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News des 23. November 2022

Von Jon Peddie Research kommt ein derzeit viel besprochener Bericht zum Grafikchip-Markt im dritten Quartal 2022. Jener beinhaltet wie üblich primär Zahlen zum Gesamt-Markt aller PC-Grafikchips, in welchem bekannterweise die iGPUs mit grob drei Viertel Anteil glasklar dominieren. Insofern ist aus den Gesamtzahlen und dem dortigen heftigen Verlust für AMD eigentlich gar nichts zum Thema der eigentlichen Grafikkarten ablesbar. Denkbar, dass sich dort nur AMDs starker Absturz im Prozessoren-Markt ausdrückt, welcher insbesondere im Bereich der Mobile-Prozessoren (dort, wo auch schon frühere AMD-Prozessoren bereits durchgehend iGPUs einsetzen) am größten war. Allerdings gab es wenigstens eine einzige Zahl zum Markt der Chips für Desktop-Grafikkarten: Um immerhin –33,5% soll hierbei der Absatz zum direkten Vorquartal gesunken sein.

AiB-Grafikchips Q3/2021 Q4/2021 Q1/2022 Q2/2022 Q3/2022
AMD 21% 22,8% 24% 20% ?
nVidia 79% 77,2% 75% 79,6% ?
Intel - - 1% 1% ?
Auslieferungsmenge 12,72 Mio. Stück 13,19 Mio. Stück 13,38 Mio. Stück 10,4 Mio. Stück ~6,9 Mio. Stück
Stückzahlen-Vergleich ~2,7 vs ~10,0 Mio. ~3,0 vs ~10,2 Mio. ~3,2 vs ~10,1 Mio. ~2,1 vs ~8,2 Mio. ?
Endverbraucher-Umsatz 13,7 Mrd. $ 12,4 Mrd. $ 8,6 Mrd. $ 5,5 Mrd. $ ?
Karten-Durchschnittspreis ca. $1077 ca. $940 ca. $642 ca. $529 ?
Marktanteile basierend auf ausgelieferten Stückzahlen, Quelle: Jon Peddie Research

Über die Aufteilung nach Herstellern liefert dieser (erste) Bericht noch keine Auskunft, die wird dann in einigen Tagen mit einem üblicherweise weitgehend negierten zweiten Bericht seitens Jon Peddie Research erfolgen. Anhand der sich hier ergebenden absoluten Zahl von ca. 6,9 Mio. abgesetzter PC-Grafikchips für Desktop-Grafikkarten läßt sich allerdings erkennen, dass der Grafikkarten-Markt im dritten Quartal in der Tat drastisch Federn lassen musste – dies ist grob nur die Hälfte davon, was nur zwei Quartale früher abgesetzt wurde. Hier dürfte natürlich primär die Verschiebung der Absatzzahlen zwischen den Grafikchip-Entwicklern auf der einen Seite und den Grafikkarten-Herstellern wie dem Handel auf der anderen Seite hineinspielen: Der Einzelhandel verkauft weiterhin ganz vernünftig, allerdings existieren in der gesamten Lieferkette voller Läger, womit letztlich bei den Chip-Entwicklern vergleichsweise wenig nachgeordert wird.

Denn letztlich zeigen diese Absatzzahlen nur an, was AMD, nVidia und Intel an Grafikchips (an die Grafikkarten-Hersteller oder große OEMs) verkauft haben – nicht das, was tatsächlich im Konsumenten-Markt beim Kauf von einzelnen Grafikkarten oder kompletten PCs passiert ist. Die Zahlen sind deswegen nicht falsch, sie sind halt nur zeitversetzt gegenüber dem Geschehen auf dem Retail-Markt. Bei einem vergleichsweise fließenden Geschäftsverlauf fällt dies nicht weiter auf, aber bei großen Marktschwankungen wie zuletzt mit dem zusammenbrechenden Cryptomining-Hype können sich größere Differenzen zwischen offizieller Marktzahl und gefühlter Marktsituation ergeben. Letztlich wird derzeit der Überbestand in der Lieferkette ausgeglichen durch geringere Bestellungen bei den Chip-Entwicklern – und wenn dies bereinigt ist, dürften sich dann wieder normale Marktzahlen ergeben (siehe auch Marktstatistik 2019-2022).

Igor's Lab beleuchten in einem Artikel die Tricks & Tücken bei der Ermittlung der Leistungsaufnahme von Grafikkarten. Sicherlich der wichtigste Punkt ist der schlichte Hinweis darauf, dass alle TGP-Angaben seitens AMD im Desktop-Bereich immer nur auf Grafikchip & Speicher bezogen sind, alle Software-Auslesetools in dieser Frage also nur den Verbrauch eines Teil der Grafikkarte angeben (können). Dies hat leider in Foren und bei vielen Anwendern zu jeder Menge Legendenbildung geführt, da es auf den ersten Blick nicht gerade offensichtlich ist, dass mit AMDs TGP-Angabe nicht die ganze Grafikkarte gemeint ist. Auch wird im Mobile-Bereich der Begriff "TGP" wiederum gern für die komplette Grafiklösung verwendet, so gesehen ist dieser Anwender-Fehler durchaus naheliegend.

Wichtig dabei auch, dass die Differenz zwischen TGP und voller Grafikkarte bei AMD durchaus erheblich sein kann. Die Werte aus dem Stromverbrauchs-Überblick für DirectX 11/12 Grafikkarten können hierzu weiterhelfen – dort sind für die allermeisten der aktuellen und vergangenen Grafikkarten offizielle wie reale Stromverbrauchs-Werte gesammelt. Beim reinen Blick auf die Radeon RX 6000 Serie könnte man hierbei die Milchmädchen-Rechnung aufstellen, dass der Gesamtverbrauch von AMD-Grafikkarten grob um +20% höher liegt als die nominelle TGP. Allerdings kann die Realität auch deutlich davon abweichen, wie eine ältere Radeon RX Vega 64 oder auch die werksübertaktete MSI Radeon RX 6950 XT Gaming X Trio bei Igor's Lab beweisen.

TDP TGP (Power-Limit) Spiele-Verbrauch Diff. zur TGP
MSI Radeon RX 6950 XT Gaming X Trio ? 332W 431W +99W bzw. +30%
AMD Radeon RX 6950 XT Referenz 335W 284W 348W +64W bzw. +22%
AMD Radeon RX 6950 XT Referenz 335W 284W 348W +64W bzw. +22%
AMD Radeon RX 6900 XT Referenz 300W 255W 303W +48W bzw. +19%
AMD Radeon RX 6600 XT Referenz 160W 130W 159W +29W bzw. +22%
AMD Radeon RX Vega 64 Referenz 295W 220W 297W +77W bzw. +35%
Werte der Referenz-Karten aus dem Stromverbrauchs-Überblick für DirectX 11/12 Grafikkarten, Werte der MSI-Karte von Igor's Lab

Bei nVidia-Karten trifft dies hingegen alles nicht zu, dort liefern alle Auslese-Tools immer den Gesamtverbrauch der kompletten Grafikkarte ab. Interessant zur Frage der Leistungaufnahme von Grafikkarten ist derzeit aber eher der Fall der neuen Ada-Lovelace-Karten, welche erstaunlicherweise beachtbar unterhalb ihres Power-Limits verbrauchen: Die GeForce RTX 4090 im Schnitt mit 418 Watt bei einem Power-Limit von 450 Watt, die GeForce RTX 4080 im Schnitt mit 297 Watt bei einem Power-Limit von 320 Watt. Vor dem Auftauchen von nVidias neuer Grafikkarten-Generation hätte man diese Situation vielleicht sogar noch ins Reich der Fabeln verwiesen, denn normalerweise takten sich alle Grafikkarten immer so hoch, dass der Spielraum bis zur Grenze des jeweiligen Power-Limits ausgefüllt wird. Bei nVidias Ada-Lovelace-Generation trifft dies augenscheinlich nicht mehr zu – was die Frage aufwirft, was das genau passiert bzw. wie nVidia diesen Effekt erreicht.

Augenscheinlich findet bei "Ada Lovelace" das zwecklose Hochtakten bis an die Power-Limit-Grenze nicht mehr derart zwangsweise statt. Ob dies planmäßig mittels eines dafür konzipierten Systems geregelt wird oder im Rahmen der Technik einfach so passiert (beispielsweise über die Festlegung von maximalen Taktraten), ist komplett unklar. Einschränkenderweise gilt allerdings zu sagen, dass nVidias Ada-Lovelace-Grafikkarten diesen unterhalb TDP bzw. Power-Limit liegenden Real-Verbrauch vermutlich nicht ewig durchhalten werden können: Denn schon jetzt zeigt sich, dass je anspruchsvoller die Rechenaufgabe ist, um so näher der Real-Verbrauch dem TDP-Wert kommt. Mit zukünftigen Spielen könnten GeForce RTX 4080 & 4090 somit oftmals auch Verbrauchs-Werte auf TDP-Höhe erreichen können, die TDP bzw. das Power-Limit wird wohl nur mit den aktuellen Aufgaben (aka Spielen) derart beachtbar geschlagen.