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Hardware- und Nachrichten-Links des 28./29. Dezember 2019

In unserem Forum werden die Produkt-Spezifikationen einer Radeon RX 5600 XT von ASRock in Form eines Screenshots der ASRock-Produktwebseite gezeigt – welche dort inzwischen entschwunden sind, von Videocardz allerdings bestätigt werden. Danach soll die "ASRock Radeon RX 5600 XT Challenger D6G OC" mit dem bekannten 192-Bit-Speicherinterface samt 6 GB GDDR6-Speicher auf 3000 MHz (QDR) Speichertakt antreten – zusammen mit allerdings gleich 2304 Shader-Einheiten (36 Shader-Clustern) auf Taktraten von 1235/1460 MHz (Base/durchschnittlicher Boost). Dies wäre dann bezüglich der Shader-Cluster die Hardware-Konfiguration der Radeon RX 5700, auf allerdings viel niedrigeren Taktraten – und käme somit einigermaßen überraschend, denn bisher ging man bezüglich der Radeon RX 5600 XT von einer kräftigeren Abspeckung bei der Anzahl der Shader-Cluster zu allerdings eher normalen Taktraten aus. Dabei können beide Auflösungen natürlich durchaus dieselbe Rechenleistung ergeben – wie auch jene ASRock-Karte (mit angeblich leichter Werksübertaktung) mit 6,7 TFlops Rechenleistung exakt dort herauskommt, wo eine (angenommene) Radeon RX 5600 XT mit 1920 Shader-Einheiten und einem "Game Clock" von 1755 MHz stehen würde (6,7 TFlops):

Radeon RX 5600 XT bisherige These ASRock-Karte
Rechen-Hardware 26-30 Shader-Cluster @ 1605/1755 MHz 36 Shader-Cluster @ 1235/1460 MHz
Speicherinterface 192 Bit GDDR6 @ 3000 MHz (QDR) 192 Bit GDDR6 @ 3000 MHz (QDR)
Rohleistungen 5,8-6,7 TFlops & 288 GB/sec 6,7 TFlops & 288 GB/sec
Overclocking-Spielraum Chip-seitig gering, Speicher-seitig hoch (Annahme) Chip-seitig fett, Speicher-seitig hoch (Annahme)

Damit kommt es letztlich zu sich (derzeit) widersprechenden Angaben zur Hardware-Gestaltung der Radeon RX 5600 XT: Denn die bisherige These schien über eine kürzliche Meldung zu einer Gigabyte-Karte mit einem genannten Referenztakt von 1755 MHz bereits bestätigt – und jene Taktrate sowie die mit der ASRock-Karte genannten 36 Shader-Cluster passen garantiert nicht zusammen, dies würde eine Rechenleistung bemerkbar oberhalb der Radeon RX 5700 ergeben. Irgendeine der beiden Vorab-Meldungen irrt also in jedem Fall – was jederzeit über Copy&Past-Fehler passieren kann: Die zuerst genannten 1755 MHz entsprechen dem "Game Clock" der Radeon RX 5700 XT, die zuletzt gemeldeten 36 Shader-Cluster wie gesagt der Hardware-Gestaltung der Radeon RX 5700. Da reicht eine kleine Unaufmerksamkeit beim Erzeugen des neuen Datensatzes zur Radeon RX 5600 XT – und schon schwirren falsche Daten zu dieser Karte durch die Gegend. Insofern kann derzeit leider noch nicht gesagt werden, welche der beiden Lösungen nunmehr Realität wird – was allerdings (auf augenscheinlich derselben Rechenleistung) für die sowieso schon grob aufgezeigte Performance natürlich keinen Unterschied macht. Interessant könnte diese deutlich voneinander abweichende Hardware-Gestaltung hingegen bei den Themen Stromverbrauch wie auch Overclocking-Eignung werden.

Beim Stromverbrauch dürfte die Ausführung mit niedrigerem Takt ihre Vorteile haben, da die hochgezogenen Taktraten in aller Regel übermäßig viel Stromverbrauch verursachen. Ob dies besonders viel ausmacht, ist natürlich noch nicht klar – vielleicht geht dieser Vorteil auch eher unter. Bei der Overclocking-Eignung dürfte die niedrige Taktrate hingegen viel eher wirksam werden – denn egal ob AMD vielleicht besonders schlecht taktbare Chips für die Radeon RX 5600 XT einsetzt, zumindest mit Spannungszugabe sollte da mit einer gewissen Chance einiges machbar sein. Schließlich ist Navi 10 (die Variante mit 36 Shader-Clustern schließt jeden anderen Grafikchip faktisch aus) durchaus bis 1900 MHz lauffähig – da ist dann bei einem "Game Clock" von nur 1460 MHz sowie einem maximalen Takt von 1620 MHz reichlich Raum für Übertaktungs-Spaß und damit auch substantielle Mehrperformance durch Übertaktung. Und so ungewöhnlich ein "Niedrigtakt-Design" laut der Hardware-Daten von ASRock auf den ersten Blick klingen mag, an dieser Stelle liegt vielleicht der Sinn des ganzen versteckt: AMD könnte mit mehr Shader-Clustern auf niedrigem Takt die Radeon RX 5600 XT schlicht als echte Overclocking-Lösung positionieren – eine, wo man sich mal wieder wirklich Übertaktungs-technisch austoben kann. Und dies dürfte in der heutigen Zeit, wo die allermeisten Grafikkarten schon nahe an ihren Limits laufen und +10% Mehrperformance oftmals das höchste der Gefühle darstellen, ein durchaus ziehendes Verkaufsargument ergeben.

Mit ihren Jahresrückblicken thematisiert die PC Games Hardware bei den 2019er Prozessoren den fast totalen Sieg AMDs gegenüber Intel mittels spannender neuer Produkte auf Zen-2-Basis – und bei den 2019er Grafikkarten hingegen das weitgehende Ausbleiben jeglicher Spannung mangels beachtbarer Performance-Fortschritte. Dabei hat auch das Hardware-Jahr 2019 im Grafikkarten-Bereich jede Menge neue Produkte gesehen – aber sicherlich kann man hierzu konstatieren, dass das Performance/Preis-Verhältnis nur wenig verbessert wurde, wie sich auch an der absoluten Leistungsspitze absolut gar nichts getan hat. Dies ist eine Folge der länger werdenden Entwicklungszyklen, wie aber auch dem Ausbleiben des Wettbewerbs durch AMD im HighEnd- und Enthusiasten-Segment – womit nVidia seinen "SUPER"-Refresh untypischerweise nicht um einen Refresh der Spitzen-Lösung ergänzen musste. Genauso wie also am Stand des CPU-Marktes der Effekt eines ernsthaften Wettbewerbs zu sehen ist, sieht man am Stand des GPU-Marktes den Effekt eines weitgehend fehlenden Wettbewerbs. Am Ende ist AMD, wohlwissend gegen die Beharrungskräfte des Massenmarktes kurzfristig nicht viel ausrichten zu können, bei den wenigen (wirklich) neuen AMD-Grafikkarten des Jahres 2019 sogar noch nVidias Hochpreisstrategie (weitgehend) mitgegangen – was in einem Anti-Wettbewerb mit (teilweise) zementiert hohen Preislagen mündete.

Ob man AMD & nVidia allerdings wirklich vorwerfen kann, das jeweils beste für sich herausholen zu wollen, darf im Sinne von Marktwirtschaft und freiem Unternehmertum bezweifelt werden. nVidia kann sich seine Hochpreisstrategie aufgrund der Stärke seiner Marke und seiner Produkte leisten bzw. verdient daran augenscheinlich prächtig. AMD als der Herausforderer mit den deutlich kleineren Marktanteilen könnte zwar theoretisch ähnlich wie im CPU-Segment gegenüber Intel ohne jede Hemmungen als Störenfried dieser satten nVidia-Gewinne auftreten, zwei wesentliche Punkte machen AMD hierbei jedoch einen Strich durch die Rechnung: Erstens einmal basiert ein nicht unerheblicher Teil des AMD-Erfolgs im CPU-Segment auch auf Intels aktueller Schwäche, gerade bei der Adaption modernerer Fertigungsverfahren als der schon 2014 eingeführten 14nm-Fertigung. Jenen Vorteil hat AMD allerdings im GPU-Geschäft gegenüber nVidia ganz eindeutig nicht: nVidia benutzt zwar ein technologisch um eine Generation zurückliegendes Fertigungsverfahren (12nm), erzielt damit aber eine gleichwertige Energieeffizienz wie AMDs neueste Produkte aus der 7nm-Fertigung – und hat sich vor allem auch nirgendwo derart auf seinen früheren Meriten ausgeruht wie Intel mit den ewigen Klein-Verbesserungen der innerhalb Core-Architektur. Und zweitens hat AMD im Grafikkarten-Geschäft generell das schwerere Brot, weil für viele Grafikkarten-Käufer insbesondere im Massenmarkt der nVidia-Markenname "GeForce" gleichbedeutend mit "Gamer-Grafikkarte" ist.

Um dies aufzubrechen, bräuchte man wahrscheinlich nicht nur eine, sondern sogar mehrere voll überzeugende eigene Produkt-Generationen – faktisch eine ähnliche Situation wie derzeit auf dem CPU-Markt, welche aber eben auch durch die (nicht von AMD zu beeinflussende) Schwäche des Platzhirschs derart deutlich zustande kam. Unter diesen beiderseits schwierigen Voraussetzungen ist es eher verständlich, das sich AMD im Grafikkarten-Geschäft derzeit nicht voll verausgabt – weil hier schlicht viel weniger mitzunehmen ist als im Prozessoren-Geschäft, wo aufgrund der allgemeinen Intel-Schwäche satte Geschäfte & Gewinne warten. Man kann also grob sagen, das nVidias (deutliche) Stärke als Marktführer sowie auch die Sturheit vieler Marktteilnehmer gegenüber anderen Angeboten dazu geführt haben, das AMD augenscheinlich bewußt seine Kräfte auf das CPU-Geschäft konzentriert hat – und im GPU-Geschäft derzeit nur das mitnimmt, was mitnehmbar ist. Das Aufbrechen des Grafikkarten-Geschäfts durch AMD zugunsten von mehr Wettbewerb benötigt augenscheinlich mehr Zeit, wobei AMD (aufgrund der guten Geschäftsentwicklung) wahrscheinlich zukünftig mehr Entwicklungsgelder hierfür einsetzen kann. Gleichfalls wird augenscheinlich auch ein gewisser Glückstreffer benötigt – denn ohne dass der Herausforderer den Platzhirsch mit dem besseren Produkt vor sich hertreiben kann, setzt bei einer derart klaren Rollenverteilung kein Wettbewerb ein.