12

Hardware- und Nachrichten-Links des 12. August 2019

Cowcotland (maschinelle Übersetzung ins Deutsche) brachten Ende letzter Woche die Meldung, wonach AMD (angeblich) seine Referenzdesigns zur Radeon RX 5700 & 5700 XT in den Auslaufstatus geschickt hätte. Dem hat AMD auf Twitter (via Videocardz) allerdings sehr klar widersprochen – und betont, das das Referenzdesign auch weiterhin direkt im AMD-Shop sowie ausgewählten OEMs und Boardpartnern verfügbar sein wird. Letztere könnten natürlich ihre Aktivitäten bezüglich des Referenzdesigns mit dem Vorliegen von Eigendesigns zurückfahren oder ganz aussetzen, so das für den Retail-Käufer unter Umständen wirklich nur noch der AMD-Shop als Bezugsquelle für das Referenzdesign bleiben würde – aber zumindest ist damit der angebliche EOL-Status vom Tisch. Möglicherweise basiert jene Cowcotland-Meldung auch auf diesem Umstand, das die Grafikkartenhersteller nunmehr auf Eigendesigns umschwenken – die konkrete Ausführung der Meldung mit einem angeblichem EOL-Status des Referenzdesigns ist jedoch nachweislich falsch.

Dies schneidet allerdings auch ein grundsätzliches Problem von Grafikkarten-Launches bei AMD an – wo zuletzt fast immer zuerst für einige Wochen nur ein AMD-Referenzdesign zur Verfügung stand, welches nach dem Erscheinen der Herstellerdesigns doch deutlich in den Hintergrund trat. Augenscheinlich ist AMDs Referenzdesign nicht gutklassig genug, um gegenüber den Herstellerdesigns am Markt Erfolg haben zu können – weswegen es die Grafikkartenhersteller eigentätig ersetzen, obwohl AMD weiterhin entsprechend liefern könnte. Dies mag natürlich auch damit zusammenhängen, das rein wirtschaftlich ein Eigendesign für die Grafikkartenhersteller besser kommt, als wenn man die komplette Grafikkarte bei AMD einkauft und somit nur (nach Aufkleben eines Stickers und eigener Verpackung) ein faktischer Weiterverkäufer ist. Wirklich ärgerlich hieran ist vor allem die gewisse Zeitdifferenz zwischen Referenz- und Herstellerdesigns, in welcher die neue AMD-Karte technisch am Markt ist, viele potentielle Käufer aber dennoch noch abwarten. Andererseits ist bei ganz neuen Grafikchips dieser Spagatt immer schwer zu erreichen, denn wartet man mit dem Produktlaunch auf die Herstellerdesigns, verliert man einige Zeit und schafft massig Quellen für unerwünschte Leaks. Nichtsdestotrotz hat nVidia dies in jüngerer Vergangenheit besser hinbekommen: Selbst bei wirklich neuen Grafikchips lag die Zeitspanne zwischen Referenz- und Herstellerdesigns meist nur bei 1-2 Wochen, teilweise waren die Eigendesigns der Grafikkartenhersteller sogar direkt nach dem Launchtag verfügbar. In dieser Frage kann AMD sicherlich noch besser werden – entweder mit einer kürzeren Zeitspanne zwischen Referenz- und Herstellerdesigns, oder aber mit Referenzdesigns, welche sich auch langfristig am Markt bewähren können.

Nachdem sich frühere Vermutungen, die Navi-Grafikkarten würden als "Radeon RX 600 Serie" laufen, nicht als korrekt erwiesen haben, bringt AMD nun doch noch eine "Radeon 600 Serie" speziell für OEM-Bedürfnisse heraus. Die hierbei vorgestellten fünf Grafiklösungen sollen generell nur in Notebooks sowie teilweise in Fertig-PCs gehen, sind also nicht für Retail-Grafikkarten gedacht – und dafür auch zu klein angesetzt. Denn obwohl AMD die jeweilige Chipbasis nicht offengelegt hat, sprechen die offiziellen Hardware-Daten von sehr leistungsarmen Grafiklösungen auf GCN-Basis, wenn beispielsweise überall nur ein 64 Bit breites Speicherinterface angesetzt ist. Die leistungsschwächsten Lösungen dürften dabei sogar noch auf dem altertümlichen Oland-Chip (von anno 2013) basieren – einem GCN1-Vertreter in der 28nm-Fertigung. Solcherart Kleinchips (90mm² Chipfläche) werden allerdings gern ganze Ewigkeiten hergestellt – möglicherweise auch daraus resultierend, das bei weiterer Miniaturisierung (durch ein moderneres Fertigungsverfahren) gar nicht mehr genügend Kantenlänge vorhanden sein könnte, um Speicherinterface und PCI-Express-Interface noch nach außen führen. Alternativ könnten es auch der Iceland-Chip (GCN3, 28nm, 125mm²) oder ein stark beschnittener Polaris 12 (GCN4, 14nm, 101mm²) sein. So oder so sind hierbei keinerlei beachtbaren Würfe zu erwarten, die angegebenen Hardware-Spezifikationen überbietet AMD schließlich inzwischen schon im Bereich seiner eigenen iGPUs (Radeon RX Vega 11 im Ryzen 5 3400G mit 704 Shader-Einheiten auf ≤1400 MHz Takt).

Radeon 610 Radeon 620 Radeon 625 Radeon 630 Radeon RX 640
Zielsegment Notebook Notebook Notebook Notebook & Desktop (OEM) Notebook & Desktop (OEM)
Technik 320 Shader-Einheiten, 20 TMUs, 4 ROPs, 64 Bit Interface 320-384 Shader-Einheiten, 20-24 TMUs, 8 ROPs, 64 Bit Interface 384 Shader-Einheiten, 24 TMUs, 8 ROPs, 64 Bit Interface 512 Shader-Einheiten, 32 TMUs, 8 ROPs, 64 Bit Interface 512-640 Shader-Einheiten, 32-40 TMUs, 16 ROPs, 64 Bit Interface
Taktraten ≤1030/2250 MHz ≤1024/2250 MHz ≤1024/2250 MHz ≤1219/3000 MHz ≤1287/3500 MHz
Speicher ≤4 GB GDDR5 ≤4 GB DDR3/GDDR5 ≤4 GB GDDR5 ≤4 GB GDDR5 ≤4 GB GDDR5
wahrschl. Chipbasis wahrscheinlich Oland (GCN1, 28nm) oder Iceland (GCN3, 28nm) – alternativ stark beschnittener Polaris 12 (GCN4, 14nm) Polaris 12 (GCN4, 14nm)
vergleichbare Desktop-Lösung exakt wie Radeon 520 wie Radeon 520 oder 530 (je nach genauer Spezifikation) exakt wie Radeon 530 ähnlich wie Radeon RX 550 mit halbiertem Speicherinterface ähnlich wie Radeon RX 550 "LE" mit halbiertem Speicherinterface

Neben einigen Bedenken, ob die ganze genannte Technik überhaupt ins knappe Power-Budget eines 275-Watt-Netzteils passt, gibt es zu den (angeblichen) Xbox Scarlett Spezifikationen vor allem den (schlagenden) Einwand, das der genannte SoC-Name "Anubis" eigentlich zur Xbox One X gehört. Es existieren hierfür zwar vergleichsweise wenige Belege (beispielsweise bei TechPowerUp), gleichfalls wurde "Anubis" auch schon in Jahresanfangs-Gerüchten der Xbox Scarlett zugeordnet, nichtsdestotrotz ist dies ein starkes Gegenargument. Denn wenn der Name "Anubis" wirklich zur Xbox One X gehört, hat jener bei der Xbox Scarlett regulärerweise nichts zu suchen – was die Chance auf einen Fake doch sehr erheblich erhöht. Dabei passt ein solcher einfacher Fehler nicht einmal zum Stil der restlichen technischen Angaben, welche recht solide und vollständig vorgetragen wurden. In jedem Fall kann man damit dieses Gerücht als arg in der Schwebe betrachten – wer es ganz genau nehmen will, sollte selbiges wegen dieser klaren Unstimmigkeit bei der Namenswahl des SoCs eher ignorieren. Im gegenteiligen Fall darf dann zumindest in der Frage, ob die ganze Technik überhaupt ins Power-Budget passt, immer noch eingerechnet werden, das hier wahrscheinlich schon die verbesserte 7nm+ Fertigung von TSMC angesetzt werden wird – welche etwas stromsparender zu Werke gehen sollte als die initiale 7nm-Fertigung der aktuellen Zen-2-Prozessoren und Navi-Grafikchips.