Diese Situation führt dazu, das man spätestens unter Übertaktung für eine bessere Kühlung oder aber sonstwie geringere Temperaturen sorgen muß, um auf real höhere Tatraten zu kommen – Taktrate, Chipspannung und Power-Limit kann man hingegen einfach per Klick im Treiber erhöhen. Ohne besseren Kühler ist dies nur über eine Anpassung der Lüftersteuerung möglich, welcher man mehr Drehzahl zugestehen muß – was die ohnehin laute Karte noch lauter macht. Selbst dann darf man allerdings kaum ein Übertaktungsergebnis mit zweistelligem Performance-Zuwachs erwarten, die Radeon VII ist ein vergleichsweise schlechter Übertakter bzw. wird augenscheinlich seitens AMD schon am Rande des Machbaren eingestellt ausgeliefert. Dies können potentiell nur die (später erscheinenden) Herstellerdesigns besser machen, wenn jene ihre besseren Kühllösungen ansetzen. Mittels jenen wird sich dann hoffentlich auch die Lautstärke der Karte reduzieren lassen, welche allgemein als laut (und bei einigen Testern auch zu laut) empfunden wurde. Die entsprechenden Messungen ergeben zwar keine größere Differenz zur Radeon RX Vega 64 in deren Referenzdesign – aber für diese ältere Karte liegen inzwischen natürlich auch Herstellerlösungen mit deutlich freundlicherem Geräuschbild vor. nVidia ist in dieser Disziplin auch schon bei seinen Founders-Edition-Karten deutlich besser unterwegs – und selbst jene gelten schließlich nicht wirklich als Leisetreter.
Freude macht dagegen Undervolting auf der Radeon VII, so wie bei ComputerBase und Hardwareluxx beschrieben. Die Karte bringt diesbezüglich wie die bisherigen Vega-Grafikkarten einigen Spielraum mit sich, welcher sich zu einer deutlichen Senkung des Stromverbrauchs (bei der ComputerBase von 277 auf 207 Watt, bei Hardwareluxx von 300 auf 263 Watt) bei gleichzeitig teilweise geringerer Geräuschlast (bei der ComputerBase von 51 auf 42 dBA, bei Hardwareluxx aber nur von 52 auf 51 dBA) verwenden läßt. Der springende Punkt ist, das die Radeon VII bei Undervolting wirklich nichts mehr an Performance einbüßt, etwaige Differenzen erreichen nicht einmal die Marke von einem Prozentpunkt – und manchmal ist die Performance bei Undervolting sogar minimal besser. Die Radeon VII lädt also wirklich zum Undervolting ein, was die Karte dann im besten Fall ähnlich effizient und laufruhig wie eine GeForce RTX 2080 machen kann. Leider wurde im Rahmen der Launchreviews nicht ausgetestet, was mittels maßvollem Undervolting bei gleichzeitiger Übertaktung möglich ist – hier ist ein gewisses Potential zu sehen, was aber sicherlich erst später mit den Herstellerdesigsn wirklich gehoben werden kann.
Damit liegt die Radeon VII bezüglich ihrer Produkteigenschaften durchaus auf einer mittelguten Wertung: Die Performance ist ansprechend, es wird das Performance-Niveau der GeForce GTX 1080 Ti exakt erreicht sowie das Performance-Niveau der GeForce RTX 2080 Referenz nur um (nahezu nicht mehr relevante) 4 Prozentpunkte verfehlt (die GeForce RTX 2080 FE ist zwar dagegen 8% schneller, kostet dafür aber auch 100 Dollar mehr). Als Pluspunkte gibt es daneben die gleich 16 GB Grafikkartenspeicher sowie die feine Undervolting-Eignung, als Negativpunkte darf man die schwache Übertaktungseignung sowie die hohe Lautstärke des Referenzdesigns zählen. Der Stromverbrauch mag nominell hoch sein, aber dies ist angesichts der Leistungsklasse der Karte noch der am wenigsten interessante Punkt für deren typische Käufer. Als weiteren Pluspunkt kann man zudem AMDs "Raise the Game" Spielebundle werten, welches nunmehr auch für die Radeon VII gilt.
Problematisch für die Radeon VII ist dann allerdings der Blick auf die reale Preissituation: Das die neue AMD-Karte anfänglich etwas teurer nicht unterhalb von 750 Euro im Handel angeboten wird, könnte man noch verschmerzen – wenn nicht gleichzeitig nVidias GeForce RTX 2080 inzwischen beachtbar unterhalb ihres Listenpreises angeboten würde. Die nVidia-Karte ist derzeit ab 650 Euro erhältlich – und dafür bekommt man dann teilweise schon (leicht) werksübertaktete Varianten, welche also minimal schneller als die Referenz-Performance der GeForce RTX 2080 herauskommen. Über die geringe Performance-Differenz zwischen Radeon VII und GeForce RTX 2080 Referenz könnte man sicherlich gut hinwegblicken (bei nur ±4% kein Akt) – aber wenn dann die minimal schnellere Karte auch noch klar preisgünstiger angeboten wird, hört sicherlich der Spaß auf. Letztlich lassen sich inzwischen sogar schon GeForce RTX 2080 Karten finden, welche die Taktraten der Founders Edition (oder besser) aufbieten – und dennoch günstiger als die von AMD derzeit aufgerufenen 750 Euro kommen.
Speicher | 4K-Perf. | Verbr. | FHD-Index | 4K-Index | Liste | Straße | (derzeitiges) Spielebundle | |
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GeForce RTX 2080 Ti FE | 11 GB | - | 271W | 1420% | 236% | 1199$ | 1259€ | Anthem & Battlefield V |
GeForce RTX 2080 Ti Ref. | 11 GB | - | ~260W | 1380% | 228% | 999$ | 1000-1150€ | Anthem & Battlefield V |
GeForce RTX 2080 FE | 8 GB | 107,4% | 228W | 1250% | 186% | 799$ | 849€ | Anthem & Battlefield V |
GeForce RTX 2080 Ref. | 8 GB | ~103,9% | ~215W | 1210% | 180% | 699$ | 650-720€ | Anthem & Battlefield V |
GeForce GTX 1080 Ti | 11 GB | 99,9% | 239W | 1180% | 173% | 699$ | ausgelaufen | keines |
Radeon VII | 16 GB | 100% | 282W | 1110% | 173% | 699$ | 750-800€ | Devil May Cry 5, Resident Evil 2 & The Division 2 |
GeForce RTX 2070 FE | 8 GB | 87,3% | ~191W | 1070% | 151% | 599$ | 629€ | 1 von 2 aus Anthem & Battlefield V |
GeForce RTX 2070 Ref. | 8 GB | 84,2% | ~174W | 1030% | 146% | 499$ | 480-530€ | 1 von 2 aus Anthem & Battlefield V |
GeForce GTX 1080 | 8 GB | 76,1% | 176W | 960% | 132% | 499$ | ausgelaufen | keines |
Radeon RX Vega 64 | 8 GB | 76,7% | 296W | 930% | 132% | 499$ | 390-450€ | Devil May Cry 5, Resident Evil 2 & The Division 2 |
GeForce GTX 2060 | 6 GB | - | 160W | 920% | 124% | 349$ | 350-370€ | 1 von 2 aus Anthem & Battlefield V |
GeForce GTX 1070 Ti | 8 GB | - | 173W | 900% | 122% | 449$ | 430-470€ | keines |
Radeon RX Vega 56 | 8 GB | - | 223W | 840% | 117% | 399$ | 340-360€ | Devil May Cry 5, Resident Evil 2 & The Division 2 |
GeForce GTX 1070 | 8 GB | - | 147W | 800% | 107% | 379$ | 340-380€ | keines |
Selbst also eingerechnet die kleine Preisübertreibung zum Launch hätte AMD über den angesetzten Listenpreis besser noch einmal nachdenken sollen. Und gerade in der aktuellen Situation, das die GeForce RTX 2080 sich schon einige Monate hat am Markt ausbreiten können, hätte man besser damit rechnen sollen, das die nVidia-Karte inzwischen ihre Listenpreis unterbietet – und sich entsprechend griffiger positionieren sollen. Schon allein eine Differenz von 50 Dollar/Euro hätte hierbei in der Betrachtung der Karte Wunder bewirken können – ein Potential, welches AMD verschenkt hat. Zudem hätte ein niedrigerer Listenpreis auch einfach besser zur leicht geringeren Performance der Radeon VII gepasst – der gleiche Listenpreis (wie bei der GeForce RTX 2080 Referenz) hat letztlich auch nur Erwartungen geweckt, die AMD gar nicht erfüllen konnte. Ein ehrlicher Umgang mit dem gebotenen Performancebild und damit ein Listenpreis von 649 Dollar hätten AMD und der Radeon VII wohl besser zu Gesicht gestanden.
Nun sind 50 Dollar/Euro Preisdifferenz bei 700-Dollar-Boliden natürlich keine Staatsaffäre wert, so etwas kann sich im Laufe der Zeit allein in Form von besseren Straßenpreisen schlicht von selbst regeln. Derzeit kann AMD an den Straßenpreisen zur Radeon VII allerdings nicht arbeiten, da die erste Karten-Charge umgehend ausverkauft war. Augenscheinlich war AMDs Liefermenge doch (viel) zu klein – und nachfolgend ist nun unsicher, wie schnell AMD in ordentlichen Mengen nachliefern kann. Mit einer guten Kartenverfügbarkeit sollte dann auch der Wettbewerb der Einzelhändler einsetzen und den Straßenpreis der Radeon VII näher in Richtung 700 Euro drücken. Mit einem Abstand von ca. zwei Monaten dürften dann die Herstellerdesigns nachfolgen und zum einen vermutlich noch etwas mehr aus der Radeon VII herausholen, zum anderen sich nochmals käuferfreundlicher auf den Straßenpreis auswirken. Die richtige Konkurrenz zur GeForce RTX 2080 kann die Radeon VII allerdings eigentlich erst dann aufmachen, wenn auch wirklich derselbe Straßenpreis erreicht wird.
Vorher ist die Karte eher nur ein Liebhaber-Objekt, da zum aktuellen Straßenpreis das Preis/Leistungs-Verhältnis bei der GeForce RTX 2080 einfach besser ist. Allerdings gibt es augenscheinlich in Enthusiasten-Kreisen trotzdem ein hohes Interesse an der Radeon VII – zumindest die derzeit von AMD zur Verfügung gestellten geringen Stückzahlen werden sich also problemlos verkaufen lassen. Ob der Radeon VII darüber hinaus noch ein größerer Publikumserfolg beschieden sein wird, kann momentan kaum prognostiziert werden, dies hängt an den nachfolgenden Herstellerkarten und der Preisentwicklung bzw. daran, wieviel Preisentwicklung bei der Radeon VII überhaupt möglich ist. Man kann allerdings sagen, das die Radeon VII durchaus etwas spezielles für sich hat – und damit sicherlich die Chance gegeben ist, jene Karte trotz des hohen Preispunkts zu einem beachtbaren Erfolg für AMD zu machen. Grafikkarten-Käufer des Enthusiasten-Segments mögen nun einmal Kaufobjekte mit Alleinstellungsmerkmal – und speziell in dieser Disziplin hat nVidias RayTracing bei den RTX-Karten bislang wenig gezündet, stoßen die gleich 16 GB Grafikkartenspeicher der Radeon VII dagegen auf deutlich mehr Interesse.