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Erste Performancemessungen zu Intels "Lakefield"-CPU im big.LITTLE-Prinzip erschienen

Notebookcheck haben den ersten Test eines Intel "Lakefield" Tablet-Prozessors im big.LITTLE-Prinzip mit einem (großen) "Sunny Cove" CPU-Kern sowie vier (kleinen) "Tremont" CPU-Kernen aufzubieten. Gegenüber Intels bisherigen Tablet-Prozessoren der "Amber Lake" Generation mit üblicherweise nur zwei Skylake-basierten CPU-Kernen (in derselben TDP-Klasse) kommt das erste getestete Lakefield-Notebook (Samsung Galaxy Book S) allerdings nicht besonders gut weg: Der langsame Core m3-8100Y wird zwar bei der Multithread-Performance geschlagen, liegt jedoch bei der Singlethread-Performance schon wieder vorn – und der schnelle Core i7-8500Y ist CPU-seitig durchgehend besser unterwegs (jeweils auf den Cinebench bezogen, die anderen Performance-Messungen liegen leider zu sporadisch vor, um jene vernünftig auswerten zu können). Dabei gehen jene Amber-Lake-Prozessoren wie gesagt mit nur zwei Skylake-Kernen ins Rennen und ist die TDP ist mit 5 Watt (nominell) sogar niedriger als bei Lakefield (unter dem Vorbehalt, das jene im konkret benutzten Notebook/Tablet anders angesetzt sein könnte).

Technik CB20 (ST) CB20 (MT) 3DM13 FS (GPU)
Core i5-1035G1 Ice Lake (Sunny Cove, 4C/8T, 1.0/3.6 GHz), UHD Graphics G1 (Gen 11, 32 EU, 300/1050 MHz), 15W TDP (13-25W) 425 1533 1755
Core i7-8500Y Amber Lake (Skylake, 2C/4T, 1.5/4.2 GHz), UHD Graphics 615 (Gen 9.5, 24 EU, 300/1050 MHz), 5W TDP (3,5-7W) 304 591 943
Pentium 5405U Whiskey Lake (Skylake, 2C/4T, 2.3 GHz), UHD Graphics 610 (Gen 9.5, 12 EU, 350/1050 MHz), 15W TDP (12,5-15W) 204 513 ?
Core i5-L16G7 Lakefield (1C/1T Sunny Cove + 4C/4T Tremont, 1.4/3.0 GHz), UHD Graphics G7 (Gen 11, 64 EU, 200/500 MHz), 7W TDP 182 479 1217
Core m3-8100Y Amber Lake (Skylake, 2C/4T, 1.1/3.4 GHz), UHD Graphics 615 (Gen 9.5, 24 EU, 300/900 MHz), 5W TDP (4,5-8W) 243 382 630
Celeron N4020 Gemini Lake (Goldmont Plus, 2C/2T, 1.1/2.8 GHz), UHD Graphics 600 (Gen 9.6, 12 EU, 200/650 MHz), 6W TDP (4,8-6W) 175 316 ?
gemäß den Messungen von Notebookcheck unter Cinebench R20 und 3DMark13 FireStrike

Einen echten Vorteil hat Lakefield nur bei der Grafik-Performance, wobei dies durch den Einsatz einer (deutlich) dicken Grafiklösung mit gleich 64 EU der Grafik-Generation 11 durchaus verfälscht wird, Amber Lake tritt hingegen noch mit 24 EU der Grafik-Generation 9.5 an. Anders formuliert wäre Lakefield schlicht durch eine Kombination von Skylake mit Ice-Lake-Grafik zu schlagen, dies dürfte sogar flächen- wie kostenmäßig von Vorteil sein. Andererseits läuft Lakefield augenscheinlich noch überhaupt nicht derart wie von Intel gedacht, gerade die Singlethread-Performance ist deutlich schwächer als erwartet. Dabei sollte hierin doch der große Clou von Lakefields big.LITTLE-Ansatz liegen, respektive eine Performance-Charakteristik geschaffen werden, welche heutiger Standard-Software entgegenkommt. Der eine große CPU-Kern sollte gemäß der verwendeten Sunny-Cove-Architektur (von Intels Ice-Lake-Generation) auch auf niedrigen Taktraten richtig viel Power entwickeln können, kann jedoch bisher in der Praxis noch nicht überzeugen.

Dabei berichten Notebookcheck auch über den Punkt, das selbst im Singlecore-Betrieb die real anliegende CPU-Taktrate nie über 2.4 GHz ging, womit die Spezifikation des benutzten Lakefield-Prozessors von bis zu 3.0 GHz nicht im Ansatz erreicht wurde. An dieser Stelle könnte man natürlich den Verdacht hegen, dass somit im Singlecore-Betrieb nicht der einzelne Sunny-Cove-Kern, sondern einer der Tremont-Kerne mit Atom-Abstammung im Einsatz war (welche üblicherweise deutlich niedrigere Taktraten erreichen). Dies wäre für das konkrete Gerät nochmals desaströser, weil somit das angedachte Wirkprinzip von big.LITTLE nicht erreicht wäre – würde im Gegenzug dann aber auf noch brachliegendes Potential hindeuten. Ob nun schon bei diesen Benchmarks oder unter anderen Anwendungen wird Lakefield sicherlich überall vor der Schwierigkeit stehen, den einzelnen Sunny-Cove-Kern nutzbringend einzubinden – was am Anfang durchaus noch hier und da schiefgehen kann.

Gerade deswegen ist Lakefield mehr oder weniger als Live-Testgerät für das big.LITTLE-Prinzip unter x86/Windows-Bedingungen anzusehen. Intel will und muß an diesem Beispiel lernen, wie die Sache wirklich gut auszuoptimieren ist, denn im Jahr 2022 steht mit der Alder-Lake-Generation ein hauptsächliches Intel-Produkt an, welches den big.LITTLE-Ansatz für die komplette Palette von Desktop- und Mobile-Prozessoren adaptieren soll. Zu diesem Zeitpunkt kann Intel dann natürlich nicht mehr herumexperimentieren oder gar mit nachträglichen Patches ein anfänglich verpfuschtes Bild wieder versuchen zurechtzurücken. Alder Lake muß trotz big.LITTLE-Prinzip von Tag 1 an überzeugen, da Intel nunmehr die Konkurrenz durch AMD hart im Nacken sitzt – ergo muß alle Lernarbeit am big.LITTLE-Prinzip bereits vorher passieren. Dies kann teilweise in den Intel-Laboren passieren, aber der Live-Test mittels Lakefield dürfte für einen letztlich viel höheren Informationsgewinn stehen.

Nachtrag vom 20. Juli 2020

Bei Golem hat man sich ausführlich mit Intels "Lakefield"-Prozessor im big.LITTLE-Ansatz beschäftigt und auch ein paar weitergehende Benchmarks angestellt, welche das bisherige Performance-Bild zu diesem "Hybrid-Prozessor" ergänzen können. Im Gegensatz zum seinerzeitigen Test von Notebookcheck kam der Lakefield-Prozessor bei Golem deutlich besser weg, stellte zwar nirgendwo Performance-Rekorde auf, lag aber nicht mehr so gravierend zurück. Dies fällt insbesondere bei der Singlethread-Performance auf, welche nunmehr sogar auf Augenhöhe mit einem Ice-Lake-Prozessor herauskommt, respektive besser sein soll als bei einem (sogar höher taktenden) Comet-Lake-Prozessor. Augenscheinlich beeinflussen die benutzten Benchmarks die Ergebnisse noch zu stark, denn hier ergeben sich doch erhebliche Differenzen zwischen Notebookcheck (Cinebench) und Golem (Geekbench). Aber auch bei der Multithread-Performance kam der Lakefield-Prozessor im Golem-Test deutlich besser mit, überrundete einem Atom-basierten Prozessor (Pentium N5500) deutlich und kann nicht besonders weit weg gegenüber einem Comet-Lake-Prozessor (Core i5-10210U) heraus.

Technik ST-Test (1) MT-Tests (4)
Core i7-1065G7 Ice Lake, 4C/8T, 1.3/3.9 GHz, Gen 11 iGPU mit 64 EU, 15W TDP> 101% 139,4%
Core i5-10210U Comet Lake, 4C/8T, 1.6/4.2 GHz, Gen 9.5 iGPU mit 24 EU, 15W TDP 80% 115,2%
Core i5-L16G7 Lakefield, 1C+4T/5T, 1.4/3.0 GHz, Gen 11 iGPU mit 64 EU, 5W TDP 100% 100%
Pentium N5000 Gemini Lake, 4C/4T, 1.1/2.7 GHz, Gen 9.5 iGPU mit 18 EU, 6W TDP 53% 77,4%
Snapdragon 8cx ARM v8, 4C+4C/8T, 2.84 GHz, Adreno 680 iGPU, 7W TDP 79% 96,2%
basierend auf den Benchmarks von Golem

Das Testsample lieft im benutzten Notebooks sogar nur mit einem Power-Limit von 5 Watt, ergo wäre mit den regulären 7 Watt TDP noch etwas mehr möglich gewesen. Damit sehen die Benchmark-Ergebnisse von Golem (Mix von PCMark10 Score, Basemark, WevXPRT Score & Geekbench Multithread) beachtbar besser aus als jene von Notebookcheck (rein unter Cinebench & 3DMark13) – und dies unter der klaren Bestätigung, wonach im Multithread-Einsatz üblicherweise die Tremont-Kerne laufen und der einzelne Sunny-Cove-Kern nur bei sozusagen kurzfristigen Aufgaben wie dem Öffnen neuer Programme zum Einsatz kommt. Bestätigt sich dieses Performance-Level unter anderen Tests und Benchmarks, dann konnte Intel bei den (erstmals eingesetzten) Tremont-Kernen augenscheinlich einen erheblichen Performance-Zuwachs herausarbeiten, welche somit auf ähnlicher Taktrate durchaus den "großen" CPU-Kernen von Intel nahekommen könnten. Dass Benchmarks allerdings nicht alles sind, zeigt sich dann im Vergleich zum mitgetesteten ARM-basierten Snapdragon 8cx, welcher die direkte Konkurrenz von Lakefield im Segment der Tablets und Mini-Notebooks darstellt: Lakefield gewinnt im Schnitt die Benchmarks, liegt bei der Singlethread-Performance klar vorn – und trotzdem hat sich das (ansonsten gleichartige) ARM-Notebook in der Praxis "griffiger" angefühlt.