19

Hardware- und Nachrichten-Links des 18./19. April 2015

Eine andere Erkenntnis aus AMDs schlechte Quartalszahlen ist der Punkt, daß AMD augenscheinlich keinerlei Vorteil aus der GTX970-Affäre seitens nVidia ziehen konnte (ob nVidia irgendwelche bedeutsamen geschäftlichen Nachteile erlitten hat, wird man in einem Monat zur Vorlage der nächsten nVidia-Geschäftszahlen sehen). Hier spielt sicherlich auch mit hinein, daß sich das AMD-Marketing diese Chance maßgeblich hat entgehen lassen. Im Fixxer-3-Video gibt es eine (wohl erst kurz vor Release eingebaute) Textstelle hierzu – und das war es dann seitens AMD. Keinerlei Pro-4GB-Präsentationen, keine Nutzung des Social Web (beispielsweise ein Wettbewerb zum besten Anti-GTX970- oder Pro-4GB-Meme), keine subventionierte Umtauschaktion nVidia zu AMD – einfach nur gar nichts seitens AMDs Marketing, ein glatt verweigerter Elfmeter.

Ob dies damit zusammenhängt, daß die GTX970-Affäre in den englischsprachigen Ländern (und damit in den Stammwerken von AMD und nVidia) einfach nicht so dramatisch gesehen wird, oder daß das AMD-Marketing nach den Personalkürzungen der vergangenen Zeit einfach nicht mehr genug Manpower für so etwas hat – man weiß es nicht. Fakt ist, daß AMD sich hier eine selten gebotenen Chance hat entgehen lassen, ohne wirklich großen Aufwand richtig viel Aufmerksamkeit zu erzeugen, eventuell sogar das teilweise übertrieben blütenweiße Bild nVidias im allgemeinen Markt ein wenig anzukratzen. Nun hängt alles an den kommenden Produktlaunches der nächsten zwei Grafikkarten-Generationen – Radeon R300 & Radeon R400 – welche einfach einschlagen müssen, damit sich die Marktsituation im Grafikkarten-Markt endlich wieder ein wenig zugunsten von AMD dreht.

Etwas abseits des eigentlichen Themas wird im Pirate-Island-Thread unseres Forums über AMD selber und eine mögliche AMD-Übernahme diskutiert. Zur Debatte steht hierbei insbesonders, ob eine solche Übernahme – Samsung soll angeblich (erneut) interessiert sein – überhaupt realisierbar wäre angesichts der zwingend notwendigen x86-Lizenz seitens Intel, welche nach einer Unternehmensübernahme automatisch (nach einem Jahr) erlöschen würde. Allerdings gibt es hierzu die interessante und bislang wenig bekannte Information, daß sich Intel bei der seinerzeitigen Erteilung dieser Lizenz dazu verpflichtet hat, nach einer möglichen Übernahme "in freundlicher Absicht" mit dem neuen AMD-Besitzer über eine Weiterführung dieser Lizenzvereinbarung zu verhandeln, daß notfalls sogar ein unabhängiger Richter als Entscheider hierfür hinzugezogen werden kann. Dies ändert einiges, denn somit könnte Intel vielleicht den vorsätzlich mißbräuchlichen Erwerb der x86-Lizenz verhindern, aber eben nicht ein normalen Konkurrenz-Verhältnis.

Dabei ist die Frage, ob sich Intel überhaupt ein (mögliches) Ableben AMDs leisten kann, heutzutage ambivalent zu sehen: Früher einmal gab es hierzu die klare Aussage, daß Intel wegen des harten Wettbewerbsrechts in den USA unbedingt mindestens einen potenten Kontrahenten benötigt, da ansonsten schnell eine Aufteilung des Unternehmens oder (noch schlimmer) eine behördliche Kontrolle über Preise und Entscheidungsprozesse drohen würde. Heuer nun sieht es im Geschäft mit PC-Prozessoren unverändert aus, wenn man jedoch den Blick zum groß gewordenen Geschäft mit Smartphone- und Tablet-SoCs lenkt, so hat Intel durchaus neue Konkurrenz bekommen. Allerdings ist es nach wie vor zu bezweifeln, daß sich Intel auf diese wackelige Argumentation einläßt: Auch wenn Intel (nach einem möglichen Ableben von AMD) nicht der Monopolist im Markt der Consumer-Prozessoren wäre, so wäre man es eben im Teilmarkt der PC-Prozessoren. Und da sich dieser Teilmarkt ausreichend scharf von anderen Marktsegmenten trennen läßt, entkommt man der eigentlich zu vermeidenden Monopolposition kaum – und wird daher immer versucht sein, ein Ende von AMD zu verhindern.

Das Law-Blog berichtet über ein wichtiges Gerichtsurteil zur Rechtssicherheit bei Online-Bewertungen bzw. allgemeinen Nutzerkommentaren und Kundenkritik. Danach wurde eine Klage über immerhin 70.000 Euro Schadensersatz zurückgewiesen, welche mit angeblichen Geschäftsausfällen durch eine negative Nutzerbewertung begründet wurde. Für die Richter war dabei zum einen maßgeblich, daß die Nutzerkritik inhaltlich korrekt war, zum anderen sah man durchaus ein Recht des Kunden auch auf Werturteile (sofern jene im Rahmen eines gewissen Anstands bleiben). Die gern von Herstellern und Händlern hierzu vertretene Position, daß dem Kunden eigentlich keinerlei Bewertungsspielraum (bis auf positive Stimmenabgaben natürlich) zusteht, fällt damit deutlich in sich zusammen. Prinzipiell gesehen war diese Position noch nie wirklich rechtsfähig, aber oftmals haben Hersteller und Händler entsprechende Rechtsstreitigkeiten unter Androhung gewaltiger Klagesummen vorzeitig für sich "entschieden" – gerade daher ist es ein Glückfall, daß ein Konsument die ganze Sache mal wirklich bis zum Ende ausgefochten hat.