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Apple: "Eines Tages wird der Tablet-Markt größer sein als der PC-Markt."

Diese beachtenswerte Aussage hat Apple CEO Tim Cook anläßlich der Bekanntgabe der Apple-Geschäftszahlen abgegeben, welche vom Spiegel begleitet werden. Und rein vom aktuellen Wachstum her scheint es auch in keine andere Richtung gehen zu können: Allein Apples iPad 1/2 erzielte im vierten Quartal 2011 einen Stückzahlen-Umsatz von vergleichsweise 17% des gesamten PC-Marktes, ein Jahr zuvor waren es erst 7 Prozent. In dieser Rechnung sind die anderen Tablet-Anbieter und deren vielfältige Modelle noch gar nicht enthalten (wobei die Frage gestellt werden darf, ob deren Effekt wirklich so groß ist angesichts der Stärke von Apple in diesem Segment).

Vergessen wird bei aller Euphorie über Tablets oder auch Apple jedoch gern der Punkt, daß wir uns derzeit in einer klaren Boom-Phase für das Tablet-Segment befinden – und alle Boom-Phasen irgendwann einmal zu Ende gehen und danach der normale, knapp kalkulierte Markt beginnt. Gerade Apples Aussichten mit dem iPad sind doch als allererstes begrenzt – denn wer glaubt, daß man ein Tablet mit diesem Preispunkt im asiatischen Massenmarkt unterbringen kann?! Apple kann an dieser Stelle gern seine – das iPad produzierenden – Arbeiter bei Foxconn fragen, ob diese Bedarf bzw. die finanziellen Möglichkeiten zu solcherart Gerätschaften haben.

Schon mittelfristig wird sich unserer Meinung nach gerade Apple damit konfrontiert sehen, daß die Konkurrenz viel bessere Preispunkte bei Tablets bietet, ohne technisch deswegen minderwertig zu sein. Viele Apple-Kontrahenten müssen zwar erst noch lernen, ein so rundes Produkt wie Apple selber zu bieten – bisher war man aus dem Smartphone- und PC-Bereich her gewohnt, halbwertige Lösungen mit kleinen Fehlern auf die Menschheit loslassen zu können, weil es die Konkurrenz ja auch nicht besser machte. Aber dieser Punkt ist erlernbar – und dann kann es zur Situation kommen, daß andere Hersteller gleichwertiges zum iPad für 300 Euro oder weniger anbieten.

Die Hardware selber macht diese Preislage möglich, denn die Tablets haben zwar viele nette Innereien, aber es fehlen – im Gegensatz zum PC – die teuren Chips für CPU und Grafik. Das Tablet ist leistungsmäßig noch klar unterhalb heutiger Netbooks einzuschätzen – und die sind mit 300 Euro sehr gut bemessen und stehen mit diesem Preispunkt schon unter dem Druck von günstigen Notebooks, welche leistungsmäßig noch einmal viel besser daherkommen. Nicht umsonst stimmten in einer früheren Umfrage satte 84 Prozent der Umfrage-Teilnehmer dafür, daß langfristig gesehen ein gerechtfertigter Preis für ein 10-Zoll-Tablet bei nur bis zu 300 Euro liegen darf.

Die aktuell hohen Preis des iPads und auch von einigen dessen Kontrahenten sind also eine Momentaufnahme, welche nicht ewig so weitergehen wird. Mit der Zeit wird ein natürlicher Preiskampf einsetzen – und die Hersteller mit den günstigen Preisen können von diesem wirklich profitieren, weil jene Hersteller im Gegensatz zu Apple mit seiner Hochpreisstrategie dann auch Zugriff auf den (volumenstarken) asiatischen Massenmarkt erlangen können.

Genau dieses Volumen kann eines Tages dazu führen, daß der Tablet-Markt stückzahlentechnisch am PC-Markt vorbeizieht, wie vom Apple-CEO prognostiziert. Eine gewisse Unwägbarkeit ist hier allerdings, ob der Konsument im asiatischen Massenmarkt – bei der Wahl zwischen einem Tablet oder einem PC – nicht doch den PC vorzieht, da dieser leistungsfähiger sowie universeller ist und im Gegensatz zur westlichen Welt üblicherweise kein Geld für gleich zwei Geräte vorhanden ist. Mit einer weiteren Zunahme der Mittelschicht in Asien kann sich dieses Problem allerdings irgendwann auch verflüchtigen.

Klar ist jedoch in jedem Fall, daß ein stückzahlentechnischer Sieg der Tablets über den PC nur auf Basis von Niedrigpreisen vonstatten gehen kann, was zwar für gut bejubelbare Stückzahlenerfolge sorgen, aber auf der Umsatzseite weit weniger deutliche Wachstumsschübe auslösen wird. Gerade Apple wird davon betroffen sein – gut möglich, daß man in einigen Jahren glatt doppelt so viele iPads ausliefern muß, nur um auf denselben Umsatzwert zu kommen. Dabei sind langfristige Entwicklungen wie das mögliche Aufkommen von "Stream-Tablets" mit Wegwerf-Preisen noch gar nicht eingerechnet.

Lange Rede, kurzer Sinn: Aus einer Eurphoriephase heraus auf eine langfrististige Geschäftsaussicht zu schließen, ist immer eine törichte Sache – der Fall der Netbooks mag die Hersteller hieran (teilweise sicherlich schmerzlich) erinnern. Die einzige sichere Prognose, welche man derzeit zu Tablets abgegeben kann, geht in eine – aus Sicht der Hersteller – eher negative Richtung, nämlich daß deren Preise wohl schon mittelfristig sehr deutlich fallen werden. Rein stückzahlentechnisch wird sich natürlich eine weitere Entwicklung in die richtige Richtung ergeben – aber den ganz großen Schub wird es erst mit wirklichen Niedrigpreisen geben. Auf dem richtigen Preispunkt sind irgendwann sicherlich mehr Tablets als PCs verkaufbar – nur wird dies dann eben kaum noch vergleichbar sein, es werden schließlich auch mehr Smartphones als PCs verkauft.