24

News des 24. Februar 2022

Die jüngsten Grafikchip-Marktzahlen von Jon Peddie Research (den Gesamtmarkt mit allen iGPUs und mobilen GPUs betreffend) enthalten auch einen kleinen Hinweis auf das Geschehen im Markt der Desktop-Grafikchips: Jener soll gegenüber dem letzten Quartal um +3,0% gewachsen sein, was gemäß der vorliegenden Datenbasis die Summe von ~13,1 Millionen Grafikchips für Desktop-Grafikkarten ergibt (vorbehaltlich der finalen Zahlen im noch erscheinenden JPR-Report hierzu). Damit lassen sich auch bereits die Jahreszahlen kalkulieren: Der Gesamtmarkt an Desktop-Grafikchips lag im Jahr 2021 bei 49,1 Millionen Stück – und damit satte +17% höher als anno 2020. Die Grafikchip-Entwickler haben also durchaus Wort gehalten und sind mit deutlich höheren Auslieferungsmengen angerückt, welche wohl zu jedem normalen Zeitpunkt den Bedarf auch abgedeckt hätten.

Desktop-GPUs Q1 Q2 Q3 Q4 Gesamtjahr
2020 ~9,5 Mio. Stück ~10,0 Mio. Stück 11,5 Mio. Stück 11,0 Mio. Stück 42,0 Mio. Stück
2021 11,8 Mio. Stück 11,5 Mio. Stück 12,7 Mio. Stück ~13,1 Mio. Stück 49,1 Mio. Stück
Differenz +24% +15% +10% +19% +17%
Datenbasis: Jon Peddie Research + eigene Interpolation der fehlenden Zahlen

Leider kam ab Ende 2020 der Cryptomining-Boom dazwischen und hat ganz augenscheinlich einen selbst mit dieser 17%igen Kapazitäts-Steigerung nicht abdeckbaren Bedarfs-Boom ausgelöst. Beide Effekte sind also existent: Sowohl die Bedarfs-Ausweitung mittels der Cryptominer als auch die Angebots-Ausweitung durch die Hersteller. Nur war letztere zu den Hochzeiten des Cryptomining-Booms schlicht zu gering für den kurzfristig entstandenen enormen Nachfrageschub. Über das zweite Halbjahr 2021 gelang dann wenigstens eine gewisse Marktberuhigung – und jetzt im neuen Jahr, wo die Cryptominer als Käufergruppe augenscheinlich nicht mehr so stark präsent sind, reichen die Liefermengen der Grafikkarten-Hersteller inzwischen dazu aus, um die Grafikkarten-Straßenpreise wieder (von ihrem hohen Sockel) nach unten zu treiben. Genauso wie der Bedarf der Cryptominer also die treibende Kraft bei den 2021er Preisübertreibungen war, ist deren weitgehendes Fehlen im aktuellen Markt nunmehr der Vorantreiber der gegenteiligen Preisbewegung.

VideoCardz vermelden neue Hinweise zur iGPU von Zen 4 "Raphael": Jene soll wohl 4 Shader-Cluster und damit 256 FP32-Einheiten tragen sowie auf einen Maximal-Takt von 1100 MHz kommen. Eine beachtbare Spiele-Performance ist hiervon nicht zu erwarten, im ganz groben Maßstab dürfte es irgendwo in die Richtung der Performance-Klasse einer GeForce GT 1010 gehen. Aber Spiele-Performance ist natürlich auch nicht die eigentliche Zielsetzung bei dieser iGPU – es geht hierbei primär um Display- und Videofähigkeiten. Dies ist nicht unähnlich zu den iGPUs von Intels Desktop-Prozessoren, welche gegenüber den (bei der iGPU) viel potenteren Mobile-Prozessoren deutlich heruntergebrochen sind. Für den DIY-Markt hat dieser Schritt kaum eine Bedeutung, aber AMD räumt damit einen (geldwerten) Vorteil von Intel im OEM-Geschäft aus dem Weg – wo bisher jeder AMD-Prozessor der non-APU-Linien auf eine extra Grafikkarte angewiesen war.

Laut VideoCardz ist in Fernost ein weiterer expliziter Mining-Beschleuniger seitens nVidia aufgetaucht, "CMP 100HX" genannt. Hierunter verbirgt sich eine Drittverwendung des GV100-Chips aus der Volta-Generation, welche wohl 81 MH/s Ethereum-Hashrate zu einem Stromverbrauch von 250 Watt auf die Waage bringt. Details zur Speicherbestückung sind nicht bekannt, die niedrige Mining-Leistung legt aber deutliche Abspeckungen beim Speicherinterface und damit wohl auch an der Speichermenge selber nahe. Wie üblich bei nVidias CMP-Beschleunigern gibt es keine Display-Ausgänge, der Wiederverkaufswert dieser expliziten Mining-Beschleuniger ist also ziemlich bei Null. Für nVidia dürfte es hierbei auch weniger um große Geschäfte gehen, sondern eher um ein Verbraten überzähliger Chipbestände oder ansonsten (durch zu viele Fertigungsfehler) nicht verkaufbaren Chips – weswegen die CMP-Linie auch derart auffallend viel "Alt-Silizium" enthält.

Chip ETH-Rate TDP Speicher Release
CMP 170HX GA100 164 MH/s 250W 8 GB HBM2 Q3/2021
CMP 100HX GV100 81 MH/s 250W HBM2 Q1/2022
CMP 90HX GA102 86 MH/s 320W 10 GB GDDR6 Mai 2021
CMP 50HX TU102 45 MH/s 250W 10 GB GDDR6 Q2/2021
CMP 30HX TU106 36 MH/s 185W 8 GB GDDR6 März 2021
CMP 40HX TU116 26 MH/s 125W 6 GB GDDR6 März 2021

Eine Folge der jüngsten Geschäftszahlen von AMD, Intel und nVidia besteht in der nun immer offensichtlicher werdenden Kräfteverschiebung innerhalb der großen drei Chipentwickler des PC-Segments. Im Zuge dieser Entwicklung wurden AMD & nVidia die letzten Jahre über immer stärker, holen also schneller beim Unternehmens-Umsatz auf, als Intel vorlegen kann. Dies führt zu einem über die Zeit nunmehr deutlich veränderten Kräfteverhältnis: Während im Jahr 2015 Intel noch bei 86% des Gesamtumsatzes aller drei großen Chipentwickler stand, waren es im Jahr 2021 dann "nur" noch 65%. Intel ist damit weiterhin (beim Umsatz) größer als AMD und nVidia zusammengenommen – aber letztere haben trotzdem den vorher Dimensions-großen Abstand zu Intel inzwischen drastisch verringern können.

AMD Intel nVidia A   /   I   /   N A+N vs I
2015 3,99 Mrd. $  (-0,66 Mrd. $) 55,4 Mrd. $  (11,4 Mrd. $) 5,01 Mrd. $  (0,61 Mrd. $) 6% / 86% / 8% 1:6,2
2016 4,27 Mrd. $  (-0,50 Mrd. $) 59,4 Mrd. $  (10,3 Mrd. $) 6,91 Mrd. $  (1,65 Mrd. $)  6% / 84% / 10% 1:5,3
2017 5,33 Mrd. $  (0,04 Mrd. $) 62,8 Mrd. $  (9,6 Mrd. $) 9,71 Mrd. $  (3,05 Mrd. $)  7% / 81% / 12% 1:4,2
2018 6,48 Mrd. $  (0,34 Mrd. $) 70,8 Mrd. $  (21,1 Mrd. $) 11,72 Mrd. $  (4,14 Mrd. $)  7% / 80% / 13% 1:3,9
2019 6,73 Mrd. $  (0,34 Mrd. $) 72,0 Mrd. $  (21,0 Mrd. $) 10,92 Mrd. $  (2,80 Mrd. $)  8% / 80% / 12% 1:4,1
2020 9,76 Mrd. $  (2,49 Mrd. $) 77,9 Mrd. $  (20,9 Mrd. $) 16,68 Mrd. $  (4,33 Mrd. $)  9% / 75% / 16% 1:2,9
2021 16,43 Mrd. $  (3,16 Mrd. $) 79,0 Mrd. $  (19,9 Mrd. $) 26,91 Mrd. $  (9,75 Mrd. $) 13% / 65% / 22% 1:1,8
Zahlen sind bezogen auf Jahresumsatz (Jahresgewinn in Klammern), Prozent-Vergleiche betreffen allein Jahresumsätze

Vielleicht noch viel deutlicher wird dies beim direkten Umsatz-Vergleich von AMD und nVidia zusammengezählt gegen Intel: Lag Intel im Jahr 2015 noch bei über dem 6fachen Umsatz von AMD und nVidia zusammengerechnet (!), fiel dieser Wert im Laufe der nachfolgenden Jahre immer weiter ab und kam im Jahr 2021 erstmals bei knapp unter dem 2fachen Umsatz heraus. Noch spielen AMD und nVidia damit noch nicht in derselben Kategorie wie Intel, aber die Zeiten, wo die beiden anderen Chipentwickler wirklich drastisch kleiner waren und für Intel damit nicht als gleichwertiger Gegner gelten konnten, sind nunmehr augenscheinlich vorbei. Im aktuellen Jahr 2022 dürfte diese Entwicklung auch erst einmal derart weitergehen, da AMD und nVidia neue (klare) Umsatzrekorde anpeilen, während Intel hingegen eine deutliche Seitwärtsbewegung einlegt. Selbst wenn diese Entwicklung irgendwann einmal stoppen sollte, ist über die zwischenzeitlich erreichte Größen-Angleichung dennoch einiges gewonnen, denn dies stärkt die langfristige Wettbewerbskraft von AMD und nVidia gegenüber dem nach wie vor viel größerem Unternehmen Intel.