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Das 38-Euro-Tablet

Was in Asien teilweise an LowEnd-Hardware herumkraucht, würde man in Europa wahrscheinlich niemals glauben, wenn man es nicht selber gesehen hat. So fiel uns kürzlich ein Einsteiger-Noname-Tablet in die Hände – das "Grand Tab G-4" von anscheinend der chinesischen Firma Grand Tab. Hierbei handelt es sich um ein 7-Zoll-Tablet mit Android 4.1.1, welches bei der Hardware unterstes Einsteiger-Niveau bietet: Einen ARM v7 Rev.2 SingleCore-Prozessor mit 1 GHz Taktfrequenz samt Mali 400MP Grafiklösung, 1 GB Arbeitsspeicher und 1,5 GB weiteren Flash-Speicher (MicroSD-Slot zur Speichernachrüstung ist vorhanden), zwei 1,9 Megapixel Kameras, WLAN-Modem (keine weiteren Modems) und das genannte 7-Zoll-Display mit einer Auflösung von 800x432 Pixeln. Interessant an dem Gerät ist auf den ersten Blick allerhöchstens der wirklich niedrige Preis von umgerechnet nur 38 Euro.

Wie man anhand der Hardware meinen sollte, ist das ganze billiger Wegwerfschrott – doch weit gefehlt. In der Praxis kann man mit dem Teil durchaus etwas anfangen, gerade die üblichen mit einem Tablet zu erledigenden Aufgaben kann es gut und fast ohne Unterschied zu HighEnd-Geräten bewältigen. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist nicht ganz so überragend wie bei einem Spitzenmodell, aber annehmbar angesichts des Preisunterschieds und vor allem meistens überhaupt nicht störend. Einzig und allein mit mehreren schweren Aufgaben gleichzeitig (Installation von mehr als zwei Anwendungen) darf man das Tablet nicht überlasten, dann wird es merkbar langsam.

Einen ziemlichen Bock hat der Hersteller jedoch mit der Kamera geschossen, welche per default nur in 640x480 und auf übler Bildqualität aufnimmt. Dabei können die verbauten Kameras mit jeweils 1,9 Megapixel (maximale Auflösung 1600x1200) auf jeden Fall mehr, das reine Vorschaubild beim Fotografieren selber sieht schon wesentlich besser aus. Hier muß man manuell Abhilfe schaffen durch eine alternative Kamera-App, welche saubere Einstellung der Aufnahmegröße und Aufnahmequalität ermöglicht. Nachfolgendes Bild des "Grand Tab G-4" wurde – zur Dokumentation der miesen Qualität – ohne jede Nachbearbeitung mit der standardmäßigen Kamera-App des Geräts aufgenommen:

Ebenfalls ein Schwachpunkt ist der verbaute Akku, welcher im Einsatz nur runde 2-3 Stunden hält – das ist eigentlich zu wenig, aber natürlich dem niedrigen Gerätepreis geschuldet. Interessanterweise gab es beim Punkt Spiele die wenigstens Kompromisse: "AirAttack", "Into the Dead" und "Temple Run 2" liefen einwandfrei und flüssig, die Grafikqualität war erstaunlich gut – nur die matte Reaktionsgeschwindigkeit des Tablets fiel hier erneut auf. Für Spiele, die pur auf hohe Reaktionsgeschwindigkeiten setzen, ist dieses Tablet also nicht wirklich gut geeignet.

Nichtsdestotrotz: Seine Standard-Aufgaben löst es gut: eMails, Surfen, Spiele beherrscht das Tablet, nur die Kamera ist im Auslieferungsstand unnutzbar und geht natürlich auch durch eine andere Kamera-App niemals in Richtung "hochauflösend". Der schwache Akku gibt einen Abzug in der B-Note, ansonsten hat sich dieses Tablet trotz niedrigstmöglicher Hardware dennoch ganz gut als Einsteiger-Gerät bewährt. Irgendwelche Probleme macht es jedenfalls nicht, grundsäzlich wird vernünftiger Android-Standard (auf Version 4.1.1 wie gesagt) geboten.

Jetzt soll dies keine Empfehlung pro solcherart LowEnd-Tablets sein – sondern vielmehr eher die Frage aufwerfen, wie lange die Tablet-Hersteller ihre hohen Preislagen angesichts solcherart Geräte noch halten können. Würde man das vorstehende Tablet mit besserer Kamera, besserer Kamera-App, stärkerem Akku und vielleicht auch mit etwas mehr Speicher ausstatten, käme man sicherlich auf eine Preislage von geschätzt 50 bis 60 Euro – und hätte dann ein voll einsatzfähiges Tablet, welches alle zumeist genutzten Funktionen zur absoluten Zufriedenheit zur Verfügung stellt. Sicherlich ist es schöner, einen Vierkern-Prozessor, FullHD-Display und 13-Megapixel-Kameras zu haben, ausgenutzt wird diese Funktionalität in der Praxis jedoch kaum.

Zudem spielt die Zeit für die Anbieter des LowEnd- und LowCost-Segments: Wenn jetzt schon zu 38 Euro ein solch rundes Angebot möglich ist, wie sieht es dann in zwei Jahren aus? Dann wird vielleicht ein FullHD-Tablet mit 7 Zoll Bildschirmdiagonale für 50 Euro möglich sein – während im Billigsegment dann Tablets wie das vorgenannte für 20 Euro verramscht werden. Der Druck des Billig-Segments auf die Tablet-Preise wird zunehmen – je leistungsfähiger diese Billigmodelle werden, um so mehr werden die hohen Preise der HighEnd-Modelle in Frage gestellt. Dies ist letztlich eine natürliche Entwicklung, welche jeder Markt irgendwann nehmen wird – und beim Tablet-Markt dürfte es in den nächsten Jahren so weit sein.