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Die Release-Politik der Hersteller und die Hatz der Presse nach Launchmustern und Launchtests

HT4U haben sich mit ihrer ganz eigenen Sicht der Dinge zur am Wochenende besprochenen Kolumne der PCGH über die Release-Politik der Hersteller geäußert – und dabei neue Betrachtungsweisen ins Spiel gebracht. Und in der Tat geht den Redaktionen im Eifer des schnelllebigen Geschäfts der Ansporn für hochklassige Testberichte ab – genauso wie bei den Herstellern selber existiert in erster Linie ein Interesse daran, möglichst viele Leser mit einem möglichst knalligem Testbericht an sich zu binden, anstatt eine tiefgehende Arbeit abzuliefern, welche auch unter die Decke schaut und dabei möglicherweise staubige Ecken entdeckt. Die einzelnen Redakteure haben natürlich zumeist höhere Ansprüche an sich selber und an ihre Arbeit, werden aber durch den zeitlichen Druck dazu getrieben, diese Ansprüche in der Praxis herunterzudrehen. Daß man diese Problematik nicht bei den Herstellern thematisiert, hängt wie gesagt mit der ähnlichen Interessenlage von Redaktionsleitung und Herstellern zusammen: Mehr Zeit für die Testberichte wäre zwar schön, hat aber keinerlei Priorität – beiderseits ist es zuerst wichtig, irgendwie einen Test zum Launchzeitpunkt hinzulegen, egal wieviel Klasse dieser besitzt.

Daß unter diesen (schlechten) Voraussetzungen immer noch teilweise sehr gute Arbeiten entstehen, ist ein Verdienst der testenden Redakteure, welche unter Ausnutzung letzter Zeitreserven (bis hin zum Verzicht auf Schlaf vor einem Launchtag) wesentlich mehr machen, als eigentlich innerhalb der gebotenen Zeit zu verlangen wäre. Der Gesamtblick auf die Situation erklärt aber auch, wieso sich an dieser schlechten Situation kaum etwas ändern wird: Der Druck ist für die Redaktionen zu hoch, sie müssen Launchtests liefern – und somit können sich die Hersteller reichlich unangenehme Bedingungen herausnehmen, weil sie letztlich doch durch die Redaktionen angenommen werden. Alles ist halt auf der Jagd nach einem Testmuster rechtzeitig vor dem Launchtag, dafür nehmen Redaktionen sogar eher nutzlose Presseveranstaltung mit extra Anreise über den großen Teich in Kauf.

In dieser Beziehung sind wir bei 3DCenter somit nicht ganz unglücklich, dieses Launchtest-Prozedere aus technischen Gründen (zu kleine Redaktion) sowieso nicht mitmachen zu können. Dies ermöglicht uns vor allem auch ein Leben außerhalb der Informationsverbots-Glocke der Hersteller: Denn wer Launchmuster haben will, muß lieb und nett zu den Herstellern sein, sollte sich auch außerhalb von unterzeichneten NDAs eher nicht an Leaks beteiligen und zumindest Leakfolien umgehend vom Server entfernen, sofern der Hersteller dies wünscht. Wir sind dagegen in der Lage, solcherart Ansinnen zu widersprechen – weil es auch widersinnig wäre, beispielsweise die Folien und Benchmarks zur GeForce GTX 680 von 3DCenter herunterzunehmen, wenn das Kind nun einmal mittels eines (immer noch online befindlichen) Testberichts aus Fernost schon in den Brunnen gefallen ist. Und um es mal ganz grundsätzlich zu sagen: So sollte das Verhältnis der Presse zum Objekt der eigenen Berichterstattung eigentlich aussehen – wenn das Objekt der Berichterstattung der Presse irgendwelche Bedingungen diktieren kann, dann wird es mit freier und fairer Berichterstattung logischerweise ziemlich schwierig.