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Die Intel-Geschäftsergebnisse im zweiten Quartal 2020

Chip-Entwickler Intel hat seine Geschäftszahlen für das zweite Jahresquartal 2020 vorgelegt, welche gemessen an den Umständen vernünftig bis gutklassig aussehen. Zur Betrachtung der Zahlen ergeben sich allerdings ganz verschiedenartige Ansatzpunkte: Der nominelle Vergleich mit dem Zahlen des Vorjahreszeitraums sieht Intel mit klaren Zugewinnen von +20% Umsatz, +22% Gewinn sowie +23% operativer Gewinn. Der Vergleich mit dem direkten Vorquartal sieht hingegen nur mit Augenzudrücken "ähnliche" Ergebnisse bei -0,5% Umsatz, -10% Gewinn sowie -19% operativem Gewinn, was jedoch den für ein zweites Jahresquartal zumeist üblichen Zuwachs klar vermissen läßt. Dabei hätte zusätzlich auch noch die Corona-Krise eher denn für einen gewissen geschäflichen Aufschwung gesprochen – schließlich wird IT-Technik derzeit vermehrt nachgefragt, gerade Prozessoren für Notebooks, Desktops und Server.

Andererseits hatte Intel selber für das zweite Jahresquartal vorab nur ca. 18,5 Mrd. Dollar Quartalsumsatz angenommen, mit 19,7 Mrd. Dollar schlägt man diese Erwartung sehr deutlich. Für den weiteren Jahresverlauf stappelt Intel dann erneut sehr tief und geht für das dritte Jahresquartal von ca. 18,2 Mrd. Dollar aus, für das vierte Jahresquartal nur noch von ca. 17,2 Mrd. Dollar. Insgesamt würde dies trotzdem für einen Jahresumsatzrekord von prognostiziert ca. 75 Mrd. Dollar reichen, das schwächere zweite Halbjahr zeigt allerdings auf gewisse Problem hin, welche Intel derzeit durchläuft. Offen bleibt, ob sich hiermit der Corona-bedingte Wirtschaftsabschwung zeigt – oder ob Intel tatsächlich mal wirklich beachtbare Marktanteile an AMD abgeben muß. Die für den Dienstag-Abend angesetzten neuen AMD-Geschäftszahlen dürften daher sehr interessant werden.

Q2/2019 Q3/2019 Q4/2019 Q1/2020 Q2/2020
Umsatz 16505 Mio. $ 19190 Mio. $ 20209 Mio. $ 19828 Mio. $ 19728 Mio. $
Gewinn 4179 Mio. $ 5990 Mio. $ 6905 Mio. $ 5661 Mio. $ 5105 Mio. $
operativer Gewinn 4617 Mio. $ 6447 Mio. $ 6797 Mio. $ 7038 Mio. $ 5697 Mio. $

Die Detail-Ergebnisse der Intel-Unternehmensparten fallen dann exakt so wie die Gesamt-Ergebnisse aus: Im Vergleich mit dem Vorjahresquartal exzellent, im Vergleich zum Vorquartal nur grob gleichbleibend. Auffallend ist, dass gegenüber dem ersten Jahresquartal die Consumer-Sparte etwas verloren hat, die Server-Sparte wiederum etwas hinzugewinnen konnte – und damit ihren Einfluß auf die Gesamtergebnisse nochmal erhöhte. Derzeit steht die Server-Sparte bei Intel für immerhin schon 36% des Konzerumsatzes bzw. erreicht 75% des Umsatzniveaus der Consumer-Sparte. Hier liegt ein weiterer großer Unterschied zum letzten Jahr, denn im Vorjahreszeitraum lag die Server-Sparte nur bei 30% des Konzerumsatzes und erreichte vor allem nur 56% des Umsatzniveaus der Consumer-Sparte. Mittlerweile läuft es ergo darauf hinaus, dass die Server-Sparte bei Intel schon in sichtbarer Nähe der Umsatzgröße der Consumer-Sparte rangiert. Rein beim operativen Gewinn hat die (üblicherweise margenstärkere) Server-Sparte die Consumer-Sparte dagegen im abgelaufenen Quartal bereits erstmals überholt.

Q2/2019 Q3/2019 Q4/2019 Q1/2020 Q2/2020
Client Computing Group  ("Consumer-Sparte") 8841 Mio. $ 9709 Mio. $ 10010 Mio. $ 9775 Mio. $ 9496 Mio. $
Data Center Group  ("Server-Sparte") 4983 Mio. $ 6383 Mio. $ 7213 Mio. $ 6993 Mio. $ 7117 Mio. $
Internet of Things Group 1187 Mio. $ 1234 Mio. $ 1160 Mio. $ 1137 Mio. $ 816 Mio. $
Non-Volatile Memory Solutions Group 940 Mio. $ 1290 Mio. $ 1217 Mio. $ 1338 Mio. $ 1659 Mio. $
Programmable Solutions Group 489 Mio. $ 507 Mio. $ 505 Mio. $ 519 Mio. $ 501 Mio. $

Wie vorgenannt ist der geschäftliche Ausblick seitens Intel eher schwach, gerade wenn nunmehr eigentlich die übliche Geschäftsbelebung einer zweiten Jahreshälfte anstehen sollte. Aber neben den Widrigkeiten der Corona-bedingten Situation hat Intel natürlich auch kein besonders starkes Portfolio für den Rest des Jahres aufzubieten: Die Tiger-Lake-Generation für das Mobile-Segment ist sicherlich interessant, wird aber wegen der Beschränkung auf maximal 4 CPU-Kerne nicht alle Marktsegmente erreichen. Cooper Lake im Server-Segment ist dagegen auf Systeme mit 4/8 CPU-Sockeln zusammengestutzt worden, um dem Zweikampf mit AMDs Epyc aus dem Weg zu gehen, Ice Lake SP muß erst noch seine Schlagkraft beweisen, eine neue HEDT-Generation wird vermutlich gar nicht erst aufgelegt. Die aktuelle Desktop-Generation "Comet Lake" wird sicherlich ihr Geschäft machen, steht aber unter starker Konkurrenz durch AMDs Zen 2 (und zukünftig Zen 3), während die nachfolgende Desktop-Generation "Rocket Lake" wahrscheinlich zu spät im Jahr (oder gar nicht mehr in 2020) kommt, um daran noch etwas großartiges zu ändern.

Auch im (kommenden) Grafikchip-Geschäft Intels ist für dieses Jahr kaum etwas umsatzträchtiges zu erwarten, nachdem die allererste Xe-Ausführung rein im LowCost-Segment angesiedelt ist und alles andere dann erst für nächstes Jahr ansteht. Damit dürfte Intel das Jahr 2020 vermutlich eher mit leicht negativer Note abschließen, trotz dass man voraussichtlich einen neuen Umsatzesjahresrekord hinlegen wird und damit vor allem auch der Corona-Krise ziemlich gut getrotzt hat. Aber die Tendenz ist halt eher leicht negativ, was man von Intel bisher überhaupt nicht gewohnt war – wo unabhängig von Krisen oder starken Produkten des Wettbewerbs über die letzten Jahre die Geschäftszahlen immer nur den Weg nach oben kannten. Aber vielleicht ist jetzt halt auch einfach die Zeit vorbei, wo Intel mit einem "Weiter-so" immer noch erstklassige Geschäftszahlen schreibt, vielleicht zeigt AMDs Ansturm – mit jahrelanger Verzögerung – doch endlich einmal eine Wirkung.