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Hardware- und Nachrichten-Links des 31. August 2021

In den letzten Tagen weit verbreitet wurden Meldungen über die neuen Marktanteile im Grafikchip-Markt, ausgehend von einem Report seitens Jon Peddie Research. Selbige Berichterstattung ist in einigen (nicht allen) Fällen jedoch etwas ungenau in ihrer Wortwohl – womit beim Leser der fälschliche Eindruck entstehen kann, es handle sich hierbei um Absatzzahlen (und damit einen Absatzaufschwung) von regelrechten Grafikkarten. Dies trifft jedoch nicht zu, denn Jon Peddie Research berichten erst einmal nur zu Grafik-Prozessoren (nicht ganzen Grafikkarten) – und zweitens im ersten von zwei quartalsweisen Reports primär zu den insgesamten Grafikchips. Jene beeinhalten jedoch eine absolut dominierende Menge an integrierten Grafiklösungen (iGPUs), welcher regelmäßig bei einem prozentualen Anteil von um die 80% herauskommen (nachfolgend mit den Zahlen vom ersten Quartal demonstriert).

Q1/2021 alle PC-GPUs iGPUs dGPUs Desktop dGPUs
beinhaltet - iGPUs, Desktop & Mobile dGPUs, Desktop & Mobile dGPUs, nur Desktop
Marktvolumen 119 Mio. Stück interpoliert 97 Mio. Stück interpoliert 22 Mio. Stück 11,8 Mio. Stück
Volumen-Anteil 100% interpoliert 81% interpoliert 19% 10%
AMD 16,7% interpoliert 16% 19% 20%
Intel 68,2% interpoliert 84% - -
nVidia 15,2% - 81% 80%
alle Daten basierend auf Erhebungen seitens Jon Peddie Research, ergänzt durch eigene Hochrechnungen (markiert als "interpoliert")

Insbesondere die viel beachtete Zahl von 3,3 Mrd. GPUs, welche für das Jahr 2025 als weltweit installierte Basis prognostiziert werden, bezieht sich damit zur überwiegenden Mehrheit eben auf integrierte Grafik – und nicht auf extra Grafikbeschleuniger oder gar Desktop-Grafikkarten. Und selbige nicht-integrierte Grafik aka "discrete graphics" (dGPU) unterteilt sich dann auch noch einmal in Desktop-Grafikkarten und Mobile-Beschleuniger – letztere kann man dabei auch schwerlich als "Karte" bezeichnen, dafür passt die Bauform einfach nicht. Gemäß der vorstehend notierten Hochrechnung ergibt sich dabei ein Verhältnis zwischen Desktop und Mobile von grob 1:1 (deutlich abweichend vom Verhältnis bei Consumer-Prozessoren, welches bei ca. 2/3 für Mobile steht). Auch in diesem Fall gilt somit dasselbe Prinzip: Das, was man wirklich als "Karte" bezeichnen kann, stellt nur einen Teil aller dGPUs dar. Will man also zum eigentlichen Grafikkarten-Markt vorstoßen, muß man wohl oder übel auf den zweiten Report von Jon Peddie Research warten, welcher immer erst ein paar Tage nach dem ersten erscheint.

Die Marktanteils-Zahlen zu allen GPUs (inkl. iGPUs) sowie den dGPUs sagen somit relativ wenig zum Geschehen bei den reinen Grafikkarten aus, dürfen aber in jedem Fall nicht vermischt werden. Einzurechnen wäre hierbei auch der Punkt, dass speziell iGPUs als dominierender Anteil aller Grafikchip-Absätze (ca. 81% im ersten Quartal 2021) nicht wirklich "verkauft" werden. Niemand kauft eine einzelne iGPU, jene gibt es immer nur zusammen mit einem x86-Prozessor als dessen zumeist klar untergeordnete Einheit. iGPUs ergeben somit zwar aus Sicht der Herstellerindustrie einen Markt, dies jedoch nicht aus Konsumenten-Sicht. Auch bei Mobile-Grafikchips ist selbiges fraglich, da auch hier immer nur das gesamte Notebook erstanden wird und nicht in jedem Fall Wahlfreiheit bei der verbauten Grafiklösung besteht. Insbesondere bei der Frage, wie die Konsumenten auf die angebotenen Grafik-Produkte reagieren, kann letztlich fast nur der Marktanteil bei Desktop-Grafikkarten eine gewisse Antwort liefern (natürlich nicht in der jetzigen Zeit, wo sowieso alles verkauft wird, was geliefert werden kann).

Ebenfalls weit beachtet wird derzeit eine Meldung seitens des chinesischen ITHome (maschinelle Übersetzung ins Deutsche, via VideoCardz), welche über einen anstehenden Rückgang der Lieferungen zu GeForce RTX 3060 & 3060 Ti berichtet. Selbiger soll in den nächsten Wochen stattfinden, sprich dürfte im September passieren, und dann mindestens zu einer Halbierung der vergleichbaren Liefermenge von Anfang August führen. Im Fall des Falles würde dies wohl einen heftigen Preisschub nach oben hin auslösen, denn eine längere Zeit ohne ausreichende Nachlieferungen wird die Lagerbestände der Einzelhändler & Distributoren auf nahe Null bringen und ebnet somit den Weg dafür, nachkommende Ware zu entsprechend höheren Preisen anzusetzen. Allerdings wird zu dieser Meldung nicht notiert, inwiefern dies eventuell nur China betrifft – schwankende regionale Liefermengen sind nichts außergewöhnliches und müssen dann für den hiesigen Grafikkarten-Markt eventuell gar nicht zutreffen.

Zudem steht in Frage, wieso diese Geschichte nur diese zwei Grafikkarten betreffen soll – welche zudem auch noch auf unterschiedlichen Grafikchips (GA106 & GA104) basieren. Dies deutet eher weniger auf ein Problem in der Chipfertigung hin, vielmehr dürfte das Problem eher in der nachgelagerten Kette von der Grafikkarten-Herstellung bis zum Einzelhändler existieren. Wie auch immer dies zu begründen ist, aufgrund nicht ausreichender Informationen hierzu kann man nur abwarten, ob sich erstens dieser Lieferungs-Rückgang wirklich ergibt und zweitens ob dies weltweit oder nur regional passiert. In jedem Fall kann man jedoch sagen, dass das von Moore's Law Is Dead in die Welt gesetzte Gerücht, nVidia würde dem Launch der Radeon RX 6600 XT mit einer "Flut von GeForce RTX 3060 & 3060 Ti Karten" begegnen, in dieser Form keineswegs eingetroffen ist. Eher haben sich die Preise der beiden genannten nVidia-Karten seit August-Anfang leicht erhöht – und somit gibt es keine Spur von erhöhten Liefermengen zu selbigen.

Bleeping Computer berichten über einen Angriffsweg für Malware, welchem nunmehr der Übergang von Theorie zu Praxis zu gelingen scheint: Hierbei wird der eigentliche Schadcode in den Grafikkartenspeicher ausgelagert und auch dort ausgeführt – und ist damit außerhalb des Blickwinkels von Virenschutzprogrammen. Der Schadcode selber muß dafür dann augenscheinlich in OpenCL 2.0 geschrieben sein, kann damit dann aber auch direkt auf den Grafikchips selber ausgeführt werden. Prinzipiell war dieser Angriffsweg theoretisch bereits bekannt, nun wurde jedoch in einem Hackerforum ein "Proof of Concept" verkauft – womit damit gerechnet werden muß, dass dies zukünftig Eingang in diverse Malwaren-Familien findet. Im übrigen funktioniert das ganze auch auf iGPUs, welche zwar als Grafikkartenspeicher den PC-Hauptspeicher nutzen, ihren Speicheranteil jedoch abschotten und damit auch vor dem Virenscanner verbergen können. Letztere werden auf diese Angriffsweg reagieren und zukünftig wohl auch den Grafikkartenspeicher mit scannen müssen.