Mittels einer Live-Veranstaltung auf der Gamescom hat AMD die beiden RDNA3-Grafikkarten "Radeon RX 7700 XT" und "Radeon RX 7800 XT" für Midrange-Bedürfnisse vorgestellt. Beide basieren auf dem bislang noch vermissten "Navi 32" Grafikchip und sollen ab dem 6. September im Handel verfügbar werden. Dies ist nicht umsonst das Datum des "Starfield"-Launches, denn AMD wird sein entsprechendes Spielebundle um genau die beiden neuen Grafikkarten erweitern. AMD wird dabei nur für Radeon RX 7800 XT ein Referenz-Design auflegen, während es die Radeon RX 7700 XT allein als AIB-Ausführung gibt. Hardware-technisch gibt es wenig Überraschungen: Die Radeon RX 7800 XT kommt natürlich im Vollausbau des Navi-32-Chips, die Radeon RX 7700 XT dann mit maßvollen Abspeckungen bei der Anzahl der Shader-Cluster, allerdings klar reduziertem Speicherinterface. Taktraten-technisch gehen beide Karten im übrigen über die "Radeon RX 7900 GRE" hinaus, womit sich insbesondere die Radeon RX 7800 XT jener Navi-31-Abspeckung doch recht gut annähern können sollte.

Dazu tragen auch die TDP-Werte bei, welche mit 245W bzw. 263W recht hoch für das Midrange-Segment sind und zudem auffallend nahe beieinanderliegen – was wohl damit zusammenhängt, dass die kleinere Radeon RX 7700 XT klar schneller takten soll. In jedem Fall kann man diesbezüglich nicht mit der Energieeffizienz von nVidia konkurrieren (GeForce RTX 4070 bei 200W TDP), allerdings sind die Unterschiede auch nicht gleich Dimensions-groß, womit man über jene auch hinwegsehen kann – sofern es ausgleichende Pluspunkte gibt. Jene hat AMD bei Preis und Speicherbestückung: Preislich legt sich die Radeon RX 7800 XT mit 499 Dollar Listenpreis um 100 Dollar unterhalb die GeForce RTX 4070, hat dafür allerdings die attraktivere Speicherbestückung aufzubieten (16 vs 12 GB VRAM). Die Radeon RX 7700 XT ist mit 449 Dollar Listenpreis ausgestattet, hier hätte man sich einen größeren Preisunterschied erhoffen können. Allerdings steht diese kleinere Navi-32-Karte im Vergleich zum nVidia-Portfolio ein wenig im Niemandsland, denn die GeForce RTX 4060 Ti ist kein wirklicher Gegner für die Radeon RX 7700 XT – und kostet in der 16-GB-Ausführung sogar noch mehr ($499).

Die von AMD zu beiden neuen Grafikkarten veröffentlichten AMD-eigenen Benchmarks unter 11 Render- und 8 RayTracing-Spielen ergeben grob das bisher schon vermutete Performance-Bild, können jenes jedoch noch näher einkreisen. Normalerweise dürften diese kommenden Navi-32-Beschleuniger auch kaum besser als unter AMDs eigenen Benchmarks herauskommen (eher denn wäre ein Abschlag von wenigen Prozentpunkten wegen Hersteller-Bias anzunehmen), als Gegenbewegung könnten jene Karten allerdings unter der 4K-Auflösung auch leicht besser skalieren als unter diesen WQHD-Benchmarks. Bewegt sich an diesen zwei Punkten nicht mehr viel, kommt die Radeon RX 7800 XT ziemlich exakt auf der Performance der Radeon RX 6800 XT heraus – womit zumindest die Gefahr gebannt erscheint, dass es beachtbar weniger wäre. Die Radeon RX 7700 XT scheint hingegen gemäß dieser Benchmarks auf die Radeon RX 6750 XT ca. 10-15% oben drauf zu legen – was wie gesagt klar höher als bei der GeForce RTX 4060 Ti liegt.

AMD hat damit eine Vorstellung abgeliefert, welche durchaus interessante Produkte verspricht. Hier kommt vor allem zum tragen, dass die von AMD abgegebenen Benchmarks sich am oberen Ende der bisherigen Erwartungen bewegen, gleichzeitig der Preispunkt zumindest der Radeon RX 7800 XT doch niedriger ausfällt, als was bislang erwartet wurde. Beim Preispunkt der Radeon RX 7700 XT liegt leider der Störstein, hier hätte es AMD übers Herz bringen sollen, Marketing- und Aufmerksamkeits-freundliche 399 Dollar anzusetzen. Allerdings kann man zumindest die Vermutung aufstellen, dass ein solcher Preispunkt in der Praxis durchaus noch möglich ist, immerhin benötigt die Karte weniger VRAM und Grafikkarten in reinen AIB-Ausführungen (ohne Referenzdesign) haben manchmal eine etwas stärkere Tendenz, dass sich die AIBs preislich heruntertreiben. Rein die Listenpreise betrachtend sieht es erst einmal sehr gut aus für AMD im Midrange-Segment der Ada/RDNA3-Generation:

Praktisch würde es ausreichend sein, die Performance der GeForce RTX 4070 einzuholen, dann hätte die Radeon RX 7800 XT sowohl einen Preis- wie auch VRAM-Vorteil (und natürlich weiterhin einen RayTracing-Nachteil, nichts ist perfekt). Die Sache hat allerdings tatsächlich noch einen Haken: Da die Straßenpreise zumindest in Deutschland inzwischen fast durchgehend um einen guten Prozentanteil unterhalb der (umgerechneten) Listenpreise liegen, funktioniert diese Betrachtung nach Listenpreisen in der Praxis nicht ganz bzw. ergibt eine Betrachtung nach Straßenpreise zumindest deutlich geringere Abstände. So würde eine Radeon RX 7800 XT aktuell nur noch ca. 36 Euro weniger kosten als eine GeForce RTX 4070, sprich da wäre ein kleines Performance-Plus schon anzuraten, damit sich der VRAM-Vorteil nicht so alleine fühlt. Klar gewinnt die Radeon RX 7800 XT auch diese Rechnung noch spielend, aber die Differenz wird deutlich kleiner, die GeForce RTX 4070 bleibt unter Betrachtung von RayTracing und von weiteren nVidia-Features eine gangbare Karte.

Die Radeon RX 7700 XT dürfte auch unter der Betrachtungsweise von Straßenpreisen kein Problem mit der nVidia-Konkurrenz haben, jene ist schließlich entweder zu Mainstream-artig angelegt (GeForce RTX 4060 Ti 8GB) oder schlicht zu teuer (GeForce RTX 4060 Ti 16GB). Normalerweise sollte dies freie Fahrt für die Radeon RX 7700 XT ergeben, allerdings erscheint deren preislicher Abstand zur größeren Radeon RX 7800 XT als zu gering, schließlich gibt es zwischen diesen beiden AMD-Karten auch noch einen beachtbaren Performance-Abstand sowie die kleinere VRAM-Bestückung. Wie gesagt sollte AMD eigentlich zusehen, die Radeon RX 7700 XT eher auf Preislagen von ~400 Dollar bzw. <450 Euro zu positionieren. Damit könnte man dann tatsächlich das untere Midrange-Segment komplett für sich alleine in Beschlag nehmen, kein nVidia-Angebot aus alter oder neuer Generation könnte hiergegen etwas ausrichten.