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Xbox 720 nur mit Mainstream-Grafiklösung

IGN bestätigen in einem Bericht über die Hardware der kommenden Xbox 720 zuerst einmal die frühere Meldung, wonach der Chip der Xbox 720 derzeit in die Kleinserien-Produktion geht und dessen Massenproduktion zum Jahresende 2012 anlaufen wird. Die Konsole wird dann im Jahr 2013 veröffentlich werden – laut IGN im übrigen erst im Oktober oder November 2013. Gleichfalls bringt man klare Informationen zur bei der Xbox 720 eingesetzten Grafiklösung: Danach benutzt Microsoft noch keine Radeon HD 7000 basierende Lösung, sondern nur eine Radeon HD 6000 basierende Lösung – wenngleich womöglich in einem besseren Fertigungsverfahren, die hängt vom Fertigungspartner IBM ab.

Und zugleich konnte man die ungefähre Leistungsklasse der verwendeten Grafiklösung bestimmen, welche allerdings mit "Niveau Radeon HD 6670" überraschend niedrig ausfällt. Wir hatten an dieser Stelle zwar schon des öfteren vermutet, daß sich die Konsolenhersteller zukünftig keine HighEnd-Hardware mehr leisten wollen – aber das man es dann gleich mit der Mainstream-Lösung einer alten Generation probiert, war doch nicht zu erwarten. Trotzdem passt natürlich die Vorhersage einer "sechsmal größeren Grafikleistung" gegenüber der Xbox 360, welche ihrerseits einen zwischen GeForce7 und GeForce8 stehenden nVidia-Grafikchip mit 48 (1D) Shader-Einheiten besitzt deutlich vom R600-Chip (Radeon HD 2900 XT) beeinflussten AMD-Grafikchip mit 48 Shader-Einheiten besitzt (Radeon HD 6670: 480 VLIW5 Shader-Einheiten).

Auf einer Konsole wird man aus dieser limitierten Hardware sicherlich deutlich mehr herausholen können als es auf dem PC üblich und machbar ist, trotzdem sind damit keinerlei Grafikwunder zu erwarten: Während Xbox 360 und Playstation 3 auch nicht mit HighEnd-Grafikpower, so doch aber mit für die jeweilige Zeit ehrbaren Grafiklösungen einstiegen, kommt die Xbox 720 von Anfang an nur mit einer Grafiklösung des unteren Mainstream-Segments daher und ist demzufolge umgehend etwas limitiert. Genügend schneller gegenüber der Xbox 360 ist man zwar sicherlich, aber für die großen grafischen Reißer reicht es nie und nimmer, dafür ist auch auf dem PC schon jetzt klar leistungsfähigere Hardware vonnöten.

Andererseits vermeidet Microsoft mit dieser Strategie wohl in erster Linie, die extrem hohen Anfangsverluste der Xbox 360 zu wiederholen – und vielleicht fällt ja auch ein kleiner Preisnachlaß für den Konsumenten ab. Die Xbox 720 richtet sich jedenfalls sehr deutlich an den Mainstream-Markt – mit auch der Möglichkeit, daß Sonys Playstation 4 womöglich viel leistungsfähiger konzipiert wird. Andererseits kann sich Sony auch ausrechnen, daß das Zeitalter der HighEnd-Konsolen vorbei ist, wenn günstige Spiele-PCs inzwischen keine 500 Euro mehr kosten – und setzt am Ende auf eine ähnliche Mainstream-Strategie wie Microsoft bei der Xbox 720.

Für den PC-Bereich bedeutet dies zweierlei: Erstens einmal dürften die Zeiten, wo neu herauskommende Konsolen mal ein bis zwei Jahre grafisch in Front lagen, nunmehr vorbei sein – das Performanceniveau zumindest der Xbox 720 ist klar zu niedrig, um selbst bei einer Konsolen-üblich sehr Hardware-ausnutzenden Programmierung die viel mächtigere PC-Hardware schlagen zu können. Dafür aber wird sich erneut und absehbar ein bremsender Effekt der Konsolen einstellen: Zuerst einmal bringt die Xbox 720 wegen ihrer DirectX11-Fähigkeiten nur Vorteile für den PC, in einiger Zeit könnte es daher zu einer totalen Marktdurchdringung von reinen DirectX11-Titeln kommen. Aber: Wegen der geringen (relativen) Leistungsfähigkeit wird diese Konsolengeneration wohl noch früher als die aktuellen Konsolengeneration an ihr Performancelimit stoßen – und an diesem angekommen, die weitere Entwicklung auf dem PC wie derzeit mit der aktuellen Konsolengeneration zu sehen behindern.

Nachtrag vom 26. Januar 2012

Die Grafiklösung der aktuellen Xbox 360 basierte natürlich nicht auf einem nVidia-Design (dies ist bei der Playstation 3 der Fall), sondern auf einem AMD-Design nahe am R600-Chip mit 48 240 Shader-Einheiten und mit 240 GFlop/sec ganz ansehnlicher theoretischer Rechenleistung. Die theoretische Rechenleistung einer Radeon HD 6670 liegt im übrigen auch nur bei 768 GFlop/sec, was den geringen Sprung in der Leistungsfähigkeit der Grafikeinheiten zwischen Xbox 360 und 720 nochmals deutlicher macht. Laut dem Originalbericht bei IGN soll die Xbox 720 somit gerade einmal 20 Prozent schneller als die kommende Nintendo Wii U werden – sprich, beide Konsolen erreichen die grob selbe Performanceklasse und gehen damit faktisch in direkte Konkurrenz.

Nachtrag vom 27. Januar 2012

Seitens Kotaku kommt die Meldung, die Xbox 720 würde möglicherweise keine gebrauchten Spiele abspielen können. Technisch würde dies im übrigen augenscheinlich eine Online-Verbindung bei jedem Spielstart vonnöten machen, offline nutzbare Spiele würde es dann nicht mehr geben können. Was die Spielepublisher ob der Austrockung des ungeliebten Gebrauchtmarks freut, ärgert natürlich den für alles zahlenden Konsumenten – und so ist diese Meldung als höchst unsicher zu betrachten, denn auch Microsoft kann sich ausrechnen, daß dieser Punkt die Verkäufe der Xbox 720 ausbremsen wird.