23

News des 23. Juli 2024

Ein seitens VideoCardz gefundenes, erstes Review zum Ryzen 9 9900X seitens des italienischen YouTube-Kanals "SaddyTech" zeigt eine Gaming-Performance des Ryzen 9 9900X an, welche jene des Ryzen 7 7800X3D durchgehend nicht erreicht. Im genauen ist es unter FullHD sogar ca. –8% weniger als beim 7800X3D, unter den höheren Auflösungen rücken dann die Werte wegen der steigenden Grafikkarten-Limitierung näher zusammen (schön allerdings zu sehen, wie dies unter 1% low fps nur marginal passiert). In jedem Fall ist dieses Ergebnis deutlich abweichend von dem, was AMD zuletzt zu seinem TechDay versprochen hatte: Da wollte man den Ryzen 9 9900X unter Gaming noch bedeutsam vor einem Core i9-14900K sehen, gleichfalls sollte schon der Ryzen 7 9700X den Ryzen 7 7800X3D um +2% schlagen können.

Gaming Performance FullHD/1080p WQHD/1440p 4K/2160p
Ryzen 7 7800X3DRyzen 9 9900X gemäß SaddyTech (avg fps) 91,3% 94,6% 96,2%
selbiger Vergleich seitens SaddyTech unter 1% low fps 91,7% 91,8% 92,8%
selbiger Vergleich gemäß AMD-Vorgabe (+2% auf 9700X) ~103%
selbiger Vergleich gemäß 3DCenter-Prognose (1% low fps) ~90½%
Hinweise: Einzel-Werte ausgewertet nach geometrischem Mittel, 100% = durchgehend Ryzen 7 7800X3D

Letztere AMD-Aussage läßt sich ganz gut auf den Vergleich dieses ersten Ryzen 9 9900X Reviews interpolieren, da zwischen Achtkerner und 12-Kerner unter Gaming üblicherweise kaum Performance-Unterschiede existieren, zu Zeiten des Launches des Ryzen 7 7800X3D waren es +1,1%. Ergo sollte der Ryzen 9 9900X gemäß AMD hier bei ~103% (zum Ryzen 7 7800X3D) herauskommen – real sind es wie zu sehen 91,7%, was sehr nahe an der 3DCenter-Prognose liegt, welche umgerechnet bei ~90½% herauskommt. Jetzt muß dieses erste Video-Review nicht der Weisheit letzter Schluß sein, allerdings sind derart große Differenzen gerade im Gaming-Bereich schwerlich über denkbarerweise falsche Benchmark-Verfahren oder noch nicht optimale BIOS-Settings wieder zu richten. Die größere Chance liegt nunmehr darin, dass AMDs eigene Performance-Behauptungen zu Zen 5 deutlich nicht gehalten werden können.

Zum Fall der Stabilitäts-Probleme von Intels "Raptor Lake" gibt es noch zwei kleinere und einen größeren Nachtrag: Erstens berichtet Twitterer Dylan Browne von einer 50%igen Ausfallrate dieser Intel-Prozessoren in seinem Umfeld – wo es um die Kreation visueller Effekte für das Film-Geschäft geht. Ein "Ausfall" bedeutet in diesem Sinne keinen Totalschaden, aber allein die üblichen Anwendungs-Abstürze sind im professionellen Umfeld natürlich untragbar, da jene sowohl laufende Arbeit anhalten als auch bereits geleistete Arbeit teilweise vernichten. Zudem wirft der zuletzt überaus aktive Leaker Jaykihn die Theorie ins Feld, dass die Grundursache hierbei in zu hohen Idle- bzw. Niedriglast-Spannungen liegen soll. Dies ist deutlich abweichender Ansatz gegenüber anderen Thesen, eine weitere Begründung hierzu soll nachgeliefert werden.

For those curious at work our failure rate for our 13900k and 14900k machines is about 50% so far, any new machine builds going to be 9950x's, production environments need reliability.
Quelle:  Dylan Browne @ X am 23. Juli 2024
 
To be 100% clear what I mean by "failure" is exhibiting the widely reported crashes and instability on these CPUs.
Quelle:  Dylan Browne @ X am 24. Juli 2024

After being asked time and time again, I’ll throw my hat into the ring.
My theory can be summarized as that the degradation issue is caused by too-high idle voltages. Just my personal theory. Working on validating it.
I haven’t seen a similar theory proposed by others.

Quelle:  Jaykihn @ X am 23. Juli 2024

In jedem Fall werden Intels jüngste Ausführungen inzwischen breitfächig als zu kurz angesehen – teilweise sogar in die Richtung hin, dass Intel hier nur ein weiteres Problem gefunden hat, aber eben nicht die eigentliche Ursache der Stabilitäts-Probleme. Dass diese Überlegungen durchaus nicht von der Hand zu weisen sind, ergibt sich schon durchs Intels eigene Aussagen. Mehr von diesen kommen aus einem brandneuen Artikel seitens Igor's Lab, welche hierzu Intel-interne Aussagen zitieren, welche bislang noch nicht bekannt waren. Aus jenen wird klar, dass Intel von seinem kommenden Microcode-Patch keineswegs erwartet, dass damit alle betroffenen Systeme wieder klaglos arbeiten. Dies stützt die Aussagen von Tom's Hardware, nachdem der Microcode-Patch eigentlich nur eine Vorsichtsmaßnahme für noch nicht betroffene Prozessoren darstellt, bereits betroffenen Prozessoren jedoch nicht mehr helfen kann.

While Intel has confirmed elevated voltages impact the increase in Vmin, investigation continues in order to fully understand root cause and address other potential aspects of this issue.
 
While this microcode update addresses the elevated voltage aspect of this issue, further analysis is required to understand if this proposed mitigation addresses all scenarios.
 
This microcode update, once validated and released, may not address existing systems in the field with instability symptoms. Systems which continue to exhibit symptoms associated with this issue should have the processor returned to Intel for RMA.

Quelle:  Intel-interne Aussagen, veröffentlich von Igor's Lab am 24. Juli 2024

Ob der Microcode-Patch wenigstens auf einem Teil der betroffenen Systeme zu einer Lösung führt, muß sich noch zeigen. Im eigentlichen wird hiermit allerdings klarer, dass es sich im Grunde um ein Degenerations-Problem handelt – sprich, die zu hohe Spannung oder auch andere Aspekte haben zu einer vorzeitigen Prozessoren-Alterung geführt. Und dies macht das Problem deutlich breiter als nur die konkret betroffenen Prozessoren: Denn prinzipiell könnte somit die komplette Charge an Prozessoren auf Basis des Raptor-Lake-Dies betroffen sein, egal des Suffixes und Einsatzorts. Selbst völlig klaglos und intensiv getestete Prozessoren könnten dieser vorzeitigen Alterung unterworfen sein, somit die bekannten Symptome dann einfach nur später zeigen. Trifft diese These zu, müsste Intel wenigstens ein Tool zur Verfügung stellen, welche die individuelle Betroffenheit eines konkreten Prozessors testen kann – damit man nicht bereits an der Grenze befindliche Prozessoren auf eigenes Risiko versucht weiterzubetreiben.

Alle bisherigen Intel-Maßnahmen sehen leider danach aus, dass man das Problem auf kleinstmöglicher Flamme zu halten versucht. Und sicherlich ist die Mehrheit der Nutzer dieser Prozessoren nicht direkt betroffen. In einer PCGH-Umfrage von diesem Mai gaben nur 16,8% der Besitzer von Intel-Prozessoren an, von dieser Problematik betroffen zu sein (die Zahl dürfte allerdings etwas höher ausfallen, wenn man die Umfrage auf Nutzer der 13. und 14. Core-Generation beschränkt hätte). Allerdings ergibt sich mit den derzeit vorliegenden Hinweisen durchaus die Chance darauf, dass latent alle Raptor-Lake-Prozessoren betroffen sind, sogar unabhängig deren Betriebs-Umstände. Die Hinweise hierzu basieren immerhin auf Intel-internen Aussagen, sind ergo nicht so einfach von der Hand zu weisen. Intel sollte angesichts dessen eigentlich mehr tun, als nur die wenigen sowie kurzen Statements hierzu.

Möglicherweise kann man sich bei Intel an den seinerzeitigen Pentium-FDIV-Bug erinnern, wo man zuerst auch versucht hatte, denn Ball flachzuhalten. Jenes Manöver ging gründlich wie öffentlichkeitswirksam schief, führte zu nachfolgend zitiertem Bekenntnis des seinerzeitigen Intel-Chefs sowie der Abschreibung der Hälfte eines Quartals-Gewinns durch den Austausch von einer Million Prozessoren. Die heutige Vorgehensweise Intels ist nicht wirklich gleichlautend, aber sinngemäß dennoch in derselben Richtung liegend, sich der Sache nicht pro-aktiv zu stellen – nur um es (seinerzeit) nach öffentlichem Druck dann doch zu tun. Der wesentliche Unterschied zu damals liegt allerdings darin, dass Intel derzeit keineswegs mehr so fest im Sattel sitzt wie anno 1994, als zwar mehr CPU-Anbieter existierten, jene jedoch vor allem aus x86-Nachbauern bestanden und Intel gerade die höheren Marksegmente vollkommen besetzt hielt.

I think the kernel of the issue we missed ... was that we presumed to tell somebody what they should or shouldn't worry about, or should or shouldn't do.
Quelle:  Intels damaliger CEO Andy Grove zum Pentium-FDIV-Bug gegenüber dem Wall Street Journal anno 1994, zitiert aus der Wikipedia