Die Performance-Ermittlung zur GeForce GTX 980 Ti ist – ausnahmsweise – einmal eine denkbar einfache Angelegenheit: Es muß schlicht nur die Differenz zur GeForce GTX Titan X ermittelt werden, der Rest des Angebots im HighEnd- und Enthusiasten-Segment ist schließlich ausreichend bekannt. Dabei sind nicht einmal irgendwelche Ausreißer zu beachten, denn trotz vereinzelt entsprechender Bemühungen gelang es keiner Testredaktion, ein Benchmark-Szenario zu erstellen, wo die 6 GB Speicher der GeForce GTX 980 Ti einen Nachteil gegenüber den 12 GB Speicher der GeForce GTX Titan X ergaben. Man kann sich – zumindest derzeit – also rein auf die üblichen Performance-Messungen konzentrieren:

Diese relativ einfache Aufgabe wirft aber dennoch teilweise weit auseinandergehende Ergebnisse ab: Die Differenz der GeForce GTX Titan X zur 980 Ti schwankt je nach Auflösung und Webseite zwischen 1,1% und 18,1% – das sind im Grafikkarten-Business dann schon fast Welten, die Beurteilung der GeForce GTX 980 Ti sollte also je nach Test zwischen "gleichschnell wie Titan X" und "klar hinter Titan X zurück" differieren. Die Bewertungen der Testberichte sprechen allerdings eine deutlich freundlichere Sprache, die neue nVidia-Karte wird fast durchgehend als "knapp so schnell wie Titan X" bewertet. Dies ist im (teilweise gewichteten) Schnitt der Ergebnisse natürlich auch absolut haltbar, hierbei präsentiert sich der Abstand beider Karten bei Auflösungs-konstant zwischen 4-5 Prozentpunkten:

Damit kann man die GeForce GTX 980 Ti im 3DCenter Performance-Index auf einen Wert von 730% festlegen, knapp 4% hinter den (mit den neuen Werten korrigierten) 760% der GeForce GTX Titan X. Der 3DCenter Performance-Index ist zwar eigentlich auf 1920x1080 bezogen, zwischen GeForce GTX 980 Ti und Titan X ändert sich das Performance-Verhältnis bei steigenden Auflösungen aber nur sehr marginal (um einen halben Prozentpunkt). Im (vorläufigen) 3DCenter 4K Performance-Index steht die neue Karte folgerichtig bei 95%, wiederum 5% hinter der dort (vorläufig) auf 100% eingesetzten GeForce GTX Titan X.

Performance-Vergleich Enthusiasten-Grafikkarten (Juni 2015)

Die Zielsetzung von nVidia, eine Performance auf nahezu dem Niveau der GeForce GTX Titan X zu bieten, wäre damit knapp erfüllt. Die GeForce GTX 980 Ti präsentiert sich angesichts ihres erheblichen preislichen Vorsprungs als bessere Titan-Karte, fast als Titanen-Killer. Die GeForce GTX Titan X hat dennoch ihre kleine Berechtigung für Dreifach- und Vierfach-SLI, wo der Mehrspeicher der Titan X dann doch noch etwas bringen könnte (wenn nicht jetzt, so doch perspektivisch). Außerhalb dieser arg seltenen Anwendungszwecke gibt es jedoch keinen Grund mehr, zur Titan X zu greifen – die Performance-Differenz ist verschmerzbar klein, der Unterschied bei der Speichergröße angesichts von gebotenen 6 GB Speicher bei der GeForce GTX 980 Ti ohne Bedeutung. Wie bei der GeForce GTX Titan X wird allerdings eine "4K-Problemlosigkeit" nicht erreicht, die unter UltraHD erzielten Frameraten sind oft zu grenzwertig oder nur unter der Reduzierung von Bildqualitätsoptionen ausreichend hoch.

Der entscheidende Punkt zugunsten der GeForce GTX 980 Ti ist jedoch der Preispunkt: Für 5% weniger Performance gegenüber der GeForce GTX Titan X bietet nVidia einen um satte 35% geringeren Listenpreis an. Sogar gegenüber der kleineren GeForce GTX 980 steht die 980 Ti gut da: Für 20-25% Mehrperformance (und in diesem Terrain nicht zu verachtenden 2 GB Mehrspeicher) verlangt nVidia einen nur um 18% höheren Listenpreis. Vermutlich wird nVidia alsbald den Preis der GeForce GTX 980 reduzieren, um dies passender zu machen. Im Gegensatz zu den US-Listenpreisen ist das Verhältnis in Euroland derzeit noch nicht so gut für die GeForce GTX 980 Ti: Bei einem Listenpreis von 649 Dollar werden die ersten Karten hierzulande für 740 Euro gelistet, was noch um einiges zu hoch gemäß der entsprechenden Umrechnung ist. Hier dürften sicherlich noch ein paar Wochen vergehen, ehe sich die GeForce GTX 980 Ti Karten preislich der eher passenden Marke von 700 Euro annähert.

In dieser Zeit werden dann auch die für Mitte Juni angekündigten Hersteller-Karten erscheinen, welche Eigendesigns und ab-Werk-Übertaktung mitbringen werden – Punkte, welche es (bis auf Ausnahmen) bei der GeForce GTX Titan X nicht gibt. Sehr gut möglich also, daß dann auch Modelle der GeForce GTX 980 Ti erscheinen, welche der GeForce GTX Titan X klar die Rücklichter zeigen. Hierzu müssen die Grafikkartenhersteller allerdings in erster Linie bei den Temperatur- und Power-Limits ansetzen bzw. bessere Kühllösungen verbauen. Denn vom Übertaktungsprofil her gleichen sich GeForce GTX 980 Ti und Titan X sehr stark – erstere erreicht unter Übertaktung wiederum die etwas höheren Taktraten, aber dies ist ja auch ohne Übertaktung schon so, am Performance-Abstand ändert sich unter Übertaktung nichts. Daher müssen die vorgenannten Limits (deutlich) hochgesetzt werden, um das wahre Potential des GM200-Chips auszufahren – platt nur höhere Taktraten nützen bei einer sowieso dynamischen Taktanpassung anhand festgesetzter Limits überhaupt nichts.

Damit hat nVidia bei der GeForce GTX 980 Ti im Prinzip alles richtig gemacht und dem kommenden Fiji-Chip von AMD einen schweren Brocken vor die Füße gelegt. Ein wenig gekniffen sind sicherlich die Käufer der GeForce GTX Titan X, denn nVidia bringt mit der GeForce GTX 980 Ti nunmehr die nahezu selbe Karte für immerhin 300-400 Euro weniger. Die Titan-Marke wird damit durchaus geschwächt, nachdem nun schon die dritte schwache Titan-Grafikkarte nacheinander herausgekommen ist und faktisch nur die originale GeForce GTX Titan im Rückblick ihr Geld wirklich wert war. Für die Zukunft muß der Titan-interessierte Käufer die Regel mitnehmen, besser abzuwarten und zu schauen, ob nVidia nicht doch noch einen Haus-eigenen Titanen-Killer vorstellt.

Daneben hat die GeForce GTX 980 Ti natürlich auch noch einen anderen Pferdefuß: Für die zweitbeste Grafikkarte des Sortiments ist jene sattsam teuer, zumindest derzeitig in Euroland. 740 Euro Startpreis für das zweitbeste Modell sind nicht von schlechten Eltern – und für einen Großteil der Grafikkarten-Käufer selbst im HighEnd-Segment einfach zu viel. Die schleichende Hochziehung der Grafikkarten-Preise geht mit der GeForce GTX 980 Ti weiter – welche eigentlich eine perfekte Grafikkarte für den echten Enthusiasten ist, welcher ausreichend zukunftssicher und mit möglichst viel Performance einkaufen will. Aber für 740 Euro ist das Angebot einfach grenzwertig – nicht einmal die legendäre GeForce 2 Ultra kostete so viel (seinerzeit rund 1200 DM = 614 Euro) – gerade wenn die GeForce GTX 980 Ti eben noch keine uneingeschränkte Empfehlung für die 4K-Auflösung erhalten kann.