Launch-Analyse: nVidia GeForce GTX Titan X (Seite 2)

Mittwoch, 18. März 2015
 / von Leonidas
 

Eben weil die GeForce GTX Titan X in der Praxis eher an ihr Temperatur- als ihr Power-Limit stößt, ist die Kühlung der Karte eines ihrer Problemfelder: Trotz daß nVidia schon im Referenzdesign eine vollständige VaporChamber-Kühlung wie bei der ersten GeForce GTX Titan verbaut (und nicht die abgespeckte Variante wie bei der GeForce GTX 980), kann die Karte aufgrund der gebrachten Performance natürlich kein Leisetreter sein. Für eine klare Enthusiasten-Grafikkarte liegen die gemessenen Werte und das subjektive Gefühl der Hardware-Tester zur Frage der Geräuschentwicklung aber immer noch in einem vernünftigen Rahmen. Vor allem aber konnte nVidias versprochene Arbeit gegenüber Spulenfiepen überzeugen, welches laut den verschiedenen Hardware-Testern auf der GeForce GTX Titan X kaum noch feststellbar ist:

Idle Spiele-Last
ComputerBase Man merkt sofort, dass Nvidia bei der GeForce GTX Titan X dasselbe Kühlsystem wie bei vielen anderen GeForce-Grafikkarten verbaut. Auch dieser 3D-Beschleuniger ist unter Windows genau 30 Dezibel laut. Im Gegensatz zu vielen Partnerkarten auf Basis von Maxwell schaltet der Lüfter unter Windows aber nicht ab und bleibt hörbar. Unter Last kommt die GeForce GTX Titan X auf eine Lautstärke von 47,5 Dezibel. Das ist deutlich lauter als eine GeForce GTX 980 und ein wenig lauter als die GeForce GTX 780 Ti. Bei maximierten Einstellungen erreicht die Grafikkarte dann 50,5 Dezibel und ist störend laut. Spulenfiepen auf der GeForce GTX Titan X sind in der Tat auf niedrigem Niveau. Im Spielealltag sind die Störgeräusche kein Problem.
Hardwareluxx Die Referenzkühlung der GeForce GTX Titan X unterscheidet sich nicht großartig vom dem, was wir bereits auf früheren Titan-Modellen oder der GeForce GTX 980 etc. pp. gesehen haben. Insofern überraschen uns die 37,3 dB(A) nicht sonderlich, wenngleich der Wert gut und gerne etwas niedriger hätte sein dürfen. Zum einen wäre ein semipassiver Betrieb zumindest als Option für den Nutzer sicherlich nicht schlecht gewesen. Zum anderen aber könnten die Lüfter im Idle-Betrieb auch etwas langsamer drehen, was sicherlich keine besonders negativen Auswirkungen auf die Idle-Temperatur gehabt hätte. Ihre Stärken scheint die Referenzkühlung ohnehin eher im Last-Betrieb zu haben, denn hier liegt sie im Vergleich zu den übrigen Kühlungen mit 48,5 dB(A) sehr gut. Auch an dieser Stelle kann uns dies aber nicht überraschen, da die Kühlung in dieser Form bereits in der Vergangenheit zu überzeugen wusste. Sicherlich erreicht die ein oder andere Drittanbieter-Kühllösung hier potenziell bessere Ergebnisse, für eine Referenzkühlung dieser Leistungsklasse setzt NVIDIA aber zurecht wieder auf das altbekannte Design.
PC Games Hardware Der Lüfter ist überdies auch potenter (angesteuert) und erreicht seine 0,3 Sone Idle-Lauftheit bereits bei 22 Prozent PWM-Signal. Während sich die 3D-Lastansteuerung wie bei vielen anderen Geforce-Referenzmodellen im Bereich von 52 bis 55 Prozent bewegt, ist der Lüfter der GTX Titan X dabei allerdings merklich lauter. Wir messen Werte zwischen 4,3 und 4,7 Sone – bei 52 respektive 54 Prozent.
Tom's Hardware - Wir können kein tieferfrequentes Motorgeräusch messen, wie es bei den meisten Board-Partner-Lüftern leider oft genug der Fall ist. Was wir hören, ist ein angenehmes und relativ breitbandiges Rauschen, das über den zwei etwas ausgeprägteren Bereichen bei 1,2 und 1,9 KHz einsetzt. Spannungswandlergeräusche ("Spulenfiepen"), die meist bei etwa sechs bis sieben Kilohertz nachweisbar wären, sind hier Fehlanzeige. Der Rest ab etwa 10 KHz ist dann nur noch reine Luftbewegung.

Bei der Performance-Ermittlung zur GeForce GTX Titan X ist es natürlich insbesondere relevant, auf das einzugehen, wo die Nutzer die Karte sehen – seelenlose FullHD-Benchmarks gehören da sicherlich nicht dazu. Denn laut den derzeitigen Zwischenergebnissen unserer aktuellen Umfrage wird das Hauptanwendungsgebiet der GeForce GTX Titan X klar (mit 58% der Stimmen) bei Auflösungen mit 8 MPixel Bildpunkten gesehen, dies ist über FullHD mit 4x Downsampling, WQHD mit ~2x Downsampling oder 4K ohne Downsampling erreichbar. Selbst Auflösungen mit mehr als 8 MPixel Bildpunkten erhalten noch den gleich großen Zuspruch (21% der Stimmen) wie Auflösungen mit weniger als 8 MPixel Bildpunkte (ebenfalls 21% der Stimmen), wobei sich für reines FullHD ohne jedes Downsampling auf der GeForce GTX Titan X gerade einmal 6% der Umfrage-Teilnehmer interessieren. Damit dürfte klar sein, auf welche Werte es ankommt bei den nachfolgend zusammengesuchten Performance-Werten der verschiedenen Hardware-Tests:

1920x1080 4xMSAA/FXAA 290X (U) 780Ti 980 Titan X
ComputerBase  (16 Tests) 64,6% 73,8% 80,0% 100%
PC Games Hardware  (9 Tests) 66,2% 66,3% 82,0% 100%
TechPowerUp  (20 Tests) 69% 72% 80% 100%
1920x1080 4xSSAA 290X (U) 780Ti 980 Titan X
ComputerBase  (11 Tests) 59,9% 69,6% 74,2% 100%
2560x1440 4xMSAA/FXAA 290X (U) 780Ti 980 Titan X
ComputerBase  (16 Tests) 63,4% 69,0% 73,9% 100%
PC Games Hardware  (9 Tests) 67,3% 64,8% 80,0% 100%
Tom's Hardware  (6 Tests) 74,0% 71,7% 80,0% 100%
AnandTech  (9 Tests) 68,3% 68,5% 76,4% 100%
Hardware Canucks  (8 Tests) 68,5% - 75,3% 100%
Hot Hardware  (5 Tests) 80,2% - 77,4% 100%
TechPowerUp  (20 Tests) 70% 69% 77% 100%
TechSpot  (12 Tests) 68,9% 66,1% 73,7% 100%
Hardware.fr  (12 Tests) 71,1% 66,7% 74,1% 100%
2560x1440 4xSSAA 290X (U) 780Ti 980 Titan X
ComputerBase  (11 Tests) 62,2% 68,7% 72,6% 100%
3840x2160 MSAA/FXAA 290X (U) 780Ti 980 Titan X
ComputerBase  (16 Tests) 63,5% 62,3% 69,6% 100%
PC Games Hardware  (9 Tests) 67,1% 61,6% 77,8% 100%
Tom's Hardware  (6 Tests) 73,8% 67,9% 77,7% 100%
AnandTech  (9 Tests) 69,7% 66,6% 74,4% 100%
Hardware Canucks  (8 Tests) 68,9% - 72,4% 100%
Hot Hardware  (5 Tests) 76,0% - 72,8% 100%
TechPowerUp  (20 Tests) 70% 69% 76% 100%
TechSpot  (12 Tests) 73,2% 64,6% 74,3% 100%
The Tech Report  (7 Tests) 73,8% 66,7% 80,7% 100%

Die Benchmark-Werte gehen einzeln betrachtet einmal mehr kunterbunt durcheinander: Wenn die eine Webseite die GeForce GTX 780 Ti um 8,8% vor der Radeon R9 290X ausmißt und die andere Webseite hingegen die AMD-Karte um 3,9% vor der nVidia-Karte (unter derselben Auflösung) sieht, dann ergeben sich schon erhebliche Deutungsunterschiede, wenn man alleinig die Tests einzelner Webseiten liest. Damit kommt wieder einmal erst in der Zusammenrechnung vieler Ergebnisse belastbares Zahlenmaterial für eine halbwegs solide Performance-Betrachtung heraus.

Der auffälligste Punkt an der Performance der GeForce GTX Titan X ist die Bewegung anhand der jeweils genutzten Auflösung – gerade gegenüber den anderen nVidia-Grafikkarte. So liegt die GeForce GTX Titan X gegenüber der GeForce GTX 780 Ti unter 1920x1080 um 42% vorn, unter 2560x1440 schon um 48% und unter 3840x2160 sogar um 55%. Auch gegenüber der GeForce GTX 980 ist dieser Effekt des ansteigenden Performance-Unterschieds bei höher werdenden Auflösungen deutlich zu sehen: Unter 1920x1080 sind es nur 24% Mehrperformance, unter 2560x1440 dann 31% und unter 3840x2160 dann schon 34%. Einzig allein gegenüber der Radeon R9 290X funktioniert diese Rechnung nicht, die AMD-Karte robbt sich unter steigenden Auflösungen vielmehr etwas näher an die GeForce GTX Titan X heran: Unter 1920x1080 liegt die neue nVidia-Karte noch um 50% vorn, unter 2560x1440 sind es noch 45% mehr und unter 3840x2160 geht der Unterschied dann auf 43% zurück.

Daß die GeForce GTX Titan X damit alles dominiert, ist natürlich auch klar – allein die Höhe des Unterschieds ist eine Frage dessen, was man und gegen welche Vergleichs-Hardware man mißt. Die Performance-Bandbreite ist bei der GeForce GTX Titan X ungewöhnlich groß, demzufolge ist es auch recht schwer, der Karte einen Performance-Index zuzuweisen, wird dieser schließlich immer nur einen unperfekten Mittelwert anzeigen. Nichtsdestotrotz: Bei Konzentration auf die Performance unter 2560x1440 und 3840x2160 erscheint ein Performance-Index von 750% für die GeForce GTX Titan X als angemessen. Unter FullHD wird dieser Performance-Index zwar nicht erreicht, aber dies ist für die neue nVidia-Karte wirklich nicht relevant.

290X (U) 780Ti 980 Titan X
1920x1080 4xMSAA/FXAA 66,6% 70,6% 80,7% 100%
2560x1440 4xMSAA/FXAA 69,0% 67,7% 76,2% 100%
3840x2160 MSAA/FXAA 69,7% 64,6% 74,6% 100%
3DCenter Performance-Index 520% 530% 570% 750%
Spiele-Stromverbrauch 279W 251W 174W 242W
Straßenpreis 320-360€ ausgelaufen 500-540€ erwartet für ~1100€

Dies sieht auf den ersten Blick ganz gut aus für die GeForce GTX Titan X – zumindest wenn man einrechnet, daß für die Karte keine neue Fertigungstechnologie zur Verfügung stand und damit solche eine Performance-Offenbarung wie mit der seinerzeitigen ersten GeForce GTX Titan (+71% gegenüber der besten SingleChip-Lösung der vorherigen Generation) einfach nicht realisierbar ist. Allerdings wird mit der erzielten Performance unter 3840x2160 nicht das erreicht, für was nVidia die GeForce GTX Titan X eigentlich anpreist: Die Karte ist zwar klar die schnellste 4K-Lösung, aber die gebotenen Frameraten sind noch nicht hoch genug für problemlosen 4K-Genuß auf höchstmöglicher Bildqualität. Sicher kann man immer irgendeinen Bildqualitäts-Kompromiß für spielbare 4K-Frameraten erreichen – aber für Kompromisse kauft man sich eigentlich keine 1000-Euro-Grafikkarte.

Daß dieses Ziel der 4K-Problemlosigkeit nicht erreicht werden konnte, ist aber kein Fehler der Karte, sondern ein Fehler des nVidia-Marketings, welches die Karte einfach nicht besser zu positionieren wusste. Um 4K-Problemlosigkeit zu erreichen, reichen aber vom vorherigen Stand aus keine 30-50% Mehrperformance (wie mit der GeForce GTX Titan X geboten), dafür müsste man Richtung 100% Mehrperformance hinlegen – was auf Basis der bestehenden Technik einfach nicht möglich ist. Eventuell macht es AMD mit der kommenden Radeon R9 390X mit ihrer riesigen Speicherbandbreite (+90% zur GeForce GTX Titan X) besser, eventuell muß dies eine Aufgabe für die nächstes Jahr zu erwartenden 14/16nm-Grafikchips bleiben. Die GeForce GTX Titan X ist somit als 4K-Grafikkarte schlicht falsch positioniert – sie ist hingegen eine exzellente Karte für die Auflösung von 2560x1440 geworden.

Ebenfalls (noch) nicht gänzlich befriedigend ist die Overclocking-Eignung, welche maßgeblich durch nVidias harte Limits bei Temperatur und Stromverbrauch begrenzt wird. Der GM200-Chip scheint über exzellente Taktreserven zu verfügen, teilweise sind bis zu 1400 MHz Chiptakt zu sehen – welche jedoch je nach Spiel und Benchmark schnell durch die Temperatur- und Power-Limits heruntergeregelt werden. Die tolle Situation der originalen GeForce GTX Titan, welcher man durch Overclocking und Limit-Erhöhungen durchaus bis zu 35% Mehrperformance entlocken konnte, ist bei der GeForce GTX Titan X noch lange nicht erreicht. Dies kann aber noch kommen: Hersteller-Designs mit Wasserkühlung und höheren Power-Limits vorausgesetzt, sollte selbiges eigentlich auch bei der GeForce GTX Titan X möglich sein. Derzeit sind die Overclocking-Gewinne zwar schon gutklassig, aber nicht überragend: Die ComputerBase erreichte +17% unter 3840x2160, die PC Games Hardware immerhin +23% unter 4096x2160.

In der Summe der Dinge ist die GeForce GTX Titan X eine gute Enthusiasten-Grafikkarte – welche jedoch zu wenig wirklich herausragendes bietet für ihren satten Preispunkt von 999 Dollar, was zu aktuellen Dollar/Euro-Kursen einen Straßenpreis von über 1100 Euro ergeben sollte. Gegenüber der nur ~25% langsameren GeForce GTX 980 ist dies eine Preisverdopplung, gegenüber der ~30% langsameren Radeon R9 290X sogar eine Preis-Verdreifachung. Dafür hätte nVidia etwas mehr bieten müssen als einfach nur platt 12 GB Speicher, was zwar für SLI-Systeme nett ist, aber ansonsten derzeit vollkommen nutzlos erscheint. Gerade bessere Overclocking-Features wären etwas gewesen, woran sich Enthusiasten hätten abarbeiten können und was den extremen Preispunkt besser gerechtfertigt hätte. So ist die GeForce GTX Titan X aber einfach nur überteuert und dennoch für die 4K-Auflösung zu kurz gesprungen. Angesichts des kommenden AMD-Konters empfiehlt es sich eher abzuwarten, ob die Radeon R9 390X es nicht besser machen kann.