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AMD stellt Sechs-, Acht- und Zwölfkerner der Zen-2-basierten Ryzen 3000 Serie vor

Kurz bevor man schon dachte, AMD würde seine montagmorgendliche Computex-Keynote (Replay auf YouTube) nur mit Epyc "Rome" sowie der Navi-Ankündigung beschließen, gab es dann doch noch etwas handfestes zur dritten Ryzen-Generation aka der Ryzen 3000 Serie auf Basis von Zen 2. Offiziell vorgestellt wurden die beiden Achtkerner Ryzen 7 3700X und 3800X wie der Zwölfkerner Ryzen 9 3900X, welche allerdings (wie erwartet) dann erst am 7. Juli 2019 in den Handel gehen werden. Ob dies auch dem nominellen Launchtermin bzw. der Freigabe von unabhängigen Hardwaretests entspricht, wäre zwar anzunehmen, wurde allerdings nicht gesagt. AMDs Produktdatenbank enthält zudem inzwischen noch zwei weitere Ryzen 3000 Prozessoren in Form der Sechskerner Ryzen 5 3600 & 3600X, zudem werden dort auch einige bei der offiziellen Computex-Vorstellung noch fehlende Produktdaten ergänzt (beispielsweise der Speichersupport von durchgehend DDR4/3200).

Wie zuletzt schon erwartet gibt es keine Taktraten von gleich 5 GHz, sondern bewegt sich die Ryzen 3000 Serie beim Basetakt etwas unterhalb der 4-GHz-Marke und beim maximalen Boosttakt um die Marke von 4.5 GHz herum. Dies entspricht gegenüber der bisherigen Pinnacle-Ridge-Generation auf Basis von Zen+ einem Taktratengewinn von im Schnitt 200-300 MHz – in dieser Frage hätte man sich von der 7nm-Fertigung mehr vorstellen können, aber augenscheinlich limitieren dabei eher andere Faktoren (entweder innerhalb der CPU-Architektur selber oder einfach Effizienzgründe). Immerhin hat AMD das ganze (wie angekündigt) ohne steigende TDPs hinbekommen, auch der Zwölfkerner verbleibt bei 105 Watt (erkauft sich dies allerdings über einen um 100 MHz niedrigeren Basetakt als beim schnellsten Achtkerner). Den größten Vorteil soll Ryzen 3000 bzw. Zen 2 dann weniger durch den (geringen) Mehrtakt, als vielmehr durch eine klar gestiegene IPC erreichen – AMD verspricht hierzu satte +15% mehr IPC (wobei AMDs Zielsetzung sogar nur bei +8-10% lag), allerdings leider (erneut) ohne exakte Angaben zum Bezugspunkt (Zen 1 oder Zen+).

Inwiefern sich dies halbwegs gleichmäßig auf alle Anwendungen aufteilt, oder aber eher nur selektiv auftritt, bleibt noch abzuwarten. Immerhin liegt der nominell größte Vorteil der Zen-2-Architektur im verdoppelten FPU-Durchsatz – was bedeutet, das speziell FP-Code besonders profitiert, reiner Integer- oder auch gemischter Code weniger gut zulegen dürfte. Die gezeigten Performance-Demonstrationen und Benchmarks gegenüber früheren AMD-Prozessoren oder auch der Konkurrenz von Intel wurden zumeist unter eher FPU-lastiger Software wie dem Cinebench oder Blender ausgeführt, zeigen somit nur einen Teil des Gesamtbildes. Die Benchmarks im Spiele-Segment trat AMD wohlweislich nur gegenüber sich selbst und auch nur im eSports-Segment an. Dort sind die versprochenen +22% mehr Gaming-Performance zwischen Ryzen 7 2700X und Ryzen 7 3800X sicherlich eine gute Hausnummer zugunsten von Zen 2, zeigen auf vergleichsweise wenig Probleme durch das Chiplet-Design hin – und müssen dennoch erst noch durch unabhängige Benchmarks unter "echten" Spielen und gegenüber Intel-Prozessoren bestätigt werden.

Für eine neue CPU-Generation, welche insgesamt ja nur eine Verbesserung einer bereits vorhandenen Architektur darstellt, ist dieses (Hersteller-prognostizierte) Performance-Bild dennoch schon ziemlich gut – insbesondere, wenn sich der IPC-Sprung wirklich bestätigen läßt bzw. wenigstens im Mix vieler Anwendungen erreicht wird. Tritt dieser Fall ein, würde AMD bei der IPC-Performance sogar noch leicht vor Intel herauskommen – und Intel kann diesbezüglich auf absehbare Zeit nicht kontern, da deren 10nm-Generationen nicht für leistungsstarke Prozessoren vorgesehen sind und im Bereich der 14nm-Generationen augenscheinlich keine Architektur-Verbesserungen mehr kommen werden. Intel hat demgegenüber allerdings weiterhin die etwas höheren Taktraten – mit allerdings einem weiter zurückgegangenen Unterschied, unter Umständen gleichen sich hierbei IPC-Vorteil bei AMD und Taktraten-Vorteil bei Intel vollkommen aus.

Wahrscheinlich wird es also eine knappe Geschichte – womit dann der Preispunkt eine gewichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung einnehmen dürfte. In dieser Frage zeigte sich AMD gewohnt aggressiv, denn man bleibt im Achtkern-Feld bei unterhalb 400 Dollar Listenpreis, wo Intel derzeit den Core i9-9900K für immerhin 488 Dollar ansetzt. Jener findet seinen AMD-Kontrahenten eher im Zwölfkerner Ryzen 9 3900X – welcher nun im Gegensatz zu den bisherigen Zwölfkernern des Threadripper-Portfolios den Vorteil hat, nicht auf deren vergleichsweise teure Mainboards angewiesen zu sein. Sollte der Ryzen 7 3800X sich halbwegs gut mit dem Core i9-9900K messen können, stellt der nochmals potentere Ryzen 9 3900X zum (nahezu) gleichen Preis dann ein echtes Türöffner-Angebot dar, regt den Intel-Käufer somit zum Nachdenken an. Auch die Preise der anderen Ryzen 3000 Modelle gehen in die ähnliche Richtung, bei wenigstens grober Erfüllung von AMDs Performance-Versprechen kann Ryzen 3000 schon zum Stand der Listenpreise die klar besseren Preis/Leistungs-Verhältnisse aufbieten.

Kerne Takt unl. verl. L2+L3 Speicher PCI Express TDP Kühler Liste Release
Ryzen 9 3900X 12C/24T 3.8/4.6 GHz 6+64 MB 2Ch. DDR4/3200 20 Lanes 4.0 105W Wraith Prism LED 499$ 7. Juli 2019
Ryzen 7 3800X 8C/16T 3.9/4.5 GHz 4+32 MB 2Ch. DDR4/3200 20 Lanes 4.0 105W Wraith Prism LED 399$ 7. Juli 2019
Ryzen 7 3700X 8C/16T 3.6/4.4 GHz 4+32 MB 2Ch. DDR4/3200 20 Lanes 4.0 65W Wraith Prism LED 329$ 7. Juli 2019
Ryzen 5 3600X 6C/12T 3.8/4.4 GHz 3+32 MB 2Ch. DDR4/3200 20 Lanes 4.0 95W Wraith Spire 249$ 7. Juli 2019
Ryzen 5 3600 6C/12T 3.6/4.2 GHz 3+32 MB 2Ch. DDR4/3200 20 Lanes 4.0 65W Wraith Stealth 199$ 7. Juli 2019

Nachtrag vom 31. Mai 2019

Per Twitter hat AMDs Robert Hallock klargestellt, was es mit den zwei unterschiedlichen AMD-Präsentationsfolien zum IPC-Gewinn von Zen 2 auf sich hat: Die erste Folie mit +13% bezieht sich auf die Singethread-Performance unter Cinebench. Jene Folie kam in die Vorab-Informationen (unter NDA) zur Computex hinein, war deswegen auch hier und da nach AMDs Computex-Keynote im Web zu sehen. Augenscheinlich kurz vor Ultimo hat sich AMD jedoch noch einmal umentschieden zugunsten einer zweiten Folie mit +15%, welche dann im Rahmen der Compute-Keynote live gezeigt wurde. Technischer Ausgangspunkt der zweiten Folie sind SPECint-Messungen – welche zugunsten von AMD sogar einen etwas höheren Performancegewinn auswerfen. Zudem entstammen diese Messungen einem Integer-Bechmark, während der Cinebench-Wert aufgrund seiner FPU-Lastigkeit eher angreifbar wäre. Allerdings muß auch gesagt werden, das hierbei die Bekanntgabe eines mittleren IPC-Gewinns über eine größere Bandbreite an Anwendungen eine bessere Ausgangsbasis wäre als das Herausgreifen singulärer Werte. Man kann Intel ja einiges vorwerfen, aber die bei deren Ice-Lake-Vorstellung genannten +18% IPC-Gewinn stehen auf vergleichsweise solider Basis als mittlerer Wert aus mehreren Benchmarks. Leider nach wie vor fehlend ist zudem eine AMD-offizielle Ansage, ob sich deren IPC-Aussage auf Zen 1 oder Zen+ als Basis bezieht – vermutlich auf Zen 1, aber eine eindeutige Klärung wäre besser als diese wohlfeile Vermutung.

Nachtrag vom 2. Juni 2019

Unser aufmerksames Forum hat dann doch noch einen eindeutigen Hinweis gefunden, auf welche Basis sich AMDs IPC-Aussage zu Zen 2 bezieht: In einem YouTube-Interview seitens Newegg spricht AMDs Robert Hallock vom IPC-Gewinn über die Zen-Generationen – von Bulldozer zu Zen 1, von Zen 1 zu Zen+ und dann von Zen+ zu Zen 2. Die offiziell genannten +15% IPC zugunsten von Zen 2 bezieht Robert Hallock dabei auf Zen+, wenn er die Fomulierung "in top of that" benutzt, direkt nachdem es um Zen+ ging. Dies macht zwar nur 3% aus (AMD-offizieller IPC-Sprung von Zen 1 zu Zen+), aber der IPC-Gewinn von Zen 2 ist nun auch nicht derart übermäßig groß, als das man auf drei Prozentpunkte einfach so verzichten könnte. Besser wäre es natürlich gewesen, dies von Anfang an in den Fußnoten der jeweiligen Presseerklärung zu notieren, immerhin handelt es sich hierbei um die zu Zen 2 wohl derzeit am meisten verbreite und diskutierte technische Angabe (und sind die anderen Angaben in den Fußnoten ironischerweise meist eher ausschweifend genau beschrieben).

Genauso läßt sich nunmehr eine halbwegs belastbare Aussage dazu treffen, ob AMD noch einen 16-Kerner für den Sockel AM4 in Vorbereitung hat: KitGuru haben dazu Steve Burke von Gamers Nexus auf der Computex befragt, laut jenem hat AMD diesen Tatbestand indirekt gegenüber Gamers Nexus bereits bestätigt. Letztlich war dies zu erwarten und ist man damit über die Terminlage jenes 16-Kerners auch kein Stück schlauer. Denn AMD könnte durchaus versucht sein, jenen erst einmal zurückzuhalten, um dieses Topmodell dann auf einen möglichen Intel-Konter anzusetzen (beispielsweise in Form von Intels Comet Lake). Mit 16-Kernern für den Sockel TR4 im Threadripper-Portfolio hat das ganze dann nichts zu tun – was AMD in diesem Feld tun wird, steht sowieso noch einigermaßen in den Sternen. Auch die derzeit herumschwirrenden 16-Kern-Samples sind bislang durchgehend für den Sockel AM4, also (irgendwann einmal) für das reguläre Consumer-Programm innerhalb der Ryzen-Serie gedacht. Ob der 16-Kerner für den Sockel AM4 überhaupt attraktiv für den Consumer-Einsatz ist, läßt sich dagegen derzeit nur mutmaßen – hierzu wird man erst einmal sehen müssen, wie sich Ryzen 7 3800X (Achtkerner) und Ryzen 9 3900X (Zwölfkerner) in den Fragen der Turbo-Taktraten sowie der Spiele-Performance gegeneinander verhalten.

Nachtrag vom 11. Juni 2019

Bei ComputerBase sowie AnandTech beschäftigt man sich in umfangreichen Artikeln mit der Zen-2-Architektur. Mit dabei sind auch AMD-offizielle Aussagen zum Schutz der Zen-2-Prozessoren vor den CPU-Sicherheitslücken Meltdown, Spectre, Foreshadow & MDS – welche als deutliches Plus-Argument zugunsten von Zen 2 anzusehen sind. Denn das, was AMD absichern muß, wird mittels Zen 2 nunmehr in Hardware abgesichert – die vorhandenen Anteile des Betriebssystems sind dabei eher technikbedingt obligatorisch. Vor allem aber zeigt AMD mit seiner diesbezüglichen Auflistung natürlich auch an, das man von den aktuell grassierenden CPU-Sicherheitslücken nur zum Bruchteil betroffen ist – ganz im Gegensatz zu Intel. Normalerweise sollte dies insbesondere im professionellen Bereich ein schlagendes Argument zugunsten von AMD sein, sogar noch ganz unabhängig der durch Zen 2 gebotenen Mehrperformance bzw. besseren Preispunkte.