Grafikkarten-Marktüberblick September 2015 (Seite 2)

Sonntag, 13. September 2015
 / von Leonidas
 

Alle diese Empfehlungen wurden wie üblich streng nach Preis/Leistungs-Kriterien und nicht nach subjektiven Einschätzungen oder Hersteller-Vorlieben getroffen. Tabellarisch zusammengefasst ergeben sich gemäß Auflistung und Kommentierungen der vorherigen Seite die folgenden kumulierten Empfehlungen aus Preis/Leistungs-Sicht:

hauptsächliche Empfehlung Neben-Empfehlung
DualChip-Lösung derzeit keine Angebote im Markt
schnellste SingleChip-Lösung GeForce GTX 980 Ti 6GB GeForce GTX Titan X 12GB
(minimal schneller, aber dafür maßlos teurer)
oberes HighEnd-Segment
(ab 400€)
Radeon R9 390X 8GB -
unteres HighEnd-Segment
(250-400€)
Radeon R9 290 4GB Radeon R9 390 8GB
(P/L minimal schlechter, aber gleich 8 GB Speicher)
oberes Performance-Segment
(170-250€)
Radeon R9 280X 3GB GeForce GTX 960 2GB
(P/L klar schlechter, aber herausragende Energieeffizienz)
unteres Performance-Segment
(130-170€)
Radeon R9 270 2GB GeForce GTX 950 2GB
(P/L klar schlechter, aber herausragende Energieeffizienz)
Mainstream-Segment
(bis 130€)
GeForce GTX 750 Ti 2GB -
schnellste Lösung für Mini-ITX GeForce GTX 970 3,5GB Radeon R9 Nano 4GB
(klar schneller, aber dafür maßlos teurer)
schnellste Lösung unter 200W Stromverbrauch GeForce GTX 980 4GB Radeon R9 Nano 4GB
(etwas schneller, aber sehr viel teurer)
schnellste Lösung unter 120W Stromverbrauch GeForce GTX 960 2/4GB -
schnellste Lösung unter 70W Stromverbrauch GeForce GTX 750 Ti 2GB -

Die Kategorien für die Preis/Leistungs-Empfehlungen haben gegenüber dem letzten Grafikkarten-Marktüberblick einen kleinen Zuwachs erfahren: Erstmals werden auch Empfehlungen für die schnellsten Grafikkarten in verschiedenen Watt-Klassen sowie für den Mini-ITX-Formfaktor (was das Vorhandensein entsprechender Grafikboards mit einer dmaximaler Kartenlänge von 17cm voraussetzt) ausgesprochen. In diesen neuen Kategorien dominiert naturgemäß nVidia durch die bekannt hohe Energieeffizienz der Maxwell-basierten Grafikkarten. AMDs neue Radeon R9 Nano könnte hier allerdings in sogar gleich zwei Disziplinen an der Spitze stehen – doch der viel zu hohe Einstiegspreis der Karte verhindert derzeit eine hauptsächliche Empfehlung.

In den üblichen, preisgebundenen Kategorien gewinnen dann wieder fast durchgehend die AMD-Grafikkarten – an der absoluten Leistungsspitze siegt wie üblich die GeForce GTX 980 Ti, zudem gewinnt die GeForce GTX 750 Ti das P/L-Rennen im Mainstream-Segment. Alle vier anderen Preissegmente werden dann von AMD-Modellen als hauptsächliche Empfehlung besetzt – oder anders formuliert: AMD hat in fast jedem Preissegment (wieder einmal) das beste Angebot aus reiner Preis/Leistungs-Sicht. Dabei sind die Abstände zu nVidia diesesmal sogar in allen vier Fällen regelrecht beachtenswert bei zwischen 5-10% besserem P/L-Verhältnis. Das ganze ist also nicht einfach nur ein Sieg mit knappestmöglichen Abständen, sondern in den Fällen der Radeon R9 270 und 280X ziemlich deutlich und in den Fällen der Radeon R9 290 & 390X noch wenigstens beachtbar zugunsten von AMD.

Ob dies vom Markt goutiert wird, bleibt dagegen abzuwarten – zuletzt sprach die Tendenz eher nochmals gegen AMD, welche inzwischen viele Marktüberblicke mit immer wieder gutklassigen P/L-Angeboten trotzdem nicht in höhere Marktanteile ummünzen konnten. AMDs Fiji-basierte Grafikkarten dürften daran auch wenig ändern, denn jene kommen AMD-untypisch mit eherschlechten P/L-Verhältnissen in den Markt. Ob der Schwung der neuen, aber eben dennoch auf Refreshes basierenden Radeon R300 Serie zu besseren AMD-Umsätzen ausreicht, wird man dann sehen müssen. nVidia hingegen hat seine Hausaufgaben gemacht und das große Angebotsloch bei ca. 160 Euro mit der GeForce GTX 950 abgedichtet. Zudem wurden GeForce GTX 750 Ti und GeForce GTX 960 4GB preislich abgesenkt und somit attraktiver gemacht. Gut möglich, daß diese mittelprächtigen Verbesserungen des nVidia-Portfolios schon dafür ausreichend sind, um erneut nochmals bessere Umsätze und Marktanteile für nVidia einzufahren.

Abseits von weiteren auslaufenden Modellen der Radeon R200 Serie und eventuell kommenden Preisverschiebungen sehen wir hiermit im übrigen schon dieses Angebotsportfolio, welches ungefähr bis zum Sommer 2016 Bestand haben wird – wenn dann die 14/16nm-Generationen von AMD und nVidia starten und das jetzt bekannte Performancespektrum wahrscheinlich komplett über den Haufen werfen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt dürften AMD und nVidia allenfalls noch diverse Ergänzungen nachschieben: Bei AMD sicherlich eine Radeon R9 370X und eventuell eine Radeon R9 380X, bei nVidia wohl noch eine GeForce GTX 960 Ti. Hinzu kommen noch neue Modelle für den geneigten DualChip-Anhänger: Seitens AMD ist eine Radeon R9 Fury X2 für den Herbst schon angekündigt – bei nVidia wird man sehen müssen, ob es dort noch zu einer Umsetzung des GM200-Chips für den DualChip-Einsatz kommt. Große Produkt-Offensiven und -Offenbarungen sind angesichts des abzusehenden Endes der 28nm-Ära jedoch nicht mehr zu erwarten.

Wie üblich wollen wir abschließend die bei diesem Marktüberblick eingesetzten Indizies "Performance/Preis" und "Performance/Spieleverbrauch" noch einmal kumuliert als weitere Entscheidungshilfe betrachten. Dazu haben wir die entsprechenden Ergebnisse aller Grafikkarten mit 2 GB und mehr Speicher jeweils in ein Diagramm zusammengefügt – angefangen mit dem Index "Performance/Preis", welchen man auch als "Framerate pro Euro" bezeichnen kann. Daß dabei die Grafikkarten mit steigendem Performancelevel ein immer geringeres Performance/Preis-Verhältnis aufweisen, ist vollkommen normal – relevant sind zuerst die relativen Unterschiede zu den anderen Angeboten des gleichen Perfomancebereichs. Ausgangspunkt dieser Bewertung ist natürlich der 3DCenter Performance-Index, welchen es in seiner normalen Ausprägung für die FullHD-Auflösung und extra noch einmal für die UltraHD-Auflösung gibt:

Die vorab konstatierten Vorteile von AMD beim Performance/Preis-Verhältnis lassen sich mittels dieses Diagramms gut untermauern: Nahezu überall liegen die AMD-Angebote vorn, zudem liegt neben fast jedem nVidia-Angebot mit gutem Performance/Preis-Verhältnis direkt ein AMD-Angebot mit einem noch besseren Performance/Preis-Verhältnis. nVidia hat derzeit außerhalb von GeForce GTX 750 Ti und 980 Ti nirgendwo Performance/Preis-Sieger – und liegt gerade bei den mittleren bis hohen Preisklassen meistens inzwischen bemerkbar zurück. Bei AMD stechen insbesondere Radeon R9 270 und 280X mit exzellenten Performance/Preis-Verhältnissen ins Auge, aber auch das Gesamtbild spricht hier eher für AMD als für nVidia.

Unter 4K wird das ganze nochmals etwas deutlicher: Die GeForce GTX 980 Ti verliert hier ihren Vorteil (ohne deswegen allerdings wirklich schlecht auszusehen), während sich inbesondere die Radeon R9 390 als diejenige 4K-Lösung mit dem besten Performance/Preis-Verhältnis (neben der Radeon R9 290) positionieren kann. Gäbe es die GeForce GTX 980 Ti nicht, würde das Gesamtbild unter 4K sogar überdeutlich zugunsten von AMD sprechen – auch eine Auswirkung des Effekts, daß die AMD-Grafikkarten wie bekannt unter höheren Auflösungen klar besser durchhalten als die nVidia-Grafikkarten.

Der nachfolgende Index "Performance/Spieleverbrauch" läßt sich dagegen auch als "Framerate pro Watt" übersetzen – hier es geht um die Energieeffizienz der Grafikkarten unter Spielen. Hierbei sollten normalerweise alle Grafikkarten derselben Fertigungstechnologie vom Mainstream- bis Performance-Segment eine ähnliche Energieeffizienz aufweisen und vor allem die Ausreißer innerhalb desselben Performancebereichs interessant sein. Das HighEnd-Segments ist in dieser Frage üblicherweise etwas extra zu betrachten, denn in diesem geht die Energieeffizienz normalerweise bemerkbar zurück. Ausgangspunkt dieser Bewertung ist auch hierbei wieder der 3DCenter Performance-Index – zuerst für die FullHD-Auflösung und nachfolgend für die UltraHD-Auflösung:

Viel deutlicher kann ein Diagramm kaum sein: Die Maxwell-basierten nVidia-Grafikkarten sind bei der Energieeffizienz den AMD-Modellen egal welcher Chipbasis meilenweit voraus – natürlich auch ein Verdienst des Umstands, daß nVidia bei der Entwicklung der Maxwell-Architektur nicht wie einstmals geplant auf eine bessere Fertigung setzen konnte, sondern vielmehr das beste aus der vorhandenen 28nm-Fertigung herausholen musste. Nur mit der Radeon R9 Nano kommt AMD in ähnlich gute Gefilde – als große Ausnahme zum restlichen Bild und als Beweis, daß auch AMD (unter dem Verzicht von etwas Performance) hoch energieeffiziente Grafikkarten auflegen kann.

Unter der 4K-Auflösung geht jene Radeon R9 Nano dann sogar in Führung bzw. zeigen auch die beiden Fury-Modelle eine ansprechende Leistung, während die anderen AMD-Grafikkarten weiterhin weit abgeschlagen liegen. In der Summe der Dinge benötigt AMD für die nächste Grafikchip-Generation genau an diesem Punkt einen entscheidenden Fortschritt – und zwar unabhängig jener Energieeffizienz-Fortschritte, welche die 14/16nm-Fertigung ganz automatisch mit sich bringen wird. Liegt AMD unter dieser 14/16nm-Fertigung erneut bei der Energieeffizienz im Vergleich mit nVidia zurück, wird es schwierig bis unmöglich, die absolute Performancespitze anzugreifen. Die Aufgabe für AMD bei der kommenden Arctic-Islands-Generation ist ganz klar: Man braucht (unabhängig der 14/16nm-Fertigung) einen ähnlichen Architektur-Sprung, wie ihn nVidia mit der Maxwell-Architektur hingelegt hat.