Dabei stellt sich sowieso die Frage, wieso man ausrechnet Raven Ridge nun mit einer extra Grafikkarte paaren sollte – schließlich gibt es bei diesen APUs mit Vega 8 & Vega 11 die bislang leistungsfähigsten integrierten Grafiklösungen. Auf dieses Thema haben sich dann auch viele der vorliegenden Testberichte konzentriert, womit eine erfreulich hohe Anzahl an entsprechenden Benchmarks gegen andere integrierte Grafiklösungen sowie gegen einige Grafikkarten des LowCost- und Mainstream-Bereichs enstanden ist. Die wichtigen Vergleiche lauten hierbei gegen Intels Ultra HD Graphics 630 in den aktuellen Core iX-8000 Prozessoren, gegen die frühere AMD-iGPU Radeon R7 mit 512 Shader-Einheiten auf Kaveri-Unterbau – und dann gegen die extra Grafikkarten GeForce GT 1030 und Radeon RX 550 aus der LowCost-Klasse sowie GeForce GTX 1050 aus dem (unteren) Mainstream-Segment. Da hierbei oftmals unterschiedliche Prozessoren und teilweise sogar abweichende iGPUs zum Einsatz kamen, sind die Einzelwerte des nachfolgenden Benchmark-Überblicks nicht auf die Kommastelle vergleichbar, der hieraus errechnete Performance-Durchschnitt ergo mit einer gewissen Fehlermarge behaftet.
iGPU | UHD630 | R7-512SE | Vega 8 | Vega 11 | GT1030 | RX550 | GTX1050 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
(CPU) | Core i3-8100 oder -8400 | A10-7870K oder -7890K | Ryzen 3 2200G | Ryzen 5 2400G | vorzugsweise Core i3-8100 oder Ryzen 5 2400G | ||
AnandTech (5 Tests) | 34,9% | 50,9% | 86,5% | 100% | 104,4% | - | - |
Benchmark.pl (5 Tests) | 39,2% | 55,4% | 84,3% | 100% | - | 124,8% | - |
ComputerBase (5 Tests) | 41% | 55% | 95% | 100% | 111% | - | - |
Golem (4 Tests) | 48,5% | A12-9800E: 64,4% | 89,9% | 100% | 121,5% | - | - |
Hardware.fr (6 Tests) | 33,5% | 42,0% | 83,9% | 100% | 91,1% | 100,9% | 164,0% |
Hardware.info (4 Tests) | 33,2% | 40,2% | 88,4% | 100% | - | - | - |
Hardware Canucks (11 Tests) | 38,2% | - | 84,3% | 100% | - | - | 173,1% |
HardwareZone (9 Tests) | 39,8% | - | - | 100% | - | 117,4% | - |
Lab501 (9 Tests) | 35,1% | - | 81,0% | 100% | - | 116,0% | - |
Le Comptoir (8 Tests) | 39,0% | 58,8% | 84,5% | 100% | 116,3% | - | - |
PCLab (8 Tests) | 34,2% | 45,3% | 85,4% | 100% | 118,0% | 120,8% | - |
PC Games Hardware (10 Tests) | 33,9% | A12-9800: 54,4% | 85,2% | 100% | - | - | - |
PC Perspective (6 Tests) | 37,1% | - | 92,1% | 100% | 117,6% | 131,7% | - |
PurePC (8 Tests) | 34,3% | A10-7850K: 53,4% | 85,2% | 100% | 109,5% | 126,9% | 195,2% |
SweClockers (6 Tests) | 36,1% | 56,4% | 89,3% | 100% | 122,0% | - | - |
TechSpot (9 Tests) | 29,6% | A12-9800: 52,5% | 85,3% | 100% | 96,2% | - | - |
TechPowerUp (10 Tests) | 37% | - | 83% | 100% | 102% | 106% | 173% |
The Tech Report (7 Tests) | 34,5% | A10-7850K: 50,4% | 87,8% | 100% | 94,2% | - | 209,1% |
iGPU-Performance | 36% | ~51% | 85,6% | 100% | 107% | 123% | 202% |
Performance-Durchschnitt leicht gewichtet zugunsten jener Reviews mit besonders vielen Einzel-Tests A10-7870K/-7890K: GCN2 @ ≤866 MHz, A10-7850K: GCN2 @ ≤720 MHz, A12-9800E: GCN3 @ ≤900 MHz, A12-9800: GCN3 @ ≤1108 MHz |
Trotzdem läßt sich am Ende ein sehr eindeutiges Bild ermitteln: AMD hat – wie schon bei der CPU-Performance – die iGPU-Performance gegenüber seinen letzten APUs sehr deutlich auf fast das Doppelte gesteigert, für nur 37,5% mehr Shader-Einheiten ist dies schon eine sehr starke Vorstellung. Damit hebt man sich nochmals deutlich von Intels integrierten Lösungen ab, die derzeit bei Intel breit verbaute Ultra HD Graphics 630 wird nahezu um den Faktor 3 geschlagen. Und dies katapultiert speziell Vega 11 damit tatsächlich in den Performance-Bereich von ernstzunehmenden LowCost-Grafikkarten wie der GeForce GT 1030 oder der Radeon RX 550. Zwar erreicht Vega 11 beide vorgenannte Grafikkarten nicht ganz, aber dies muß auch nicht sein: Diese extra Grafikkarten kosten normalerweise 70-80 Euro (die Radeon RX 550 gibt es durch den Cryptomining-Boom derzeit erst ab 100 Euro) – eine Ausgabe, welche man sich beim Erwerb einer AMD-APU der Raven-Ridge-Klasse glatt sparen kann.
Speziell unter diesem Gesichtspunkt der wirklichen Nutzung der integrierten Grafiklösung kommt Raven Ridge dann sogar mit einem richtig durchschlagenden Preis/Leistungs-Verhältnis daher. Stellt man dem Ryzen 5 2400G die aus Performance-Sicht halbwegs gleichwertige Kombination Core i3-8100 und GeForce GT 1030 gegenüber, dann hat AMD in diesem Vergleich sogar die leicht bessere CPU-Performance und einen beachtbar besseren Preispunkt von ~28 Euro auf seiner Seite – rechnet man die teureren Mainboards auf Intel-Seite ein, sind es sogar ~88 Euro. Gegenüber dem bei der CPU-Performance minimal vorn liegendem Core i3-8350K geht die Preisdifferenz dann auf ~86 Euro hinauf bzw. sogar ~136 Euro unter Einrechnung des Mainboards. Nimmt man dagegen auf Intel-Seite die preislich halbwegs passende Kombination eines Pentium G4600 mit einer GeForce GT 1030 (10 Euro Preisvorteil bei Intel), liegt der Ryzen 5 2400G bei der CPU-Performance dann sogar satte +60% vorn – ein Ergebnis, welches sich AMD regelrecht rahmen lassen kann, gerade wo man mit früheren APUs bei der CPU-Performance so immer seine Probleme hatte.
Pentium G4600 + GT1030 | Ryzen 5 2400G | Core i3-8100 + GT1030 | |
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Technik | 2C +HT, 3.6 GHz, extra GeForce GT 1030 | 4C +SMT, 3.6/3.9 GHz, integrierte Vega 11 | 4C, 3.6 GHz, extra GeForce GT 1030 |
Anwend.-Perf. | ~62% (Ryzen 5 2400G +61% schneller) |
100% | 92,1% (Ryzen 5 2400G +9% schneller) |
GPU-Perf. | 107% | 100% | 107% |
TDP | 51W + 30W | 65W | 65W + 30W |
Straßenpreis inkl. Gfx | ~139€ | ab 149€ | ~177€ |
Straßenpreis inkl. Mobo & Gfx | ~189€ | ~199€ | ~287€ |
verrechnete Preise: GeForce GT 1030 à 75€, B250 für Pentium G4600 á 60€, B350 für Ryzen 5 2400G á 60€, Z370 für Core i3-8100 á 110€ |
Dabei gibt sich Raven Ridge in den Nebendisziplinen der Leistungsaufnahme, CPU-Temperaturen, Lüfterlautstärke und Übertaktungsfähigkeit keine Blöße, liefert dort für einen Mainstream-Prozessor erwartbares ab. Die TDP von 65 Watt wird zwar ausgeschöpft, während Intels Prozessoren im Mainstream-Bereich gern weniger als ihre TDP verbrauchen, aber die geringen hierbei ermittelbaren Differenzen spielen praktisch keine große Rolle. Die CPU-Temperatur wird zwar durch die Verwendung einer Wärmeleitpaste (anstatt einer soliden Verlötung) unnötigerweise um ein paar Grad nach oben getrieben, außerhalb von Übertaktung erreicht man damit im Normalbetrieb jedoch keinerlei Grenzbereiche. Die Lüfterlautstärke geht komplett in Ordnung – und am Ende gibt es noch ein Übertaktungs-Feature oben drauf, was bei Intel sowieso nur die höherpreisigen Prozessoren bieten. Derzeit erreicht man bei Raven Ridge unter Übertaktung ca. 3.9 bis bestenfalls 4.0 GHz CPU-Takt – genauso wie bei den kleineren Ryzen-Prozessoren.
In der Summe der Dinge erfüllt Raven Ridge also sehr wohl die Vorgaben bzw. Erwartungen, im APU-Bereich nunmehr eine gleichwertige CPU-Performance aufzubieten. Je nach Betrachtungsweise überbietet AMD diese Vorgabe dann sogar deutlich: Denn rechnet man die Nutzung der integrierten Grafiklösung ein, dann hat AMD sogar das mit großem Abstand bessere Preis/Leistungs-Verhältnis bzw. sogar die viel bessere CPU-Performance gegenüber gleichpreisigen Intel-Angeboten. Ohne Nutzung der integrierten Grafiklösung hängen die Trauben etwas höher, schafft es Raven Ridge im Fall des Ryzen 3 2200G nur im groben Rahmen die CPU-Performance von Intel zu erreichen, während der Ryzen 5 2400G diese Aufgabe dagegen dann punktgenau erfüllt. Andererseits muß dies nicht einmal wirklich die Zielsetzung bei einer APU sein – wer ohne die integrierte Grafiklösung rechnet, kann schließlich gleich zu reinen CPUs greifen.
Die eigentliche Problematik der früheren AMD-APUs, das eine (auch seinerzeit schon) exzellente Performance der integrierten Grafiklösung immer auch Abstriche bei anderen Punkten nach sich zog (meistens niedrigere CPU-Performance samt höherer Leistungsaufnahme), hat Raven Ridge nunmehr endlich nicht mehr. Auch der reine CPU-Teil von Raven Ridge ist nun absolut konkurrenzfähig, erfüllt alle gestellten Aufgaben genauso gut (oder besser) wie vergleichbare Prozessoren. Das frühere AMD-APUs also zumeist ein klares Kompromißangebot waren, wo man für einen Vorteil auch wieder einen Nachteil in Kauf nehmen musste, ist mit Raven Ridge endlich vom Tisch. Man kann diese neuen APUs nunmehr wirklich bedenkenlos kaufen, selbst wenn jene ihre wahren Vorteile erst bei der wirklichen Nutzung der integrierten Grafiklösung entfalten können. Mit der überzeugenden Vorstellung von Raven Ridge hat AMD das Thema der APUs endlich dahin geführt, wohin es von Anfang an gedacht war.
Die allermeisten Testberichte waren demzufolge auch voll des Lobes, zumindest medial hat AMD damit schon erst einmal gewonnen. Ob dies dann auch in einen zählbaren Markterfolg resultiert, wird die Zeit zeigen müssen. Hierbei gilt einzurechnen, das Raven Ridge in einem Marktsegment angesiedelt ist, wo der Retailhandel kaum eine beachtbare Größe darstellt, sondern die großen Mengen über das OEM-Geschäft mit den Herstellern von Komplett-PCs und Notebooks gemacht werden. Vor allem bei denen muß AMD mit Raven Ridge punkten – wobei die derzeit medial erworbenen Meriten dabei durchaus hilfreich sein können. Der Weg, die typischen Käufer von günstigen Komplett-PCs davon zu überzeugen, die alten Vorurteile gegenüber AMD-Prozessoren angesichts der (schlagkräftigen) Zen-Architektur grundsätzlich zu überdenken, dürfte dennoch mühsam und langwierig sein.