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Hardware- und Nachrichten-Links des 10./11. August 2019

Xbox Dynasty notieren von Twitter ausgehende Gerüchte, wonach die Playstation 5 ganz konventionell mit einem monolitischen Konsole-SoC erscheinen soll, die nächste Xbox allerdings AMDs Chiplet-Verfahren im Konsolen-Bereich nutzen werde. Sollte dies funktionieren, müsste man dann Core-Chiplets von Zen 2/3 mit einem extra Grafikchip-Chiplet paaren – die ideale Ausnutzung des Chiplet-Verfahrens, wenngleich für Spielekonsolen eher ungewöhnlich. Denkbar ist dies natürlich trotzdem, auch wenn die Gerüchtequelle kaum belastbar ist – das ganze scheint aus LinkedIn-Eintragungen und Foren-Raunen zusammengetragen, hat unter Umständen nur eine verschwindend geringe reale Basis. Zudem beißt sich jenes Gerücht an einer Stelle selber: Angeblich soll gerade Microsoft schon auf 7nm+ setzen wollen, die Zen-2-basierten Core-Chiplets (von Microsoft bereits bestätigt) kommen aber noch aus gewöhnlichen 7nm-Fertigung. Entweder Microsoft benutzt allein nur für das Grafik-Chiplet die bessere 7nm+ Fertigung, oder das ganze passt zumindest in dieser Form nicht. Generell ist ein Chiplet-Ansatz für Spielekonsolen aber sowieso nicht die erste Wahl, weil man mittels der Verwendung von Standard-Chips die Möglichkeit zu Projekt-spezifischen Anpassungen verliert.

Microsoft Xbox Scarlett Sony Playstation 5
Prozessor bestätigt Zen 2, wahrschl. 8 CPU-Kerne bestätigt Zen 2 mit 8 CPU-Kernen
Grafik bestätigt Navi-Architektur bestätigt Navi-Architektur
Hardware-RayTracing bestätigt nur angedeutet, aber höchstwahrscheinlich
Chip-Aufbau regulär monolitisch, gerüchteweise aber als Chiplets höchstwahrscheinl. monolitisch
Speicher & Interface augenscheinl. 384 Bit Interface mit 24 GB GDDR6 unbekannt
SSD bestätigt als Massenspeicher sowie virtueller Arbeitsspeicher bestätigt als Massenspeicher, wahrscheinl. auch als virtueller Arbeitsspeicher
Release angekündigt für Ende 2020 wahrschl. Herbst/Winter 2020

Legt man hingegen sowohl Core- als auch Grafik-Chiplet als Custom-Lösung nur für das Spielekonsolen-Projekt auf, dann lohnt sich der Chiplet-Ansatz wiederum nicht mehr, dann wäre ein monolitischer Chip effektiver. Der Chiplet-Ansatz kann zwar ganz am Anfang für eine bessere Fertigungsausbeute sorgen, aber da Spielekonsolen-Projekt vergleichsweise langfristig laufen und zumeist eine neue Fertigung auch erst dann adaptieren, wenn jene halbwegs eingefahren ist, stellt auch diesbezüglich der monolitische Ansatz die insgesamt bessere Lösung dar. Natürlich kann sich dies für ein konkretes Projekt auch noch anders darstellen, allumfassend gültig ist diese These mitnichten. Insofern ist jenes Gerücht über den Chiplet-Ansatz bei der Xbox Scarlett als zwar technologisch interessante These mit allerdings nicht besonders hoher Chance auf Korrektheit anzusehen. Falls jenes Gerücht allerdings doch recht behalten sollte, könnte einer der beiden kürzlich erwähnten nächstjährigen Navi-Grafikchips ("Navi 21" & "Navi 23") dann für die Xbox Scarlett gedacht sein. Komplette Konsolen-SoCs erhalten bei AMD abweichende Codenamen bzw. keinen eigenen Codenamen für die Grafiklösung, aber ein explizites Grafik-Chiplet könnte durchaus einen Codenamen innerhalb der Navi-Serie erhalten, wäre theoretisch vielleicht sogar im PC-Bereich verwendbar. Dies ergäbe dann eine weitere These, wie man die ganzen inzwischen aufgetauchten Navi-Codenamen erklären könnte.

Zu erwähnen wäre zudem noch, das die mit dem Gerücht gebrachte Einschätzung zur Leistungskraft der jeweiligen Konsolen-Grafik (Playstation 5 mit besserer Radeon RX 5700 XT, Xbox Scarlett mit Richtung Radeon RX 5900 XT) von falschen Voraussetzungen ausgeht bzw. einfach anhand der Desktop-Grafikchips urteilt. Die Konsolen-SoCs bekommen allerdings in jedem Fall angepasste Grafiklösungen, deren Hardware-Power sich nicht an den Generations-gleichen Desktop-Grafikkarten, sondern der für diese Spielekonsolen jeweils benötigten Leistungsfähigkeit ermisst. Jene dürfte für beide Spielekonsolen in etwa gleich hoch sein, die Zielsetzungen von Xbox Scarlett und Playstation 5 sind schließlich ähnlich. Aus der möglicherweise unterschiedlichen Fertigungstechnologie, unterschiedlicher RDNA-Generation und der Verwandschaft zu anderen PC-Grafikchips läßt sich also keinerlei Differenz zur Hardware-Power von Spielekonsolen-Grafik herausziehen. Derzeit gibt es noch keinerlei belastbare Informationen dazu, mit wie viel Grafik-Power Microsoft & Sony bei der nächsten Spielekonsolen-Generation antreten werden. Nachvollziehbar auf Basis der jüngeren Spielekonsolen-Geschichte wäre grob das Performance-Niveau von Navi 10, aber dies stellt natürlich nur eine Hochrechnung anhand der Vergangenheit dar, muß für die Zukunft nicht zwingend zutreffen.

Die kürzliche Meldung von Red Gaming Tech zu AMDs "Navi 21" & "Navi 23" Grafikchips setzt leider erneut das zweifelhafte Narrativ in die Welt, wonach AMDs Navi-Generation eigentlich schon zum Jahresanfang 2019 hätte erscheinen sollen und angeblich mehrfach ans Reißbrett zurückgehen musste. Jene These diente allerdings eher nur zur Begründung, wieso die seitens AdoredTV für den Jahresstart 2019 versprochene Navi-Vorstellung nicht eingetreten ist – welche ihrerseits auf einem heutzutage eher lächerlich anzusehenden "Leak" basiert (angebliche "Radeon RX 3080" zu grob der Performance der realen Radeon RX 5700 XT zu allerdings einer TDP von 150 Watt und einem Preispunkt von 250 Dollar). Aus heutiger Sicht kann man vielmehr eher die begründete Annahme formulieren, das Navi 10 exakt dann releast wurde, als die 7nm-Fertigung von TSMC spruchreif zur Massenfertigung von großen PC-Chips wurde. Dafür spricht der gleichzeitige Release der Ryzen-3000-Generation und das es AMD auch nicht (entgegen früheren Planungen) geschafft hat, die Zen-2-basierten Epyc-Prozessoren zuerst in den Markt zu bringen. Alles hing wohl letztlich davon ab, wann TSMC die benötigten erheblichen 7nm-Kapazitäten mit vernünftiger Chip-Ausbeute zur Verfügung stellen konnte – was etwaige Verzögerungen auf Design-Seite von Navi arg unwahrscheinlich macht, dann hätte Navi faktisch später als Ryzen 3000 erscheinen müssen. Insofern ist es riskant, weiterhin jene früheren Gerüchte zu erwähnen, welche mit höherer Wahrscheinlichkeit grundlegend falsch sind.

Ebenfalls noch zu thematisieren ist die gewisse Verstimmung, für welche AMDs Entscheidung gegen PCI Express 4.0 auf älteren Mainboards bei einige Anwendern gesorgt hat. Die Ansichten hierzu gehen dabei allerdings auseinander, auch da dieser Fall bei weitem nicht so klar ist wie andere Fälle, wo Hersteller den Support für neue Feature limitieren oder bewußte Sollbruchstellen bringen, die zum Aufrüsten zwingen sollen. Immerhin existiert beim Support von PCI Express 4.0 auf älteren Mainboards eine klare technische Komponente (wie gut in unserem Forum dargelegt) – und somit durchaus ein gewisses Risiko für den Hersteller, wenn man diesen Support anbieten wollte. Genauso muß auch gesagt werden, das AMD jenes Feature niemals hoch-offiziell versprochen hat – die einzige diesbezügliche Meldung stammt aus dem Umfeld der CES, wo AMD im Gespräch mit Tom's Hardware einen entsprechenden Support in Aussicht gestellt hatte. Im genauen ging AMD seinerzeit davon aus, das ältere Mainboards durchaus PCI Express 4.0 schultern könnten, wollte diesen Fall dann den Mainboard-Herstellern überlassen und jene allerdings dabei auch nicht behindern. Die Absage dieses maximal inoffiziellen Supports wurde dann schon einen Monat vor dem Launch klar kommuniziert – die Behauptung, dies wäre nicht rechtzeitig bekannt gewesen, läßt sich nicht aufrechterhalten. Wer etwas anders gelesen hat, bezieht sich auf Aussagen der Mainboard-Hersteller, die ihr eigenes Süppchen gekocht haben – obwohl die neue AMD-Aussage eigentlich keinen Spielraum hierfür gibt.

Im Endeffekt hat AMD eine Absichtserklärung vom Jahresanfang nicht erfüllt bzw. noch rechtzeitig vor dem Launch zurückgezogen – man kann die Nichterfüllung dieser früheren Absichtserklärung kritisieren, aber zu mehr langt es objektiv nicht. Ob es sich an dieser Stelle dann um ein bewußtes Abschneiden des Supports früherer Mainboards handelt, ist wegen der vorgenannten technischen Komponente als deutlich fraglich einzuordnen. Wer dies tun wollte, müsste dann schon eigenaktiv darlegen, wieso PCI Express 4.0 auf früheren Mainboard nicht zu irgendwelchen Problemen führen könnte – wobei die diesbezüglich arg unvollständigen Support-Listen der Mainboard-Hersteller eher für die Gegenthese sprechen. Sicherlich müssen Fachpresse & Internetmagazine (wie auch 3DCenter) an dieser Stelle aufpassen, nicht den Eindruck zu erwecken, AMD weniger unter dem Brennglas zu behandeln als beispielsweise Intel. Jeder Hersteller muß jederzeit gleichermaßen kritisch bezüglich seiner Fehler, Irrtümer & Unstimmigkeiten betrachtet werden. Dies darf jedoch auch nicht dazu führen, gezielt die jeweils exakt gleiche Menge an Kritik über alle Hersteller auszugießen (es gibt dafür im englischen den treffenden Ausdruck "both-siderism", erklärt u.a. hier). Alle auftretenden Probleme können immer nur in exakt dieser Schwere kritisiert werden, welche auch wirklich stattgefunden hat. Wenn irgendein Hersteller mal keinerlei Kritik abbekommt, kann dies auf eine Schonbehandlung oder gar einen Bias in der Berichterstattung hindeuten – aber es kann genauso gut auch sein, das sich jener (momentan) mal wirklich nichts zu Schulden kommen lassen hat.