4

AMD erhöht die Referenz-Taktraten von Radeon HD 7750 & 7770

Wie inzwischen breit berichtet wird, erhöht AMD tatsächlich die Taktraten von Radeon HD 7750 & 7770 um jeweils 100 MHz und bringt damit faktisch neue Varianten dieser Grafikkarten heraus – allerdings unter weiterhin demselben Verkaufsnamen. Begründet wird dieser Schritt mit Fortschritten in der 28nm-Fertigung – was technisch sicherlich nicht falsch ist, der eigentliche Grund dürfte aber eher die GeForce GT 640 sein: Jene schlägt die Radeon HD 7750 (auf ihrem früherem Takt von 800 MHz) möglicherweise minimal, mit der Taktsteigerung unterbindet AMD diesen nVidia-Angriff. Der Takt der Radeon HD 7770 wird dagegen möglicherweise nur deswegen gesteigert, um den Abstand zwischen Radeon HD 7750 & 7770 nicht zu klein zu werden lassen – außerdem rückt die Radeon HD 7770 auf ihrem neuen Takt somit näher an die Radeon HD 7850 heran und verkleinert somit den übergroßen Abstand zu dieser Karte etwas.

Radeon HD 7750 v1 Radeon HD 7750 v2 Radeon HD 7770 v1 Radeon HD 7770 v2
Technik DirectX 11.1, 512 (1D) Shader-Einheiten, 32 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit DDR Interface DirectX 11.1, 640 (1D) Shader-Einheiten, 40 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit DDR Interface
Taktraten 800/2250 MHz 900/2250 MHz 1000/2250 MHz 1100/2250 MHz
Differenz +100 MHz Chiptakt = +12,5% Rechenleistung +100 MHz Chiptakt = +10,0% Rechenleistung
Spieleverbrauch 41W ~45W 74W ~80W
Perform.index 110% ~115-120% 145% ~150-155%

Wieviel Performance-Gewinn durch die Steigerung der Chip-Taktraten möglich ist, läßt sich derzeit leider nur eher grob sagen, da hierzu noch keine Benchmarks vorliegen und die vorhandenen Skalierungs- und Übertaktungs-Benchmarks zu Radeon HD 7750 & 7770 leider allesamt mit sowohl höheren Chip-Taktraten als auch höheren Speicher-Taktraten vorgenommen wurden, auf diesen Fall der reinen Erhöhung der Chip-Taktraten also nicht anwendbar sind. Vermutlich schlägt der höhere Chiptakt ohne Anti-Aliasing ziemlich gut durch, mit Anti-Aliasing dürfte dann die begrenzte Speicherbandbreite dieser Karten schneller limitieren. Der ganz große Sprung ist mit 12,5% bzw. 10,0% mehr Rechenleistung sowieso nicht zu erwarten.

Die neuen Versionen von Radeon HD 7750 & 7770 sollen zum gleichen Preispunkt und anscheinend ohne jede weitere Kennzeichnung im Markt antreten – wobei speziell letzteres unserer Meinung nach einige dicke Probleme aufwirft: So könnten sich die bisherigen Käufer von Radeon HD 7750 & 7770 etwas "hintergangen" vorkommen. Sicherlich kommen gerade in der IT-Branche ständig neue Produkte mit besseren Spezifikationen zum gleichen Preis heraus, aber hier spielt vor allem die psychologische Komponente des exakt selben Produktnamens mit hinein. Gleichfalls kann so ein Schritt die generelle Frage bei den Grafikkarten-Käufern aufwerfen, wo AMD denn demnächst an den Taktraten herumspielt – und ob man dementsprechend nicht lieber mit dem Kauf einer AMD-Grafikkarte generell warten sollte.

Und am Ende gibt AMD hier ein äußerst schlechtes Beispiel für nVidia ab – welche sich durchaus dazu annimiert fühlen könnten, in der Zukunft dasselbe zu tun, sprich nachträglich die Spezifikationen von schon im Markt stehender Hardware umzuändern. Und dies kann eigentlich keiner wollen, weil wenn die Produktspezifikationen zur variablen Größe werden, geht jede Übersicht und Gewissheit für den Grafikkarten-Käufer verloren. Gewinnen kann an so etwas niemand, es entsteht nur ein (eigentlich immer zu vermeidender) Tribüneneffekt. Zugunsten der Grafikkarten-Käufer kann man nur hoffen, daß nVidia auf diesen schlechten Zug seitens AMD nicht einsteigt, auf daß der ganze Fall eine einmalige Angelegenheit bleibt. Leider hat AMD hiermit eine Tür aufgestoßen, welche man nunmehr nie wieder ganz zubekommen wird – ein Restrisiko, daß diese Methode erneut ausgepackt wird, ist nunmehr immer existent.

Nachtrag vom 5. Juni 2012

Um die Verwirrung um die neuen Taktraten von Radeon HD 7750 & 7770 perfekt zu machen, gibt es jetzt auch noch Meldungen, daß diese Änderung nur die Radeon HD 7750 betreffen würden, deren Chiptakt von 800 auf 900 MHz steigt (was gleichzeitig ein höheres PowerTune-Limit nach sich zieht und damit auf diesen 900-MHz-Karten einen extra PCIe-Stromanschluß notwendig macht). So berichtet es zumindest der Planet 3DNow! in Berufung auf AMD – andererseits zeigt die bei HT4U zu sehende AMD-Präsentationsfolie ganz klar einen höheren Chiptakt auch der Radeon HD 7770 von 1100 MHz an. In jedem Fall hat die (unzureichende und unvollständige) Informationspolitik von AMD schon jetzt zu einem kleinem Chaos geführt – es gibt weder Klarheit noch stellt diese AMD selbsttätig her. Manche Halbinformation aus der Gerüchteküche sind solider als das, was sich AMD hier an Durcheinander geleistet hat.

Davon abgesehen wäre unsererseits nochmal klarzustellen, wie die Kritik an dieser Takterhöhung gemeint ist: Denn erst einmal ist an einer Taktratenerhöhung nichts falsches, wird den Neukäufern mehr fürs selbe Geld geboten. Das Problem liegt darin, das eine solche nachträgliche Spezifikationsänderung dazu führen kann, daß diese Methode zukünftig häufiger eingesetzt wird und der Grafikkarten-Markt damit dann richtig undurchsichtig werden würde. Anstatt die Grafikchip-Entwickler mit Produkten miteinander zu kämpfen, würden diese dann anfangen mit Taktraten miteinander zu ringen – sprich: Passt es AMD nicht, daß nVidia mit der GeForce GT 640 ganz gut liegt, werden einfach die Taktraten der Radeon HD 7750 erhöht. Meint nVidia, daß dies der GeForce GT 640 zu sehr zusetzt, gibt es halt ebenfalls eine Taktratenerhöhung ... und im schlimmsten Fall immer so weiter.

Man sollte sich darüber im klaren sein, daß die Grafikchip-Entwickler faktisch jeden Performance-Punkt erreichen können, wenn dies nur gewollt wird – alles eine Frage der Taktraten. Sofern sich die Grafikchip-Entwickler auf einzelne Grafikkarten konzentrieren, wird es immer nur 10 bis 15 verschiedene Grafikkarten innerhalb einer Generation geben, mehr ist nicht effektiv. Macht man dagegen die Taktraten in dieser Art variabel, können ganz schnell mehrere Dutzend verschiedener Grafikkarten-Varianten pro Generation herauskommen, mit größtenteils nur minimalen Performance-Unterschieden. In einem einzelnen isolierten Fall mag dies schön für die Käufer der jeweiligen Produkte sein, aber für den Gesamtmarkt wäre dies eine schlechte Entwicklung, wenn sich etwas durchsetzen würde. Und am Ende verlieren die Grafikchip-Entwickler sogar noch, weil die Käufer in einer solchen Situation natürlich immer auf weitere Taktratenerhöhungen (zum gleichen Preis) warten.