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Hardware- und Nachrichten-Links des 16./17. März 2019

Für reichlich Diskussionsbedarf hat die jüngste Meldung über eine alternative RayTracing-Variante seitens Crytek gesorgt, welche ohne explizite RayTracing-Hardware auskommt – und damit natürlich nVidias Ansatz der expliziten RT-Cores bei der Turing-Generation in Frage stellt. Der hauptsächliche Diskussionspunkt wird sich allerdings (man kann dies nicht oft genug betonen) derzeit nicht klären lassen: Selbst wenn beide Lösungen funktionieren, kann es trotzdem so sein, das der nVidia-Ansatz von der Performance oder/und der erreichbaren RayTracing-Qualität überlegen ist – denn in aller Regel schlagen dedizierte Hardware-Einheiten die Nutzung allgemeiner Hardware-Einheiten. Zudem wurde kürzlich erst herausgearbeitet, das die RT-Cores samt den Tensor-Cores die Turing-Grafikchips gerade einmal bestenfalls +10% dicker machen – dies ist also nichts, was man sich nicht leisten könnte, wenn man daraus einen Vorteil generieren kann.

Für beide Ansätze gilt, das uns nur die Zukunft schlauer macht, weil es schlicht um den konkreten Entwicklungsverlauf in selbiger geht: Denn werden zukünftige RT-Cores bei nVidia mehr Chipfläche belegen müssen, sobald RayTracing bedeutsamer bzw. nach besserer RayTracing-Bildqualität verlangt wird? Und kann Cryteks allgemeiner Ansatz seine derzeitigen Auslassungssünden (kein Einsatz bei Partikeln oder fliessendem Wasser) noch beseitigen und gleichfalls höhere RayTracing-Bildqualitäten ermöglichen, ohne dafür die Shader-Last drastisch zu steigern? Es wird hierbei entscheidend darauf ankommen, wie sich die Verhältnisse zwischen Aufwand und Nutzen dieser beiden RayTracing-Ansätze bei zukünftigen Spieletiteln entwickeln, welcher Ansatz also noch (möglichst viel) Luft nach oben hin hat. Solcherart Zukunftsprojektionen sind derzeit allerdings eher schlecht abzugeben – man kann spekulieren, aber eine solide Vorhersage könnte wohl nur jemand treffen, welcher beide Technologien intensiv studiert hat und vor allem auch über die Zukunftspläne der Grafikchip-Hersteller und Spieleentwicklern (bezüglich des zukünftigen RayTracing-Einsatzes) Bescheid weiß.

Alle anderen sollten besser vorerst beiden RayTracing-Ansätzen entsprechenden Spielraum geben – gerade, da RayTracing nun sowieso eine glasklar mittel- und langfristige Entwicklung darstellt. Vor dem Jahresende 2019 wird in dieser Frage sicherlich nicht mehr viel passieren – weil dann zum einen Cryteks RayTracing-Ansatz in die dann aktuelle Cryengine 5.5 übernommen werden soll und zum anderen vielleicht absehbar sein dürfte, mit welcher RayTracing-Power nVidias nächste Grafikkarten-Generation antreten wird. Auch muß man zuerst einmal schauen, welche nachfolgenden Spieletitel überhaupt auf RayTracing setzen werden – abgesehen des Anfangseffekts, wo nVidia natürlich bewußt daraufhin gearbeitet hat, das es mit Battlefield V und Metro: Exodus überhaupt reale Anwendungsfälle gibt. Wie schnell dies andere Spieleentwickler übernehmen werden, steht noch wirklich in den Sternen – und erinnert man sich an selbigen Ablauf bei DirectX 12 zurück (gute Anfangsaktivitäten, aber nachfolgend eher wieder abnehmende Marktdurchdringung), gibt es überhaupt keine Gewähr dafür, das RayTracing demnächst ein derart wichtiges Thema für neue Grafikkarten werden wird.

Nachzutragen zur kürzlichen Meldung über DirectX 12 unter Windows 7 wäre noch der Punkt, das für diese überraschende Entwicklung sicherlich auch die Existenz der Vulkan-API eine Rolle gespielt haben dürfte. Mittels jener ist eine ähnliche CPU-Beschleunigung wie unter DirectX 12 möglich, Vulkan ist allerdings nicht wie DirectX 12 an Windows 10 gebunden, sondern mehr oder weniger auf jedem modernen Gerät einsatzbereit – darunter auch Windows 7. Speziell im Fall von World of WarCraft, wo Spieleentwickler Blizzard teilweise mit uraltem Code bzw. uralten Rahmenbedingungen hantieren muß, ist die CPU-Beschleunigung von DirectX 12 inzwischen fast elementar – und stand Blizzard vor der Frage, wie man die vielen Windows-7-Nutzer in China sowie Schwellen- und Entwicklungsländern damit versorgen könnte. Ein Weg hierzu wäre der Wechsel der Grafik-API hin zu Vulkan gewesen – und genau an dieser Stelle dürfte Microsoft dann urplötzlich seinen Widerstand gegenüber DirectX 12 auf Windows 7 aufgegeben haben.

Gleichzeitig sieht man bei Microsoft natürlich auch, das sich mit diesem späten Eingeständnis, das DirectX 12 auch auf Windows 7 möglich ist, speziell in der westlichen Welt nichts mehr bezüglich der Betriebssystem-Verbreitung verändern wird: Windows 10 hat jenes Rennen gewonnen, Windows 7 kommt nur noch auf alten und irgendwann in Rente gehenden Systemen zum Einsatz. Ironischerweise wäre es fast besser gewesen, wenn Microsoft diese Möglichkeit doch nicht aufgemacht hätte und Blizzard tatsächlich auf die Vulkan-API umgestiegen wäre. Denn auf selbiger ist der Weg zu einem (offiziellen) Linux-Support sehr viel einfacher, was zugunsten eines Wettbewerbs im Markt der Desktop-Betriebssysteme nur positiv wäre. In gewissem Sinne ist Microsofts spätes Umschwenken in der Frage "DirectX 12 auf Windows 7" damit sogar eher kontraproduktiv, weil Microsoft damit weiterhin die Zügel in der Hand hält (es gibt kein generelles DirectX 12 auf Windows 7, sondern einen Spiel-spezifischen Support, welcher nur zusammen mit Microsoft erstellt werden kann) und trotzdem alle eventuellen Chancen von Vulkan und indirekt Linux für eine breitere Nutzung im Spiele-Bereich somit verkleinert werden.