Seitens Twitterer Yuko Yoshida kommt ein Gerücht/Leak mit schon recht umfangreichen Spezifikationen zu AMDs nachfolgendem Navi-23-Chip daher, welcher auch unter seinem alternativen Codenamen "Dimgrey Cavefish" bekannt ist. Teile jener Spezifikationen waren vorher schon bekannt – wie die 32 Shader-Cluster an einem 128-Bit-Speicherinterface. Anderes ist dagegen neu, zudem wird hiermit auch erstmals eine Zielsetzung bezüglich Performance & Preispunkt abgegeben. So will AMD die "Navi 23" abstammenden Grafikkarten als "Premium 1080p" Beschleuniger vermarkten. Dazu passend wird der Infinity Cache auf dann nur noch 64 MB gekürzt, was gemäß früheren AMD-eigenen Ausführungen den besten Mix zwischen Performance-Gewinn und Chipflächen-Verbrauch für die FullHD-Auflösung ergibt.

Dimgrey Cavefish GPU
<For Premium 1080p Gaming>
~1440p < RTX 3060 < 1080p
~April
~CNY 2,499
~32 Compute Units
~About 236 mm2
~64MB Infinity Cache
~128-bit 16Gbps GDDR6 with 8GB VRAM
Quelle:  Yuko Yoshida @ Twitter am 19. März 2021

Trotz dieser Kürzung beim Infinity Cache wie auch beim Speicherinterface ist die reine Rechenkraft mit 32 Shader-Clustern nominell ziemlich stark in der Nähe zum Navi-22-Chip angesiedelt (40 Shader-Cluster). Es steht zudem zu vermuten, dass Navi 23 auch den grundsätzlichen Aufbau von Navi 22 mit 2 Raster-Engines samt 64 ROPs übernimmt, somit die generellen Unterschiede zwischen Navi 22/23 nochmals geringer ausfallen. Dennoch kommt AMD mit (angeblich) 236mm² Chipfläche bei Navi 23 auf einen deutlich kleineren Chip gegenüber Navi 22 mit 336mm² Chipfläche heraus (Update: jene 236mm² Chipfläche für Navi 23 wurde bereits im Oktober 2020 seitens Patrick Schur @ Twitter derart genannt). Sicherlich werden an dieser Flächenreduktion Infinity Cache und Speicherinterface den Hauptanteil tragen – aber es ist auch denkbar, dass AMD das gesamte Design von Navi 23 anders bzw. für andere Taktraten ausgelegt hat. Es gab auch früher schon Meldungen, dass Navi 23 eher für das Mobile-Segment gedacht ist, womit schon beim Chipdesigns die Energieeffizienz und nicht besonders hohe Taktraten im Vordergrund gestanden haben dürften.

Die daraus resultierenden niedrigen Taktraten könnten eine bessere Erklärung für die vergleichsweise hohe Anzahl an Shader-Clustern ergeben: Rein von den Hardware-Daten her kommt Navi 23 immerhin auf 80% der Rechenkraft von Navi 22 heraus – aber unter Einbeziehung der Taktraten könnte diese Rechnung mit einer höheren Differenz enden, vielleicht bei 65-70% des Rechenkraft-Niveaus einer Radeon RX 6700 XT. Damit würde sich viel eher ein Performance-Unterschied erzielen lassen, welcher eines extra Grafikchips würdig ist (wobei AMD über die kleinere Chipfläche sowieso schon bewiesen hat, dass sich der extra Chip wirtschaftlich lohnt). So oder so hat Navi 23 das Potential, sich (unter FullHD) oberhalb einer GeForce RTX 3060 zu positionieren – genauere Schätzungen würden allerdings das Wissen um weitere Chip-Details (Shader-Engines, ROPs, Taktraten) voraussetzen.

Laut dem Gerücht soll der Navi-23-Chip bereits im April antreten – was reichlich früh erscheint, dafür gab es dato eigentlich noch zu wenige begleitende Gerüchte zu diesem Grafikchip. Ein Verkaufsname wurde noch nicht genannt, hierzu ist derzeit oftmals "Radeon RX 6500 Serie" zu lesen – wobei jene eher dem nochmals kleinerem Navi-24-Chip zuzuordnen wäre. Denkbar wäre somit eher eine "Radeon RX 6600 Serie" oder auch nur eine einzelne Grafikkarte á "Radeon RX 6600" – und die größere "Radeon RX 6600 XT" dann wiederum Navi-22-basiert (was zu Hinweisen passt, dass jene Radeon RX 6700 XT mit 12 GB Grafikkartenspeicher antritt, was mit dem Navi-23-Chip nicht möglich ist). In jedem Fall dürfte Navi 23 den AMD-Kontrahenten zur GeForce RTX 3060 geben, darauf deuten die Performance-Prognose und auch der genannte (chinesische) Preis hin. Jener ergäbe direkt umgerechnet ca. 380 Dollar – aber da Grafikkarten in China immer etwas teurer angesetzt sind, dürften eher 330-350 Dollar herauskommen, was ausreichend nahe des Listenpreises der GeForce RTX 3060 ($329) wäre.

Interessanterweise hätte nVidia in diesem Duell dann sogar einmal den Speichervorteil: GeForce RTX 3060 mit 12 GB gegen Navi 23 mit 8 GB – denn das bei Navi 23 verbaute 128-Bit-Interface läßt keine anderen Speicherbestückungen zu (allenfalls noch 4 GB oder 16 GB). Hier könnte man einen weiteren Grund für den Umstand sehen, dass nVidia der GeForce RTX 3060 dann doch die ungewöhnlich hohe Speichermenge von 12 GB mitgegeben hat. Bei geringen Performance-Differenzen würde somit der Vorteil im Feld von nVidia liegen – denn wieso sollte man den Mehrspeicher nicht mitnehmen, wenn die anderen Rahmenbedingungen wie Performance & Preis im groben gleich sind. All dies würde aber natürlich eine wirkliche Wahlfreiheit beim Grafikkarten-Kauf bedingen – welche derzeit mangels lieferbarem Angebot nicht vorhanden ist und ziemlich sicher auch im April nicht vorhanden sein wird. Es mutet etwas seltsam an, dass die Grafikkarten-Hersteller immer noch weitere Launches von Desktop-Grafikkarten ansetzen – anstatt sich hiermit bis zu einer deutlichen Verbesserung der Liefersituation zurückzuhalten.

Nachtrag vom 29. März 2021

Twitterer Kepler_L2 hat in Linux-Patches seitens AMD eine belastbare Angabe zur Größe des Infinity Cache bei Navi 23 erspäht: Im Gegensatz zum letzten Spezifikations-Leak sind es nur 32 MB – und nicht 64 MB. Vermutlich ändert dies jedoch gar nichts an der Zielsetzung der Karte, welche offiziell als "Premium FullHD" Beschleuniger antreten soll. Der kleinere Infinity Cache kann dafür ebenfalls ausreichend sein, allein der Leistungsverlust zu größeren Auflösungen wird dann um so harscher ausfallen und Navi 23 somit oberhalb von FullHD wohl kaum benutzbar sein. Die größere Abspeckung an dieser Stelle passt allerdings ganz gut zur (gegenüber Navi 22) wesentlich kleineren Chipfläche (336mm² → 236mm²) bei gleichzeitig nur wenig veränderter Anzahl an Shader-Clustern (40 → 32). Denkbar, dass diese vergleichsweise ungewöhnliche Konstellation eben genau unter FullHD eine gute Performance entfaltet – und für etwas anderes ist der Navi-23-Chip dann einfach nicht gedacht.