Launch-Analyse Intel Rocket Lake (Seite 2)

Montag, 5. April 2021
 / von Leonidas
 

Der durchaus interessante Vergleich von Core i5-11400/F gegen Ryzen 5 3600 ist allerdings mit den vorliegenden Benchmarks nicht anzutreten, da die Launchreviews zu Rocket Lake diesbezüglich kein Zahlenmaterial aufbieten. Getestet wurden von den Launchreviews allein Core i5-11600K, Core i7-11700K (etwas seltener) und Core i9-11900K – welche dann nachfolgend gegenüber den passenden Vertretern von Comet Lake sowie AMDs Zen 2/3 verglichen wurden. Hierbei wurde sich auf Launchreviews mit möglichst vollständigem Prozessoren-Portfolio sowie natürlich einer gewissen Anzahl an Benchmarks konzentriert. Erstaunlicherweise gab es hiervon im Anwendungs-Bereich beachtbar weniger als bei früheren CPU-Launches üblich – manche Webseiten haben sich die Messungen zur Anwendungs-Performance gleich ganz gespart und bieten allein Spiele-Benchmarks auf.

Eine sehr gewichtige Frage vor allen Tests ist jene nach den konkreten Testbedingungen, da man Rocket Lake letztlich unter drei verschiedenen Modi testen kann: Mit Spezifikations-gerechten Power-Limits, mit aufgehobenen Power-Limits sowie unter "Adaptive Boost". Einige Testberichte haben alle drei Modi ausgemessen (dazu später mehr), für die nachfolgende Performance-Auswertung wurde sich hingegen auf Benchmarks mit Spezifikations-gerechten Power-Limits konzentriert (unter allerdings "Gear 1" für den Speichercontroller, wie vorstehend dargelegt). Dies hat zum Hintergrund, dass Intels Prozessoren ohne jede Limits heftig ineffektiv werden, für nur wenig Mehrperformance wird dabei enorm an Energie verschleudert sowie die CPU-Temperatur hochgejagt. Inzwischen fragen die neuen Mainboards beim Erststart wohl auch nach, welchen Modus man gerne hätte – einen Spezifikations-gerechten Betrieb oder einen Betrieb ohne jede Power-Limits.

Anzumängeln ist allerdings, dass es mit diesem Launch so einige Testberichte zu lesen gab, welche sich in dieser Frage nicht ausreichend erklären oder aber einfach gar nichts dazu sagen, mit welchen Limits die Rocket-Lake-Prozessoren bei den angestellten Benchmarks betrieben wurden. Manchmal kann man dies über die Benchmarks selber erkennen – beispielsweise deutet ein Cinebench R20 Multithread-Wert ab 6200 Punkten für den Core i9-11900K/KF zielsicher auf aufgehobene Power-Limits hin (mit Intel-Limits gibt es bestenfalls um die 6000 Punkte herum). Aber natürlich sollte es nicht Aufgabe des Lesers sein, zuerst einmal die genauen Testbedingungen zu erraten. Ein wenig mehr Genauigkeit bei der Behandlung des Testobjekts durch die Artikelschreiber wäre an dieser Stelle sehr wohl wünschenswert.

Anwendungen 10600K 10700K 10900K 3600XT 5600X 5800X 5900X 11600K 11700K 11900K
Kerne & Abstammung 6C CML 8C CML 10C CML 6C Zen2 6C Zen3 8C Zen3 12C Zen3 6C RKL 8C RKL 8C RKL
AnandTech  (34 Tests) 71,8% 87,2% 100,3% - 88,9% 105,1% 121,6% 81,7% 95,8% 100%
ComputerBase  (8 Tests) 68,5% 93,4% 113,7% 72,8% 86,9% 112,6% 153,7% 77,6% - 100%
Golem  (6 Tests) 68,8% 84,1% 100,1% - 79,2% 103,1% 128,7% 79,6% 95,8% 100%
Guru3D  (15 Tests) 65,1% 84,0% 100,0% 68,9% 79,7% 104,5% 139,1% 73,9% - 100%
Hardwareluxx  (11 Tests) 67,1% 86,9% 104,8% 70,6% 85,3% 111,6% 137,8% 76,4% 97,1% 100%
Hardware Upgrade  (16 Tests) 64,8% 85,9% 104,5% 72,2% 86,3% 110,7% 139,6% 76,0% 97,8% 100%
Le Comptoir d.H.  (16 Tests) 70,0% 89,0% 103,5% - 85,6% 108,3% 141,8% 80,0% 94,7% 100%
Les Numeriques  (7 Tests) 80,5% - 109,7% 78,6% 90,3% 108,4% 131,8% 86,4% - 100%
Puget Systems  (9 Tests) 69,6% 86,5% 99,2% - 87,4% 105,5% 120,1% 84,7% 97,7% 100%
PurePC  (19 Tests) 67,4% 85,7% 103,1% - 79,7% 100,6% 125,6% 77,8% - 100%
SweClockers  (7 Tests) 67,2% 88,5% 105,9% 72,8% 81,7% 107,9% 137,9% 77,0% 96,3% 100%
TechPowerUp  (36 Tests) 72,0% 87,0% 97,4% - 87,5% 103,3% 119,6% 84,9% - 100%
gemittelte Anwendungs-Perf. 69,0% 87,1% 102,8% 72,4% 84,7% 106,3% 132,1% 79,4% 96,4% 100%
TDP 125W 125W 125W 95W 65W 105W 105W 125W 125W 125W
Listenpreis $237 $349 $472 $249 $299 $449 $549 $237 $374 $519
Straßenpreis (ab) 190€ 290€ 430€ 230€ 310€ 425€ 800€ 235€ 390€ 640€
Performance-Durchschnitt gemäß geometrischem Mittel, leicht gewichtet zugunsten jener Hardwaretests mit höherer Benchmark-Anzahl; Listenpreise: AMD = boxed, Intel = tray für KF-Modelle; Straßenpreise: Bestpreise zum Stand 5. März 2021 für lieferbare Angebote (egal ob tray oder boxed); gesamte ausgewertete Benchmark-Anzahl: ca. 1620

Wirklich nicht unerwartet kann Rocket Lake unter der Anwendungs-Performance keine offensichtlichen Siege erringen – dafür fehlt wie gesagt die passende Anzahl an CPU-Kernen. Auch kommt Intel mittels Rocket Lake selbst rein Kern-normiert noch nicht an das Performance-Level von Zen 3 heran: Im Sechskern-Feld ist der Ryzen 5 5600X noch um +6,7% schneller als ein Core i5-11600K/KF, im Achtkern-Feld legt der Ryzen 7 5800X auf den Core i7-11700K/KF immerhin +10,3% sowie auf den dann vollkommen hochgezogenen Core i9-11900K/KF auch noch +6,3% oben drauf. Die grundsätzliche Positionierung "Zen 3 > RKL" ist dabei bei jedem einzelnen ausgewerteten Testbericht wiederzukennen – egal ob mit kurzem oder langem Benchmarkfeld, egal ob der Testaufbau eher eine höhere Anzahl an CPU-Kernen bevorzugt oder hingegen mehr auf IPC samt Taktrate reagiert.

Nicht schlecht präsentiert sich Rocket Lake hingegen im Vergleich zum eigenen Vorgänger: Kern-normiert legt der Core i5-11600K/KF immerhin +15,1% auf den Core i5-10600K/KF oben drauf, gegenüber dem Core i7-10700K/KF geht es beim Core i7-11700K/KF um +10,7% sowie beim Core i9-11900K/KF um +14,8% hinauf. Damit kommt das Rocket-Lake-Spitzenmodell sogar ganz gut an den Core i9-10900K/KF selbst unter der Anwendungs-Performance und trotz zweier CPU-Kerne weniger heran. Vermutlich genau deswegen gab es am Ende noch das "Adaptive Boost" Feature für Rocket Lake: Denn schon ein geringer zusätzlicher Performace-Effekt wird ausreichen, um den Vorteil des Core i9-10900K/KF von +2,8% zu egalisieren und somit eine gegenüber Comet Lake (wenn auch mit der Brechstange erzwungene) gleichwertige oder gar bessere Anwendungs-Performance speziell im Fall der beiden Spitzen-Modelle zu erreichen.

Gemessen an den Preislagen spricht hingegen gar nichts für den Core i9-11900K/KF, da das Rocket-Lake-Spitzenmodell gerade einmal +3,7% Performance auf den Core i7-11700K/KF oben drauf legt und dafür laut Liste gleich +39% mehr kostet (zu aktuellen Straßenpreise sogar +64%). Jener Core i7-11700K/KF ordnet sich gegenüber AMDs Angebot hingegen ganz vernünftig ein: Der Ryzen 7 5800X bietet zwar +10,3% mehr Performance, kostet jedoch im Einzelhandel derzeit auch +9% mehr. Richtig interessant wird es für den Core i5-11600K/KF, da sich jener gemessen am Preispunkt nicht mit einem Zen-3-Modell vergleichen muß: Den zum Händlerpreis nur um –2% günstigeren Ryzen 5 3600XT schlägt das Rocket-Lake-Modell um +9,7% bei der Anwendungs-Performance – etwas, was dem Comet-Lake-Vorgänger noch nicht gelungen war. Natürlich besteht trotz dieser teilweise für Rocket Lake sprechenden Preis/Leistungs-Verhältnisse für Intel das Problem, dass es ohne eine Performance-Führerschaft schwer wird – und somit der große Marktanteils-Umschwung (im DIY-Segment) angesichts der von Rocket Lake erbrachten Anwendungs-Performance nicht erwartet werden braucht.

Intels eigentliche Hoffnung liegt aber natürlich bei den Benchmarks zur Spiele-Performance, wo der Nachteil bei der Kern-Anzahl keine Rolle spielt und IPC-Gewinne somit eventuell stärker durchschlagen können. Hierzu gab es einen bunten Strauß an Benchmarks, wobei sich die nachfolgende Benchmark-Auswertung auf Messungen unter niedrigen Auflösungen oder wenigstens mit 1% Perzentilen konzentriert, um näher des CPU-Limits zu kommen und somit eine gewisse Skalierung zwischen den einzelnen Prozessoren-Modellen aufzeigen zu können. Leider lagen zu wenige einheitliche Messungen unter einem bestimmten Setting vor, die Hardwaretester sind sich augenscheinlich bei der Herangehensweise in dieser Frage immer noch nicht einig. Damit wurden in die nachfolgende Tabelle auch Benchmarks unter durchaus verschiedenen Settings aufgenommen, einfach um auf eine gewisse Werte-Menge zu kommen. Zum Ausgleich für diese Ungenauigkeit wurde beim Performance-Durchschnitt gut zugunsten jener Tests mit besserer Werte-Skalierung gewichtet, wo also das CPU-Limit besser herausgearbeitet werden konnte.

Selbst nach Ansicht der vorliegenden Benchmark-Ergebnisse ergibt sich interessanterweise immer noch keine eindeutige Tendenz, mit welcher Benchmark-Gestaltung man die beste Skalierung erzielt: Generell sollten hierfür Benchmarks unter niedrigen Auflösungen (720Pp und weniger) prädestiniert sein – allerdings ergaben sich auch Fälle mit klar unterdurchschnittlicher Skalierung selbst unter diesen Bedingungen. Hierbei wurde es sich oftmals wahrscheinlich zu einfach gemacht mit der Benutzung standardmäßiger Bildqualitäts-Settings, was jedoch für Spiele-Tests im CPU-Limit ungeeignet erscheint: Mit hoher Qualität kommt die Grafikkarte zu sehr ins Spiel, bei niedrigerer Qualität wird auch viel an eigentlicher CPU-Arbeit abgeschaltet. Der beste Weg stellt eine angepasste Bildqualität dar, welche möglichst viel CPU-Last mit möglichst wenig Grafik-Last verbindet. Derzeit arbeiten allerdings nur wenige Hardwaretester nach diesem Prinzip (bekannt: CapFrameX & PCGH), an dieser Stelle liegt noch einiges an Verbesserungspotential zugunsten wirklich CPU-limitierter Spiele-Benchmarks.

Spiele (CPU-Limit) 10600K 10700K 10900K 3600XT 5600X 5800X 5900X 11600K 11700K 11900K
Kerne & Abstammung 6C CML 8C CML 10C CML 6C Zen2 6C Zen3 8C Zen3 12C Zen3 6C RKL 8C RKL 8C RKL
AnandTech (11T, 360-768p 5%) 85,2% 93,3% 99,3% - 108,8% 113,3% 111,4% 93,4% 98,5% 100%
CapFrameX (14T, 720p avg) 77,5% - 91,3% - - - 97,9% - 96,8% 100%
ComputerBase (10T, 720p 1%) 78,5% 89,0% 99,6% 73,8% 92,4% 96,6% 102,5% 84,8% - 100%
Golem (7T, 1080p 1%) 77,4% 84,2% 91,8% - 92,4% 96,4% 97,9% 88,1% 95,7% 100%
Guru3D (4T, 720p avg) 88,9% 91,9% 96,7% 81,0% 96,3% 97,3% 101,9% 93,0% - 100%
Le Comptoir (11T, 1080p 1%) 84,3% 89,8% 97,2% - 97,2% 99,9% 98,9% 91,2% 96,6% 100%
PCGH (20T, 664-720p avg) 77,4% 86,4% 90,2% - 92,0% 96,7% 98,6% 88,7% 93,5% 100%
SweClockers (5T, 720p 1%) 80,8% 88,4% 90,1% 68,0% 88,8% 91,6% 90,3% 92,7% 97,6% 100%
TechPowerUp (10T, 720p avg) 94,5% 101,1% 106,8% - 101,2% 105,7% 105,1% 93,7% - 100%
TechSpot (10T, 1080p 1%) 88,1% 95,9% 102,4% - 96,0% 102,2% 105,0% 92,0% - 100%
gemittelte Spiele-Performance 81,4% 89,2% 95,5% 76,6% 94,6% 98,5% 100,2% 89,8% 96,1% 100%
TDP 125W 125W 125W 95W 65W 105W 105W 125W 125W 125W
Listenpreis $237 $349 $472 $249 $299 $449 $549 $237 $374 $519
Straßenpreis (ab) 190€ 290€ 430€ 230€ 310€ 425€ 800€ 235€ 390€ 640€
Performance-Durchschnitt gemäß geometrischem Mittel, gut gewichtet zugunsten jener Hardwaretests mit besserer Werte-Skalierung; Listenpreise: AMD = boxed, Intel = tray für KF-Modelle; Straßenpreise: Bestpreise zum Stand 5. März 2021 für lieferbare Angebote (egal ob tray oder boxed); gesamte ausgewertete Benchmark-Anzahl: ca. 850

Bei der Spiele-Performance kommt Rocket Lake generell besser weg, erzielt sogar im reinen Achtkern-Feld einen Punktsieg gegenüber Zen 3 – der Core i9-11900K/KF positioniert sich um +1,5% vor den Ryzen 7 5800X. Die durch Vorabtests geweckte Befürchtung über eine eventuelle "Spiele-Schwäche" bei Rocket Lake bestätigt sich eindeutig nicht – jene ergibt sich allein über den Testansatz von AnandTech, welcher abweichend von den anderen Hardwaretests die Zen-3-Prozessoren unter Spielen stark bevorteilt. Ganz für die Spitze reicht es für Rocket Lake aber auch nicht, denn der Ryzen 9 5900X ist nochmals um einen Hauch aka +0,2% schneller. Jene Differenzen sich aber natürlich zu klein sind, um irgendwelche klaren Sieger zu erklären. Mit der Hinzunahme anderer Werte oder aber nur einer anderen Gewichtung könnten sich diese Rang-Verhältnisse durchaus umkehren. Grob kann man beim Core i9-11900K/KF von einer Spiele-Performance an der absoluten Leistungsspitze sprechen – aber auch nicht wirklich schneller als Ryzen 7 5800X oder Ryzen 9 5900X.

Wie schon bei den Anwendungs-Benchmarks hängt der Core i7-11700K/KF auch bei der Spiele-Performance nur knapp hinter dem Core i9-11900K/KF, ist somit aus Preis/Leistungs-Sicht immer vorzuziehen. Gegenüber Comet Lake legt Rocket Lake bei den einzelnen Modellen zwischen +5-10% oben drauf, wobei der Performance-Effekt im Sechskern-Feld zwischen Core i5-10600K/KF und Core i5-11600K/KF mit einem Performanceplus von +10,3% am stärksten ausfällt. Aufgrund der weitaus geringeren Skalierung der Spiele-Performance gegenüber der Anwendungs-Performance liegen allerdings mehr oder wenige alle getesteten Prozessoren recht nahe beieinander – außerhalb von Core i5-10600K/KF und Ryzen 5 3600XT sind es grob nur 12% Performance-Spanne zwischen kleinstem und größtem Prozessor (von Core i7-10700K/KF zu Ryzen 9 5900X). Dies wird in der Praxis somit keine wirkliche Rolle spielen, alle diese Prozessoren sind (bis auf die beiden genannten Ausnahmen) letztlich ähnlich gut für den Spiele-Einsatz geeignet.