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AMDs Boltzmann-Initiative geht direkt gegen nVidias CUDA

Grafikchip-Entwickler AMD will sich besser im professionellen Segment positionieren – und greift daher mittels der "Boltzmann Initiative" (benannt nach dem österreicher Physiker & Mathematiker Ludwig Boltzmann) nVidias CUDA-Standard als den vielleicht wichtigsten Punkt an, welcher AMD hierbei ausbremst. Die Boltzmann-Initiative besteht dabei maßgeblich aus drei neuen Software-Produkten, welche AMD auf der Supercomputer-Konferenz SC15 derzeit vorstellt und welche im Early-Access-Verfahren ab ersten Quartal 2016 für Software-Entwickler verfügbar gemacht werden sollen:

  • Heterogeneous Compute Compiler (HCC)
    neuer C++ Compiler zur Nutzung von CPU und GPU
  • Heterogeneous-compute Interface for Portability (HIP)
    zur einfachen, 90% automatischen Portierung von CUDA-Code auf HCC-Code
  • OpenSource HSA Programming Suite
    umfaßt u.a. einen "Headless Linux 64-bit Driver" sowie passende "HSA+ Runtimes", mit Unterstützung auch für integrierte Grafiklösungen selbst im Serverbereich

Sinn der Aktion ist natürlich, CUDA als faktischen Standard im GPGPU-Bereich den Wind aus den Segeln zu nehmen – zum einen mit dem neuen, offenen Compute-Compiler "HCC" – zum anderen mit dem "HIP"-Tool zur einfachen, größtenteils automatischen Konvertierung von CUDA-Code auf HCC-Code. Ob jenes HIP-Tool wirklich so mächtig ist, daß 90% der Arbeit automatisch erfolgt, können dann nur die Software-Entwickler in der Praxis sagen – dazu gehört natürlich auch der Punkt, wie schwierig und zeitaufwendig es wird, sich mit den restlichen 10% herumzuschlagen, die eben nicht automatisch konvertiert werden können. Auf dem Papier hat AMD aber nunmehr zumindest einen guten Ansatz vorzuweisen.

Und jener ist sicherlich notwenig, um im professionellen Geschäft und dessen Software-Ausrichtung auf nVidias Compiler & Tools irgendwie einen besseren Stand zu erreichen. AMD bietet hier spätestens seit der Hawaii-Generation die oftmals überlegene Rechenleistung an, was normalerweise im professionellen Segment viel wert sein sollte – es macht einen Unterschied, ob man für dieselbe Aufgabe 1000 nVidia-Beschleuniger benötigt oder nur 700 AMD-Beschleuniger, angesichts dieser Mengen schon allein bezüglich Platzbedarf und Infrastruktur. Trotzdem sitzt nVidia in diesem Geschäft felsenfest im Sattel – weil man eben schon viele Jahre lang die Software-Entwickler und Supercomputer-Betreiber bestmöglich mit (den eigenen) Tools ausgerüstet und damit faktische Standards gesetzt hat, gegen die andere Hersteller kaum etwas ausrichten können.

AMD "Boltzmann Initiative" – Slide 6
AMD "Boltzmann Initiative" – Slide 6
AMD "Boltzmann Initiative" – Slide 7
AMD "Boltzmann Initiative" – Slide 7

Die Boltzmann-Initiative ist damit schlicht AMDs Versuch, diese von nVidia gesetzten und natürlich proprietären Standards aufzuweichen und aufzubrechen. Erst danach wird die hohe Rechenleistung, welche schließlich gerade AMDs letzte Grafikchips bieten, auch wirklich in diesem Segment nutzvoll. Gleichzeitig kann AMD bei Gelingen der Boltzmann-Initiative die Nutzung von integrierter Grafik als faktische Co-Prozessoren im regulären Server-Einsatz vorantreiben – hier steht die Technik schließlich seit Jahren bereit, wird aber immer noch eher zögerlich genutzt. Auf das Consumer-Segment hat die Boltzmann-Initiative dagegen erst einmal keine direkten Auswirkungen, CUDA wird hier kaum verwendet. Die Stärkung von AMDs professionellem Geschäft und auch die bessere Ausnutzung von integrierter Grafik für HSA-Anwendungen könnten jedoch zu einer Verbesserung der Geschäftslage von AMD führen, was dann wiederum günstig für faktisch alle Marktteilnehmer wäre (sogar für nVidia, welcher in einem Monopol-Status harsche Auflagen der US-Wettbewerbsbehörde FCC fürchten müsste).