Launch-Analyse: AMD Llano (Seite 2)

Mittwoch, 15. Juni 2011
 / von Leonidas
 

Dieses Taktraten-Problem wirft AMD allerdings bei der CPU-Performance weit zurück: Mit der niedrigeren Pro/Takt-Performance des K10-Prozessorendesigns brauchte AMD in den letzten Jahren immer einen klaren Mehrtakt, um wenigstens halbwegs mithalten zu können. Dieser fehlt nun, womit Llano bezüglich der reinen CPU-Performance sogar hinter Athlon II & Phenom II zurückfällt. Im Mobile-Segment ist dies aufgrund vergleichbarer Taktraten in der Praxis nicht relevant, aber im Desktop-Bereich ergibt der große Taktraten-Unterschied auch einen großen Performance-Unterschied zwischen alten und neuen AMD-Prozessoren – zugunsten der alten Modelle.

Hier wird AMD zudem an einer Stelle getroffen, wo AMD zuletzt sowieso nicht mehr zeitgemäß aussah: Die CPU-Performance von Athlon II & Phenom II ist bekannterweise nur auf höchstmöglichen Taktraten oder mit sechs Rechenkernen halbwegs konkurrenzfähig zu Intel. Mit Llano gibt es nun zumindest im Desktop-Segment und zumindest derzeit (bis AMD Llano auf klar über 3 GHz hieven kann) nochmals deutlich weniger CPU-Performance, was in der Summe einen richtig breiten Performance-Graben zwischen den aktuellen CPUs von AMD und Intel ergibt:

AMD Llano CPU-Performance

In der Praxis liegt Llano sowohl bei Mobile- als auch Desktop-Versionen meilenweit von technisch vergleichbaren CPUs von Intel entfernt, sprich also CPUs mit gleicher Anzahl an Rechenkernen und ähnlichen Taktraten: AMD braucht auf gleichem Takt faktisch vier Llano-Rechenkerne, um überhaupt in die Nähe von Intels Sandy-Bridge-Zweikernern zu kommen. Sobald dann noch ein Taktratenunterschied hinzukommt – und dies ist auf den niedrigen Llano-Taktraten ganz schnell der Fall – zieht Intel aber auch in einem solchen Fall deutlich davon. Auch der im Mobile-Segment bei AMD stark promotete TurboCore-Modus scheint den Mobile-Llanos nicht deutlich weiterzuhelfen, vermutlich werden in der Praxis die maximalen TurboCore-Aufschläge nur eher selten erreicht.

Allerdings muß man diesbezüglich auch nicht alles so schwarz sehen wie es derzeit teilweise geschrieben und kommentiert wird: Llano ist von Anfang an als LowCost- und Mainstream-Prozessor konzipiert worden – dies wird bei all dem Fusion-Hype gern übersehen. Für die allermeisten Anwender wird die CPU-Performance von Llano sowohl im Notebook als auch auf dem Desktop immer ausreichend sein, immerhin ist Llano (als Vierkerner) etwas mehr als doppelt so schnell wie Bobcat. Die hoch getakteten Phenom II Modelle und alles, was von Intel kommt, ist natürlich schneller und teilweise sogar dramatisch schneller als Llano – aber die wenigsten Anwender haben für diese Performancereserven echte Anwendungszwecke.

Natürlich ist es eine psychologische Hürde, eine CPU mit nominell schlechterer CPU-Performance zu erstehen, wenn man eben auch reichlich Angebote mit besserer CPU-Performance offeriert bekommt. Dafür ist dann aber eben die integrierte Llano-Grafik da, welche es deutlich besser machen soll als die integrierte Sandy-Bridge-Grafik. AMD bietet hierfür schließlich auch genügend Hardware-Power auf – die bis zu 400 Shader-Einheiten sind hervorragend, wenngleich deren Taktraten natürlich deutlich niedriger sind als aus dem Desktop-Segment gewohnt.

Etwas kritisch ist noch der Punkt, ob diese hohe Rechenpower überhaupt an einem gesharten Speicherinterface auf Touren kommen kann – schließlich bedienen sich aus dem DualChannel 64 Bit DDR Speicherinterface mit DDR3-Speicher des Llano-Prozessors sowohl die eigentliche CPU als auch die integrierte Grafiklösung. AMD hat hier mit der offiziellen Verwendung von bis zu DDR3/1866-Speichern ein wenig gegengesteuert, trotzdem ist die Speicherbandbreite der integrierten Llano-Grafik in der Praxis niedriger als bei vergleichbaren Mainstream Desktop-Grafiklösungen. Und dies scheint dann wohl auch der Grund dafür zu sein, daß die integrierte Llano-Grafik teilweise nicht ganz so beeindruckende Ergebnisse wie vorab gedacht erzielt:

AMD Llano GPU-Performance, Teil 1

Die Werte der Mobile-Lösungen schwanken ziemlich stark zwischen 40 und 90 Prozent Performanceplus zwischen der besten Llano-Grafik und der besten Sandy-Bridge-Grafik, grob kann man von ca. 70 Prozent Vorteil sprechen. Allerdings konnte man sich vor dem Llano-Start trotzdem klar mehr vorstellen – zwischen dem zweifachen und dreifachen hatte man eigentlich erwartet. Die integrierte Llano-Grafik schlägt damit die integrierte Sandy-Bridge-Grafik zwar um Längen, kommt aber nicht an die hohen Erwartungen heran und bricht auch nicht wirklich aus dem LowCost-Segment aus.

Trotzdem reicht es natürlich aus, um einige der kleineren (extra) Mobile-Grafikchips von AMD und nVidia obsolet zu machen: Die integrierte Radeon HD 6620G hat (teilweise mit Augenzudrücken) das Leistungsniveau einer Mobility Radeon HD 5650 (auf niedrigem Takt), Radeon HD 6550M, GeForce GT 425M oder GeForce GT 525M zu bieten – alles was kleiner ist in AMDs und nVidias Mobile-Portfolio, wird demzufolge von der Radeon HD 6620G geschlagen.

Die heute nicht getestete Radeon HD 6520G mit nur 320 Shader-Einheiten dürfte dann allerdings gut 15 Prozent langsamer sein. Die Radeon HD 6480G mit nur 240 Shader-Einheiten und halbierter ROP-Anzahl dürfte dagegen deutlich abfallen und vermutlich nur noch das Niveau der Intel HD Graphics 3000 erreichen. Hier muß der Llano-Käufer deutlich aufpassen, was er abbekommt – schlecht sind die kleineren Llano-Grafikeinheiten zwar nicht, aber eben auch nicht mehr der angestrebte Ersatz für einen extra Mobile-Grafikchip.

Wie gesagt ist die Speicherbandbreite ein Problem der integrierten Llano-Grafik: AnandTech haben zwischen DDR3/1333- zu DDR3/1866-Speicher immerhin 23 Prozent Performance-Unterschied ausgemessen, dies ist für die getesteten Auflösungen (1024x768 und 1280x1024) und eine ausschließliche Erhöhung des Speichertakts (um 40%) doch recht viel. Das Problem im Mobile-Segment ist, daß dort kaum solch hohe Speichertaktraten von den Notebook-Herstellern vorgesehen werden – selbst AMDs eigenes Llano-Sample kam bei den Hardware-Testern nur mit DDR3/1333 an, obwohl die verbaute Llano-CPU auch DDR3/1600 ansteuern kann. Hier verschenkt AMD im Mobile-Bereich einiges an möglicher Performance.

AMD Llano GPU-Performance, Teil 2

Im Desktop-Bereich ist die Konkurrenz dann zwar nochmals härter, dafür gibt es dort auch ohne Probleme DDR3/1866-Speicher. Damit kommt die bestmögliche Desktop-Grafik Radeon HD 6550D auf eine ganz anständige Performance, welche ziemlich exakt dem Performance-Bild der Desktop-Grafikkarten Radeon HD 5550 DDR3 und GeForce GT 430 DDR3 entspricht. Hier liegt die integrierte Llano-Grafik schon viel eher im Rahmen der Erwartungen – zwar am unteren Ende dieser Erwartungen, aber immerhin.

Die heute nicht getestete Radeon HD 6530D mit nur 320 Shader-Einheiten und deutlich niedrigerem Takt dürfte allerdings deutlich schwächer ausfallen, geschätzt muß man sich hier auf einen Performanceabschlag von 30 bis 35 Prozent einstellen. Die noch kleineren Grafiklösungen Radeon HD 6410D, 6370D, 6320 und 6310 mit ihrer geringeren Anzahl an Recheneinheiten und halbierter ROP-Anzahl erreichen dann nur noch klares LowCost-Niveau und sind überhaupt nicht mit der Performance von Radeon HD 6530D und 6550D vergleichbar.

Eine gänzliche Gewißheit zur Leistungsfähigkeit der integrierten Llano-Grafik lässt sich derzeit allerdings nicht erreichen – dafür fehlen leider Benchmarks auf den üblichen FullHD-Auflösungen von 1920x1080/1200. Gerade wenn die integrierte Radeon HD 6550D nunmehr auf dem Performance-Niveau von Radeon HD 5550 DDR3 und GeForce GT 430 DDR3 eingeschätzt wird und diese beiden Desktop-Karten aktuelle Spiele durchaus unter FullHD darstellen können (wenngleich ohne Anti-Aliasing und manchmal mit abgesenkten Settings), wären somit eigentlich FullHD-Benchmarks der Radeon HD 6550D vollkommen angebracht. Bis zum Auftauchen solcher Zahlen bleibt ein leichter Zweifel, ob die Radeon HD 6550D angesichts ihrer Bandbreiten-Abhängigkeit ihre guten Resultate auch bis hinauf in höhere Auflösungen durchhalten kann.

Der Punkt der Performance auf CPU- und GPU-Seite ist damit trotzdem schon ausreichend gut ausgelotet, um darüber nachdenken zu können, für welche Käufergruppe Llano nun interessant ist. Hierbei muß man wohl deutlich trennen zwischen Desktop- und Mobile-Ansprüchen: Im Mobile-Bereich hat Llano trotz der nur arg mittelmäßigen CPU-Performance in jedem Fall eine hohe Berechtigung durch den kostengünstigen und Akkulaufzeit-schonenden Ersatz vieler LowCost-Grafiklösungen. Für ein einfaches Spiele-Notebook ist Llano hier sogar die mit Abstand beste Wahl – und mit dieser Charakterisierung dürfte sich für AMD ein sehr breiter Markt auftun, weil "günstig, spielefähig und langlaufend" im Mobile-Markt sehr griffige Argumente sind und reine CPU-Performance demgegenüber zumeist zurücksteht.

Im Desktop-Bereich gibt es dagegen deutlich andere Performance-Anforderungen, gerade im Grafikchip-Bereich. Eine Radeon HD 6550D mit dem Performanceniveau Radeon HD 5550 DDR3 und GeForce GT 430 DDR3 gilt da als totale Einsteigerlösung, um die der ernsthafte Gamer einen weiten Bogen machen wird – selbst dieser Gamer, welcher auf sein Budget schauen muß oder ein besonders laufruhiges System wünscht. Interesant ist die im Desktop-Bereich von Llano gebotene Grafikperformance eher für absolute Gelegenheitsspieler, denen gleichzeitig die durchschnittliche CPU-Performance nicht doch zu wenig ist. Ob sich hier (in unseren Breitengraden) ein großer Markt machen lassen wird, bliebe abzuwarten. In den prosperierenden PC-Märkten der Schwellen- und Entwicklungsländern dürfte Llano dagegen vermutlich großartig ankommen, dort geht es immer um einen besonders kostengünstigen Mix aus CPU- und GPU-Performance – genau das, was Llano bietet.

Damit mag Llano aus Sicht des Hardware-Enthusiasten vielleicht enttäuschend sein – allerdings war dieser Hardware-Enthusiast dann auch vorab ziemlich falsch informiert, denn hier auf 3DCenter wurde von Anfang an die vergleichsweise niedrige CPU-Performance angekündigt und auch die GPU-Performance eher zurückhaltend prognostiziert. Llano ist für den Gelegenheitsspieler konzipiert – das mag Hardware-Enthusiasten nicht besonders ansprechen, aber der Gelegenheitsspieler wird mit Llano ziemlich gut bedient und für AMD dürfte somit das gesteckte Ziel (abgesehen von mehr Taktrate) doch erfüllt sein. Wenn AMD es richtig (bei Preisgestaltung und Marketing) angeht, könnte Llano sogar ein markterschütternder Erfolg werden, trotz all der Bedenken und Enttäuschung aus dem Enthusiasten-Segment.

Was für Llano-Interessenten in jedem Falle elementar sein wird, ist der genaue Überblick über alle Modelle und deren Features. Ohne diesen Überblick kann man ganz schnell das für die eigenen Bedürfnisse falsche Llano-System angedreht bekommen – weil Llano eben so stark wandelbar ist bzw. einen so breiten Performance-Bereich nach unten hin abdeckt. Als Faustregel kann man sich merken, daß sobald es um ein performantes System geht, ausschließlich die Llano-Modelle mit dem "A8" am Anfang interessant sind.