Chip-Spezifikation zu AMD RDNA3 und nVidia Ada im Vergleich

Donnerstag, 17. März 2022
 / von Leonidas
 

Die Diskussion über die kommenden 5nm-Grafikchips läuft schon seit letztem Sommer, seinerzeit waren immerhin schon die Spezifikationen der jeweiligen Top-Chips von AMDs RDNA3-Generation und nVidias Ada-Generation (vormals "Lovelace"-Generation) bekannt. In der Zwischenzeit hat sich das Bild hierzu weiter verdichtet und ist nun erstmals mit dem Vorliegen der Chip-Spezifikationen der weiteren Ada-Grafikchips ein vollständiger Vergleich zwischen diesen beiden 5nm-Generationen möglich. Zwar liegt es derzeit noch im Feld der Spekulationen, welche konkreten Grafikkarten AMD & nVidia aus der vorhandenen Hardware ableiten, doch die grundsätzliche Hardware auf Chip-Ebene dürfte feststehen bzw. über das Design-Ende hinaus sein. Damit ist eine grobe Beurteilung dessen, was zu erwarten ist, durchaus schon möglich und soll nachfolgend auf Basis der derzeit vorliegenden Informationen angetreten werden.

Ausgangspunkt aller Betrachtungen ist, dass dass Performance-Level an der absoluten Leistungsspitze gemäß allen Gerüchten wohl ziemlich ähnlich bei AMD und nVidia herauskommen soll. Nach der aktuellen Gerüchtelage soll RDNA3 eine 2,3fache Performance gegenüber der GeForce RTX 3090 hinlegen, Ada hingegen eine 2-2,5fache Performance. Damit kann letztlich alles passieren: AMD um 10% vorn, nVidia um 10% vorn, ein kleinerer Performance-Abstand oder ein faktischer Performance-Gleichstand sind allesamt denkbar. Vor allem aber dürfte ein etwaiger Sieg mit einem vergleichsweise kleinen Vorsprung errungen werden – wie gesagt wahrscheinlich nicht wesentlich mehr als +10% (oder eben kleiner). Alle nachfolgend bewerteten Hardware-Daten folgen dann letztlich dieser Vorhersage, dass es an der Leistungsspitze innerhalb der 5nm-Generation zwischen AMD RDNA3 und nVidia Ada ein vergleichsweise knappes Rennen mit (derzeit) ungewissem Ausgang geben soll.

AMD RDNA3 nVidia Ada
4K-Performance vorherige Spitzenlösung Radeon RX 6900 XT: 348% GeForce RTX 3090: 376%
Next-Gen Performance-Sprung lt. Greymon55 x2.5 (ggü 6900XT) x2-2.5 (ggü 3090)
Next-Gen Performance gegenüber GeForce RTX 3090 2,3fach 2-2,5fach
(Next-Gen Perf-Sprung gemäß früheren Gerüchten) (2,5-2,7fach ggü 6900XT) (1,9-2,0fach ggü 3090)
Anmerkung: Fehlbare Auslegungen auf Basis unbestätigter Gerüchte.

Stimmt diese Performance-Vorhersage, läßt sich zudem bereits eine erste Erkenntnis auf Technik-Seite ableiten: Für die RDNA3-Generation bzw. den Spitzenchip "Navi 31" steht für eine (angeblich) 2,5fache Performance gegenüber der Radeon RX 6900 XT ein offenbar problemlos ausreichender Sprung bei der FP32-Rechenleistung zur Verfügung: Von 23 auf ~77 TFlops, was immerhin das 3,3fache an FP32-Rohpower ist. Auf nVidia-Seite soll der Performance-Sprung von dem 2-2,5fachen gegenüber der GeForce RTX 3090 hingegen mit "nur" dem 2,3-2,5fachen an FP32-Power erreicht werden (von 37 auf ~85-92 TFlops). Selbst wenn die tatsächlichen Werte noch etwas schwanken können, ist das Mißverhältnis zwischen beiden Ansätzen offensichtlich. Entweder wird AMD bei der RDNA3-Architektur bei der Ausnutzung der FP32-Power weniger effizient sein (womöglich eine Nebenfolge der MCM-Konstruktion) – oder aber nVidia legt bei der Ada-Architektur wieder an FP32-Effizienz hinzu, reduziert die diesbezügliche Schwäche der Ampere-Architektur. Da man kaum jemals eine 2,5fache Performance mit "nur" der 2,5fachen Rechenleistung erzielt, scheint eine gewisse Verbesserung der FP32-Effizienz bei "Ada" bedingungslos – wobei natürlich am Ende auch beide Effekte gleichzeitig am Wirken sein können.

Damit dürfte sich eine Situation wie bei der Ampere/RDNA2-Generation nicht wiederholen, wo sich Navi 21 und GA102 mit sehr deutlich voneinander abweichenden Rechenleistungen gegenüberstanden (23 vs. 37 TFlops gemäß Realtakt) – und nVidia in der Spitze gerade einmal um +8% Mehrperformance gewann. Vielmehr scheint es innerhalb der kommenden Ada/RDNA3-Generation wieder so zu sein, dass man die FP32-Rechenleistungen grob vergleichen kann bzw. dass jene bei gleich schnellen Grafikchips zumindest in einem ähnlichen Feld liegen sollten. Ansonsten wären Navi 31 mit ~77 TFlops und AD102 mit ~85-92 TFlops letztlich nicht auf dieselbe Performance-Region einzuschätzen. Dies wäre somit bei allen nachfolgenden Chip-Vergleichen einzukalieren. Genauso ist auch ein gewisser Effizienz-Verlust der MCM-Konstruktionen auf AMD-Seite einzurechnen – welcher dann jedoch nicht für den monolithischen Chip "Navi 33" zutrifft. Nochmals ganz anders sind dann die Vergleiche im Mainstream- und Einsteiger-Feld zu betrachten, da AMD dort innerhalb der kommenden Grafikkarten-Generation (voraussichtlich) weiterhin mit RDNA2-Grafikchips antritt.

Anzumerken für die nachfolgenden Vergleiche der bekannten Chip-Spezifikationen ist letztlich noch der Punkt, dass die Rohleistungs-Angaben allesamt auf Berechnungen der vollen Hardware mit den derzeit bekannten Gerüchten zum jeweiligen Chiptakt basieren. Sollte es beim Chiptakt deutliche Abweichungen geben, kommen logischerweise auch entsprechend andere Rohleistungen heraus. Jene werden zudem von dem Punkt beeinflußt, inwiefern AMD & nVidia tatsächlich Vollausbau-Varianten ihrer Chips in den Markt entlassen. nVidia macht dies inzwischen allerhöchstens bei Refreshes, nicht aber im initalen Produkt-Portfolio – während es bei AMD dagegen üblicherweise Vollausbau-Varianten von Anfang an gibt. Dies muß allerdings bei der RDNA3-Generation nicht zwingend weitergeführt werden, eventuell macht es für AMD speziell bei den beiden MCM-Konstruktionen Sinn, den Weg von nVidia zu gehen. Da dies derzeit allesamt noch nicht abschätzbar ist, wurde wie gesagt durchgehend mit dem jeweiligen Vollausbau gerechnet.

Der erste Vergleich läuft mit den Spitzen-Chips Navi 31 und AD102: Hierbei stehen sich wie gesagt ~77 TFlops und ~85-92 TFlops gegenüber, sprich ein gewisser nVidia-Vorteil – trotzdem soll es wie gesagt dieselbe Performance zwischen diesen Spitzen-Chips geben. Dies ist nur möglich, wenn die FP32-Effizienz bei beiden Ansätzen passabel ähnlich ausfällt, wofür insbesondere nVidia die eigene FP32-Effizienz zwischen Ampere und Ada doch einigermaßen steigern muß. Bezüglich des Speicherinterfaces stehen sich 256 Bit mit vermutlich 256 MB Infinity Cache sowie 384 Bit mit 96 MB Level2-Cache gegenüber, was sich wohl grob ausgleichen dürfte. Interessant wird die Frage der Speichermengen: Bei nVidia stehen 24 GB in der Spitze und 20 GB für eine potentielle Salvage-Lösung faktisch fest, während AMD die Wahl zwischen 16 oder 32 GB Grafikkartenspeicher hat. Die kleinere Option hat dabei auch direkte Auswirkungen auf die Speicher-Ansetzung der kleineren Chips des AMD-Portfolios, will also wohl überdacht sein.

Enthusiast AMD Navi 31 nVidia AD102
Chip ~800mm², MCM (2 GCD + MCDs), 5nm TSMC ~600mm², monolithisch, 5nm TSMC
Hardware 60 WGP (15'360 FP32) @ ~2.5 GHz (~77 TFlops) 144 SM (18'432 FP32) @ ~2.3-2.5 GHz (~85-92 TFlops)
Cache vermutlich 256 MB Infinity Cache 96 MB Level2-Cache
Speicher 256 Bit, 16 oder 32 GB GDDR6 384 Bit, 24 GB GDDR6/X
Grafikkarten Radeon RX 7900 Serie: 7900 XT & 7900 GeForce RTX 4090, womöglich GeForce RTX 4080 oder 4080 Ti
Release angeblich Jahresanfang 2023 angeblich September 2022
Block-Diagramm Nutzer-erstelltes Block-Diagramm zu AMDs Navi 31 (by Olrak29, Feb 2022)
AMD Navi 31 Block-Diagramm
nVidia AD102 Block-Diagramm (by Olrak29)
nVidia AD102 Block-Diagramm
Anmerkung: Angaben zu noch nicht vorgestellter Hardware basieren auf Gerüchten & Annahmen

Beachtbar sind zudem die Auswirkungen der vergleichsweise weit auseinanderliegenden Release-Termine: Denn während Navi 31 erst zum Jahresanfang 2023 zu erwarten ist (woraus durchaus das Frühjahr 2023 werden kann), dürfte AD102 den Startschuß der Ada-Generation bereits im September 2022 geben. Durch das spätere Nachfolgen des eigentlichen Kontrahenten ist nVidia wahrscheinlich dazu gezwungen, sich vergleichsweise kleine Reserven bei seinen ersten AD102-Grafikkarten zu lassen. Immerhin muß nVidia in dieser Release-Ansetzung befürchten, nur wenige Monate später auf dem kalten Fuß erwischt zu werden. Und selbst bei einem letztlich zurückhängenden Produkt ist es besser, sich anfänglich so gut wie möglich zu präsentieren, um dem später folgenden Rivalen so viel wie möglich an Marktpotential bereits weggenommen zu haben, eher selbiger erscheint. Die derzeit wieder zu lesenden Hinweise auf einen hohen Stromverbrauch (von bis zu 600 Watt) bei AD102-Karten deuten durchaus in die Richtung, dass nVidia von Anfang an mit der Brechstange loszulegen gedenkt.

Anzunehmenderweise dürften beide Enthusiasten-Ansätze allerdings für wirklich teure Grafikkarten stehen, auch AMD wird für Navi 31 dann sicherlich auf vierstellige Listenpreise hochgehen. Demzufolge könnten für viele Anhänger von hoher Performance, aber trotzdem sinnvollen Preislagen eher die jeweils zweitbesten Chips im Portfolio interessant werden – Navi 32 und AD103. Beide bieten mit jeweils gut 10'000 FP32-Einheiten immer noch deutlich mehr als die aktuellen Spitzenlösung der Ampere/RDNA2-Generation, könnten es aber durchaus noch auf knapp dreistellige Preislagen schaffen. Zwischen beiden Ansätzen ergeben sich dabei allerdings unterschiedlich starke Differenzen zum jeweils nächsthöheren Grafikchip: Während Navi 32 voraussichtlich nur ca. 26-31% weniger Rechenleistung als Navi 31 aufweist, liegt AD103 in dieser Disziplin dann schon (voraussichtlich) um ca. 41-42% zurück.

High-End AMD Navi 32 nVidia AD103
Chip MCM (2 GCD + MCDs), 5nm TSMC monolithisch, 5nm TSMC
Hardware 40 WGP (10'240 FP32) @ ~2.6-2.8 GHz (~53-57 TFlops) 84 SM (10'752 FP32) (~49-54 TFlops)
Cache vermutlich 192 MB Infinity Cache 64 MB Level2-Cache
Speicher 192 Bit, 12 oder 24 GB GDDR6 256 Bit, 16 GB GDDR6/X
Grafikkarten Radeon RX 7800 Serie: 7800 XT & 7800 von GeForce RTX 4060 Ti bis 4080 alles noch denkbar
Release vermutlich Frühling 2023 vermutlich Oktober bis Dezember 2022
Block-Diagramm Nutzer-erstelltes Block-Diagramm zu AMDs Navi 32 (by Olrak29, Feb 2022)
AMD Navi 32 Block-Diagramm
nVidia AD103 Block-Diagramm (by Olrak29)
nVidia AD103 Block-Diagramm
Anmerkung: Angaben zu noch nicht vorgestellter Hardware basieren auf Gerüchten & Annahmen

Dies läßt sich auch gut anhand des Rohleistung-Verhältnisses zeigen: Navi 31 soll so schnell wie AD102 sein, trotz seitens AMD etwas zurückhängender FP32-Rechenleistung. Zwischen Navi 32 und AD103 liegt dann allerdings der AMD-Chip bei der FP32-Rechenleistung sogar knapp vorn – was eigentlich darauf hinauslaufen sollte, dass in diesem Vergleich Navi 32 einen natürlichen Vorteil hat. Bei den Speichermengen erscheint AD103 ziemlich sicher auf 16 GB festgenagelt, während AMD sich zwischen 12 oder 24 GB entscheiden muß. Terminlich sollte AD103 noch vor Jahresende 2022 antreten, während Navi 32 vergleichsweise spät erst im Frühjahr 2023 zu erwarten ist. Hier kann nVidia natürlich viel an möglichem Umsatz bereits abgrasen, bevor AMD seine – mutmaßlich – stärkere Lösung für diesen Preisbereich überhaupt erst in den Markt bringt.

Beim Vergleich von Navi 33 und AD104 geht es dann klar ins Midrange-Segment und somit zu den wirklich bezahlbaren Grafikkarten. Gleichfalls ändert sich die technische Ansetzung auch ein wenig: Auf AMD-Seite kommt kein MCM-Design, sondern wieder ein monolithischer Chip zum Einsatz – welcher dann allerdings abweichend von Navi 31/32 nur noch aus der 6nm-Fertigung kommt. Gleichfalls liegt zu jenem Navi-33-Chip als einzigem der kleineren Chips eine gewisse Performance-Prognose vor: Das Niveau des Navi-21-Chips plus etwas mehr soll es werden. Dies erscheint nicht einfach zu realisieren angesichts von nur leicht mehr FP32-Rechenleistung, einem allerdings halbierten Speicherinterface und in jedem Fall nicht mehr Infinity Cache gegenüber Navi 21 (eine genauso Halbierung des Infinity Caches verbietet sich damit bei Navi 33).

Midrange AMD Navi 33 nVidia AD104
Chip ~440mm², monolithisch, 6nm TSMC monolithisch, 5nm TSMC
Hardware 16 WGP (4096 FP32) @ ~2.8-3.0 GHz (~23-25 TFlops) 60 SM (7680 FP32) (~35-40 TFlops)
Cache vermutlich 128 MB Infinity Cache 48 MB Level2-Cache
Speicher 128 Bit, 8 oder 16 GB GDDR6 192 Bit, 12 GB GDDR6/X
Grafikkarten Radeon RX 7700 Serie: 7700 XT & 7700 von GeForce RTX 4050 Ti bis 4070 alles noch denkbar
Release angeblich Oktober 2022 vermutlich Oktober-Dezember 2022
Block-Diagramm Nutzer-erstelltes Block-Diagramm zu AMDs Navi 33 (by Olrak29, Feb 2022)
AMD Navi 33 Block-Diagramm
nVidia AD104 Block-Diagramm (by Olrak29)
nVidia AD104 Block-Diagramm
Anmerkung: Angaben zu noch nicht vorgestellter Hardware basieren auf Gerüchten & Annahmen

Vor allem aber kehren sich in diesem Vergleich die Differenzen zu den höheren Grafikchips deutlich um: Denn Navi 33 verliert bei der reinen FP32-Rechenleistung immerhin ca. 56-57% auf Navi 32, hat also sogar weniger als die Hälfte von dessen Rohpower. Der AD104-Chip weist hingegen eine nur um ca. -40% gegenüber AD103 niedrige FP32-Rechenleistung hat, liegt also deutlich näher an seinem nächsthöheren Grafikchip dran als Navi 33. Der Blick auf die puren FP32-Rechenleistungen zeigt mit ~23-25 TFlops bei Navi 33 gegenüber ~35-40 TFlops genauso einen großen Vorteil auf nVidia-Seite an: Denn während der nVidia-Vorteil bei den Spitzenchips Navi 31 vs. AD102 sich auf +10-19% beläuft, sind es zwischen Navi 33 und AD104 gleich +52-60%. Insofern ist es unwahrscheinlich, dass AMD in diesem Vergleich überhaupt nur in die Nähe von nVidia kommt – im Midrange-Segment hat nVidia mit dem AD104 augenscheinlich die besseren Aussichten.

Erschwerend kommt hinzu, dass AD104 ziemlich sicher mit 12 GB Grafikkartenspeicher antritt – und dies AMD in eine schwierige Lage bei Navi 33 bringt. Alle ursprünglichen Meldungen nach sollte jener Grafikchip mit nur 8 GB VRAM antreten, was ja auch zum 128-Bit-Speicherinterface passt. Gegenüber AD104 würde man damit allerdings die klar unattraktive Speichermenge bieten – selbst AMDs eigene Grafikkarten eine Klasse tiefer mit gleich 12 GB VRAM (bei Navi 22S) würden dies untermauern. Insofern wäre für Navi 33 eher eine Speichermenge von 16 GB anzuraten, was dann jedoch auch Auswirkungen auf die größeren Chips des Portfolios hätte. Gut auflösen kann AMD dieses Dilemma nur, wenn man Speicherchips mit 3 GByte Kapazität fertigen lassen könnte – damit wäre Navi 33 auch mit 12 GB Grafikkartenspeicher möglich. Terminlich sind beide Lösungen grob zum selben Zeitpunkt ab Oktober 2022 zu erwarten – Navi 33 soll wie bekannt den Startschuß zur RDNA3-Generation geben, nicht die größeren Chips des RDNA3-Portfolios.

Der Mainstream-Bereich sieht mit dem Vergleich von Navi 22S und AD106 einen nochmaligen Technologie-Wechsel: Denn unterhalb von Navi 33 soll es wohl keine weiteren RDNA3-Chips mehr geben, AMD somit den Bereich mit 6nm-Refreshes der RDNA2-Generation füllen. Damit läßt sich das Performance-Level dieser AMD-Karten schon ganz gut abschätzen und geht es "nur" darum, wo die entsprechenden Ada-Chips herauskommen. Der AD106 hat dabei deutliche Vorteile bei der FP32-Rechenpower, immerhin +62-71% auf nVidia-Seite dürften für Navi 22S unbezwingbar sein – selbst nicht über (nochmals) höhere Taktraten. Beim Speicherinterface liegt hingegen AMD mit 192 Bit plus 96 MB Infinity Cache gegenüber 128 Bit mit 32 MB Level2-Cache klar vorn – nebenbei auch eine deutliche Umkehr des Verhältnisses gegenüber den größeren Chips der Ada/RDNA3-Generation, wo nVidia überall die größeren Speicherinterfaces hat.

Mainstream AMD Navi 22S  (RDNA2) nVidia AD106
Chip ≤335mm², monolithisch, 6nm TSMC monolithisch, 5nm TSMC
Hardware 20 WGP (2560 FP32) (~13-14 TFlops) 36 SM (4608 FP32) (~21-24 TFlops)
Cache 96 MB Infinity Cache 32 MB Level2-Cache
Speicher 192 Bit, 12 GB GDDR6 128 Bit, 8 GB GDDR6/X
Grafikkarten Radeon RX 7600 XT, womöglich Radeon RX 7600 von GeForce RTX 4050 bis 4060 alles noch denkbar
Release vermutlich ab Jahresanfang 2023 vermutlich Jahresanfang 2023
Block-Diagramm AMD Navi 22 Block-Diagramm (by Locuza)
AMD Navi 22 Block-Diagramm
nVidia AD106 Block-Diagramm (by Olrak29)
nVidia AD106 Block-Diagramm
Anmerkung: Angaben zu noch nicht vorgestellter Hardware basieren auf Gerüchten & Annahmen

Dennoch dürfte dies kaum ausreichen, auf dass AD106 diesen Vergleich nicht dennoch spielend gewinnt – zu groß ist der nVidia-Vorteil bei der reinen Rechenleistung. AMD kann eventuell mit der besseren Speicherbestückung etwas an Boden in der Käufergunst gewinnen, denn regulär sollten sich hier 12 GB auf AMD-Seite und 8 GB auf nVidia-Seite gegenüberstehen. An dieser Stelle wäre es dann wiederum für nVidia angebracht, über die Fertigung von Speicherchips mit 3 GByte Kapazität nachzudenken – damit wäre dann auch am 128-Bit-Interfaces des AD106-Chips eine VRAM-Menge von 12 GB zu realisieren. Terminlich liegt dieser Vergleich komplett im Jahr 2023: Der AD106-Chip dürfte nicht vor Jahresanfang 2023 erscheinen, während AMD womöglich erst die Radeon RX 6000 Grafikkarten auslaufen läßt, ehe dieser Refresh erscheint.

Und letztlich stehen sich im Einsteiger-Bereich dann noch Navi 23S und AD107 gegenüber. Auch hier gilt wieder der Einwand, dass es auf AMD-Seite "nur" einen RDNA2-Refresh gibt. Dafür allerdings gleichen sich die Hardware-Daten dann wieder etwas an, denn Navi 23 ist gegenüber Navi 22 bekannterweise deutlich weniger abgespeckt, als es AD107 gegenüber AD106 sein wird. Nichtsdestotrotz spricht die reine FP32-Rechenleistung mit +40-45% weiterhin klar für nVidia, zudem fehlt hier auf AMD-Seite nunmehr ein Vorteil beim Speicherinterface oder/und Infinity Cache – jene sind zwischen diesen beiden Grafikchips sogar komplett identisch. Da es bei den gebotenen Speichermengen mit (voraussichtlich) 8 GB keinen Unterschied geben wird, sollte nVidia auch in diesem Vergleich klar vorn liegen.

Entry AMD Navi 23S  (RDNA2) nVidia AD107
Chip ≤236mm², monolithisch, 6nm TSMC monolithisch, 5nm TSMC
Hardware 16 WGP (2048 FP32) (~10-11 TFlops) 24 SM (3072 FP32) (~14-16 TFlops)
Cache 32 MB Infinity Cache 32 MB Level2-Cache
Speicher 128 Bit, 8 GB GDDR6 128 Bit, 8 GB GDDR6
Grafikkarten Radeon RX 7500 XT, womöglich Radeon RX 7500 unklar, möglicherweise GeForce RTX 4050 (oder kleiner)
Release vermutlich ab Jahresanfang 2023 vermutlich Jahresanfang 2023
Block-Diagramm AMD Navi 23 Block-Diagramm (by Locuza)
AMD Navi 23 Block-Diagramm
nVidia AD107 Block-Diagramm (by Olrak29)
nVidia AD107 Block-Diagramm
Anmerkung: Angaben zu noch nicht vorgestellter Hardware basieren auf Gerüchten & Annahmen

Abseits dieser genannten Grafikchips dürfte AMD auch noch den Navi-24-Chip weiterpflegen bzw. wahrscheinlich mit Refresh-Grafikkarten innerhalb der "Radeon RX 7000" Serie bedenken. Navi 24 benötigt hierfür keinen Chip-Refresh, da initial bereits unter der 6nm-Fertigung aufgelegt. Auf nVidia-Seite gibt es hierfür dann keinen echten Counterpart, da nVidia Grafikchips für absolute LowCost-Bedürfnisse (meistens mit Codename "XX008") nur einmal aller paar Chip-Generationen auflegt. Derzeit wird hierfür der GP108 aus der Pascal-Generation gepflegt, welcher mit seinem Spitzen-Produkt "GeForce GT 1030" aber nicht einmal ein Gegner des Navi 24 ist. Sofern sich mit dem Ada/RDNA3-Launch die Grafikkarten-Preise beruhigen sollten, dürfte der Blick im Einsteiger-Bereich aber generell wieder auf tatsächlich nutzvolle Lösungen gehen – sprich mindestens Navi 23S oder AD107 mit jeweils 128-Bit-Interface samt 8 GB VRAM.

Den vorherigen Ausführungen ist somit schon zu entnehmen, dass die Chip-Ansetzungen ab dem Midrange-Segment nicht wirklich direkte Kontrahenten-Pärchen ergeben. Dies trifft sicherlich auf Navi 31 vs. AD102 sowie Navi 32 vs. AD103 zu, bei den kleineren Chips der Ada/RDNA3-Generation hingegen nicht mehr. So erscheint Navi 33 sich von der Performance-Klasse her eher dem AD106-Chip zuzuneigen als dem AD104-Chip – womit letzterer ein wenig allein auf weiter Flur steht. Und noch weiter unten kommen sich eher Navi 22S und AD107 näher, als denn der klar kleiner angesetzte Navi-23S-Chip. Wirklich in Schlagweite sind diese Chip-Konstellationen im Mainstream- und Midrange-Segment aber auch nicht – die richtigen Zweikämpfe finden wohl nur im HighEnd- und Enthusiasten-Segment statt.

Dabei sollte klar sein, dass alle Zwischenbereiche natürlich von entsprechenden Salvage-Lösungen der nächstgrößeren Chips besetzt werden – und es somit nirgendwo zu der Situation kommen wird, dass AMD & nVidia einen Preisbereich unbesetzt lassen. Dies bedeutet beispielsweise im Fall des AD104-Chips, dass jener vermutlich von AMD mit einer Salvage-Version des Navi 32 gekontert wird. Unter Umständen könnte selbige dann sogar die bessere Lösung in diesem Preisbereich sein, dies läßt sich derzeit mangels konkreter Daten zu den einzelnen Grafiklösungen der Radeon RX 7000 und GeForce RTX 40 Serien logischerweise noch überhaupt nicht ermessen. Denn an dieser Stelle sollte es erst einmal nur um eine grundsätzliche Einordnung der einzelnen Ada/RDNA3-Grafikchips (auf Basis des derzeit bekannten, aber natürlich durchaus fehlbaren Wissens) gehen. An alles weitere wird man sich mit zukünftigen Artikeln herantasten müssen.

Nachtrag vom 20. März 2022

Twitterer Greymon55 spricht von einem möglicherweise etwas niedrigerem realen Performance-Effekt der kommenden 5nm-Grafikchips (bezogen natürlich auf deren absolute Spitzen-Lösungen). Es besteht somit die Chance, dass das von den Grafikchip-Entwicklern angesetzte Performance-Ziel in der Praxis nicht gänzlich eingehalten werden kann. Aktuell geht der Twitterer daher von einer Realperformance bei Navi 31 von dem 2,1-2,2fachen gegenüber Navi 21 aus, sowie bei AD102 von dem 1,8-2fachen einer GeForce RTX 3090. Dies ist in der Tat ein gewisser Rückschritt gegenüber den Performance-Zielen, welche zuletzt im Februar mit dem 2,5fachen auf AMD-Seite sowie dem 2-2,5fachen auf nVidia-Seite genannt wurden. Die im letzten Sommer genannten Performance-Ziele waren davon auch nochmals etwas abweichend, wenngleich auf AMD-Seite höher, aber auf nVidia-Seite niedriger liegend.

Generally there will be some deviation between the design goal and the final performance, which may be higher or lower than the design goal. N21, for example, was designed for 1.4x 2080Ti, but actually comes out a little bit lower than that.
Quelle:  Greymon55 @ Twitter am 20. März 2022
 
If we lower our expectations, I think the actual performance n31=2.1-2.2x n21, 4090=1.8-2x 3090 is reasonable.
Quelle:  Greymon55 @ Twitter am 20. März 2022

Dabei dürfte es wohl auch bei früheren Grafikchip-Generation immer schon gewisse Abweichungen zwischen Performance-Ziel und real erreichtem Performance-Zuwachs gegeben haben – bei den meisten Grafikchip-Generationen lagen nur nicht derart umfassende Informationen bereits weit vor Launch vor. Dass zudem bei beiden Grafikchip-Entwicklern die Performance-Erwartung reduziert werden mussten, deutet auf ein gemeinsames Problem bei der Performance-Skalierung mit derart hoher Einheiten-Anzahl hin. Eventuell kommen AMD & nVidia hier an Grenzen der Skalierbarkeit mit den bisherigen Grafikchip-Ansätzen – wofür man somit in zukünftigen Generationen dann neue Wege gehen muß. Möglicherweise reicht auch schlicht die zur Verfügung stehende CPU-Power nicht aus, um die vorhandene Rohleistung voll auszufahren – oder es gibt an anderen Stellen unerwartete Limitationen.

Nach wie vor gilt im übrigen, dass die beiderseitigen Performance-Prognosen AMD leicht im Vorteil sehen, allerdings auch ein echter Gleichstand sowie geringfügiger Vorteil nVidias möglich wäre. Auf AMD-Seite ist zwar der Performance-Sprung nominell etwas größer, geht allerdings mit dem Navi-21-Chip bzw. der Radeon RX 6900 XT auch von einem etwas niedrigeren Startniveau aus. Rechnet man dies mit exakten Zahlen zur Performance von Radeon RX 6900 XT und GeForce RTX 3090 hoch, sollte Navi 31 im 3DCenter UltraHD/4K Performance-Index bei zwischen 730% bis 766% landen – während für AD102 zwischen 677% bis 752% anzunehmen sind. Die hohen absoluten Zahlen täuschen dabei etwas über die relativen Differenzen: Bei der am unteren Rand liegenden Performance-Prognose läge der Abstand zwischen AMD und nVidia gerade einmal bei 8%, bei der am höchsten Rand liegenden Prognose sind es nur knapp 2%. In der Summe sind also vergleichsweise geringe Performance-Differenzen zwischen den Spitzenchips der 5nm-Generation zu erwarten – zumindest laut den derzeit vorliegenden Prognosen.

AMD RDNA3 nVidia Ada
4K-Performance bisherige Spitzenlösung Radeon RX 6900 XT: 348% GeForce RTX 3090: 376%
Next-Gen Performance-Sprung lt. Greymon55 2.1-2.2x (ggü 6900XT) 1.8-2x (ggü 3090)
Next-Gen Performance gegenüber GeForce RTX 3090 1,9-2fach 1,8-2fach
Performance-Sprung gemäß früheren Gerüchten Februar 2022: 2,5fach ggü 6900XT
Sommer 2021: 2,5-2,7fach ggü 6900XT
Februar 2022: 2-2,5fach ggü 3090
Sommer 2021: 1,9-2,0fach ggü 3090
Anmerkung: Fehlbare Auslegungen auf Basis unbestätigter Gerüchte.