Launch-Analyse nVidia GeForce GTX 1650 (Seite 2)

Donnerstag, 2. Mai 2019
 / von Leonidas
 

Die genannten +27% zur vorhergehenden Pascal-Lösung sind nicht übermäßig viel und sogar unterhalb des üblichen Turing-Effekts (von ca. 35%), allerdings tritt die GeForce GTX 1650 wie gesagt nicht im Vollausbau des TU117-Chips an und verfügt auch weder über ein breiteres Speicherinterface noch eine neue Speichersorte. Für die nur +17% mehr Shader-Einheiten sowie einen +14% höheren Speichertakt geht das Ergebnis letztlich in Ordnung, mehr ist im Rahmen der Turing-Generation (ohne deutlich mehr Shader-Einheiten) nicht machbar. Eine hypothetische GeForce GTX 1650 Ti mit dann 1024 aktiven Shader-Einheiten (+33% zur GeForce GTX 1050 Ti) könnte dann durchaus nochmals +10% Perforance oben drauf legen – was im übrigen aber auch nicht ganz reichen würde, um mit dem Referenztakt auf das Performance-Level einer GeForce GTX 1060 3GB oder eine Radeon RX 570 zu kommen. Hier dürfte wohl ein weiterer Grund dafür liegen, wieso nVidia davon abgesehen hat, der GeForce GTX 1650 den Vollausbau des TU117-Chips zu spendieren – die Radeon RX 570 war (unübertaktet) sowieso nicht erreichbar.

Im Übertaktungsbetrieb kommt die GeForce GTX 1650 dagegen durchaus auf Touren, unter den zuletzt vorgestellten Grafikkarten ist die Karte sicherlich eine der besten zur Übertaktung geeigneten Modelle. Es sind ausgehend vom Referenztakt ca. 15% Mehrperformance unter vernünftigen skalierenden Benchmarks drin – wobei unter Übertaktung die sowieso schon geringe Performancedifferenz von Karten zum Referenztakt zu werksübertakteten Modellen nochmals schrumpft. Bis auf geringe Differenzen kommen alle Karten also letztlich auf dasselbe Übertaktungsergebnis – zumindest jene Karten mit äquadater Kühlung sowie den Reserven, welche ein extra PCI-Express-Stromstecker bietet. Sofern man diesen Weg beschreitet, ist ein extra Stromstecker dann mehr oder weniger zwingend notwendig, da ansonsten (bei einem Spiele-Stromverbrauch unter Übertaktung von bis zu 87 Watt) die Versorgungssicherheit einer übertakteten GeForce GTX 1650 nicht gewährleistet werden kann.

Denn der Spiele-Stromverbrauch der GeForce GTX 1650 erreicht im Schnitt der Messungen 66 Watt – was nominell im Rahmen deren TDP (75W) liegt, aber bei heutigen Grafikkarten, welche sich fast nur noch über die 12-Volt-Schiene versorgen, schon eher grenzwertig ist. Denn jene 12V-Schiene bringt laut PCI-Express-Spezifikation eine elektrische Leistung von 66 Watt an – insofern darf das Power-Limit der Karten ohne extra Stromstecker (von 75 Watt) eigentlich gar nicht ausgenutzt werden bzw. würde man anderenfalls dann schon in den Reserven stehen, welche die Mainboard-Hersteller ihren Mainboards mitgegeben haben. Keine GeForce GTX 1650 ohne extra PCI-Express-Stromanschluß erreicht allerdings einen Spiele-Stromverbrauch von 70 Watt oder mehr, insofern ist das ganze in der Praxis dennoch eine ausreichend sichere Konstruktion. Wer eine GeForce GTX 1650 auf günstigen OEM-Mainboards von Komplett-PCs nutzt, sollte allerdings sicherheitshalber auf eine Karte mit extra PCI-Express-Stromstecker setzen, denn OEM-Platinen sind dafür bekannt, nicht in jedem Fall die volle Stromversorgung auf dem Grafikkarten-Steckplatz zu bieten.

Stromverbrauch 1050Ti 1650 1060-3GB 1060-6GB 1660 570 580-8GB 590
ComputerBase 57W 64W - 116W 119W 164W 196W 209W
Golem 61W 67W - 115W 118W 158W 188W 226W
Guru3D 77W 73W - 134W 107W 168W 191W 215W
Hardwareluxx 76W 84W - 105W 131W 125W 177W 200W
HT4U 57W - - 120W - - - -
Le Comptoir d.H. - - - 114W 113W 156W 176W 223W
Les Numeriques - - - 115W - - 177W 197W
PCGH 59W - - 145W - - 189W 216W
TechPowerUp 57W 68W 111W 116W 110W 167W 198W 232W
Tom's Hardware - 77W - 119W 127W - 224W 238W
Tweakers (HW.info) 65W 64W - 115W 111W 173W 197W 224W
gemittelter Verbrauch 59W 66W ~110W 115W 113W 160W 188W 213W
TDP 75W 75W 120W 120W 120W 150W 185W 225W
Meßwerte in blauer Schrift kommen von werksübertakteten Karten, deren Werte wurden (bei größerer Abweichung) für die Durchschnitts-Bildung gar nicht oder nur partiell beachtet

Im Vergleich zu anderen Grafikkarten ist der Spiele-Strombedarf der GeForce GTX 1650 von 66 Watt natürlich Spitze bzw. das große Pro-Argument für die neue nVidia-Karte. Die GeForce GTX 1050 Ti verbraucht mit 59 Watt noch etwas weniger, allerdings liegt die GeForce GTX 1650 bei der Energieeffizienz (Performance/Stromverbrauch) dennoch klar vorn. Selbige Rechnung braucht man dann gegenüber GeForce GTX 1060 3GB (+16% schneller bei 67% mehr Stromverbrauch) oder Radeon RX 570 (+16% schneller bei satten 142% mehr Stromverbrauch) gar nicht aufmachen, gegenüber diesen Karten ist die GeForce GTX 1650 klar in einer ganz anderen Effizienzklasse angesiedelt. Wenn ein Stromverbrauch unter 75 Watt eingehalten werden soll, ist die GeForce GTX 1650 somit die klar schnellste der vorhandenen Lösungen – und selbst dann, wenn diese Einschränkung nicht existiert, zählt deren teilweise drastisch bessere Energieeffizienz immer als Pluspunkt.

Die Frage ist, ob dies die GeForce GTX 1650 davor rettet, im generellen Vergleich mit der Radeon RX 570 den Kürzeren zu ziehen. Es besteht nun einmal ein klarer Performancerückstand gegenüber der AMD-Lösung – und üblicherweise gilt, das solche Punkte wie der Stromverbrauch bzw. die Energieeffizienz nur dann eine entscheidende Rolle spielen, wenn die Performance halbwegs gleichwertig ist (was hier nicht zutrifft). Sicherlich ergeben die 66 Watt Spiele-Verbrauch bei der GeForce GTX 1650 zu den gleich 160 Watt bei der Radeon RX 470 einen sehr harschen Unterschied – aber ist die Karte erst einmal verbaut und kommt das Netzteil mit dieser Anforderung klar (sollte ab 400 Watt Nennleistung kein Problem sein), dann zählt eben doch eher die am Ende herauskommende Spiele-Performance. Und jene ist bei der Radeon RX 570 immerhin um so viel besser (+16%), das nur erstklassige (manuelle) Übertaktungen der GeForce GTX 1650 die default-Performance der Radeon RX 570 knapp erreichen können.

Als wäre dies nicht genug, kann die AMD-Karte dann noch an zwei weiteren Fronten entscheidend punkten: Zum einen gibt es zur Radeon RX 570 (zu nur geringen Mehrpreisen) auch Ausführungen mit gleich 8 GB Grafikkartenspeicher. Zwar ist diese Speichermenge im Performance- und Auflösungsbereich einer GeForce GTX 1650 (noch) nicht zwingend notwendig, aber für diese geringen Mehrpreise erübrigt sich eigentlich das Nachdenken darüber. Dies gilt insbesondere, als das gerade solcherart Mainstream-Grafikkarten oftmals vergleichsweise lange verwendet werden – und je länger eine Grafikkarte im Dienst ist, um so interessanter ist eine zukunftsgewandte Speicherbestückung. Zum anderen schlägt die Radeon RX 570 derzeit preislich bzw. vom Performance/Preis-Verhältnis her bekannterweise alles, perlt auch die GeForce GTX 1650 hieran komplett ab. Im genauen ist derzeit sogar die 8-GB-Ausführung der Radeon RX 570 etwas preisgünstiger als die GeForce GTX 1650 (mit deren 4 GB Grafikkartenspeicher) erhältlich – so was fällt unter die Kategorie "Elfmeter ohne Torhüter".

GeForce GTX 1650 Radeon RX 570
Speichermenge 4 GB 4/8 GB
FullHD Perf.Index 450% 520%  (+16%)
Stromverbrauch 66W 160W  (+142%)
Übertaktungseignung gutklassig geringfügig
Spielebundle keines The Division 2 & World War Z
Straßenpreis 150-170 Euro 4GB: 115-140 Euro  (-20%)
8GB: 130-160€  (-9%)

Das AMD aktuell mit dem AMD "50th Anniversary" Spielebundle noch zwei aktuelle Top-Spiele oben drauf legt, von nVidia bislang jedoch noch kein Spielebundle zugunsten der GeForce GTX 1650 bekannt ist, macht die Sache nochmals klarer: Vom insgesamten Preis/Leistungs-Verhältnis her unterliegt die GeForce GTX 1650 der Radeon RX 570 sehr eindeutig. Faktisch kann man den gesamten vorstehenden Artikel als ein einwandfreies "Bewerbungsschreiben" der Radeon RX 570 ansehen, denn bis auf die (dramatisch) schlechtere Energieeffizienz liegt die AMD-Lösung überall vorn, liefert aber auch in der Insgesamt-Betrachtung das klar bessere Angebot ab. nVidia ist es also mit der GeForce GTX 1650 nicht gelungen, eine gemessen an den aktuellen Marktangeboten konkurrenzfähige Mainstream-Grafikkarte seiner Turing-Riege zuzufügen.

Dabei ist die GeForce GTX 1650 nominell keine schlechte Grafikkarte – sie erleidet nur jenen Effekt, welcher im LowCost- und Mainstream-Segment recht häufig auftritt: Neu herauskommende Grafikkarten haben hier oftmals Probleme, sich mit den "ausgelutschten" Preisen der bereits existierenden Angeboten zu messen. Oftmals löst sich diese Situation erst nach einiger Zeit auf, wenn die entsprechenden älteren Grafikkarten ausgelaufen sind oder aber wenn die Neueinsteiger in der Praxis auf die passenden Straßenpreise heruntergedrückt wurden. Wollte nVidia letzteres bei der GeForce GTX 1650 erreichen, dann sind die derzeit aufgerufenen 149 Dollar Listenpreis (welcher derzeit zu Straßenpreisen von ab 150 Euro führt) allerdings eine Illusion, müsste die neue nVidia-Karte eher denn bei 109 Dollar Listenpreis (!) angesetzt werden. Selbiges dürfte jedoch kaum passieren, da nVidia generell nicht für eine Niedrigpreis-Politik bekannt ist.

Speicher FHD-Perf. FHD-Index TDP Verbrauch Liste Straßenpreis
GeForce GTX 1660 6 GB 153,2% 690% 120W 113W 219$ 220-240€
Radeon RX 590 8 GB 145,7% 650% 225W 213W 279$ 200-230€
GeForce GTX 1060 6GB 6 GB 131,6% 590% 120W 115W 249$ 190-230€
Radeon RX 580 8GB 8 GB 133,0% 590% 185W 188W 229$ 170-200€
Radeon RX 580 4GB 4 GB - 570% 185W ~185W - 160-180€
Radeon RX 570 8GB 8 GB - 520% 150W ~160W - 130-160€
Radeon RX 570 4GB 4 GB 116,3% 520% 150W 160W 169$ 115-140€
GeForce GTX 1060 3GB 3 GB 115,8% 520% 120W ~110W - 170-200€
GeForce GTX 1650 4 GB 100% 450% 75W 66W 149$ 150-170€
GeForce GTX 1050 Ti 4 GB 78,9% 360% 75W 59W 139$ 140-160€

Damit bleibt die GeForce GTX 1650 auf absehbare Zeit nur zweiter Sieger, welche allenfalls gegen nVidias bisherige Angebote GeForce GTX 1050 Ti sowie GeForce GTX 1060 3GB bestehen kann – letzteres eine Karte, die heutzutage wegen ihrer Speichermenge und dafür vergleichsweise hohen Preislage sowieso keinerlei Empfehlung mehr bekommen kann. Im Vergleich mit AMD hat die GeForce GTX 1650 dagegen nur dann ihren Auftritt, wenn die Energieeffizienz bzw. der Stromverbrauch unter 75 Watt (ohne extra PCI-Express-Stromstecker) eine Rolle spielt. Dafür gibt es durchaus Anwendungszwecke – aber der große Publikumsrenner dürfte die GeForce GTX 1650 unter dieser Ansetzung eigentlich nicht werden. Der Markt wird dies vielleicht anders sehen, speziell im Massenmarkt zählen die Marken "GeForce" und "nVidia" meistens doch noch mehr als handfeste Fakten. Gemäß der vorliegenden Testergebnisse kann die Empfehlung in diesem Preisbereich jedoch wirklich nur an die Radeon RX 570 gehen.