Grafikkarten-Marktanteile 2002 bis 2010

Donnerstag, 5. August 2010
 / von Leonidas
 

Die vierteljährlich neue Berichterstattung über die Marktanteile der Grafikchip-Entwickler ist in unseren News seit langer Zeit Tradition – so lange sogar, daß wir in unserem News-Archiv Daten bis zurück ins Jahr 2002 besitzen. Allerdings, und dies haben wir in letzter Zeit immer stärker anmängeln müssen, werden die Zahlen zu allen Grafikchips seit einiger Zeit immer stärker von den volumenmäßig klar überlegenen Verkäufen von integrierten Grafikchips dominiert und die uns eigentlich interessierende Frage, was denn nun bei den extra Grafiklösungen los ist, ist mit diesen Zahlen kaum noch zu beantworten. Hier kommen nun neue Erhebungen seitens der Marktforscher von Mercury Research sehr gelegen, welche seit langem mal wieder genaue Zahlen zu den Marktanteilen nur der extra Grafiklösungen bieten. Hinzu kommen dann wieder entsprechende Zahlen aus unserem News-Archiv, welche wir im Vergleich zu den neuen Werten betrachten wollen.

Für den Anfang aber doch noch kurz zu den Marktanteilen für alle Grafikchips, inklusive den integrierten. Hier lag im zweiten Quartal 2010 wie üblich Intel mit 54,3 Prozent Marktanteil vorn, es folgen AMD/ATI mit 24,5 Prozent und nVidia mit 19,8 Prozent – andere Hersteller spielen kaum noch eine bedeutsame Rolle. Beachtenswert ist an diesen Zahlen sicherlich, daß AMD/ATI sich nun klar den zweiten Platz erobert hat, welchen nVidia nunmehr wirklich lange Zeit eigentlich sicher innehatte. Hieraus ist aber noch nicht der Umschwung zugunsten von ATI im Markt der extra Grafiklösungen zu folgern, sondern vor allem der Vorteil von AMD/ATI im Markt der integrierten Grafikchips: AMD/ATI hat solche im Angebot, nVidia kaum noch – und daraus dürfte sich schon ergeben, daß nVidia eigentlich nie mehr die Chance hat, AMD/ATI bei den Insgesamt-Marktanteilen zu schlagen, weil nVidia dieses Ziel einfach allein nur mit extra Grafiklösungen erreichen müsste.

Aber auch daran sieht man wieder die extreme Dominanz der integrierten Grafikchips bei den Insgesamt-Zahlen: Diese legen mittlerweile automatisch fest, wer auf den Positionen 1 bis 3 ins Ziel kommt: Zuerst immer Intel mit seinem Marktanteil bei den Prozessoren von 80 Prozent, dann AMD/ATI mit seinem Marktanteile bei den Prozessoren von 20 Prozent – weil beide Chipentwickler eben jeweils ihre integrierten Grafikchips ins Rennen werfen können, in Zukunft mit den in die Prozessoren integrierten Grafikchips sogar noch viel stärker als jetzt. Und nVidia hat dagegen keine Chance, weil dem Chipentwickler einfach der Markt an integrierten Lösungen weitgehend fehlt, da ändert auch das Ion-Projekt nicht mehr viel. Dies läßt sich sehr gut am Anteil der integrierten zu den extra Grafiklösungen für alle drei Chipentwickler illustrieren:

Marktanteile Q2/10: integrierte vs. extra Grafiklösungen

Überraschend sind hierbei vielleicht noch die immer noch beachtbaren Verkäufe von nVidia im integrierten Segment – allerdings schwächen sich diese derzeit auch ab, denn im Vorjahresquartal waren noch 46 Prozent der nVidia-Verkäufe diesem Segment zuzuordnen. In der Zukunft dürfte nVidia weiterhin Marktanteile bei den integrierten Lösungen verlieren und muß sich daher (fast) nur noch auf sein Geschäft mit extra Grafiklösungen verlassen – was (bei halbwegs normalem Geschäftsverlauf) wie gesagt volumentechnisch niemals ausreichend sein kann, um AMD/ATI vom zweiten Platz im Insgesamt-Ranking herunterstossen zu können.

Im eigentlich soll es an dieser Stelle aber um die Marktanteilen der extra Grafiklösungen gehen, wobei hierzu sowohl die Grafikkarten des Desktop-Segments als auch die extra Grafikmodule im Mobile-Segment gehören. Hier hat im abgelaufenen zweiten Quartal eine Wachablösung stattgefunden: Erstmals seit langem liegt ATI mit 51,1 Prozent Marktanteil vor nVidia mit 48,8 Prozent Marktanteil – das restliche 0,1 Prozent geht zugunsten von Matrox, andere Hersteller sind in diesem Teilbereich nicht mehr aktiv. Dieser Umschwung mag auf den ersten Blick nach nichts besonderem aussehen – allerdings hat ATI im Segment der extra Grafiklösungen seit dem Jahr 2005 nicht mehr die Führungsposition innegehabt, und fünf Jahre sind in diesem schnelllebigen Business natürlich ganze Ewigkeiten.

Marktanteile Q2/10: extra Grafiklösungen

Allerdings gewinnt ATI diesen Wettstreit maßgeblich durch eine Entwicklung der jüngeren Zeit, nämlich daß der Mobile-Bereich immer bedeutsamer wird. Denn im Desktop-Segment liegt nVidia weiterhin mit 55,2 Prozent Marktanteil vor ATI mit 44,5 Prozent Marktanteil (die restlichen 0,3 Prozent gehen an Matrox) – im Mobile-Segment führt dagegen ATI mit 56,3 Prozent vor nVidia mit 43,7 Prozent. In der Addition beider Werte und weil im Mobile-Segment inzwischen sogar mehr extra Grafiklösungen abgesetzt werden als im Desktop-Segment, geht ATI also bei den insgesamten extra Grafiklösungen hauchdünn in Führung. Zu allen diesen Zahlen haben wir wieder unser News-Archiv bemüht und einige Werte aus der Vergangenheit zum Vergleich herausgesucht:

ATI · nVidia · andere extra Grafiklösungen nur Desktop nur Mobile
Q4/2002 ? 26% · 65% · 9% ?
Q1/2003 35% · 57% · 8% 28% · 64% · 8% ?
Q2/2003 37% · 54% · 9% 28% · 64% · 8% 59% · 11% · 30%
Q3/2003 ? 32% · 62% · 6% ?
Q3/2004 ? 55% · 42% · 3% ?
Q4/2004 ? 52% · 47% · 1% ?
Q1/2005 ? 51% · 47% · 2% ?
Q2/2005 ? 56% · 41% · 3% ?
Q4/2005 ? 46% · 52% · 2% 79% · 20% · 1%
Q1/2006 ? 45% · 53% · 2% 75% · 25% · 0%
Q2/2006 ? 48% · 52% · 0% 63% · 37% · 0%
Q3/2006 ? 43% · 57% · 0% ?
Q4/2006 ? 46% · 54% · 0% 41% · 59% · 0%
Q1/2007 40% · 60% · 0% 40% · 59% · 1% 40% · 60% · 0%
Q1/2009 ? ? 39% · 60% · 1%
Q2/2009 ? ? 53% · 46% · 1%
Q2/2010 51% · 49% · 0% 45% · 55% · 0% 56% · 44% · 0%

Leider weisen diese Zahlen wie zu sehen (erstaunlicherweise gerade in der neueren Zeit) viele Lücken auf, trotzdem lassen sich gewisse Tendenzen über die Jahre erkennen. So ist zu erkennen, daß ATI sowohl bei den Desktop-Grafikkarten als auch bei den Insgesamt-Zahlen an extra Grafiklösungen schon einmal in den Jahren 2004 und 2005 vor nVidia lag (die Zeit der Radeon 9800 und GeForce FX Grafikkarten), danach aber konstant (und teilweise erheblich) hinter nVidia zurücklag, wie auch nachfolgend nochmals besser illustriert:

Marktanteile Desktop-Grafikkarten 2002-2010

Speziell bei den extra Mobile-Grafiklösungen gab es sogar schon Zeiten, wo ATI das Geschehen mit nahezu 80 Prozent Marktanteil extrem dominierte – allerdings waren dies auch Zeiten, wo dieses Segment stückzahlentechnisch noch keine besondere Bedeutung hatte. So kamen beispielsweise im vierten Quartal 2005 auf 21,0 Millionen extra Grafikchips für das Desktop-Segment nur 5,1 Millionen extra Grafikchips für das Mobile-Segment, heuer sieht dieses Verhältnis 15,5 Millionen zu 19,4 Millionen zugunsten des Mobile-Bereichs aus. Diese Zahlen sind sehr interessant, sagen sie doch aus, daß die Anzahl an extra Grafikchips für das Desktop-Segment trotz des allgemeinen Wachstums im PC-Bereich nicht gestiegen, sondern sogar leicht zurückgegangen ist. Gleichzeitig ist aber die Anzahl der extra Grafikchips für das Mobile-Segments durch die Decke gegangen, so daß in der Insgesamt-Betrachtung die Grafikchip-Entwickler trotzdem deutlich mehr extra Grafikchips als vor fünf Jahren absetzen (26,1 Mill. zu 34,9 Mill.).

Das Wachstum des Grafikchips-Marktes (mit jährlichen Wachstumsraten zwischen 10 und 20 Prozent) findet also nach wie vor nicht allein bei den integrierten Lösungen statt, sondern genauso auch bei den extra Grafikchips. Dabei ist sogar das Verhältnis zwischen den Verkäufen von extra zu integrierten Grafikchips über die Jahre recht konstant geblieben, im vierten Quartal 2005 lag dieses bei 35 zu 65 Prozent, im zweiten Quartal 2010 bei nahezu unveränderten 32 zu 68 Prozent. Extra Grafikchips wachsen also trotz der optisch kleineren Stückzahlen und der immer stärkeren Bestrebungen zur Vollintegration (AMD Fusion, Intel "HD Graphics") bislang trotzdem weiter mit dem Markt mit.

Nachtrag vom 15. August 2010

Zu diesem Artikel fehlt abschließend noch ein Gedanke – den zur Frage, wer denn nun die Deutungsmacht im Grafikkarten-Bereich hat. Dies ist natürlich bezogen auf den Spieleeinsatz der Grafikkarten, womit integrierte Grafikchips in dem Sinne komplett herausfallen. Es geht hierbei um das, was die Gamer letztlich wirklich zum Spielen benutzen und was demzufolge seitens der Spieleentwickler zu beachten ist. Dabei sollten unter den extra Grafiklösungen eigentlich auch noch diese des LowCost-Segments herausfallen, weil GeForce G210 und Radeon HD 5450 niemand ernsthaft zum Spieleeinsatz erwerben wird – allerdings liegen keine belastbaren Zahlen dazu vor, wie groß der Absatzanteil dieser LowCost-Grafikkarten ist, mit dieser Ungenauigkeit wird man leben müssen. Eine andere Ungenauigkeit läßt sich jedoch beseitigen: Der übergroße Anteil der Mobile-Grafikchips. Denn trotz daß viele Notebooks mit extra Grafikchips ausgestattet werden, wird in der Praxis dann doch nur ein Bruchteil davon eingesetzt, um wirklich zu spielen.

Wie groß diese Differenz ist, läßt sich an zwei Zahlen gut ablesen: Im zweiten Quartal teilte sich die Absatzmenge der extra Grafiklösungen mit 44 zu 56 Prozent zwischen Desktop- und Mobile-Segment auf. Die letzte Steam-Umfrage ergab jedoch, daß von den dort benutzten Grafiklösungen nur runde 16 Prozent Mobile-Beschleuniger waren – die integrierten Modelle sogar eingerechnet. Aus dieser Warte betrachtet muß das Desktop-Segment deutlich höher gewichtet werden, wenn es um die Frage geht, welche der verkauften extra Grafiklösungen dann letztlich auch zum Spielen benutzt werden. Rechnet man dies entsprechend ein, so sieht das Verhältnis von extra Grafiklösungen nicht 51:49 Prozent zugunsten von ATI aus, wie es die reinen Verkaufszahlen des zweiten Quartals ergeben, sondern dann eben 47:53 Prozent zugunsten von nVidia. Diese Rechnung ist natürlich äußerst grob aufgrund dessen, daß nicht bekannt ist, wieviele nicht zum Spielen benutzbare LowCost-Beschleuniger hier jeweils herauszurechnen sind – nur wenn es prozentual bei ATI und nVidia gleich viele sind, stimmt die vorgenannte Zahl.

Aber zumindest wird klar, daß ein Sieg rein an der Verkaufsfront gar nichts bedeuten muß in der Frage, was denn nun die Gamer wirklich benutzen. Und vielleicht sind hierbei die Steam-Zahlen doch die treffendste Statistik, da sich im Gegensatz zu vor einigen Jahren bei Steam inzwischen nicht mehr vorwiegend CounterStrike-Spieler tummeln, sondern vielmehr durchaus die Breite der Gamer vertreten ist. Und laut Steam, welches natürlich keine hochaktuellen Absatzzahlen bietet, sondern "nur" Zahlen zur installierten Basis, liegt das Verhältnis zwischen ATI und nVidia bei ungefähr 32 zu 55 Prozent zugunsten von nVidia (13 Prozent entfallen auf andere Hersteller, vorwiegend Intel). Eine installierte Basis ist natürlich das Ergebnis der Grafikkartenkäufe der letzten Jahre und hat nichts mit dem aktuellen Marktgeschehen zu tun – die bei Steam gezählten Grafiklösungen sind üblicherweise ein bis drei Jahre alt und 20 Prozent sind sogar noch vor DirectX10 herausgekommen.

Erst beide Zahlen zusammen – installierte Basis und aktuelle Absatzzahlen – ergeben erst das, was für die Spieleentwickler wichtig ist zur Beurteilung dessen, worauf man das eigene Produkt ausrichten muß. Und diesbezüglich ist die Lage ziemlich klar derart, daß nVidia auf den Erfolgen der Vergangenheit basierend bei der installierten Basis deutliche Vorteile hat, diese aber durch die aktuelle Stärke von ATI stückchenweise abgibt. Da ATI aber beim Absatz der fürs Spielen benutzten Grafiklösungen nicht so deutlich vorn liegt, sondern hierbei eher so etwas wie ein grober Gleichstand herrscht, läuft dieser Prozeß sehr langsam ab. Für ein neues Spiel, welches sagen wir in zwei Jahren erscheinen soll, kann man somit mit einer weiteren Ausgeglichenheit bei der installierten Basis rechnen, ohne aber daß ATI in dieser Disziplin so schnell in Front gehen dürfte. Grob gesagt: nVidia liegt insgesamt immer noch vorn, aber ATI hat das Momentum.