli 2023

Ein Hinweis aus unserem Forum führt zu noch etwas älteren Zahlen zu den Hardware-Plattformen der Videospieler in Deutschland, womit sich die vorhandene Statistik somit auf den Zeitraum der Jahre 2016 bis 2022 ausdehnen läßt. Hieraus ergibt sich insbesondere, dass das Jahr 2018 aus Sicht des Spiele-PCs entweder ein statistischer Ausrutscher oder auch nur eine Fehlzählung war. Nimmt man dieses Jahr mal heraus aus der Betrachtung, dann bewegt sich bei Konsole & PC zwischen 2016 und 2019 kaum etwas, die große, jeweils gegenläufige Entwicklung setzt erst zwischen den Jahren 2019 und 2020 ein. Somit existierte der aktuelle Trend sicherlich bereits vor Cryptomining-Hype und Chip-Krise, allerdings dürften die Ereignisse des Jahres 2021 diesen Trend auch erst richtig zur Entfaltung gebracht haben.

2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
Smartphone 17,3 Mio. 18,2 Mio. 18,6 Mio. 19,5 Mio. 22,6 Mio. 23,5 Mio. 22,8 Mio.
Konsole 15,8 Mio. 16,0 Mio. 16,7 Mio. 15,9 Mio. 17,0 Mio. 17,8 Mio. 18,9 Mio.
PC 17,4 Mio. 17,3 Mio. 13,4 Mio. 16,3 Mio. 15,2 Mio. 14,3 Mio. 12,9 Mio.
Tablet 11,5 Mio. 11,5 Mio. 10,9 Mio. 11,2 Mio. 9,9 Mio. 10,7 Mio. 10,2 Mio.
gemäß der Daten des Branchenverbands "Game": Quelle #1 & Quelle #2